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VwGH vom 28.10.2008, 2007/05/0010

VwGH vom 28.10.2008, 2007/05/0010

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde 1. des P H und 2. der P H GesmbH, beide in Losenstein, vertreten durch Poduschka Anwaltsgesellschaft mbH in 4320 Perg, Dr. Schoberstraße 25, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-013738/2-2006- Ri/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde Losenstein, 2. G reg. Gen.m.b.H. in Steyr, vertreten durch Dr. Martin Peter Schloßgangl, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Promenade 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben insgesamt dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom beantragte die zweitmitbeteiligte Genossenschaft die Erteilung der Baubewilligung für den Um- bzw. Neubau einer mehrgeschossigen Wohnhausanlage auf ihren Grundstücken Nr. 77, 423/1 und .324, je KG Stiedelsbach. Das letztgenannte Grundstück ist vom Grundstück Nr. 428, KG Stiedelsbach, umschlossen. Die Baugrundstücke sind in dem seit rechtswirksamen Flächenwidmungsplan Nr. 4 der mitbeteiligten Gemeinde als "Wohngebiet" gewidmet.

Diesem Wohngebiet liegt nordwestlich vorgelagert in einem Abstand von 40 m ein Betriebsbaugebiet mit den Grundstücken Nr. 422/1 und dem darin liegenden Grundstück Nr. 343 sowie den Grundstücken Nr. 72, .74 und .344, je KG Stiedelsbach. Im Zeitpunkt der Erlassung des im Beschwerdefall maßgeblichen Berufungsbescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom war Eigentümer dieser Grundstücke der Erstbeschwerdeführer. Die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft betreibt auf diesen Grundstücken ein Sägewerk.

Die Baugrundstücke Nr. 77 und 423/1 der mitbeteiligten Genossenschaft (in der Folge: Bauwerberin) liegen weniger bzw. höchstens 50 m vom Grundstück Nr. 422/1 des Erstbeschwerdeführers entfernt.

Die Bauwerberin beabsichtigt, das auf dem Grundstück Nr. 77 errichtete Gebäude, welches im östlichen Teil bereits bisher zulässigerweise als Wohngebäude verwendet worden ist, für Wohnzwecke zu adaptieren bzw. umzubauen und auf dem Grundstück Nr. 428 zwei Wohnhäuser mit jeweils vier Wohneinheiten zu errichten. Der Baubestand auf dem Grundstück Nr. 324 sowie der östliche Gebäudeteil auf Grundstück Nr. 77, der nach der Aktenlage eine (ehemalige) Werkstätte darstellt, soll im Zuge der Baumaßnahmen gänzlich abgetragen werden. Im verbleibenden Baubestand sollen insgesamt zehn Wohnungen neu eingerichtet werden. Auf dem Grundstück Nr. 423/1 sind insgesamt 18 Garagen und zusätzliche Stellplätze vorgesehen.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen das Bauvorhaben Einwendungen. Sie führten aus, dass der Betrieb des Sägewerks lärmintensiv sei; dieser Gewerbebetrieb sei mit mehreren Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land, insbesondere vom und vom , bewilligt worden. Die von diesem Betrieb ausgehenden Lärmemissionen dürften auf Grund dieser Bescheide bei den Wohngebäuden der Nachbarschaft 65 dB(A) betragen. Die Einwendungen der Beschwerdeführer stützten sich ausdrücklich auf § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994; vom Sägewerk gingen zulässigerweise Emissionen aus, die auf das geplante Wohnprojekt einwirkten. Die Beschwerdeführer würden durch das Bauvorhaben in ihrer Gewerbeausübung gefährdet, dies insbesondere deshalb, weil mit strengeren Auflagen durch die Gewerbebehörde gerechnet werden müsse. Bei den projektgegenständlichen Baugrundstücken handle es sich um "unbebaute" Grundstücke im Sinne des § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994, da sie bisher betrieblich genutzt worden seien. Es liege auch ein Verstoß gegen § 3 Oö. Bautechnikgesetz vor, da bauliche Anlagen so zu errichten seien, dass für deren Benutzer schädliche Umwelteinwirkungen vermieden werden. Die dem Projekt zu Grunde liegende Widmung sei rechtswidrig, insbesondere verstoße sie gegen fundamentale Grundsätze des Oö. Raumordnungsgesetzes.

Der von der Baubehörde erster Instanz beigezogene bautechnische Amtssachverständige führte in seinem Gutachten vom aus, dass die geplante Wohnhausanlage zur genehmigten Entrindungsanlage der Beschwerdeführer einen Abstand von ca. 170 m aufweise. Im ungünstigsten Fall der Schallausbreitung (Punktquelle ohne Abschirmung und Annahme eines ebenen Gebäudes, kein Zeitbezug der Einsatzdauer) ergebe sich ein Immissionspegel von 54 dB an der Gebäudeaußenwand der geplanten Wohnanlage. Gemäß den Anforderungen der Oö. Grenzwerteverordnung sei für Wohngebiete tagsüber ein (zur Beurteilung heranziehbarer) Grenzwert von 55 dB als Beurteilungspegel zulässig. Die zu erwartenden Lärmimmissionen überschritten diesen Grenzwert nicht.

Die Beschwerdeführer wiesen in ihrer hiezu abgegebenen Stellungnahme vom u.a. darauf hin, der Sachverständige habe in seinem Gutachten unberücksichtigt gelassen, dass in der bewilligten Betriebsanlage nicht nur mit der Kapsäge Holz geschnitten werde; auch an anderen Stellen des Betriebsgeländes werde mit Kreissägen Holz geschnitten.

Der bautechnische Amtssachverständige erstattete am eine ergänzende fachkundige Stellungnahme, in welcher die Vorlage entsprechender Genehmigungsbescheide angeregt wurde, um ein schalltechnisches Gutachten auf Basis dieser Bescheide als Nachweis über die zulässigen Lärmemissionen am Betriebsstandort erstatten zu können.

In seinem ergänzenden Gutachten vom führte der lärmtechnische Amtssachverständige sodann aus, dass für die Betriebsanlage der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigungsbescheide aus den Jahren 1955 (Genehmigung der Errichtung eines neuen Sägewerks), 1965 (Genehmigung einer Krananlage), 1973 (Genehmigung und Betriebsbewilligung einer mechanischen Entrindungs-, Kap-, Sortier- und Förderanlage) und 1976 (zusätzliche Auflagen für die Entrindungsanlage) vorlägen. Weitere Genehmigungsbescheide bezögen sich auf Trockenanlagen und den Holzlagerplatz. Nur im Bescheid vom seien für tagsüber Emissions- bzw. Immissionswerte bei den Wohngebäuden der Nachbarschaft festgelegt worden. Der zulässige Schallpegel sei damals mit 65 dB(A) fixiert worden. Der zulässige Schallimmissionsgrenzwert betrage nach der Oö. Grenzwerteverordnung für Wohngebiet 55 dB(A). Die Schallimmissionen (Beurteilungspegel), die der Betrieb auf Grund der Genehmigungsbescheide in den Immissionspunkten verursachen dürfe, hätten folgende Werte: am westlichsten Punkt der Parzelle Nr. 77 (altes Betriebsgebäude) ca. 5 m über dem EG-Fußboden (IMP VI West): 43 dB(A) und an der westlichen Ecke des westlichen Wohnhauses der Gruppe VII, ca. 5 m über dem EG-Fußboden (IMP VII West): 47 dB(A). Diese Werte lägen um 12 bzw. 8 dB unter dem zulässigen Grenzwert von 55 dB(A).

Die Beschwerdeführer wendeten gegen dieses Gutachten ein, dass aus den Genehmigungsbescheiden nicht hervorgehe, ob mit den Genehmigungsbescheiden ein Einsatz von Motorsägen im südlichen Bereich des Grundstückes ausgeschlossen worden sei. Außerdem gingen aus dem Gewerbeakt keine Betriebszeiten hervor, sodass das Sägewerk auch zur Nachtzeit betrieben werden könne.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der zweitmitbeteiligten Bauwerberin die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden "mangels Nachbarparteistellung als unzulässig zurückgewiesen".

Begründend führte die Baubehörde erster Instanz aus, dass die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft nicht Eigentümerin von die Parteistellung begründenden Nachbargrundstücken sei. Die geplanten Wohngebäude kämen auf bereits bebauten Grundstücken zur Ausführung. Eine baurechtlich relevante Nachbareigenschaft sei an das Eigentum (Miteigentum) jenes Grundstückes geknüpft, das entweder unmittelbar an das zu bebauende Grundstück angrenze oder von diesem höchstens 50 m entfernt sei. Das Eigentum an Betriebsanlagen ohne Verbindung mit dem Grundeigentum verschaffe keine Parteistellung. Aus den Feststellungen des bautechnischen Amtssachverständigen bei der mündlichen Verhandlung am und aus den vorliegenden Einreichunterlagen ergebe sich, dass das Bauvorhaben auf Grundstücken ausgeführt werde, die bereits seit Jahren bebaut seien. Die Tatsache der bestehenden Bebauung der betreffenden Grundstücke sei im bisherigen Verfahren auch nicht bestritten worden. Damit seien diese Grundstücke aber nicht mehr "unbebaut" im Sinne des § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994. Das Bauvorhaben sehe weiters auch den Neubau von 18 Garagen und sieben Abstellplätzen auf dem Grundstück Nr. 423/1, KG Stiedelsbach, vor. Nach den baurechtlichen Begriffsbestimmungen des Oö. Bautechnikgesetzes seien "Garagen" jene Gebäude, die überwiegend zum Abstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt seien. Wohngebäude seien hingegen jene Gebäude, die ausschließlich oder zumindest vorwiegend für Wohnzwecke bestimmt seien. Daraus folge, dass die Errichtung von Garagen keine Nachbarparteistellung im Sinne des § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994 begründe.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, dass die gegenständlichen Baugrundstücke bereits seit Jahren mit Betriebsgebäuden und Betriebsgebäudeteilen bebaut seien. Vor der Umwidmung seien diese als Industriegebiet, zumindest jedoch als Betriebsbaugebiet gewidmet gewesen. Bei dieser Sachlage seien diese Grundstücke als unbebaut anzusehen. Aus den eingeholten Lärmgutachten folge, dass jedenfalls die abstrakte Eignung einer Beeinträchtigung der geplanten Wohnanlage durch die vom Sägewerksbetrieb ausgehenden Emissionen gegeben sei.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dieser Berufung keine Folge gegeben. Da sich seit Jahren auf den geplanten Baugrundstücken bauliche Anlagen befänden, handle es sich bei den zu bebauenden Grundstücken offenkundig nicht mehr um "bisher unbebaute Grundstücke". Die zur Begründung einer Nachbarparteistellung geforderten Voraussetzungen seien daher nicht erfüllt. Die auf dem Grundstück Nr. 423/1 geplanten Garagen seien jedenfalls keine Wohngebäude.

In ihrer Vorstellung machten die Beschwerdeführer geltend, dass mit dem Bauvorhaben in Gebäude eines ehemaligen Gewerbebetriebes ("Hammerwerk Vögerl") Wohnungen eingebaut werden sollen. Dieser Gewerbebetrieb sei naturgemäß immer sehr lärmintensiv gewesen, dieses Grundstück sei daher im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als ein unbebautes anzusehen. Die verfahrensgegenständlichen Baugrundstücke seien zwar schon seit Jahren bebaut, jedoch nicht mit Wohngebäuden. Bei dem "Hammerwerk Vögerl", das nunmehr umgebaut werden solle, habe es sich nie um ein Gebäude gehandelt, welches zu Wohnzwecken genutzt werden sollte. Die Behörde habe nicht berücksichtigt, dass die vorgenommenen Messungen fälschlicherweise beim zu errichtenden Gebäude und nicht bei der Grundstücksgrenze vorgenommen worden seien.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft keine Folge gegeben (Spruchpunkt B). Der Vorstellung der erstbeschwerdeführenden Partei wurde hingegen mit der Feststellung Folge gegeben, dass diese Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt wird. Der angefochtene Bescheid wurde insoweit aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde zurückverwiesen (Spruchpunkt A).

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Erstbeschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides Eigentümer des Grundstückes Nr. 422/1, KG Stiedelsbach, gewesen. Dieses Grundstück sei nach der Aktenlage von den zu bebauenden Grundstücken der mitbeteiligten Bauwerberin Nr. 77 und 423/1, KG Stiedelsbach, jedenfalls höchstens 50 m entfernt. Allein die Möglichkeit einer Verletzung subjektiver Rechte sei für die Parteistellung maßgeblich, nicht jedoch ob Beeinträchtigungen tatsächlich einträten. Für die Parteistellung eines Nachbarn im Sinne des § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994 genüge es, dass auf dessen Grundstück bereits eine Betriebsanlage und die Möglichkeit bestehe, dass für den Betrieb durch die geplanten Wohnhäuser erhöhte Auflagen durch die Gewerbebehörde vorgeschrieben werden könnten. Sämtliche Baugrundstücke seien im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan zwar als Wohngebiet gewidmet, mit Ausnahme des Grundstückes Nr. 423/1, auf dem die Garagen und die Stellplätze errichtet werden sollen und welches früher Grünlandwidmung aufgewiesen habe, seien die Baugrundstücke früher als Betriebsbaugebiet gewidmet gewesen. Aus der Verhandlungsschrift vom der Baubehörde erster Instanz ergebe sich weiters, dass das Gebäude auf der Baufläche Nr. 77 in westlicher Richtung aus Werkshallen und in östlicher Richtung aus einer Werkstätte bestehe und lediglich ein (nach den Planunterlagen verhältnismäßig kleiner) Teil offenbar als "Wohngebäude" anzusehen sei. Vor diesem Hintergrund sei zweifellos davon auszugehen, dass sämtliche in Rede stehenden Baugrundstücke keine Bebauung mit Wohngebäuden im Sinne des § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994 aufwiesen, zumal sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt kein Hinweis auf diesbezüglich vorhandene und konsumierte Baubewilligungen im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergäbe. Ein Grundstück gelte nach herrschender Rechtsprechung nur dann als bisher unbebaut, wenn es bisher keine in Bezug auf die jeweils relevante Immission empfindliche Bebauung aufweise. Werde auf einem Grundstück, das betrieblich genutzt worden sei und an einen Betrieb grenze, ein Wohngebäude errichtet, so ließen die nun beabsichtigten Wohnbauten strengere Auflagen durch die Gewerbebehörde auf Grund der mit dem Gewerbebetrieb verbundenen Gefahren und Belästigungen für die Bewohner des geplanten angrenzenden Wohngebäudes erwarten. Es sei daher davon auszugehen, dass die Baugrundstücke als unbebaut gelten bzw. als solche zu beurteilen seien.

Wegen der offensichtlich gegebenen Immissionsträchtigkeit der Betriebsanlage der beschwerdeführenden Gesellschaft bestehe abstrakt die Möglichkeit, dass für diesen Betrieb durch die geplanten Wohnhäuser auf Grundstück Nr. 77, .324 und 428 erhöhte Auflagen durch die Gewerbebehörde vorgeschrieben werden könnten. Die Zurückweisung der Einwendungen des Erstbeschwerdeführers als unzulässig mangels Nachbarparteistellung sei somit rechtswidrig erfolgt.

Aus "verfahrensökonomischen Gründen" wies die belangte Behörde "für das weitere Verfahren" darauf hin, dass nach dem vorliegenden Projekt auf dem Grundstück Nr. 423/1 lediglich Garagen und Stellplätze für Kraftfahrzeuge errichtet werden sollen. Dieses Grundstück sei zweifellos als "unbebaut" im Sinne des § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994 zu beurteilen, es sei jedoch offenkundig, dass auf diesem Grundstück kein Neubau eines Wohngebäudes geplant sei. Dieses Grundstück werde demnach bloß zum vorübergehenden Aufenthalt der zukünftigen Wohnbevölkerung genutzt. Nach dem Regelungszweck und dem Wortlaut des § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994 folge daraus, dass Einwendungen des Erstbeschwerdeführers im Sinne des § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994 nicht als zulässig zu beurteilen wären. Weiters wären die vom Erstbeschwerdeführer gemäß § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994 erhobenen Einwendungen im Ergebnis zwar zulässig, jedoch auf Grund des ermittelten Sachverhaltes unbegründet. Dies deshalb, weil im schlüssig nachvollziehbaren Amtssachverständigengutachten vom aufgezeigt worden sei, dass die von der Betriebsanlage der Beschwerdeführer ausgehende Schallimmissionsbeeinträchtigung an dem der Betriebsliegenschaft nächstgelegenen Immissionspunkt betreffend das Wohnhaus Objekt "Losenstein VI" (lediglich) 43 dB(A) betrage. Der genannte Immissionspunkt befinde sich nach den Ausführungen im zitierten Gutachten "am westlichsten Punkt der Parzelle .77", sodass auch der Einwand des Erstbeschwerdeführers, die Messungen wären entgegen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht an der Grundgrenze vorgenommen worden, ins Leere gehe. Der ermittelte Beurteilungspegel liege unterhalb dem in der Oö. Grenzwerteverordnung für die Widmung "Wohngebiet" als zulässig normierten Beurteilungspegel (sowohl für den Tag als auch für die Nacht). Dieser Grenzwert bzw. diese Grenzwerte könnten auch in diesem Fall zur Beurteilung herangezogen werden.

Für die Vorstellungsbehörde maßgebend seien die zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Gemeinderatsbescheides geltende Sach- und Rechtslage. Für die Aufsichtsbehörde seien daher im Vorstellungsverfahren eingetretene Änderungen der Sach- oder Rechtslage unerheblich. Zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides sei die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft nicht bücherliche Eigentümerin von Nachbargrundstücken gewesen, weshalb die Gemeindebehörden die Nachbarparteistellung dieser Beschwerdeführerin als dem Gesetz entsprechend zu Recht verneint hätten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Sie führen aus, seit bzw. sei nunmehr die zweitmitbeteiligte Gesellschaft bücherliche Eigentümerin des Grundstückes Nr. 422/1 sowie der Grundstücke Nr. 72, .74 und .44. Aus diesem Grunde sei Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides unrichtig.

Die belangte Behörde habe in ihrem Bescheid aus verfahrensökonomischen Gründen darauf hingewiesen, dass das Grundstück Nr. 423/1, auf dem die mitbeteiligte Projektwerberin Garagen und Stellplätze errichten möchte, bei der Berechnung des Radius außer Betracht bleiben könne, da nur der Neubau von Wohngebäuden dem Tatbestand von § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1996 unterstellt werden könne. Diese Rechtsansicht sei jedoch unrichtig. Gerade nach der Novelle des § 31 Oö. Bauordnung 1996 sei klargestellt, dass bei Wohngebäuden auch Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie allenfalls vorgeschriebene Gemeinschaftsanlagen hinzuzurechnen seien. Darauf nehme § 31 Abs. 1 Z. 1 Oö. Bauordnung 1994 Bezug. Völlig logisch seien daher auch bei § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994 nicht nur das Wohngebäude selbst, sondern auch die zugehörigen Stellplätze und Garagen heranzuziehen.

Die belangte Behörde unterläge auch einem Rechtsirrtum, wenn sie davon ausgehe, dass alleiniger Beurteilungsmaßstab der in der Oö. Grenzwerteverordnung festgelegte Wert wäre. Der in der Oö. Grenzwerteverordnung festgelegte Wert gebe lediglich den Wert an, bei dem eine Gesundheitsgefährdung vorliege. Weder im Wohnnoch im Dorfgebiet sei es zumutbar, Betriebe zu errichten, die bei der nächstgelegenen Wohnbevölkerung eine Schallbelastung von 55 dB erzeugten, noch Wohnhäuser an Betriebe heranzubauen, bei denen eben diese 55 dB entstünden. Diese 55 dB seien nur jener Wert, dessen Überschreiten die Behörde unter Umständen bevollmächtige, auch durch Bescheid genehmigte Betriebsanlagen dazu zu zwingen, weniger Lärm auszustoßen, da bei 55 dB(A) eine Gesundheitsgefährdung einsetze.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligten Parteien - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Die belangte Behörde und die zweitmitbeteiligte Partei beantragten Kostenzuspruch.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Vorstellung der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft abgewiesen, weil diese Beschwerdeführerin im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden nicht Partei war.

Diese Auffassung der belangten Behörde trifft zu.

Im Baubewilligungsverfahren haben u. a. die Nachbarn Parteistellung (vgl. hiezu § 32 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994). Die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft stützte ihre Parteistellung im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren (allein) auf ihre Stellung als Nachbarin gemäß § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994.

§ 31 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994 (in der Folge: BO) , in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Oö. Bauordnungs-Novelle 2006, LGBl. Nr. 96/2006 (siehe hiezu die Übergangsbestimmung in Artikel II Abs. 2 dieser Novelle), definiert den Begriff des Nachbarn wie folgt:

"(1) Nachbarn sind


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1.
...
2.
bei allen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: jene Eigentümer und Miteigentümer der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer und Miteigentümer durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können.
Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern gleichgestellt."
Bezüglich des von den Beschwerdeführern geltend gemachten Nachbarrechtes der "heranrückenden Bebauung" bestimmt § 31 Abs. 5 BO in der hier anzuwendenden Fassung:

"(5) Beim Neubau von Wohngebäuden auf bisher unbebauten Grundstücken (heranrückende Bebauung) sind auch Einwendungen zu berücksichtigen, mit denen Immissionen geltend gemacht werden, die von einer bestehenden benachbarten Betriebsanlage ausgehen und auf das geplante Bauvorhaben einwirken. Dies gilt jedoch nur für Immissionen, die auf Grund rechtskräftiger Bescheide zulässig sind. In diesem Fall hat der Nachbar die entsprechenden Nachweise beizubringen."

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde auf Grund einer Vorstellung der Beschwerdeführer gemäß § 102 Oö. Gemeindeordnung 1990 entschieden. Abs. 5 dieser Gesetzesstelle ordnet hiezu an:

"(5) Die Aufsichtsbehörde hat, sofern die Vorstellung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen. Die Gemeinde ist bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden."

Die aufsichtsbehördliche Kontrolle gemäß § 102 Abs. 5 Oö. Gemeindeordnung 1990 ist also eine bloß nachprüfende Rechtmäßigkeitskontrolle. Die Aufsichtsbehörde prüft, ob der bekämpfte Gemeindebescheid im Zeitpunkt seines Zustandekommens zur damals maßgeblichen Sach- und Rechtslage rechtmäßig war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0296, m. w. N.).

Unbekämpft steht im Beschwerdefall fest, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft nicht (Mit-)Eigentümerin von Grundstücken war, die von den zu bebauenden Grundstücken der Bauwerberin höchstens 50 Meter entfernt sind. Wer Eigentümer ist, richtet sich nämlich nach den Bestimmungen des Zivilrechtes. Gemäß dem im § 431 ABGB und im allgemeinen Grundbuchsgesetz verankerten Eintragungsgrundsatz (Intabulationsprinzip) kann die Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung bücherlicher Rechte - von den im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen (siehe hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/07/0148) - nur durch Eintragung im Grundbuch bewirkt werden. Das Eigentumsrecht an einer unbeweglichen Sache geht im Hinblick auf den im § 431 ABGB und § 4 GBG normierten Eintragungsgrundsatz nur und erst mit der bücherlichen Einverleibung über, jedoch treten im Hinblick auf die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des GBG über den Vorgang bei der Eigentumseinverleibung (§ 29, § 93 und § 128 GBG) deren Rechtswirkungen nicht erst mit dem Vollzug (Eintragung im Hauptbuch), sondern, wenn sie bewilligt und vollzogen wird, schon im Zeitpunkt des Einlangens des Grundbuchsantrages ein (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/07/0119).

Die zivilrechtlichen Voraussetzungen des Eigentumserwerbes durch die zweitmitbeteiligte Gesellschaft an Nachbargrundstücken im Sinne des § 31 Abs. 1 BO waren im Zeitpunkt der Erlassung des von der belangten Behörde in Prüfung gezogenen Gemeinderatsbescheides nicht erfüllt. Das für den Eigentumserwerb an den Grundstücken Nr. 422/1 und .343, Grundbuch Stiedelsbach, maßgebliche Grundbuchsgesuch der zweitmitbeteiligten Gesellschaft, auf welches diese Beschwerdeführerin in ihrem Vorbringen bezug nimmt, ist erst nach Erlassung des hier maßgeblichen Gemeinderatsbescheides beim Grundbuchsgericht eingelangt und wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Weyer vom , TZ 779/06, bewilligt. Da die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft somit im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des mitbeteiligten Gemeinderates vom nicht (Mit-)Eigentümer von Grundstücken war, die von den zu bebauenden Grundstücken der mitbeteiligten Bauwerberin höchstens 50 Meter entfernt sind, war sie keine Nachbarin im Sinne des § 31 Abs. 1 BO und demnach auch nicht Partei im beschwerdegegenständlichen Baubewilligungsverfahren. Die Abweisung der Vorstellung der zweitbeschwerdeführenden Partei im Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides erfolgte daher zu Recht.

Der Erstbeschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde in Stattgebung der Vorstellung des Erstbeschwerdeführers der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Durch einen aufhebenden Vorstellungsbescheid können Rechte jener Partei, über deren Vorstellung der Bescheid der höchsten Gemeindeinstanz durch die Vorstellungsbehörde aufgehoben wurde (Art. 119a Abs. 5 B-VG), nur insoweit verletzt werden, als dadurch der Gemeindebehörde eine bestimmte Rechtsansicht überbunden wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/17/0157). Die tragenden Aufhebungsgründe eines solchen Bescheides sind im fortgesetzten Verfahren nicht nur von den Gemeindebehörden, sondern auch von der Vorstellungsbehörde und schließlich vom Verwaltungsgerichtshof zu beachten (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0309).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht eine Bindung an die - einem kassatorischen aufsichtsbehördlichen Vorstellungsbescheid beigegebene - Begründung nur insoweit, als die Begründung für die Aufhebung des mit Vorstellung bekämpften gemeindebehördlichen Bescheides tragend ist. Dementsprechend ist auch der obsiegende Vorstellungswerber berechtigt, den aufhebenden Vorstellungsbescheid deswegen vor dem Verwaltungsgerichtshof anzufechten, weil jene Gründe, die die Aufhebung tragen, seiner Ansicht nach unzutreffend sind. Die Teile der Begründung des aufhebenden Bescheides, die darlegen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen nach Auffassung der Aufsichtsbehörde Rechte des Vorstellungswerbers nicht verletzt worden sind, lösen jedoch keinerlei bindende Wirkung aus. Derartige Begründungselemente (mit denen die Vorstellungsbehörde etwa der Rechtsansicht der Gemeindebehörden in Teilbereichen beigetreten ist), die (ohne das Hinzutreten von Aufhebungsgründen hinsichtlich anderer Begründungselemente) zu einer Abweisung der Vorstellung führen hätten müssen, stellen keinen tragenden Grund für die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides dar (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/05/0225, und vom , Zl. 2004/17/0157).

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid deshalb aufgehoben, weil die Gemeindebehörden die auf § 31 Abs. 1 BO gestützte Parteistellung des Erstbeschwerdeführers als Nachbar im Baubewilligungsverfahren verneint haben. Es sei davon auszugehen, dass der Erstbeschwerdeführer Eigentümer von Grundstücken sei, die von den zu bebauenden Grundstücken höchstens 50 Meter entfernt sind, und dass er als Eigentümer dieser Grundstücke durch das Bauvorhaben voraussichtlich in seinen subjektiven Rechten beeinträchtigt werden kann. Das Bauvorhaben der mitbeteiligten Bauwerberin umfasse (auch) den Neubau von Wohngebäuden auf bisher unbebauten Grundstücken im Sinne des § 31 Abs. 5 BO.

Der Erstbeschwerdeführer wendet sich nicht gegen diesen die Aufhebung des Gemeinderatsbescheides tragenden und somit bindenden Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides. Sein Beschwerdevorbringen richtet sich vielmehr nur gegen die Ausführungen der belangten Behörde, in denen aufgezeigt wird, welche der in der Vorstellung geltend gemachten Rechtsverletzungen mangels tatsächlicher Rechtsverletzung keine Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides nach sich zu ziehen hätte. Diese "aus verfahrenökonomischen Gründen" gemachten Hinweise der belangten Behörde "für das weitere Verfahren" gehen über die die Aufhebung tragenden Gründe hinaus (sog. obiter dicta) und erzeugen somit keine Bindungswirkung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 87/05/0114, und vom , Zl. 2006/05/0297). Sie vermögen daher den Erstbeschwerdeführer nicht in seinen subjektiven Rechten zu verletzen (vgl. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/17/0157).

Aus diesen Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am