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VwGH vom 21.03.2012, 2011/16/0122

VwGH vom 21.03.2012, 2011/16/0122

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der PGmbH Co KG in W, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2904- W/07, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin, die

c. Gesellschaft m.b.H. Co, hatte mit Bestandvertrag vom einen dort näher bezeichneten Gebäudekomplex an die

K. Gesellschaft m.b.H. - zum Betrieb eines Restaurants - vermietet. Am schlossen die Beschwerdeführerin und die

K. Gsgesellschaft m.b.H. folgende schriftliche, auszugsweise wiedergegebene "Auflösungs- und Räumungsvereinbarung":

"1. Rechtsverhältnisse

1.1 Die c. Gesellschaft m.b.H. Co hat als Vermieter mit der K. Gesellschaft m.b.H. am … einen Bestandvertrag betreffend eines Gebäudekomplexes (ovalförmiger oberirdischer Baukörper) auf dem Grundstück … zur Benutzung als M. Restaurant abgeschlossen.

1.2 Die (Beschwerdeführerin) ist insbesondere aufgrund verschiedener Umgründungsvorgänge Rechtsnachfolgerin der c. Gesellschaft m.b.H. Co im Eigentum des unter 1.1 genannten Grundstückes und somit im Verhältnis zur K. Gesellschaft m.b.H. Vermieterin.

2. Einvernehmliche Auflösung und Räumung

2.1 Die (Beschwerdeführerin) einerseits und die K. Gesellschaft m.b.H. andererseits vereinbaren nunmehr die einvernehmliche Auflösung dieses Bestandverhältnisses und die Räumung und Rückstellung des Bestandgegenstandes zum …, wobei bis zu diesem Termin die K. Gesellschaft m.b.H. berechtigt ist, ihren Betrieb im Bestandgegenstand ungestört zu betreiben und die (Beschwerdeführerin) verpflichtet ist, einen möglichst ungestörten Betrieb im Bestandgegenstand zu ermöglichen.

2.2 ...

3. Gegenleistung

3.1 Als Gegenleistung für die Aufgabe dieser Bestandrechte, sowie für getätigte Investitionen zahlt die (Beschwerdeführerin) der K. Gesellschaft m.b.H. einen Betrag in der Höhe von EUR 350.000,00 … zuzüglich Umsatzsteuer. …

3.3 Weiters zahlt die (Beschwerdeführerin) der K. Gesellschaft m.b.H. als pauschalierten Schadenersatz monatlich einen Betrag in der Höhe von EUR 105.000,00 … zuzüglich USt beginnend mit dem Tag der Räumung und Rückstellung des Bestandgegenstandes gemäß Punkt 2.1 bis zur Übergabe eines Bestandgegenstandes im Erdgeschoss des Büro- und Geschäftsgebäudes, welches westlich … durch die (Beschwerdeführerin) errichtet werden wird, an die K. Gesellschaft m.b.H., ..."

Mit Gebührenbescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien für die Auflösungs- und Räumungsvereinbarung vom eine Rechtsgebühr mit dem Betrag von EUR 280.560,-- fest. Die Abgabenbehörde erster Instanz ging begründend davon aus, die gegenständliche Vereinbarung stelle einen nach § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b des Gebührengesetzes 1957 (GebG) gebührenpflichtigen Vergleich dar. Der Vereinbarung komme eine Klarstellungs-, Bereinigungs- sowie eine Streitvorbeugefunktion zu. Durch die Vereinbarung werde festgestellt, in welcher Höhe und in welchem Umfang der Mieteranspruch auf einen Ablösebetrag aus der Auflösung des Bestandverhältnisses habe. Weiters werde in diesem Vertrag der Anspruch des Mieters auf monatliche Schadenersatzzahlungen und deren genaue Höhe festgelegt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin - soweit für das weitere Verfahren von Relevanz - zusammengefasst den Standpunkt, die Auflösungs- und Räumungsvereinbarung vom stelle weder einen Neuerungsvertrag noch einen Vergleich dar. Hinsichtlich des Mietrechts hätten keinerlei Rechtsstreitigkeiten welcher Art auch immer bestanden. Die Vereinbarung enthalte auch keinerlei Hinweise auf derartige Rechtsstreitigkeiten. Auch habe keinerlei Ungewissheit über die Sach- und Rechtslage hinsichtlich des Bestandes, des Inhaltes oder des Umfangs des vollkommen unstrittigen Mietrechts bestanden. Vor Abschluss der Auflösungs- und Räumungsvereinbarung seien sich beide Parteien einig und vollkommen im Klaren darüber gewesen, dass ein Mietrecht auf unbestimmte Dauer unzweifelhaft bestehe und dieses mangels vorliegender wichtiger Gründe von der Beschwerdeführerin nicht habe gekündigt werden können oder gekündigt werden sollte. Beide Parteien seien sich daher einig und vollkommen im Klaren darüber gewesen, dass eine Auflösung des Mietverhältnisses nur einvernehmlich erfolgen könne. Die Vereinbarung enthalte auch keinerlei Hinweis auf etwaige Zweifel hinsichtlich des Bestandes des Mietrechts oder etwaige diesbezügliche Klarstellungserfordernisse, die einen Vergleich begründen könnten.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung als unbegründet ab. Sie hielt hiebei an ihrer Ansicht fest, die als Auflösungs- und Räumungsvereinbarung bezeichnete Räumungsfolgenvereinbarung regle die Vermögensverhältnisse zwischen den Vertragsparteien bezüglich des aufzulösenden Bestandverhältnisses und stelle einen Vergleich dar. Die Ansicht der Beschwerdeführerin widerspreche den Tatsachen einer von vornherein bezweckten, verbindlichen Klarstellung des Anspruches und der Höhe einer zu leistenden Ablösezahlung und einer allenfalls zu leistenden Schadenersatzzahlung. Nachdem die Vertragsteile eine solche Klarstellung angesichts der bevorstehenden Vertragsauflösung ganz offenbar für erforderlich gehalten hätten, weil ansonsten die in Rede stehende Vereinbarung gar nicht geschlossen worden wäre, komme dieser jedenfalls eine Klarstellungsfunktion zu, womit eine für die Vertragsparteien sichtlich nicht ganz klare Situation bereinigt worden sei.

Die Beschwerdeführerin beantragt in dem Schriftsatz vom die Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde - nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung - der Berufung teilweise Folge und änderte den Erstbescheid dahingehend ab, dass die Gebühr gemäß § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b GebG mit 2 vH vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen von EUR 2.058.000,--, somit mit EUR 41.160,-- festgesetzt werde. Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens, insbesondere der Berufungsverhandlung unter Wiedergabe des dort erstatteten Parteivorbringens, nach Zitierung des § 33 TP 20 Abs. 1 GebG und Wiedergabe von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des Vorliegens eines Vergleiches im Sinne dieser Bestimmung sowie von Literatur fallbezogen aus:

"Zu klären ist nun, ob die hier zu beurteilende Vereinbarung einen nach § 33 TP 20 GebG zu beurteilenden gebührenpflichtigen Vergleich darstellt.

Aus den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes wird deutlich, dass es zur Begründung einer Gebührenpflicht nach der TP 20 des § 33 GebG bereits ausreicht, wenn einer Vereinbarung eine reine Klarstellungsfunktion zukommt.

Nun wurde im gegenständlichen Fall mit dem als Auflösungs- und Räumungsvereinbarung bezeichneten Vertrag vorweg das bestehende Dauerschuldverhältnis - ein grundsätzlich auf unbestimmte Dauer abgeschlossener Bestandvertrag der von beiden Vertragspartnern unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten nur zum 31.12. eines jeden Kalenderjahres gekündigt werden hätte können und hinsichtlich dessen der Vermieter für die Dauer von 40 Jahren auf die Ausübung seines Kündigungsrechtes verzichtet hatte, vorzeitig beendet.

Grund dieser Auflösung war, dass die Bw. als Bestandgeberin die Liegenschaft, auf der sich das Bestandobjekt befand, in weitreichende Umbaumaßnahmen einbinden wollte.

In Einem wurde der Bestandnehmerin sodann in Punkt 3.3 der Auflösungs- und Räumungsvereinbarung verbindlich zugesichert, dass

A) Zug um Zug mit dem Abschluss der Auflösungs- und Räumungsvereinbarung ein neuer Bestandvertrag gemäß Beilage./1 der Vereinbarung abgeschlossen wird. (Die Bw., als Bestandgeberin verzichtet hierin bis zum auf die Ausübung des ordentlichen Kündigungsrechtes, sodass das Bestandrecht solange dauert wie im ursprünglichen Bestandvertrag aus dem Jahr 1993) und B) bis zur Übergabe des neuen Bestandobjektes im Erdgeschoß des Büro- und Geschäftsgebäudes, welches ………… durch die Bw. errichtet wird, eine monatliche Schadenersatzzahlung in Höhe von EUR 105.000, zuzüglich Umsatzsteuer geleistet wird.

Außerdem hatte sich die Bw. in Punkt 3.1. der Vereinbarung zur Leistung einer Zahlung in Höhe von EUR 350.000,- als Gegenleistung für die Aufgabe dieser Bestandrechte, sowie für getätigte Investitionen verpflichtet, dies entgegen der Absprachen im ursprünglichen Bestandvertrag vom . Laut Punkt 11.1 dieses Vertrages hätte die Mieterin das Bestandobjekt unter Berücksichtigung der normalen Abnützung geräumt von allen Fahrnissen zurückzustellen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen gehabt. Die von der Mieterin vorgenommenen baulichen Veränderungen und sonstigen Investitionen, die nicht ohne Beschädigung der Substanz entfernt werden können, wären ohne Entschädigung zu belassen gewesen bzw. hätte der Vermieter ein Recht, die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes auf Kosten des Mieters.

Durch die hier zu beurteilende Auflösungs- und Räumungsvereinbarung wird nicht einfach nur ein - auch aus der Sicht (der belangten Behörde) zweifelsfrei unstrittiges - Bestandverhältnis aufgelöst. Die Vereinbarung, dass für die Aufgabe des Bestandrechtes und (entgegen der Vereinbarung im ursprünglichen Mietvertrag) zur Ablöse getätigter Investitionen eine Zahlung geleistet, weiters ein monatlicher Schadensersatz für die Zeit zwischen den Bestandverhältnissen gezahlt und letztlich ein inhaltlich bestimmter neuer Bestandvertrag abgeschlossen wird, geht weit über einen Aufhebungsvertrag hinaus. Es handelt sich nicht um einen reinen Aufhebungsvertrag, so wie die Bw. dies sehen möchte, der losgelöst von den weiteren Absprachen zu beurteilen ist. Der Verweis der Bw. auf die Judikatur des OGH 7 Ob 677/90 - wonach ein Aufhebungsvertrag kein Neuerungsvertrag ist - erweist sich hier deshalb schon nicht als zielführend.

Im gegenständlichen Fall werden gegensätzliche Interessen ausgeglichen; die Bestandnehmerin war - wie auch die mündliche Verhandlung ergeben hat - bereit - über Ersuchen der Bw., die den Umbau der Liegenschaft wollte und den Bestandvertrag einseitig nicht kündigen konnte - ihre Bestandrechte am ursprünglichen Bestandobjekt aufzugeben, gleichzeitig wurde aber u.a. auch der Abschluss eines neuen Bestandvertrages vertraglich zugesichert. Damit haben sich sehr wohl beide Vertragsparteien wechselseitig verbunden, etwas zu geben bzw zu tun, oder zu unterlassen (von der Aufgabe bestehender Bestandsrechte gegen Investitionsablöse und Zahlungen bis zur Verpflichtung zum Abschluss eines inhaltlich festgelegten neuen Bestandsvertrages).

Die Vereinbarung weist somit schon die für einen Vergleich typischen Merkmale auf. Durch die Gewährung sowohl der im ursprünglichen Bestandvertrag nicht vorgesehenen und dadurch schon zweifelhaften Investitionsablöse als auch durch die Regelung für die Zeit zwischen den Bestandverhältnissen wurden jedenfalls zweifelhafte Rechte klargestellt.

Dass dabei die Auflösung des Bestandvertrages einvernehmlich erfolgte, steht der Beurteilung als Vergleich nicht entgegen. Es muss ein Nachgeben keineswegs in jedem einzelnen Punkt der als Vergleich zu qualifizierenden Einigung erfolgen, sondern es genügt vielmehr schon das Nachgeben in nur einem von mehreren Punkten …

Ein Vergleich liegt auch schon dann vor, wenn auch nur über die Höhe bzw. das Ausmaß des Anspruches Zweifel bestanden und diese Zweifel mit der gegenständlichen Vereinbarung beseitigt wurden ...

Es kann davon ausgegangen werden, dass die hier zu beurteilende Vereinbarung vor allem der Vorbeugung von Rechtsstreitigkeiten dient.

Die im gegenständlichen Fall zu beurteilende Vereinbarung stellt sich eindeutig als ein gebührenpflichtiger außergerichtlicher Vergleich dar.

Es konnten dabei weder die Ausführungen in den Stellungnahmen der Bw. selbst noch die Ausführungen im übermittelten Rechtsgutachten zu einer anderen Beurteilung der Vereinbarung führen."

Nach weiterer Erörterung der Bemessungsgrundlage schloss die belangte Behörde zusammenfassend, im gegenständlichen Fall dürfe nicht übersehen werden, dass mit der Vereinbarung nicht einfach ein unstrittiges Bestandverhältnis aufgelöst, sondern weit reichende Vereinbarungen auch pro futuro getroffen worden seien. Es seien neue Rechte der Vertragsparteien festgelegt und gegensätzliche Interessen ausgeglichen worden. In der freiwilligen Aufgabe der Bestandrechte am ursprünglichen Bestandobjekt gegen Leistung einer Ablösezahlung für getätigte Investitionen und einer monatlichen Schadenersatzzahlung bis zur Übergabe des neuen Bestandobjektes, hinsichtlich dessen der Abschluss eines inhaltlich bestimmten Bestandvertrages zugesagt werde, leuchte eindeutig das von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geforderte bedeutsame Element des beiderseitigen Nachgebens hervor. Die Vereinbarung weise jedenfalls die für einen Vergleich typischen Merkmale auf. Am Vorliegen eines dem Tatbestand nach § 33 TP 20 GebG unterliegenden außergerichtlichen Vergleiches bestehe kein Zweifel.

Die Umsatzsteuer sei aus gebührenrechtlicher Sicht allein auf Grund ihrer vertraglichen Bedungenheit Teil des Entgelts und sohin in die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung der Gebühr einzubeziehen. Bei den Schadenersatzzahlungen sei von Leistungen auf bestimmte Dauer auszugehen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom , B 426/11, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten, über Auftrag ergänzten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiven Recht auf Unterlassung von Gebührenvorschreibung mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen verletzt; sie beantragt, den angefochtenen Bescheid - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Hiezu erstattete die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom eine Gegenäußerung, in der sie ihre Anträge vollinhaltlich aufrechterhielt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin vertritt vor dem Verwaltungsgerichtshof - wie schon im Verwaltungsverfahren - zusammengefasst den Standpunkt, unabdingbare Grundvoraussetzungen für das Vorliegen eines Vergleichs seien eine vorausgegangene Rechtsstreitigkeit der Vertragsparteien oder zumindest eine Ungewissheit über die Sach- und Rechtslage, daher Zweifelhaftigkeit des verglichenen Rechtes. Eine bloße Klarstellungs-, Bereinigungs- oder Streitvorbeugungsfunktion sei daher nicht ausreichend, um einen Vergleich zu begründen. Durch einen Vergleich würden Strittigkeit oder Zweifelhaftigkeit eines Rechtes dadurch beseitigt, dass die Parteien einvernehmlich feststellten, in welchem Umfang das Recht als bestehend angesehen werden solle. Die bisherige Unsicherheit solle endgültig beseitigt werden. Insbesondere liege auch dann kein Vergleich vor, wenn vorerst kontroversielle Standpunkte der Parteien - wie sie praktisch jedem Vertragsabschluss vorausgingen - letztlich überbrückt würden und es zum Abschluss der Vertragsverhandlungen komme. Im Wesen des Vergleichs liege es dagegen, dass ein beiderseitiges Nachgeben der Parteien vorliege und dass ihm Bereinigungswirkung zukomme.

Damit ist die Beschwerde im Recht.

Gemäß § 17 Abs. 1 erster Satz des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267 - GebG, ist für die Festsetzung der Gebühr der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.

Nach § 33 TP 20 Abs. 1 GebG idF des Abgabenänderungsgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 144 - AbgÄG 2001, unterliegen (außergerichtliche) Vergleiche einer Rechtsgebühr,

a) wenn der Vergleich über anhängige Rechtsstreitigkeiten getroffen wird, in der Höhe von 1 vH,

b) sonst in der Höhe von 2 vH

vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen.

Die Neufassung (u.a.) von § 33 TP 20 Abs. 1 GebG sahen die ErläutRV zum AbgÄG 2001, 827 BlgNR XXI. GP 23, nur in der Abschaffung der Stempelmarken begründet, weshalb auf die zu § 33 TP 20 Abs. 1 GebG 1957 idF vor dem AbgÄG 2001 ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann.

Da das Gebührengesetz 1957 keine Begriffsbestimmung des Vergleiches enthält, ist dieser Begriff nach § 1380 ABGB zu bestimmen. Darnach heißt ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, das jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen verbindet, Vergleich. Ein Vergleich ist somit die unter beiderseitigem Nachgeben einverständliche neue Festlegung streitiger oder zweifelhafter Rechte. Ein Vergleich bereinigt sohin ein strittiges oder zweifelhaftes Rechtsverhältnis. Dagegen ist der - unentgeltliche Erlass - einer unstreitigen und unzweifelhaften Schuld nach § 1381 ABGB kein Vergleich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/16/0136, mwN).

Ein Vergleich liegt demnach vor, wenn die Parteien streitige oder zweifelhafte Rechte durch gegenseitiges Nachgeben beseitigen, indem sie eine neue, eindeutige Verbindlichkeit festsetzen. Strittig oder zweifelhaft ist ein Recht, wenn die Parteien uneins sind, ob oder in welchem Umfang ein Recht entstanden ist oder noch besteht, wobei die Differenzen gegenwärtige wie zukünftige Rechts- oder Tatfragen betreffen können. Dies ist rein subjektiv aus der Sicht der Parteien zu beurteilen, selbst wenn deren Standpunkte möglicherweise objektiv unzutreffend sind (vgl. das zitierte Erkenntnis vom mwN).

Die belangte Behörde geht selbst davon aus, dass durch die Auflösungs- und Räumungsvereinbarung vom ein zweifelsfreies und unstrittiges Bestandverhältnis aufgelöst wurde. Dies steht auch im Einklang mit dem nach § 17 Abs. 1 GebG maßgeblichen Inhalt der Urkunde, namentlich der Auflösungs- und Räumungsvereinbarung, die mit keinem Wort eine Strittigkeit oder Zweifelhaftigkeit des Bestandverhältnisses erwähnt.

Die belangte Behörde sieht den Begriff des Vergleichs schon dadurch erfüllt, dass die Vertragsparteien ihre gegensätzlichen Interessen ausgeglichen hätten.

Dem entgegen setzt die Annahme eines Vergleichs nach § 1380 ABGB die Strittigkeit oder Zweifelhaftigkeit eines Rechts voraus, die durch beiderseitiges Nachgeben beseitigt wird. Strittig oder zweifelhaft ist ein Recht nach dem Gesagten dann, wenn die Parteien uneins sind, ob oder in welchem Umfang ein Recht entstanden ist oder noch besteht. Diese Voraussetzung ist jedoch, wie die belangte Behörde selbst feststellt, im Beschwerdefall nicht gegeben, waren doch die aus dem Bestandvertrag vom resultierenden wechselseitigen Rechte und Pflichten weder strittig noch zweifelhaft. Auch lagen, ausgehend von den Feststellungen der belangten Behörde, keinerlei Zweifel an der Einbringlichkeit von Forderungen vor, die durch ein Nachgeben ausgeräumt werden sollten; solche Zweifel an der Einbringlichkeit waren jedoch in dem von der belangten Behörde für ihren Standpunkt ins Treffen geführten, eingangs zitierten Erkenntnis vom , entscheidend.

In dem weiteren von der belangten Behörde für ihren Standpunkt ins Treffen geführten Erkenntnis vom , Zl. 2008/16/0154, wurde ebenfalls die Klarstellungsfunktion der von einem Sozialhilfeträger mit Sozialhilfeempfängern geschlossenen Vereinbarungen als für das Vorliegen eines Vergleiches entscheidend gesehen - allerdings mit dem Ergebnis, dass die Befreiungsbestimmung des § 33 TP 20 Abs. 2 Z. 3 GebG 1957 maßgeblich war.

Eine Strittigkeit oder auch nur Zweifelhaftigkeit der aus dem Bestandvertrag vom resultierenden wechselseitigen Rechte und Pflichten war auch nicht dadurch gegeben, dass die (Rechtsnachfolgerin der) Bestandgeberin an einer vorzeitigen, unzweifelhaft nur einvernehmlich möglichen Auflösung gelegen war. Dass die verschiedenen wirtschaftlichen Interessen der Bestandgeberin einerseits und der Bestandnehmerin andererseits, die bislang im Bestandvertrag ihre klare Regelung gefunden hatten, fortan einen Ausgleich in einer abweichenden Regelung in der Auflösungs- und Räumungsvereinbarung fanden, machte diese ebenso wenig zu einem Vergleich im besagten Sinn wie die Neugestaltung der wechselseitigen Rechte und Pflichten, die auch pro futuro gleichermaßen unzweifelhaft war.

Der angefochtene Bescheid war daher - unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am