VwGH vom 18.12.2013, 2009/13/0261
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Mag. Gernot Faber und Mag. Christian Kühteubl, Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, Neunkirchner Straße 34, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1501 W/09, betreffend Einkommensteuer 2008, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 € zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist laut einem in den Verwaltungsakten einliegenden "Dienstzettel" als EDV Organisationsberater im Bankenbereich tätig und bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Bei der Arbeitnehmerveranlagung für 2008 machte er das sogenannte "Vertreterpauschale" als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt berücksichtigte dieses jedoch bei der Erlassung des Einkommensteuerbescheides für 2008 nicht.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde der Beschwerdeführer vom Finanzamt aufgefordert, eine genaue Beschreibung seiner Tätigkeit vorzulegen und bekannt zu geben, wieviel seiner Arbeitszeit er sich im Außendienst befinde.
In Beantwortung dieses Vorhalts teilte der Beschwerdeführer mit, dass er mehr als 80% seiner Tätigkeit im Außendienst verbringe. Die Beschreibung seiner Tätigkeit sei dem beigefügten Schreiben seines Arbeitgebers vom zu entnehmen. An dieser Tätigkeit habe sich seither nichts geändert. Die Bestätigung des Arbeitgebers lautete auszugsweise:
"§ 17 EStG 1988 (Vertreterpauschale)
Sehr geehrte Damen und Herren!
Seit ist [der Beschwerdeführer] wohnhaft in […] in der [R Gesellschaft], als Bankberater (Vertrieb) beschäftigt. In seiner Tätigkeit ist er in der Kundenberatung und Kundenbetreuung vor allem für den Abschluss von Geschäften und für Kundenbetreuung tätig.
Wir bestätigen, dass [der Beschwerdeführer] diese Tätigkeiten im Außendienst vorort bei den Kunden der [R Gesellschaft] wahrnimmt; um Aufträge zu erhalten.
Wir bitten Sie, den § 17 EStG 1988 daher für [den Beschwerdeführer] geltend zu machen."
Die abweisende Berufungsvorentscheidung begründete das Finanzamt u. a. damit, dass das Hauptgeschäft des Beschwerdeführers in der Betreuung und Beratung von Kunden sowie in der Vermittlung von Wartungsverträgen liege. Als Vertreter im Sinne des § 17 EStG 1988 gelte aber nur eine Person, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sei. Eine andere Tätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen sei, zähle nicht als Vertretertätigkeit. Damit sei klargestellt, dass keineswegs jede Außendiensttätigkeit als Vertretertätigkeit anzusehen sei.
Im Vorlageantrag brachte der Beschwerdeführer u.a. vor, dass er eine Produktpalette von über 250 optionalen Produkten sowohl im Softwarebereich (Beratungsprogramme, Kundenverwaltungsprogramme etc.) als auch im Hardwarebereich (PC, Drucker, Geldausgabegeräte, Videoüberwachungen, Alarmanlagen etc.) mit sich führe. Hier stehe eindeutig die Anbahnung und der Abschluss von Geschäften im Vordergrund und sei als oberstes Ziel in seiner Stellenbeschreibung zu finden. Ohne Betreuung und Beratung seiner Kunden würden ihm diese Abschlüsse natürlich nicht gelingen. Die an den jeweiligen Produkten "hängenden" Wartungsverträge seien als logische Konsequenz seiner Vertriebstätigkeit zu sehen und seien daher ebenso wenig wie die Betreuung und Beratung als sein Hauptgeschäft zu verstehen.
Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer auf, seinen Dienstvertrag sowie die Stellenbeschreibung zu seiner Tätigkeit vorzulegen. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Stellenbeschreibung definierte die Rollen des Beschwerdeführers im "Vertrieb" bzw. als "Mitarbeiter" wie folgt:
TABELLE NICHT DARSTELLBAR
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der detaillierten Stellenbeschreibung sei nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer ausschließlich zur Anbahnung und zum Abschluss von Geschäften und somit als Vertreter im Sinne der Verordnung BGBl. II Nr. 382/2001 tätig sei. Zwar habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2003/15/0044, ausgesprochen, dass ein Dienstnehmer auch dann noch als Vertreter anzusehen sei, wenn er im Rahmen seines Außendienstes auch Tätigkeiten der Auftragsdurchführung verrichte, solange der Kundenverkehr in Form des Abschlusses von Geschäften im Namen und für Rechnung seines Arbeitgebers eindeutig im Vordergrund stehe. Ein Abschluss von Rechtsgeschäften werde vom Beschwerdeführer nicht durchgeführt. Vielmehr gehe die belangte Behörde davon aus, dass bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers die Aufgaben, wie "z.B. Einladungen für VA versenden, Kundendaten prüfen, Auftragsgegenstand prüfen, Rücksprache mit Kunden durchführen, Angebot erstellen, Angebot in Evidenz halten, Angebot korrigieren usw. im Vordergrund" stünden. Zudem bezeichne auch der Arbeitgeber den Beschwerdeführer in seiner Arbeitsplatzbeschreibung als "EDV Organisationsberater", was nicht unmittelbar auf eine Vertretertätigkeit hindeute. Zudem fänden auch der Kollektivvertrag für Angestellte von Unternehmen im Bereich Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik sowie alle rechtlichen Rahmenbedingungen wie Betriebsverordnung, Dienstanweisungen und Betriebsvereinbarungen Anwendung.
Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von (direkten) Geschäftsabschlüssen sei, zähle jedoch nicht zur Vertretertätigkeit. Damit fehlten aber der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit als EDV Organisationsberater im Bankenbereich die wesentlichsten Merkmale eines Vertreters, nämlich das ständig von einem anderen mit der Vermittlung betraut sein und das Abschließen von Geschäften. Auch die Bestätigung des Arbeitgebers, wonach der Beschwerdeführer seine Tätigkeit im Außendienst vor Ort bei den Kunden der R-Gesellschaft wahrnehme, um Aufträge zu erhalten, könne der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen, denn würde man allein auf die überwiegende Außendiensttätigkeit abstellen, müsste man sämtliche Kundendienste und jede im Bereich des Vertriebs ausgeübte Tätigkeit als "Vertretertätigkeit" ansehen. Eine derart weite Auslegung entspreche aber nicht der Verordnung.
Auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer jährlich eine erfolgsabhängige Prämie erhalte, mache ihn nicht zum Vertreter im Sinne der Verordnung, denn sei es bei Vertretern allgemein üblich, dass deren Entlohnung neben einem (niedrigen) Grundgehalt in Form von (Verkaufs)provisionen erfolge. Die einmalige rückwirkende Prämie mache den Beschwerdeführer damit noch nicht zum Vertreter im Sinne der Verordnung.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001, lautet auszugsweise:
"Auf Grund des § 17 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird verordnet:
§ 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:
…
9. Vertreter
5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 190 Euro jährlich. Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."
Eine nähere Definition des Vertreterbegriffs ist der Verordnung nicht zu entnehmen, sodass nach der ständigen Rechtsprechung auf die Erfahrungen des täglichen Lebens und die Verkehrsauffassung abzustellen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0231, unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom , 2885, 2994/80).
Danach sind Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Der Arbeitnehmer muss eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausüben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0231, sowie Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer Kommentar, Band III, Tz 71 zu § 17 EStG 1988, mwN). Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, ist keine Vertretertätigkeit (zB Kontroll- oder Inkassotätigkeit, beratende Tätigkeit) (vgl. Lenneis in Jakom, EStG6, § 16 Rz 66).
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, steht nur eine "völlig untergeordnete andere Tätigkeit" der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales nicht entgegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2003/15/0044, VwSlg. 8008/F, und vom , 2008/15/0231).
Wenn die belangte Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung, insbesondere auf Grundlage der vom Beschwerdeführer vorgelegten Stellenbeschreibung, zum Ergebnis gelangt ist, dass bei dessen Tätigkeit als "EDV Organisationsberater" keine ausschließliche Vertretertätigkeit vorliegt und dass den Aufgaben des Beschwerdeführers, die nicht unmittelbar Vertretertätigkeit darstellen, nicht völlig untergeordnete Bedeutung zukommt, so kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die Beschwerde bestreitet auch nicht die Feststellung im angefochtenen Bescheid, wonach ein Abschluss von Rechtsgeschäften vom Beschwerdeführer nicht durchgeführt werde.
Auch das unbestimmte Beschwerdevorbringen, wonach die Stellenbeschreibung aus arbeitsrechtlichen Erwägungen möglichst umfangreich gestaltet sei und der Beschwerdeführer nicht alle dort angeführten Tätigkeiten auch tatsächlich ausübe, vermag daran nichts zu ändern. Außerdem stellt der Beschwerdeführer damit ein vom ihm selbst vorgelegtes Beweismittel erstmals in der Beschwerde und damit auch unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot in Frage. Soweit der Beschwerdeführer einen wesentlichen Verfahrensmangel darin erblickt, dass die belangte Behörde auf seine ergänzende Einvernahme und eine weitere Anfrage an seinen Dienstgeber verzichtet hat, kann dem schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er die Relevanz des Verfahrensmangels nicht konkret aufzeigt. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am