VwGH vom 19.09.2013, 2011/15/0157
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der A GmbH Co in G, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Porzellangasse 51, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0640-G/08, betreffend u. a. Wiederaufnahme der Verfahren (Umsatzsteuer 2004 und 2005) und Umsatzsteuer 2002 bis 2006, zu Recht erkannt:
Spruch
Soweit der angefochtene Bescheid Umsatzsteuer 2002 bis 2006 betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin wurde im Jahr 2001 als OEG gegründet. Gesellschafter waren bereits damals die Brüder MA und RA. Ab wurden im Firmenbuch deren Ehefrauen EA und AA als Gesellschafter eingetragen. EA und AA halten die Gesellschaftsanteile treuhändig für ihre Ehemänner. Mit wurde die Beschwerdeführerin eine KEG unter Beitritt einer GmbH als Komplementärin. Seit 2009 ist sie eine KG.
Die Beschwerdeführerin erwarb im November 2001 ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück von ca. 68.000 m2. In den Folgejahren wurde auf dieser Liegenschaft ein Gebäude (rund 500 m2 Nutzfläche zuzüglich Nebengebäude, wie Stall, Tenne, Werkstatt) errichtet. Die Gestaltung des Gebäudes sowie deren Einrichtung haben sich an den Wohnbedürfnissen des Gesellschafters MA orientiert.
Das Wohnhaus wird seit seiner Fertigstellung vom Gesellschafter MA, der auch Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist, und seiner Familie zu privaten Wohnzwecken genutzt (mündlicher Mietvertrag zwischen der Beschwerdeführerin und MA). Die land- und forstwirtschaftlichen Flächen haben die Ehegatten MA und AA gepachtet und züchten darauf Pferde.
Die Beschwerdeführerin reichte für die Jahre 2002 und 2003 Umsatzsteuererklärungen ein, in denen jeweils Vorsteuerüberhänge ausgewiesen sind. Die Bescheide ergingen erklärungsgemäß (Ausfertigungsdatum und ).
Am übermittelte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt ein mit datiertes "Protokoll über den Hauptmietvertrag", in welchem die Punkte des Mietvertrages zwischen ihr als Vermieterin und MA festgelegt sind. Ein schriftlicher Mietvertrag sei nicht erstellt worden, um das Anfallen von Gebühren zu vermeiden. Im Protokoll ist festgehalten, dass die Beschwerdeführerin das "Wohnhaus samt Nebengebäuden" an MA vermiete, und zwar ab auf unbestimmmte Dauer. Weiters ist festgehalten, der Mieter sei "berechtigt, das Mietobjekt für Wohnzwecke und in Verbindung mit dem getrennt abgeschlossenen Pachtvertrag (gemeint: Pachtvertrag über die land- und forstwirtschaftlichen Flächen) zu gebrauchen und zu benutzen".
Der Umsatzsteuerbescheid 2004 erging am , der Umsatzsteuerbescheid 2005 am .
Von Juli bis November 2007 führte das Finanzamt eine abgabenbehördliche Prüfung durch.
Der Prüfer traf die Feststellung, das Wohnhaus werde von MA privat genutzt. Die Nebengebäude (Stall, Tenne und Werkstätte) sowie der land- und forstwirtschaftlich genutzte Grund und Boden seien der von den Ehegatten MA und AA gemeinsam geführten pauschalierten Land- und Forstwirtschaft (Pferdezucht) zuzurechnen.
Die Beschwerdeführerin habe den Vorsteuerabzug aus den Baukosten des Wohnhauses sowie der Nebengebäude geltend gemacht. Die Baukosten habe sie aufwandswirksam bei der "Gewinnermittlung" der einzelnen Jahre berücksichtigt. Ab Oktober 2005 erfasse sie auch Mieteinnahmen.
Bei sämtlichen Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Bau und der Einrichtung des Wohnhauses handle es sich, soweit das Mietverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und MA betroffen sei, um Kosten des Haushaltes und der Lebensführung des Gesellschafters MA. Die Aufwendungen für die privat genutzten Räumlichkeiten verlören den Charakter als Kosten der Lebensführung im Sinne des § 20 EStG 1988 nicht dadurch, dass die Beschwerdeführerin die private Nutzung der Räumlichkeiten durch ihren Gesellschafter (und seine Familie) zivilrechtlich in einen Bestandrechtstitel kleide.
Der Teil der Liegenschaft, welcher der ausschließlichen Privatnutzung von MA und seiner Ehefrau diene, sei somit zufolge § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 nicht dem Unternehmensbereich der Beschwerdeführerin zuzuordnen, weshalb ihr insoweit der Vorsteuerabzug versagt werde. Mietumsätze würden um den das private Wohnbedürfnis des Gesellschafters betreffenden Anteil berichtigt.
Hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens verweist der Prüfer im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung auf die vorangeführten Feststellungen.
Den Ausführungen im Bericht folgend verfügte das Finanzamt hinsichtlich Umsatzsteuer 2002 bis 2005 die Wiederaufnahme des Verfahrens und erließ Sachbescheide für die Jahre 2002 bis 2006.
In der Berufung wurde eingewendet, dass keine Tatsachen neu hervorgekommen seien, weshalb die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme fehlten.
Das Mietverhältnis sei mit Schreiben vom offen gelegt worden. Erst in der Folge seien am und am die Umsatzsteuerbescheide 2004 und 2005 ergangen. Schon am habe das Finanzamt telefonisch angefragt, ob es sich bei der gegenständlichen Liegenschaft um eine solche handle, welche MA mit seiner Familie bewohnen werde. Damals sei dem Finanzamt telefonisch mitgeteilt worden, dass MA der (einzige) Mieter sei und es sich nicht um einen "Seeling"-Fall, sondern um eine klassische Vermietung handeln werde. Daraufhin sei die Vorsteuer in den Veranlagungen für 2004 und 2005 gewährt worden.
An der Beschwerdeführerin seien zu 80 % RA und zu 20 % MA beteiligt. Nach herrschender Lehrmeinung und ständiger Rechtsprechung sei die Vermietung einer Liegenschaft für Wohnzwecke durch eine Mitunternehmerschaft an einen Mitunternehmer, der zu maximal 20 % beteiligt sei, steuerlich anzuerkennen. Es gehe im Beschwerdefall nicht um "rechtliche Gestaltungen, welche darauf abzielen, derartige Aufwendungen in das äußere Erscheinungsbild von Einkünften zu kleiden". Vielmehr hätten sich zwei Brüder mit dem wirtschaftlichen Zweck, in eine zu vermietende Liegenschaft zu investieren, zu einer grundbuchfähigen Personengesellschaft zusammengeschlossen, um ein betriebswirtschaftlich sinnvolles finanzielles Engagement zu starten. Entgegen den Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht sei eine Vermietung durch die Miteigentumsgemeinschaft an einen Mitgesellschafter steuerlich anzuerkennen. Davon ausgenommen wäre eine Vermietung an nahe Angehörige.
Mit Berufungsvorentscheidungen wies das Finanzamt die Berufung ab. Es führte zur Wiederaufnahme aus, dem im Dezember 2005 eingereichten "Protokoll über den Hauptmietvertrag" sei nicht zu entnehmen, dass der Mieter das Objekt nur für eigene Wohnzwecke benutzen dürfe. Vielmehr sei auch die Nutzung in Zusammenhang mit einem Pachtvertrag über die land- und forstwirtschaftlichen Flächen zulässig. Die genaue Nutzung sei daher seinerzeit nicht aktenkundig gewesen. Hinsichtlich der Jahre 2002 und 2003 sei auch der Mietvertrag selbst erst neu hervorgekommen. Ein "telefonischer Vorhalt" sei am ergangen. Dem Aktenvermerk ("Errichtung eines Wohn- und Bürogebäudes zu Mietzwecken (MA) Überprüfung zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme notwendig, (ev. BP)") sei zu entnehmen, dass die Vermietung eines Wohn- und Bürogebäudes an den Steuerberater MA intendiert gewesen sei. Durch das Telefonat sei sohin bekannt gewesen, dass MA der einzige Mieter sein werde (was aber letztlich in Bezug auf die landwirtschaftlichen Flächen auch nicht gestimmt habe) und es sich um ein Wohn- und Bürogebäude handle, was einen Unterschied zu einem reinen Wohnhaus mache. Somit seien dem Finanzamt im Zuge der Prüfung Tatsachen erstmals bekannt geworden.
Das Finanzamt führte sodann aus, rechtliche Gestaltungen, die darauf abzielten, Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen oder für den Unterhalt seiner Familienangehörigen in das äußere Erscheinungsbild einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu kleiden, seien steuerlich unbeachtlich.
Im Vorlageantrag führte die Beschwerdeführerin aus, die Nutzung für Wohnzwecke sei aufgrund des vorgelegten Protokolls über einen Mietvertrag amtsbekannt gewesen. Die Frage, ob Teile des Gebäudes gewerblich oder im Rahmen der Landwirtschaft genutzt würden, sei irrelevant. Es sei unstrittig, dass das vermietete Wohnhaus jedenfalls auch Wohnzwecken dienen werde. Zudem sei eine freiberufliche oder gewerbliche Nutzung im Mietvertrag nicht angesprochen gewesen. Hätte die Finanzbehörde den Vorsteuerabzug im Hinblick auf die Nutzung für Wohnzwecke untersagen wollen, wären ihr dazu nach Vorliegen des Gesellschafts- und des Mietvertrages alle Tatsachen und Beweismittel vorgelegen. Im Betriebsprüfungsverfahren seien keine relevanten Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen.
Was den Aktenvermerk über das Telefonat vom anlange, betone die Beschwerdeführerin, sie habe dem Finanzamt mitgeteilt, dass das Büro des Gesellschafters MA nicht in das Mietobjekt verlegt werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. In Bezug auf die Umsatzsteuerbescheide nahm sie eine Verböserung dahingehend vor, als sie nicht bloß die Überlassung der Nutzung eines Teiles des Gebäudes an MA für Zwecke seines persönlichen Wohnbedarfs, sondern auch die Überlassung anderer Teile an MA und AA (für landwirtschaftliche Zwecke, Pferdezucht) als steuerlich nicht relevante Betätigung beurteilte.
Zur Wiederaufnahme führt die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin berufe sich auf die Offenlegung von Informationen durch das am vorgelegte Mietvertragsprotokoll bzw. den am vorgelegten Pachtvertrag. Die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2002 und 2003 seien aber bereits vor Einreichung dieser Eingaben erlassen worden, sodass in Bezug auf diese Verfahren eine Offenlegung jedenfalls noch nicht erfolgt gewesen sei.
Aber auch hinsichtlich der Jahre 2004 und 2005 seien die Voraussetzungen der Wiederaufnahme erfüllt:
Das Finanzamt stütze die Wiederaufnahme auf die im Zuge der Betriebsprüfung getroffenen Feststellungen, welche im Prüfungsbericht wiedergegeben seien. Zum Zeitpunkt der Erlassung der ersten Umsatzsteuerbescheide seien dem Finanzamt lediglich das genannte "Protokoll über den Hauptmietvertrag" sowie der Pachtvertrag vorgelegen. Diese Unterlagen ließen ihrem Inhalt nach darauf schließen, dass die Liegenschaft zwar zu einem Teil für private Wohnzwecke des MA und dessen Familie Verwendung finde, zum Teil aber auch für betriebliche Zwecke (insbesondere für die land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung durch die Pächter).
In diese Richtung habe auch eine telefonische Auskunft der Beschwerdeführerin vom gewiesen, bei der sie kundgetan habe, es werde auf der Liegenschaft ein Wohn- und Bürogebäude errichtet. Die Beschwerdeführerin bestreite die Erteilung einer solchen Auskunft. Die belangte Behörde nehme jedoch als erwiesen an, dass im Zuge des Telefonates tatsächlich von der Errichtung eines Wohn- und Bürogebäudes die Rede gewesen sei. MA sei hauptberuflich Steuerberater, welcher Umstand durchaus nahe lege, dass Teile des auf der Liegenschaft errichteten Gebäudes als Büro geplant gewesen seien bzw. genutzt werden könnten. Zudem seien im Zuge der Außenprüfung Baupläne offen gelegt worden, in denen ein Büro ausgewiesen sei.
Erst im Rahmen der Betriebsprüfung habe der Prüfer jenen Anteil ermitteln können, welcher auf die privaten Wohnzwecke und damit die private Lebensführung des MA entfalle. Das Finanzamt habe zwar auf Grund der vorgelegten Verträge im Zeitpunkt der Erlassung der Umsatzsteuerbescheide gewusst, dass die Liegenschaft zumindest zum Teil für private Wohnzwecke des MA bestimmt sei. Das Ausmaß der Nutzung für Wohnzwecke sei dem Finanzamt aber nicht bekannt gewesen. Die bis dahin gegebene Aktenlage habe vielmehr den Eindruck vermittelt, dass ein Teil der Liegenschaft für andere Zwecke als die private Lebenssphäre des MA verwendet werde. Ebenso wenig sei der Behörde zunächst bekannt gewesen, inwieweit auf das Wohngebäude entfallende Kosten in die Steuererklärungen Eingang gefunden hätten.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gälten nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 u.a. Lieferungen und sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 seien.
Eine Wohnung, die dem Steuerpflichtigen und seiner Ehefrau zur gemeinsamen Haushaltsführung diene, könne nicht zum "Betriebsvermögen" gehören, sondern sei notwendiges Privatvermögen. Das gelte auch in Fällen, in denen die Wohnung nicht einem Einzelunternehmer, sondern einem Mitunternehmer zur Haushaltsführung diene, zumal in der Einkommensteuer eine gleichmäßige Behandlung von Einzelunternehmern und Mitunternehmern bestehe.
Insoweit also ein im Eigentum einer Mitunternehmerschaft stehendes Gebäude für Wohnzwecke eines Mitunternehmers und damit für dessen private Lebensführung genutzt werde, könnten die damit zusammen hängenden Aufwendungen gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 lit. a EStG 1988 ertragsteuerlich nicht berücksichtigt und die korrespondierenden Vorsteuern nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 nicht abgezogen werden.
Im gegenständlichen Fall werde das Wohnhaus seit unbestrittenermaßen von MA, dem Kommanditisten und Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, (und dessen Familie) für private Wohnzwecke verwendet. Überdies sei dieses Gebäude im Eigentum der Beschwerdeführerin von Vorneherein dazu errichtet worden, um dem Gesellschafter MA für private Wohnzwecke überlassen zu werden. Es sei von Anbeginn an auf die individuellen Vorstellungen und Bedürfnisse des Mitunternehmers zugeschnitten worden. Das ergebe sich etwa daraus, dass in zahlreichen die Planung und Errichtung des Gebäudes betreffenden Belegen unmittelbar MA angesprochen werde (z.B. in einer Rechnung des Planungsbüros). Zahlreiche Rechnungen seien direkt an MA adressiert. Die im Zuge der Betriebsprüfung vorgelegten Baupläne ließen eine an den individuellen privaten Bedürfnissen des MA orientierte Planung erkennen.
Da das Wohnhaus ausschließlich der Befriedigung des privaten Wohnbedürfnisses des Kommanditisten und Gesellschafter-Geschäftsführers der Komplementärin MA (und seiner Familie) diene, sei es notwendiges Privatvermögen. Die Aufwendungen für das privat genutzte Haus verlören den ihrer steuerlichen Berücksichtigung entgegenstehenden Charakter als Kosten der Lebensführung iSd § 20 EStG 1988 auch nicht deswegen, weil der privaten Nutzung dieses Hauses zivilrechtlich ein Bestandrechtstitel (zwischen der beschwerdeführenden Personengesellschaft und dem Gesellschafter) zu Grunde gelegt werde.
Folglich handle es sich bei sämtlichen mit dem Wohnhaus in Zusammenhang stehenden Aufwendungen, für die der Vorsteuerabzug begehrt werde, um Kosten des Haushalts und der Lebensführung eines Gesellschafters einer Personengesellschaft. Sohin könne dem Finanzamt auch nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn es das für die Privatnutzung errichtete Gebäude im Grunde des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 nicht dem Unternehmensbereich zugeordnet (kein Vorsteuerabzug, keine Umsatzsteuerpflicht) habe.
Die belangte Behörde habe allerdings auch umfangreiche Erhebungen über die von MA und AA betriebene landwirtschaftliche Tätigkeit in Form der Pferdezucht gepflogen und komme nunmehr zum Ergebnis, dass diese Pferdezucht Liebhaberei iSd § 1 Abs. 2 LVO sei und damit der privaten Lebensführung zugeordnet werden müsse.
Im Folgenden führt die belangte Behörde umfangreich die Überlegungen aus, aufgrund derer sie die Pferdezucht als Liebhaberei einstufe. Sodann führt sie aus, dies habe umsatzsteuerlich zur Folge, dass die damit zusammenhängenden Aufwendungen bzw. Vorsteuern als Kosten der privaten Lebensführung eines Gesellschafters der Beschwerdeführerin steuerlich nicht berücksichtigt werden könnten.
Die Beschwerdeführerin verkenne die Rechtslage, wenn sie eingewendet habe, die steuerliche Qualifikation der vom Gesellschafter MA und seiner Ehegattin ausgeübten Pferdezucht sei für die Beurteilung ihrer "Vermietungstätigkeit" ohne jede Relevanz. Da die Pferdezucht ebenso wie das Wohnhaus - zur Gänze - der privaten Lebensführung des MA zuzurechnen sei, komme für die Aufwendungen ertragsteuerlich das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 und umsatzsteuerlich das Vorsteuerabzugsverbot des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 zum Tragen.
In Anbetracht dieser "Rechtslage" könne es im Beschwerdefall grundsätzlich dahin gestellt bleiben, ob die Verträge einer Überprüfung iSd. so genannten Angehörigenjudikatur unterzogen werden könnten bzw. ob sie dann gegebenenfalls einem Fremdvergleich standhalten würden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, soweit er die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer 2004 bis 2006 und soweit er Umsatzsteuer 2002 bis 2006 betrifft. Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht auf Vorsteuerabzug gemäß § 12 UStG 1994 verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
a) Wiederaufnahme der Verfahren:
Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0005).
Die Beschwerde spricht auch von der Verfügung der Wiederaufnahme betreffend Umsatzsteuer 2006. Hinsichtlich Umsatzsteuer 2006 ist allerdings kein Wiederaufnahmebescheid ergangen; vielmehr sind die das Veranlagungsjahr 2006 betreffenden Ergebnisse der Außenprüfung bereits im Erstbescheid berücksichtigt worden.
In der Beschwerde wird vorgebracht, dem Finanzamt sei am das "Protokoll über den Hauptmietvertrag" zwischen der Beschwerdeführerin und MA sowie am der Pachtvertrag zwischen der Beschwerdeführerin einerseits sowie MA und AA andererseits vorgelegt worden. Seither sei dem Finanzamt bekannt gewesen, dass MA das gemietete Gebäude auch für private Wohnzwecke nutze. Zudem habe die Beschwerdeführerin dem Finanzamt in einem Telefonat vom Informationen übermittelt; hierüber sei der Aktenvermerk des Finanzamtes vom selben Tag aufgenommen worden.
Der genannte Aktenvermerk des Finanzamtes vom hält fest, die Beschwerdeführerin errichte ein "Wohn- und Bürogebäude" zu Mietzwecken. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass die Beschwerdeführerin die Äußerung so getätigt hat, wie es im Aktenvermerk festgehalten ist. Die Beschwerde vermag die Unschlüssigkeit dieser Beweiswürdigung nicht aufzuzeigen. Zudem konnte der Aktenvermerk im September 2004 nur die damals geäußerte Absicht über eine künftige Nutzung enthalten, hat doch die tatsächliche Vermietung erst mit Oktober 2005 begonnen.
Das Finanzamt konnte aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen nicht annehmen, dass der Gesellschafter MA das Objekt ausschließlich für eigene Wohnzwecke nutze. Vielmehr hat das "Protokoll über den Hauptmietvertrag" samt dem Pachtvertrag und dem Aktenvermerk vom auf eine gemischte, also auch betriebliche Nutzung (zumindest einige Räume) hingedeutet. Die Beschwerdeführerin hat für 2004 noch keine Umsätze und für 2005 Umsätze von ca. EUR 6.500 erklärt. Solcherart war aufgrund der dem Finanzamt vorliegenden Informationen nicht auszuschließen, dass bloß die steuerpflichtige Vermietung von Gebäudeteilen, die von MA betrieblich genutzt wurden, in die Umsatzsteuererklärungen der Beschwerdeführerin Eingang gefunden hat. Im Zuge der Außenprüfung wurde dem Finanzamt bekannt, welche Gebäudeteile ausschließlich dem privaten Wohnbedürfnis des Gesellschafters MA und seiner Familie dienten, und dass die darauf bezogenen Vorsteuern in den Umsatzsteuererklärungen geltend gemacht waren. Solcherart sind dem Finanzamt erst im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung Tatsachen zur Kenntnis gelangt, aufgrund derer sie im Spruch anderslautende Umsatzsteuerbescheide erlassen durfte (siehe hiezu unter b).
b) Vorsteuerabzug bei für das private Wohnbedürfnis des Gesellschafters gewidmeten Räumen:
§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 normiert einen Vorsteuerausschluss in Bezug auf Lieferungen und sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 EStG 1988 sind. Dieselbe Regelung fand sich bereits in § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1972.
§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 schließt Aufwendungen für die private Lebensführung des Steuerpflichtigen vom Vorsteuerabzug aus. Unter den Begriff der Lebensführung fallen im Wesentlichen Aufwendungen für die Nahrung, bürgerliche Kleidung und die eigene Wohnung des Steuerpflichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0170, mwN).
Die belangte Behörde hat die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass die Beschwerdeführerin das in Rede stehende Wohnhaus nach den Bedürfnissen ihres Gesellschafters MA errichtet (und eingerichtet) hat und es sodann diesem Gesellschafter für dessen privates Wohnbedürfnis überlassen hat. Solcherart hat die belangte Behörde zutreffend festgestellt, dass es sich bei den Aufwendungen im Zusammenhang mit der Errichtung, der Erhaltung und dem Betrieb des Wohnhauses um solche handelt, die unmittelbar die private Lebensführung des Gesellschafters MA betreffen. Das Wohnhaus ist für das private Wohnbedürfnis des Gesellschafters gewidmet. Ausgehend davon hat die belangte Behörde in Bezug auf dieses für die Privatnutzung des Miteigentümers gewidmete Gebäude im Grunde des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 den Vorsteuerabzug versagt. Dies stößt auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken (vgl. hiezu nochmals das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0170).
Im Hinblick auf die unionsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin gegen die Regelung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 ist festzustellen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom , 2009/15/0100, Slg. 8448/F, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, - nach Einholung einer Vorabentscheidung im Sinne des Art 267 AEUV - zu Recht erkannt hat, dass § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 auf Wohngebäude anwendbar ist und nicht den Regelungen der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie widerspricht (vgl. hiezu auch die hg. Erkenntnisse vom , 2010/15/0085; vom , 2009/15/0217; vom , 2009/15/0222, und vom , 2009/15/0210).
c) Vorsteuerabzug bei Vermietung für Zwecke der Pferdezucht:
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist es vor dem unionsrechtlichen Hintergrund geboten, dass der Regelung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 ein klar umrissener Anwendungsbereich zukommt. Bereits im hg. Beschluss vom , EU 2007/0008, mit dem der Verwaltungsgerichtshof dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, über die der EuGH in der Folge mit Urteil vom , C-460/07, Sandra Puffer , ÖStZB 2010, 354, abgesprochen hat, wird zur Erläuterung der Rechtslage in Österreich u.a. ausgeführt, § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 schließe Aufwendungen für die private Lebensführung des Steuerpflichtigen vom Vorsteuerabzug aus, wobei unter den Begriff der Lebensführung Aufwendungen für die Nahrung, bürgerliche Kleidung und die eigene Wohnung des Steuerpflichtigen fielen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/15/0085).
Zur Frage, welche Art von Gebäuden (Gebäudeteilen) durch diese Vorsteuerausschlussbestimmung erfasst werden, erläutert Sarnthein , Gemischte Nutzung von Grundstücken im Unternehmen, ÖStZ 2005/184, 106 (siehe auch ÖStZ 2009/695, 348):
"Durch § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG (1972 und 1994) iVm § 20 EStG ergibt sich im Immobilienbereich der Ausschluss des Vorsteuerabzuges für Wohn- und Repräsentationsräume des Steuerpflichtigen. Der Ausschluss bezieht sich somit auf bestimmte Arten von Gegenständen iSd Idee in den Schlussanträgen des GA Jakobs vom , in der Rechtssache C-434/03, Charles und Charles-Tijmens. Es besteht demnach keinesfalls ein pauschaler Ausschluss jeder unternehmensfremden Verwendung. Bei einem teilweise unternehmerisch genutzten Gebäude können nämlich andere Räume als Wohnräume dem Unternehmen (mit der Wirkung des Vorsteuerabzuges) zugeordnet werden (zB ungenutzte Räume oder dem Eigentümer für seine nichtselbstständigen Einkünfte dienende Räume oder Liebhabereiräume etc)."
Auch der Verwaltungsgerichtshof hält eine ausdehnende Interpretation des Vorsteuerausschlusses nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1988 für unzulässig. Bei einem Gebäude erfasst die Bestimmung durch die Bezugnahme auf § 20 EStG 1988 jene Teile (Räume), die dem privaten Wohnbedürfnis der Person, die einkommensteuerlich als der Unternehmer gilt, bzw. ihrer Familie gewidmet sind. Eigenständige Gebäudeteile werden aber nicht schon deshalb von § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 erfasst, weil sie der Entfaltung einer Tätigkeit dienen (hier: Pferdezucht), bei der sich in der Folge allenfalls herausstellt, dass es sich einkommensteuerlich um Liebhaberei handeln kann. § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 begründet jedenfalls für eine Personengesellschaft (Miteigentümergemeinschaft) keinen Vorsteuerausschluss hinsichtlich jener Teile ihres Gebäudes, welche sie einem Gesellschafter (Miteigentümer) zur Nutzung überlässt (soweit die Option nach § 6 Abs. 2 UStG 1994 ausgeübt ist) und in welchen er sodann eine Tätigkeit entfaltet, die bei ihm als Liebhaberei zu beurteilen ist. Unabhängig davon ist im Übrigen zu beurteilen, ob dem Gesellschafter im Hinblick auf die von ihm ausgeübte Betätigung der Vorsteuerabzug aus den ihn treffenden Kosten zukommt. (Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass sogar eine Betätigung, die einkommensteuerlich Liebhaberei iSd § 1 Abs. 2 LVO darstellt, in besonderen Ausnahmefällen eine - zum Vorsteuerabzug berechtigende - umsatzsteuerpflichtige Betätigung darstellen kann, vgl. das hg Erkenntnis vom , 2010/15/0107).
Soweit der angefochtene Bescheid über Umsatzsteuer 2002 bis 2006 abspricht, ist er sohin mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am