VwGH vom 25.09.2012, 2011/17/0299
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der A GmbH in G, vertreten durch schwartz huber-medek partner rechtsanwälte og in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom , Zl. E 018/14/2010.006/008, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom ordnete die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See die Beschlagnahme von drei Geräten mit der Bezeichnung "Admiral Greyhounds" und eines Gerätes mit der Bezeichnung "EPSON" gemäß § 53 Abs. 1 und 2 Glücksspielgesetz (GSpG) an.
Soweit hier von Interesse, wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid (Spruchpunkt 2.) die von der beschwerdeführenden Partei dagegen erhobene Berufung ab. Die belangte Behörde ging dabei im Wesentlichen davon aus, dass bei den drei Geräten "Admiral Greyhounds" der Kunde sein Wettangebot direkt über das Gerät via Touchscreen eingebe und das Rennen am Gerät verfolge. Der Wetteinsatz erfolge über einen Banknoteneinzug mit einem Münzeinwurf direkt an den Geräten. Beim Gerät "EPSON" erfolge der Wetteinsatz über eine Mitarbeiterin im Lokal. Der Geldbetrag werde bei der Mitarbeiterin bezahlt und ein Wettschein ausgefüllt. Bei allen Geräten würden ausgewählte, aufgezeichnete Hunderennen eingespielt. Die A. GmbH sei Eigentümerin der drei Geräte "Admiral Greyhounds", die beschwerdeführende Partei des Gerätes "EPSON". Die beschwerdeführende Partei erhalte für alle vier Geräte eine umsatzabhängige Provision, und zwar von den jeweiligen Buchmachern in Großbritannien und Malta. Eine Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz liege nicht vor.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - ohne zwischen Spiel und Wette zu unterscheiden - im Wesentlichen aus, die beschwerdeführende Partei rechtfertige sich damit, dass Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen vorgelegen seien. Dem sei zu entgegnen, dass zwar nicht jede Art von Sportwette unter das GSpG falle, weil nicht von vornherein gesagt werden könne, dass bei einer Sportwette unter allen Umständen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhingen, doch stelle die Wiedergabe aufgezeichneter Rennabläufe eine Abfolge elektronischer Funktionen dar, nicht aber eine sportliche Veranstaltung. Darüber hinaus seien bei Sportwetten (von Buchmachern vor dem Ereignis erstellte) Quoten nicht die einzigen Anhaltspunkte für die Entscheidung der Spieler. Es würden vielmehr eine Reihe von weiteren Faktoren (Wissen um die aktuelle Form von Mannschaften, Pferden oder Hunden, ergebnisrelevante Ereignisse im Vorfeld des Wettkampfes, zu erwartende Wetterbedingungen u.a.) das Wettverhalten des einzelnen Spielers beeinflussen. Gemäß dem dargelegten Spielablauf sei die Entscheidung der Spieler ausschließlich von Quoten abhängig. Gewinn und Verlust hingen lediglich davon ab, welches der aufgezeichneten Ereignisse von einem EDV-Programm ausgewählt und wiedergegeben worden sei. Bei den gegenständlichen Apparaten ginge es um in der Vergangenheit aufgezeichnete Hunderennen, die automatisch alle paar Minuten starteten, wobei man jeweils nur auf das nächste startende virtuelle Hunderennen setzen könne. Auf den Apparaten laufe permanent das Spielprogramm ab und es könne der Benützer durch das Berühren des Bildschirms der Wettterminals oder durch die Eingabe über das Gerät "EPSON" lediglich die Art der Wette auswählen. Der Wettende habe aber keine Möglichkeit den Spielverlauf - etwa im Sinne eines Geschicklichkeitsspieles - zu beeinflussen. Die Kunden würden nur über die Startnummern der Hunde und die jeweilige Quote informiert, es habe aber keinen Hinweis auf Ort und Zeit des aufgezeichneten Rennens, auf Namen der Hunde und deren frühere Rennerfolge gegeben. Ansonsten habe der Kunde überhaupt keine Informationen. Selbst wenn gemäß dem Vorbringen in der Berufung beim Hundewettterminal "Admiral Greyhounds" der Zufallsgenerator bereits zu jenem Zeitpunkt über das abzuspielende Rennen entscheide, bevor die Wette überhaupt platziert werde, würden alle diese Momente bei dem festgestellten Ablauf, der auf den Apparaten stattfinde, ausgeblendet. Die gegenständlichen Apparate schafften nicht die Voraussetzung für die Teilnahme an einem Spiel, sondern führten das Spiel selbst durch. Es würden aufgezeichnete und nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Hunderennen gezeigt, auf deren Ergebnisse gewettet werde. Dabei handle es sich um Wettkämpfe, die bereits stattgefunden hätten, sodass ein für die Wette entscheidendes Kriterium, nämlich die Vorhersage eines künftigen ungewissen Ereignisses nicht gegeben sei. Der Kunde könne somit im Gegensatz zu den echten Sportwetten durch sein Wissen um die Fähigkeiten, die Kenntnisse und die aktuelle Verfassung des Sportlers das Ergebnis des Wettkampfes nicht einschätzen, sondern es hänge rein vom Zufallsgenerator ab, welches aufgezeichnete Rennen ausgewählt werde, und es sei somit ausschließlich das Glück maßgeblich. Es lägen daher entgegen dem Berufungsvorbringen keine Wetten aus Anlass einer sportlichen Veranstaltung oder eines Hunderennens vor, die von der gewerberechtlichen Bewilligung umfasst wären. Die Beschwerdeführerin verfüge über keine Konzession nach dem GSpG.
Selbst unter der Annahme, dass die gegenständlichen Ausspielungen zentralseitig erfolgten, weil die "Wettannahmeterminals" und das Gerät "EPSON" elektronisch mit einem weiteren Rechner verbunden gewesen seien, wären die beschlagnahmten Geräte als "sonstige Eingriffsgegenstände" im Sinne des § 53 Abs. 1 GSpG anzusehen und es wäre die Teilnahme am Spiel strafbar, weil die erforderlichen Einsätze vom Inland aus geleistet worden seien (vgl. §§ 52 Abs. 3 und 4 GSpG). Das Vorbringen, dass die Wettverträge ausnahmslos entweder in Malta oder in Großbritannien zustande kämen, sei daher nicht relevant.
Es bestehe der Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z. 1 bzw. 6 GSpG, weil Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 GSpG in Form von Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG - insbesondere durch das Bereithalten von sonstigen Eingriffsgegenständen und die unternehmerische Schaltung von Internet-Links - ermöglicht worden seien. Das Erfordernis des fortgesetzten Verstoßes gegen eine Bestimmung des § 52 GSpG sei dadurch gegeben, dass die angeführten Geräte zumindest bereits über einen mehrmonatigen Zeitraum angeboten worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gem. § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
In der Beschwerde wird geltend gemacht, die belangte Behörde habe sich mit keinem Wort die Mühe gemacht, den normativen Gehalt des von ihr angenommenen Sportwettenbegriffs aus dem positiven Recht abzuleiten: Sie rekurriere weder auf den Wettbegriff des § 1270 ABGB noch auf den Sportwettenbegriff des - im Burgenland nach wie vor in Geltung stehenden - "Gesetzes vom betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens", StGBl. 388/1919 idF LGBl. 13/1993 (kurz: GTBW-G). Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis VfSlg 1477 ausgesprochen, dass die Angelegenheiten der Wetten nach dem genannten Gesetz in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache seien. Der Gesetzgeber habe dabei auf den zivilrechtlichen Wettbegriff (§ 1270 ABGB) aufbauen wollen. Für die Qualifikation eines zivilrechtlichen Vertrages als "Spiel" oder "Wette" sei es unerheblich, ob er zufallsabhängig sei oder nicht: § 1269 ABGB bezeichne sowohl die "Wette" als auch das "Spiel" als "Glücksverträge" - und mithin als Verträge, "wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vorteiles versprochen und angenommen werde" (§ 1267 ABGB). Schon dieser klare Gesetzeswortlaut mache deutlich, dass es für die Qualifikation eines Vertrages als Wette oder Spiel nicht darauf ankomme, ob der Vertrag vom Zufall abhängig sei. Im Weiteren werden umfangreiche Ausführungen zum zivilrechtlichen Wett- und Spielbegriff getätigt.
Dem ist zu entgegnen, dass es zur Beurteilung der Frage, ob ein dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegendes Glücksspiel vorliegt, nicht auf die Unterscheidung von "Spiel" und "Wette" im Sinne der zivilrechtlichen Begriffe nach dem ABGB ankommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/17/0175, und vom , Zl. 2009/17/0158).
Gemäß Art. 10 Abs. 1 Z. 4 B-VG ist das Monopolwesen Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung, wobei nach der genannten Verfassungsbestimmung eine Kompetenz-Kompetenz des Bundesgesetzgebers besteht ( Mayer , Staatsmonopole, 1976, S. 22; im Ergebnis auch VfSlg. 7567/1975).
Der Verfassungsgerichtshof hat in dem von der Beschwerde zitierten Erkenntnis VfSlg 1477/1932 ausgesprochen, dass in Angelegenheiten des Totalisateur- und Buchmacherwesens im Sinne des GTBW-G die Kompetenz zur Gesetzgebung und Vollziehung gemäß Art. 15 Abs. 1 und 3 B-VG den Ländern zukommt.
Festzuhalten ist zunächst, dass gemäß § 1 Abs. 1 (GTBW-G) die Vermittlung und der gewerbsmäßige Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen (Rennen, Regatten usw.) nur mit Bewilligung der Landesregierung zulässig ist (Buchmacher). Gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. dürfen zur gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten der im ersten Absatz bezeichneten Art nur die im Anschluss an sportliche Veranstaltungen bestehenden besonderen Unternehmungen (Totalisateur) zugelassen werden. Das Gesetz vom betrifft somit nur Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen - sogenannte "Sportwetten".
Der Bund hat von der ihm betreffend das Monopolwesen zukommenden Kompetenz-Kompetenz Gebrauch gemacht und das Glücksspielmonopol im GSpG (§ 3) eingerichtet. Daher ist bei Beantwortung der Frage, ob ein Spiel oder eine Wette dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegen, eine Prüfung vorzunehmen, ob ein Glücksspiel im Sinne der Bestimmungen des GSpG vorliegt.
Gemäß § 1 Abs. 1 GSpG ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt. Bei den "Sportwetten" hängt die Entscheidung über das Spielergebnis nicht vorwiegend vom Zufall ab, weil der Wettende seine Kenntnisse betreffend die Umstände bei der sportlichen Veranstaltung (z.B. betreffend Hunderennen die Trainingsverfassung und den gesundheitlichen Zustand der einzelnen Tiere, die Stärken der Hunde bei der zu erwartenden Wetterlage, etc.) einbringt und diese Kenntnisse im Hinblick auf den Ausgang der jeweiligen sportlichen Ereignisse das Zufallselement überwiegen. Sportwetten in diesem Sinn unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol gemäß § 3 GSpG; der Bund hat insofern von seiner Kompetenz-Kompetenz keinen Gebrauch gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0158, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, bereits ausgeführt, dass eine Sportwette nicht vorliegt, wenn nicht auf ein künftiges sportliches Ereignis gewettet werden kann, sondern der Ausgang des Spiels davon abhängt, welches bereits in der Vergangenheit stattgefundene Rennen abgespielt wurde (vgl. auch die hg. Erkenntnisse jeweils vom , Zl. 2009/17/0237 und Zl. 2010/17/0006, in denen gem. § 43 Abs. 2 VwGG auf das erwähnte Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0158 verwiesen wurde). Zutreffend wird nämlich davon ausgegangen, dass bei der auch hier vorliegenden Sachlage nicht die Kenntnisse des Wettenden über die Umstände des Hunderennens, sondern lediglich der Umstand, welches Rennen ausgewählt wird, Einfluss auf das Spielergebnis haben.
Die belangte Behörde ist daher ausgehend vom diesbezüglich unbestrittenen Sachverhalt zutreffend davon ausgegangen, dass mit den beschlagnahmten Geräten Glücksspiele im Sinne von Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 1 GSpG durchgeführt wurden.
Die den Beschwerdeausführungen zugrunde liegende These, dass das GSpG nur Spiele im Sinne des ABGB erfasse und Wetten im zivilrechtlichen Sinn vom Glücksspielmonopol ausgenommen seien, ist im Sinne obiger Ausführungen unzutreffend (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2011/17/0296).
Die in der Beschwerde weiters geltend gemachten Feststellungsbzw. Verfahrensmängel sind sohin nicht entscheidungsrelevant.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten ließ. Die Entscheidung der Rechtssache hing bei unbestrittenem und von der belangten Behörde ausreichend festgestelltem Sachverhalt allein von den dargestellten Rechtsfragen ab. Art. 6 Abs. 1 MRK steht dem nicht entgegen, weil der Verwaltungsgerichtshof nach Stattfinden eines Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat, einem Tribunal im Sinne der MRK, angerufen wurde, und dieser bereits eine mündliche Verhandlung durchgeführt hatte.
Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am