VwGH vom 12.09.2016, Ra 2015/04/0081
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schweda, über die Revision der Bewerbergemeinschaft bestehend aus 1. A Ges.m.b.H.,
2. A I GmbH und 3. K AG, alle in W, alle vertreten durch MMag. Dr. Claus Casati, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1b/17, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W123 2110737- 2/28E, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Partei: W GmbH in W, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH Co KG in 1010 Wien, Schubertring 6), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Vergabeverfahren
1 Die W GmbH (mitbeteiligte Partei, Auftraggeberin) hat im Frühjahr 2015 im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung eine näher bezeichnete Dienstleistung (Vertriebslizenz in Österreich für eine e-Procurement Lösung für öffentliche Auftraggeber) ausgeschrieben. Die revisionswerbende Bewerbergemeinschaft gab einen Teilnahmeantrag ab.
2 Mit Schreiben vom teilte die Auftraggeberin der revisionswerbenden Partei mit, dass sie nicht zur zweiten Stufe des Vergabeverfahrens (Einladung zur Angebotsabgabe) zugelassen werden könne, unter anderem weil sie auf Grund fehlender Strafregisterauszüge ihre berufliche Zuverlässigkeit nicht nachgewiesen habe.
3 Mit Schreiben vom beantragte die revisionswerbende Partei (insbesondere) die Nichtigerklärung der Nicht-Zulassung der Bewerbergemeinschaft zur zweiten Stufe des gegenständlichen Vergabeverfahrens.
2. Angefochtenes Erkenntnis
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom wies das Bundesverwaltungsgericht diesen Antrag - ebenso wie den Antrag auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühr - ab (Spruchpunkte A.1 und A.4). Weitere Nichtigerklärungsanträge der revisionswerbenden Partei wurden zurückgewiesen (Spruchpunkte A.2 und A.3) und die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B).
5 Das Verwaltungsgericht stellte - soweit entscheidungserheblich - folgenden, den Anträgen der revisionswerbenden Partei zugrunde liegenden (und unbestritten gebliebenen) Sachverhalt fest:
"3. Punkt 4.2.1 des Teils A - Teilnahmebestimmungen lautet auszugsweise:
Berufliche Zuverlässigkeit
Der Bewerber (bei Bewerbergemeinschaften: jedes Mitglied) sowie jeder Subunternehmer muss nachweisen, dass er zuverlässig im Sinne des § 72 BVergG ist bzw gegen ihn keine Ausschlussgründe gemäß § 68 Abs 1 BVergG vorliegen.
Zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit sind folgende
Unterlagen vorzulegen:
...
- Strafregisterbescheinigung oder eine gleichwertige Bescheinigung einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des Herkunftslandes (vgl. Anhang VII BVergG) sämtlicher Geschäftsführer und sonstiger in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen, aus der jeweils hervorgeht, dass die berufliche Zuverlässigkeit des Unternehmers oder im Falle einer juristischen Person seiner Geschäftsführung, nicht in Frage gestellt ist und keine Ausschlussgründe gem. § 68 Abs 1 Z 1 BVergG vorliegen;
...
Alternativ dazu kann der Bewerber (sowie die benannten Subunternehmer) eine Eigenerklärung über das Vorliegen seiner beruflichen Zuverlässigkeit abgeben ( Formblatt B7 ). In diesem Fall hat der Bewerber die genannten Nachweise für das Vorliegen der beruflichen Zuverlässigkeit unverzüglich auf Aufforderung des AG vorzulegen. Der AG rät jedoch dazu, die genannten Nachweise bereits gemeinsam mit dem Teilnahmeantrag vorzulegen .
(...)
4. Im Formblatt B2 des Teilnahmantrages der Antragsteller findet sich in der Liste ‚Nachweise zur beruflichen Zuverlässigkeit' der Hinweis ‚im ANKÖ hinterlegt'.
5. Am richtete die Auftraggeberin unter dem Betreff ‚Nachreichung bzw. Mängelbehebung' ein Schreiben an die Antragsteller. Dieses lautet auszugsweise:
Die Prüfung des Teilnahmeantrages hat ergeben, dass nicht alle erforderlichen Nachweise beigelegt wurden bzw. einige Punkte aufklärungsbedürftig sind. Wir ersuchen daher, sämtliche im Folgenden angeführten Nachweise zu erbringen bzw. Aufklärungen zu erstatten.
...
2. Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit - Strafregisterauszüge
Gemäß Punkt 4.2.1 der Teilnahmebestimmungen (Teil A) waren von allen Mitgliedern der Bewerbergemeinschaft sowie von allen Subunternehmen zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit unter anderem Strafregisterbescheinigungen oder gleichwertige Bescheinigungen einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des Herkunftslandes (vgl Anhang VII BVergG) sämtlicher Geschäftsführer und sonstiger in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen vorzulegen.
Dem Teilnahmeantrag der Bewerbergemeinschaft (...) lagen nur Strafregisterauszüge für die Geschäftsführer und Prokuristen der (A S GmbH) bei. Für die übrigen Mitglieder der Bewerbergemeinschaft sowie die namhaft gemachten Subunternehmer lagen dem Teilnahmeantrag hingegen keine Strafregisterauszüge der Geschäftsführer und sonstigen in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen bei.
Wir fordern Sie daher zur Vorlage von Strafregisterauszügen der Geschäftsführer und sonstiger in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen der (A I GmbH), der (K AG), des Vereins (A Ö) sowie der (A I GmbH) auf.
6. Am nahmen die Antragsteller zum Schreiben der Auftraggeberin vom Stellung.
Zu Punkt 2. ‚ Strafregisterauszüge zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit' verwiesen sie hinsichtlich der (K AG) auf die im ANKÖ verfügbaren Strafregisterauszüge der Vorstände (B und S). Bezüglich dieser Personen scheint keine Verurteilung auf. Die Nennung bzw. der Verweis auf Strafregisterauszüge sonstiger Personen der (K AG) findet sich im Schreiben der Antragsteller vom nicht.
(...)"
6 In seinen rechtlichen Erwägungen ging das Verwaltungsgericht zuerst auf das Vorbringen der revisionswerbenden Partei ein, wonach ein Mängelbehebungsauftrag (im Sinn des § 70 Abs. 4 BVergG 2006) nicht korrekt zustande gekommen sei, weil die Auftraggeberin zum fraglichen Zeitpunkt noch über keine entsprechende Vollmacht für eine Einsichtnahme in den ANKÖ (Auftragnehmerkataster Österreich) verfügt habe. Dazu hielt das Verwaltungsgericht fest, dass sich die Auftraggeberin einer Rechtsanwaltskanzlei als vergebender Stelle bedient habe. Diese sei als Erfüllungsgehilfe der Auftraggeberin befugt, die erforderlichen vergaberechtlichen Schritte, insbesondere die Eignungsprüfung, vorzunehmen (und somit in den ANKÖ Einsicht zu nehmen). Vergaberechtlich sei die Vorgehensweise der vergebenden Stelle jedenfalls zulässig gewesen.
Soweit die revisionswerbende Partei moniert habe, die am erfolgte Einsichtnahme in den ANKÖ sei "zu einem anderen Vergabeverfahren" (mit dem Logo eines anderen Auftraggebers) erfolgt, hielt das Verwaltungsgericht dem entgegen, die vorgenommene Abfrage sei offenkundig dem gegenständlichen Vergabeverfahren zuordenbar und es sei technisch auch möglich, über den Einstieg in den ANKÖ unter dem Betreff eines anderen Auftraggebers Auskünfte für das gegenständliche Vergabeverfahren zu erhalten.
7 Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes habe die revisionswerbende Partei unstrittig keine Strafregisterauszüge der 18 Prokuristen des Mitglieds K AG der Bewerbergemeinschaft vorgelegt. Unter Bezugnahme auf die hg. Rechtsprechung zur Auslegung von Ausschreibungsunterlagen ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass gegenständlich Strafregisterauszüge nicht nur von sämtlichen Geschäftsführern, sondern auch von allen übrigen in der Geschäftsführung tätigen Personen vorgelegt werden hätten müssen.
Bei der Prüfung, ob Prokuristen unter den Begriff "sonstige in der Geschäftsführung tätige natürliche Personen" fielen, verwies das Verwaltungsgericht auf § 2 Abs. 1 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG), demzufolge Prokuristen (neben anderen Personen) Entscheidungsträger seien. Daher seien Prokuristen als in der Geschäftsführung tätige physische Personen anzusehen (dies auch im Sinn des § 68 Abs. 1 Z 1 BVergG 2006). Dies stehe in Einklang mit der Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden. Dafür spreche auch, dass die Prokura gemäß § 49 Abs. 1 Unternehmensgesetzbuch (UGB) zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften ermächtige und die Erteilung der Prokura zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden sei.
Zudem habe die revisionswerbende Bewerbergemeinschaft - so das Verwaltungsgericht - hinsichtlich eines anderen Mitglieds in ihrem Teilnahmeantrag die Strafregisterauszüge sowohl für die Geschäftsführer als auch für die Prokuristen vorgelegt. Die Formulierung in der Ausschreibung erfasse einen weiten Personenkreis, zu dem jedenfalls Prokuristen zu zählen seien. Schließlich habe die revisionswerbende Partei kein substantiiertes Vorbringen dazu erstattet, welcher der 18 Prokuristen aus welchem Grund - entgegen § 49 Abs. 1 UGB - nicht in der Geschäftsführung tätig sein solle.
8 Dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei, wonach die Auftraggeberin hinsichtlich der Einholung von Strafregisterauszügen einen zweiten Mängelbehebungsauftrag hätte erteilen müssen, hielt das Verwaltungsgericht entgegen, dass der diesbezügliche Auftrag hinreichend konkret und eindeutig gewesen sei. Die revisionswerbende Partei habe in ihrem Teilnahmeantrag zwar für sämtliche Mitglieder der Bewerbergemeinschaft eine Eigenerklärung laut Formblatt B7 abgegeben. Parallel dazu habe sie jedoch das Formblatt B2 ausgefüllt und sich zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit auf die Eintragung in einem einschlägigen, allgemein zugänglichen Verzeichnis eines Dritten im Sinn des § 70 Abs. 5 BVergG 2006 (konkret im ANKÖ) berufen. Der Verweis auf den ANKÖ im Teilnahmeantrag sei als erstmalige Vorlage der erforderlichen Nachweise zu werten und daher sei der Mängelbehebungsauftrag der Auftraggeberin vom die erste (und gleichzeitig letztmögliche) Aufforderung zur Verbesserung gewesen. Eine nochmalige Verbesserungsmöglichkeit hätte den Grundsätzen der Transparenz und Gleichbehandlung gemäß § 19 Abs. 1 BVergG 2006 widersprochen.
9 Da bei Bewerbergemeinschaften die berufliche Zuverlässigkeit von jedem Mitglied nachzuweisen gewesen sei, die revisionswerbende Partei der Nachweispflicht hinsichtlich der Strafregisterauszüge des Mitglieds K AG nicht nachgekommen sei, habe sie ihre Eignung nicht nachgewiesen. Die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am weiteren Verfahren sei daher bereits aus diesem Grund zu Recht erfolgt.
10 Abschließend begründete das Verwaltungsgericht die Zurückweisung der weiteren Nichtigerklärungsanträge der revisionswerbenden Partei, die Abweisung des Antrags auf Ersatz der Pauschalgebühr und den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision.
3. Revision
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
12 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückweisung bzw. Abweisung der Revision beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
13 Vorauszuschicken ist, dass sich die vorliegende Revision - ungeachtet dessen, dass im Antrag undifferenziert von der Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses zur Gänze gesprochen wird - im Hinblick auf die Ausführungen zum Revisionspunkt und zu den Revisionsgründen erkennbar nur gegen die Abweisung der Anträge auf Nichtigerklärung der Nicht-Zulassung der Bewerbergemeinschaft zur zweiten Stufe (Spruchpunkt A.1) und auf Ersatz der Pauschalgebühr (Spruchpunkt A.4), nicht aber gegen die in den Spruchpunkten A.2 und A.3 erfolgte Zurückweisung der weiteren Anträge der revisionswerbenden Partei richtet.
1. Zulässigkeit
14 Die revisionswerbende Partei bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision unter anderem Folgendes vor:
Es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob Prokuristen jedenfalls "sonstige in der Geschäftsführung tätige Personen" seien. Im Anwendungsbereich des § 68 Abs. 1 Z 1 und 4 BVergG 2006 gehe es darum, dass die kriminellen Handlungen einer physischen Person dem Unternehmen zurechenbar seien. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn diese Person tatsächlich in die Geschäftsführung eingreife.
Weiters fehle es an höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Abgrenzung der Aufforderung zur Vorlage von Eignungsnachweisen nach § 70 Abs. 3 BVergG 2006 von der Aufforderung zur Mängelbehebung im Fall eines Verweises auf ein Verzeichnis geeigneter Unternehmer gemäß § 70 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 5 BVergG 2006. Die Aufforderung zur Beibringung von Eignungsnachweisen bei Abgabe einer Eigenerklärung sei ein regulärer Schritt im Zuge der Angebotsprüfung und keine Aufforderung zur Mängelbehebung. Dies müsse auch gelten, wenn ein Bewerber - wie vorliegend - neben einer Eigenerklärung von seinem Recht gemäß § 70 Abs. 5 BVergG 2006 (Verweis auf ein Verzeichnis geeigneter Unternehmer) Gebrauch gemacht habe. Da somit keine dem Gesetz entsprechende Mängelbehebungsaufforderung erfolgt sei und das Bundesverwaltungsgericht zu Unrecht die Verpflichtung zur zweistufigen Vorgangsweise im Fall von Eigenerklärungen verkannt habe, wäre die Nicht-Zulassung zur zweiten Stufe für nichtig zu erklären gewesen.
15 Die Revision ist im Hinblick auf dieses Vorbringen zulässig.
2. Rechtsgrundlagen
16 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG 2006), BGBl. I Nr. 17, hinsichtlich der §§ 68 und 70 in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2012, lauten auszugsweise:
" Ausschlussgründe
§ 68. (1) Der Auftraggeber hat - unbeschadet der Abs. 2 und 3 - Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn
1. der Auftraggeber Kenntnis von einer rechtskräftigen Verurteilung gegen sie oder - sofern es sich um juristische Personen, eingetragene Personengesellschaften oder Arbeitsgemeinschaften handelt - gegen in deren Geschäftsführung tätige physische Personen hat, die einen der folgenden Tatbestände betrifft: ...;
...
4. gegen sie oder - sofern es sich um juristische Personen, eingetragene Personengesellschaften oder Arbeitsgemeinschaften handelt - gegen physische Personen, die in der Geschäftsführung tätig sind, ein rechtskräftiges Urteil wegen eines Deliktes ergangen ist, das ihre berufliche Zuverlässigkeit in Frage stellt;
...
Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung
§ 69. Unbeschadet der Regelung des § 20 Abs. 1 muss die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit spätestens
...
1. beim Verhandlungsverfahren grundsätzlich zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Angebotsabgabe,
...
vorliegen.
Eigenerklärung, Verlangen der Nachweise durch den
Auftraggeber
§ 70. (1) Der Auftraggeber hat festzulegen, mit
welchen Nachweisen gemäß den §§ 71 bis 75 Unternehmer, die an
einem Vergabeverfahren teilnehmen, ihre
1. berufliche Befugnis,
2. berufliche Zuverlässigkeit,
3. finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
sowie
4. technische Leistungsfähigkeit
zu belegen haben. Nachweise dürfen nur so weit festgelegt werden, wie es durch den Gegenstand des Auftrages gerechtfertigt ist. ...
(2) Bewerber oder Bieter können ihre Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch durch die Vorlage einer Erklärung belegen, dass sie die vom Auftraggeber verlangten Eignungskriterien erfüllen und die festgelegten Nachweise auf Aufforderung unverzüglich beibringen können (Eigenerklärung). In einer solchen Erklärung sind die Befugnisse anzugeben, über die der Unternehmer konkret verfügt.
(3) Bei der Vergabe von Aufträgen kann der Auftraggeber die Vorlage bestimmter Nachweise von bestimmten Bewerbern oder Bietern verlangen, sofern dies nach Auffassung des Auftraggebers erforderlich ist. Bei der Vergabe von Aufträgen im Oberschwellenbereich hat der Auftraggeber vor Zuschlagserteilung die Vorlage der festgelegten Nachweise vom Zuschlagsempfänger jedenfalls zu verlangen; bei einer Vergabe in Losen gilt dies nur, wenn der geschätzte Wert des einzelnen Loses den in § 12 Abs. 1 genannten jeweiligen Schwellenwert erreicht.
(4) Nach Maßgabe des Abs. 3 kann der Auftraggeber den Unternehmer auffordern, erforderliche Nachweise binnen einer angemessenen Frist vorzulegen bzw. vorgelegte Bescheinigungen binnen einer angemessenen Frist zu vervollständigen oder zu erläutern. Nachweise können auch in Kopie oder elektronisch vorgelegt werden.
(5) Der Unternehmer kann den Nachweis der Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch durch den Nachweis der Eintragung in einem einschlägigen, allgemein zugänglichen Verzeichnis eines Dritten führen, sofern diesem die vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen in der vom Auftraggeber gewünschten Aktualität vorliegen und vom Auftraggeber selbst unmittelbar abrufbar sind. ...
(6) Im Falle der Angebotslegung durch eine Arbeitsgemeinschaft oder eine Bietergemeinschaft hat jedes Mitglied die Befugnis für den ihm konkret zufallenden Leistungsteil nach Maßgabe der Abs. 2 bis 4 nachzuweisen."
3. Nachreichen von Eignungsnachweisen
17 3.1. Die revisionswerbende Partei bringt vor, die Aufforderung zur Beibringung der Eignungsnachweise (nach § 70 Abs. 3 BVergG 2006) sei ein regulärer Schritt im Zuge der Angebotsprüfung und danach sei in einem zweiten Schritt Gelegenheit zur Mängelbehebung einzuräumen. Nichts anderes gelte, wenn neben einer Eigenerklärung vom Recht auf Verweis auf ein Verzeichnis geeigneter Unternehmer gemäß § 70 Abs. 5 BVergG 2006 Gebrauch gemacht werde. Da Eignungsnachweise zum Teil in Form einer Eigenerklärung und zum Teil über ein Verzeichnis geeigneter Unternehmer erbracht werden können, müsse ein Auftraggeber den Bewerber hinsichtlich jener Eignungsnachweise, die nicht im Verzeichnis geeigneter Unternehmer enthalten, aber von der Eigenerklärung erfasst seien, zuerst zur Vorlage der Nachweise (nach § 70 Abs. 3 BVergG 2006) auffordern. Erst wenn der vorgelegte Eignungsnachweis unvollständig sei, wäre als zweiter Schritt ein Mängelbehebungsauftrag (nach § 70 Abs. 4 BVergG 2006) zu erlassen. Dieser zweite Schritt sei im gegenständlichen Fall unterblieben, weshalb keine dem Gesetz entsprechende Mängelbehebungsaufforderung erfolgt sei und die Nicht-Zulassung der revisionswerbenden Bewerbergemeinschaft zur zweiten Stufe für nichtig zu erklären gewesen wäre.
18 3.2. Die mitbeteiligte Partei vertritt in ihrer Revisionsbeantwortung demgegenüber die Auffassung, dass Bewerber grundsätzlich nur eine Chance zur Mängelbehebung hätten und diese Verbesserungsmöglichkeit mit Schreiben vom eingeräumt worden sei. Da der Verweis auf ein Verzeichnis im Sinn des § 70 Abs. 5 BVergG 2006 (unabhängig von der gleichzeitigen Abgabe einer Eigenerklärung) als Beibringung des Eignungsnachweises gelte, sei aus Gründen der Gleichbehandlung mit einem Mängelbehebungsauftrag (nach § 70 Abs. 4 BVergG 2006) vorzugehen gewesen.
19 3.3. § 70 Abs. 2 BVergG 2006 ermöglicht es Unternehmern, ihre Eignung durch Vorlage einer Eigenerklärung zu belegen, sodass sie in diesem (ersten) Stadium des Vergabeverfahrens von der Pflicht zur Vorlage von Nachweisen entbunden sind (siehe das hg. Erkenntnis vom , 2013/04/0033, sowie die Erläuterungen in RV 327 BlgNR 24. GP, 17 f). Wenn sich ein Auftraggeber nicht mit der Eigenerklärung zufrieden geben will (bzw. im Oberschwellenbereich hinsichtlich des Zuschlagsempfängers: zufrieden geben darf), dann kann (bzw. muss) er nach § 70 Abs. 3 BVergG 2006 die Vorlage bestimmter Nachweise verlangen.
Ein Vorgehen nach § 70 Abs. 3 BVergG 2006 ist keine Mängelbehebung, weil bei - alleiniger - Abgabe einer Eigenerklärung die unterbliebene Vorlage der Eignungsnachweise bis zu einem allfälligen Verlangen des Auftraggebers keinen Mangel darstellt, sondern ein Wesenselement des Belegs der Eignung durch eine Eigenerklärung ist (siehe erneut die Erläuterungen in RV 327 BlgNR 24. GP, 17, die auf die damit verbundene Entlastung der Unternehmer verweisen, während die nachträgliche Vorlage von Eignungsnachweisen durch bestimmte Unternehmer dem Grundsatz der Vergabe an geeignete Bieter nach § 19 Abs. 1 BVergG 2006 entspricht). Dem Vorgehen nach § 70 Abs. 3 BVergG 2006 liegt jedenfalls zugrunde, dass bislang noch keine Nachweisführung erfolgt ist und eine Überprüfung der Eignung somit noch nicht möglich war.
20 Anders als die Eigenerklärung nach § 70 Abs. 2 BVergG 2006 stellt der in § 70 Abs. 5 erster Satz BVergG 2006 vorgesehene Nachweis der Eintragung in einem einschlägigen, allgemein zugänglichen Verzeichnis bereits eine - wenn auch vereinfachte - Form der Nachweiserbringung dar, weil die Nachweise zwar nicht dem Auftraggeber vorgelegt werden, aber dem Verzeichnis vorliegen müssen (vgl. diesbezüglich die Erläuterungen zur inhaltlich gleichlautenden "Vorgängerregelung" des § 52 Abs. 4 erster Satz BVergG, BGBl. I Nr. 99/2002, AB 1118 BlgNR 21. GP, 42). Diesfalls hat der Auftraggeber die Eignungsprüfung im Wege der Einsichtnahme in das namhaft gemachte Verzeichnis vorzunehmen. Stellt sich im Zuge der Eignungsprüfung heraus, dass die verlangten Unterlagen dem Verzeichnis nicht vollständig (oder nicht in der gewünschten Aktualität) vorliegen, kommt nicht § 70 Abs. 3, sondern der in § 70 Abs. 4 BVergG 2006 vorgesehene Auftrag zur Mängelbehebung zur Anwendung (siehe zum fehlenden Eignungsnachweis als behebbaren Mangel das hg. Erkenntnis vom , 2013/04/0056; sowie die Nachweise bei Mayr , in Schramm/Aicher/Fruhmann (Hrsg.), Bundesvergabegesetz 2006,§ 70 Rz. 37).
21 Daran kann entgegen der Auffassung der revisionswerbenden Partei nichts ändern, dass sie im vorliegenden Vergabeverfahren - ohne rechtliche Notwendigkeit - zusätzlich zur Nachweisführung durch Eintragung in einem einschlägigen Verzeichnis (dem ANKÖ) eine Eigenerklärung abgegeben hat. Hat ein Unternehmer nämlich den Eignungsnachweis durch Beibringung der vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen oder (wie hier) durch Verweis auf die Eintragung in einem einschlägigen Verzeichnis erbracht, dann ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob damit den Vorgaben des Auftraggebers entsprochen wird. Somit kommt ein Verlangen nach § 70 Abs. 3 BVergG 2006 (wie es in der Revision als erster Schritt eingefordert wird) nicht mehr in Betracht, weil die Prüfung entweder positiv verläuft (und daher ohne weitere Aufforderung abgeschlossen werden kann) oder einen Mangel ergibt, der ein Vorgehen nach dem die Mängelbehebung bei der Vorlage von Eignungsnachweisen regelnden § 70 Abs. 4 BVergG 2006 nach sich zieht. Abs. 4 des § 70 BVergG 2006 setzt somit (anders als sein Abs. 3) eine bereits erfolgte - wenn auch nicht erfolgreich abgeschlossene - Überprüfung der vorgelegten Nachweise voraus.
22 Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers zieht diese Sichtweise keinen Eingriff in das Recht, eine Eigenerklärung abzugeben, nach sich, weil es dem Unternehmer unbenommen bleibt, eine solche Erklärung - ohne jegliche Nachweisführung - abzugeben. Die weitere Vorgangsweise bei Abgabe einer Eigenerklärung durch den Unternehmer richtet sich allerdings danach, ob der Auftraggeber die - neben einer Eigenerklärung - erbrachten Nachweise überprüfen kann oder zuerst - weil bislang noch keine Nachweisführung erfolgt ist - ein Verlangen nach § 70 Abs. 3 BVergG 2006 stellen muss.
23 Dass fallbezogen durch die Auftraggeberin ein davon abweichendes Vorgehen erfolgt wäre, vermag die revisionswerbende Partei nicht aufzuzeigen und ist im Hinblick auf das im angefochtenen Erkenntnis auszugsweise wiedergegebene Schreiben der Auftraggeberin vom (in dem die Rede davon ist, die Prüfung des Teilnahmeantrags habe ergeben, dass nicht alle erforderlichen Nachweise beigelegt worden seien), auch nicht ersichtlich.
24 3.4. An diesem Ergebnis vermag auch das Revisionsvorbringen nichts zu ändern, dass die dem Mängelbehebungsauftrag der Auftraggeberin vom zugrunde liegende Einsichtnahme in den ANKÖ durch die vergebende Stelle am rechtswidrig - weil gegen das Datenschutzgesetz 2000 und gegen vertragliche Bestimmungen verstoßend - gewesen sei. Nach Ansicht der revisionswerbenden Partei sei diese Einsichtnahme für das Vergabeverfahren eines anderen öffentlichen Auftraggebers erfolgt. Da Daten aus einer derart rechtswidrigen Abfrage nicht zum Nachteil der aufgelisteten Unternehmer (hier: der Mitglieder der revisionswerbenden Bewerbergemeinschaft) verwertet werden dürften, könne die (erste und einzige) Aufforderung zur Vorlage von Strafregisterauszügen vom nicht als Mängelbehebung im Sinn des § 70 Abs. 4 BVergG 2006, sondern lediglich als Aufforderung nach § 70 Abs. 3 BVergG 2006 angesehen werden.
25 Dem ist entgegenzuhalten, dass die Regelungen des § 70 Abs. 4 und 5 BVergG 2006 (betreffend die Nachweisführung durch Verweis auf ein allgemein zugängliches Verzeichnis sowie die Aufforderung zur Mängelbehebung) nicht an datenschutzrechtliche Vorgaben anknüpfen. Aus den (unbestritten gebliebenen) Feststellungen des Verwaltungsgerichtes ergibt sich, dass sich die Auftraggeberin einer vergebenden Stelle bedient hat und diese somit als Bevollmächtigte der Auftraggeberin anzusehen war, sowie dass am durch die vergebende Stelle eine Abfrage in dem von der revisionswerbenden Partei namhaft gemachten Verzeichnis (dem ANKÖ) erfolgte, die inhaltlich Daten der Mitglieder der revisionswerbenden Bewerbergemeinschaft betraf. Unstrittig ist weiter, dass die hier fraglichen Strafregisterauszüge hinsichtlich des Mitglieds K AG zu diesem Zeitpunkt dem ANKÖ nicht vorlagen. Damit sind aber die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 70 Abs. 4 BVergG 2006 gegeben. Auf den Umstand, ob die vergebende Stelle bei ihrer Abfrage einen anderen Auftraggeber eingetragen hat und welche Konsequenzen sich daraus allenfalls in datenschutzrechtlicher Hinsicht ergeben, kommt es für die hier vorzunehmende Prüfung nicht an.
4. In der Geschäftsführung tätige physische Personen 26 4.1. Nach Auffassung der revisionswerbenden Partei
könne aus dem Umstand, dass bestimmte Personen über eine Vertretungsvollmacht (Prokura) verfügen, nicht auf eine Mitwirkung in der Geschäftsführung geschlossen werden, weil der Begriff der Geschäftsführung über jenen der Vertretungsbefugnis hinausgehe. Im Anwendungsbereich des § 68 Abs. 1 Z 1 und 4 BVergG 2006 gehe es darum, dass die kriminellen Handlungen einer physischen Person dem Unternehmen zurechenbar seien. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn diese Person tatsächlich in die Geschäftsführung eingreife. Es sei daher darauf abzustellen, welche Personen im Einzelfall in die Geschäftsführung eingebunden seien. Dies sei bei den Prokuristen der K AG nicht der Fall. Zudem seien Prokuristen eines Mitglieds einer Bewerbergemeinschaft nicht in der Geschäftsführung der Bewerbergemeinschaft selbst tätig.
27 4.2. Die mitbeteiligte Partei verweist zur Frage, ob Prokuristen "sonstige in der Geschäftsführung tätige natürliche Personen" seien, auf § 49 UGB und § 2 Abs. 1 VbVG. Es sei einem Auftraggeber nicht zumutbar zu prüfen, ob (bzw. in welchem Ausmaß) ein Prokurist tatsächlich in der Geschäftsführung tätig sei. Ein Auftraggeber dürfe daher auf die Eintragung der Prokuristen in den öffentlichen Büchern (Firmenbuch) vertrauen. Soweit die revisionswerbende Partei moniere, ein Prokurist eines Mitglieds der Bewerbergemeinschaft sei nicht in der Geschäftsführung der Bewerbergemeinschaft tätig, übersehe sie die Festlegung in der Ausschreibung, dass bei Bewerbergemeinschaften die berufliche Zuverlässigkeit jedes Mitglieds nachzuweisen sei.
28 4.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ausschreibungsbestimmungen nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/04/0015, 0016, mwN).
29 Im vorliegenden Fall verlangt die bestandfest gewordene Ausschreibung die Vorlage einer Strafregisterbescheinigung oder einer gleichwertigen Bescheinigung "sämtlicher Geschäftsführer und sonstiger in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen, aus der jeweils hervorgeht, dass die berufliche Zuverlässigkeit des Unternehmers oder im Falle einer juristischen Person seiner Geschäftsführung, nicht in Frage gestellt ist und keine Ausschlussgründe gem. § 68 Abs 1 Z 1 BVergG vorliegen".
30 Auch wenn die Formulierung dieser Ausschreibungsbestimmung geringfügig von derjenigen der zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmung des § 68 Abs. 1 Z 1 und 4 BVergG 2006 abweicht, wonach Unternehmer auszuschließen sind, wenn "gegen in deren Geschäftsführung tätige physische Personen" (Z 1) bzw. "gegen physische Personen, die in der Geschäftsführung tätig sind," (Z 4) eine näher determinierte Verurteilung vorliegt, ist sie - im Hinblick auf das Gebot der im Zweifel gesetzeskonformen Auslegung -
vor dem Hintergrund der genannten Gesetzesbestimmungen auszulegen. Ausgehend davon beschränkt sich die zugrunde liegende Frage nicht auf die bloße Auslegung einer Ausschreibungsbestimmung im Einzelfall, sondern erstreckt sich der Sache nach auf die Auslegung der gesetzlichen Grundlagen.
31 Hinzuweisen ist auf Art. 45 der (fallbezogen noch maßgeblichen) Richtlinie 2004/18/EG betreffend die persönliche Lage (Zuverlässigkeit) der Bewerber und Bieter. In dessen Abs. 1 letzter Satz ist vorgesehen, dass die Ersuchen um Informationen (die ein Auftraggeber in diesem Zusammenhang einholen kann) nach Maßgabe des nationalen Rechts "gegebenenfalls auch die jeweiligen Unternehmensleiter oder jede andere Person, die befugt ist, den Bewerber oder Bieter zu vertreten, in seinem Namen Entscheidungen zu treffen oder ihn zu kontrollieren", betreffen. Somit kann der Kreis der - bei der Prüfung der Zuverlässigkeit einer juristischen Person als maßgeblich anzusehenden - natürlichen Personen in richtlinienkonformer Weise weit gezogen werden (vgl. Frenz , Handbuch Europarecht, Band 3 Beihilfe- und Vergaberecht, Rz. 2858, demzufolge das Verhalten der Personen relevant ist, die im Unternehmen an maßgeblicher Stelle tätig sind, etwa indem sie den Unternehmer vertreten dürfen).
32 Soweit die revisionswerbende Partei vorbringt, für die Ermittlung der in der Geschäftsführung tätigen Personen sei eine Einzelfallprüfung dahingehend vorzunehmen, welche Personen - gleichsam unabhängig von ihrer Position - faktisch in die Geschäftsführung des Unternehmens eingebunden seien bzw. konkret Einfluss ausüben könnten, ist Folgendes festzuhalten:
Weder § 68 Abs. 1 BVergG 2006 noch dem - den Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit näher ausgestaltenden - § 72 BVergG 2006 lässt sich entnehmen, dass der Auftraggeber im Zuge der Prüfung der Zuverlässigkeit der an einem Verfahren teilnehmenden Unternehmer eine Einzelfallprüfung dahingehend vorzunehmen hat, welche natürlichen Personen faktisch Einfluss auf die Geschäftsführung der juristischen Person haben. Das BVergG 2006 enthält weder Regelungen betreffend dahingehende Ermittlungsbefugnisse von Auftraggebern noch eine nähere Determinierung des faktisch erforderlichen Ausmaßes an Einflussnahmemöglichkeiten. Schließlich würde die Pflicht, derartige Erhebungen vorzunehmen, den Auftraggebern einen Ermittlungsaufwand überbürden, der in einem Spannungsverhältnis zur effizienten Abwicklung von Vergabeverfahren stünde. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass bei der Auslegung des Begriffes der "in der Geschäftsführung tätigen physischen Personen" eine typisierende Betrachtungsweise vorzunehmen ist, die sowohl Auftraggebern als auch Unternehmern Sicherheit über den erfassten Personenkreis zu bieten vermag.
33 Nach den Regelungen der Z 1 und 4 des § 68 Abs. 1 BVergG 2006 ist einer juristischen Person das Fehlverhalten eines näher umschriebenen Kreises natürlicher Personen zuzurechnen. Dies ist vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Zuverlässigkeitsprüfung zu sehen, festzustellen, ob ein Unternehmer seinen Verpflichtungen nachgekommen ist und demnach eine sorgfältige und einwandfreie Auftragsausführung entsprechend den rechtlichen Normen verspricht (siehe Prieß , Handbuch des europäischen Vergaberechts (2001) 147; Lehner , in Schwartz (Hrsg.), Bundesvergabegesetz 20062, § 72, Rz. 6). Der Auftraggeber soll davor geschützt werden, ein Vertragsverhältnis mit einem Unternehmer einzugehen, der auf Grund bestimmter Umstände (hier: auf Grund eines in der Vergangenheit liegenden Fehlverhaltens) keine Gewähr dafür bietet, die bei einer Leistungserbringung zu beachtenden rechtlichen Vorgaben einzuhalten.
34 Ausgehend von dieser Zielsetzung können für die Auslegung des § 68 Abs. 1 Z 1 und 4 BVergG 2006 die Regelungen des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes (VbVG) herangezogen werden. Dieses unterscheidet hinsichtlich der Verantwortung eines Verbandes zwischen Straftaten von Entscheidungsträgern und Straftaten von Mitarbeitern. Nach § 3 Abs. 2 VbVG ist ein Verband für Straftaten eines Entscheidungsträgers verantwortlich, wenn dieser die Tat als solcher (somit in Ausübung seiner Funktion) rechtswidrig und schuldhaft begangen hat. Die Erläuterungen (RV 994 BlgNR 22. GP, 22) halten dazu Folgendes fest:
"Da aber ein Verband nur dadurch handeln kann, dass ihm das Handeln oder Unterlassen seiner Entscheidungsträger zugerechnet wird, ist die Begehung einer Straftat für den Verband durch einen solchen Entscheidungsträger quasi unwiderleglich als Ausdruck mangelnder Sorgfalt zur Verhinderung solcher Taten anzusehen."
Das Fehlverhalten der Entscheidungsträger wird insoweit dem Verband zugerechnet bzw. trifft den Verband unmittelbar (siehe Sautner , Grundlagen und Herausforderungen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit juristischer Personen in Österreich, in ÖJZ 2012/58 (549), sowie Steininger , Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, § 3 Rz. 35).
Davon abgegrenzt werden die von Mitarbeitern begangenen Straftaten, die dem Verband nur unter weiteren Voraussetzungen zugerechnet werden. So ist (unter anderem) gefordert, dass ein Entscheidungsträger die Tatbegehung des Mitarbeiters durch das Außerachtlassen der gebotenen Sorgfalt ermöglicht oder wesentlich erleichtert hat (§ 3 Abs. 3 VbVG).
Die Definition des § 2 Abs. 1 VbVG zählt die Prokuristen zu den Entscheidungsträgern im Sinn des VbVG. Straftaten von Prokuristen werden der juristischen Person somit - unmittelbar - zugerechnet.
35 Gegen die Sichtweise, strafbares Fehlverhalten von Prokuristen der juristischen Person auch im Rahmen des § 68 Abs. 1 BVergG 2006 zuzurechnen, spricht auch nicht, dass - worauf die Revision dem Grunde nach zutreffend hinweist - es sich bei der vom Verwaltungsgericht ebenfalls begründend herangezogenen Regelung des § 49 Abs. 1 UGB um eine Vertretungsregelung handelt und im Gesellschaftsrecht zwischen Geschäftsführung und Vertretung unterschieden wird (siehe etwa den ).
Zum einen ist die Formulierung des § 68 Abs. 1 BVergG 2006 ("in der Geschäftsführung tätig") weit gefasst und ermöglicht nach ihrem Wortlaut eine Einbeziehung von nicht dem Organ der Geschäftsführung angehörenden Personen. Zum anderen ist es vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Zuverlässigkeitsprüfung nicht zu beanstanden, wenn Personen, die zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Unternehmens mit sich bringt, ermächtigt sind (siehe § 49 Abs. 1 UGB) und die somit auch gegenüber dem Auftraggeber (im vorliegenden zweistufigen Verhandlungsverfahren etwa im Rahmen der durchzuführenden Verhandlungen) für die juristische Person auftreten bzw. handeln können, in den Kreis derjenigen Personen einbezogen werden, deren Fehlverhalten - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - zu einem Ausschluss der juristischen Person führt.
36 Auch die eingangs geforderte typisierende Betrachtungsweise steht einer Einbeziehung von Prokuristen in den Kreis der in der Geschäftsführung tätigen physischen Personen nicht entgegen, weil die Erteilung der Prokura im Firmenbuch einzutragen ist (siehe § 53 UGB) und der Kreis somit für Auftraggeber erkennbar und für Unternehmer klar abgegrenzt ist.
37 Nur am Rande ist schließlich zu erwähnen, dass die Rechtsordnung auch in anderem Zusammenhang Prokuristen als in der Geschäftsführung tätige Personen ansieht. So haftet nach § 67 Abs. 6 Z 3 ASVG der Betriebsnachfolger unter bestimmten weiteren Voraussetzungen für Beitragsschulden, wenn der Betrieb auf eine Person "mit wesentlichem Einfluss auf die Geschäftsführung" des Betriebsvorgängers (wie zB einen Prokurist) übergeht.
38 Prokuristen sind somit als in der Geschäftsführung tätige Personen im Sinn des § 68 Abs. 1 Z 1 und 4 BVergG 2006 - ebenso wie im Sinn der hier gegenständlichen Ausschreibungsbestimmung - anzusehen (siehe hinsichtlich § 68 Abs. 1 BVergG 2006 auch Heid/Kondert , in Heid/Preslmayr , Handbuch Vergaberecht4 (2015) Rz. 1286).
39 4.4. Soweit die revisionswerbende Partei ins Treffen führt, die Prokuristen der K AG seien keinesfalls in der Geschäftsführung der Bewerbergemeinschaft tätig, ist darauf hinzuweisen, dass in der Ausschreibung (nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes) festgelegt wurde, dass bei einer Bewerbergemeinschaft jedes Mitglied der Bewerbergemeinschaft den Nachweis der Zuverlässigkeit zu erbringen hat. Es kommt somit nur darauf an, dass die Prokuristen in der Geschäftsführung der K AG tätig waren.
5. Bestimmtheit des Mängelbehebungsauftrags
40 5.1. Nach Auffassung der revisionswerbenden Partei wäre die Auftraggeberin verpflichtet gewesen, die revisionswerbende Partei konkret auf die fehlenden Nachweise hinzuweisen, weil für einen redlichen Erklärungsempfänger klar sein müsse, was fehlt und von welchem Mangel der Auftraggeber ausgehe.
41 5.2. Zutreffend ist, dass ein Mängelbehebungsauftrag für den Unternehmer hinreichend klar und präzise sein muss. Im Hinblick auf die oben dargelegte Auslegung des § 68 Abs. 1 BVergG 2006 (und damit der diesbezüglichen Ausschreibungsbestimmung) ist die im Einzelfall erfolgte Beurteilung des Mängelbehebungsauftrags durch das Verwaltungsgericht als hinreichend konkret nicht zu beanstanden (siehe zur hinreichenden Konkretisierung eines Mängelbehebungsauftrages im Zusammenhang mit Eignungsnachweisen für Subunternehmer das hg. Erkenntnis vom , 2007/04/0098). Die Auftraggeberin hat in ihrem Schreiben vom zum einen auf das Ergebnis der bereits vorgenommenen Prüfung des Teilnahmeantrages abgestellt. Damit hat sie zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die Nachweisführung der revisionswerbenden Partei geprüft habe, diese Prüfung aber nicht positiv abschließen habe können, weshalb das Schreiben als Mängelbehebungsauftrag anzusehen war. Weiters hat die Auftraggeberin darauf verwiesen, dass zwar Strafregisterauszüge der Geschäftsführer und Prokuristen eines Mitglieds der Bewerbergemeinschaft vorliegen würden, nicht aber hinsichtlich der übrigen Mitglieder, womit auch hinsichtlich des Umfangs der eingeforderten Strafregisterauszüge keine Unklarheiten erkennbar sind.
6. Ergebnis
42 Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
43 Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am