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VwGH vom 07.09.2006, 2006/16/0035

VwGH vom 07.09.2006, 2006/16/0035

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2006/16/0036

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2006/16/0032 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerden der A G in B, vertreten durch Dr. Ulrike Bauer und Mag. Michael Rebasso, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Elisabethstraße 26, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1134-W/05, betreffend Festsetzung der Erbschaftssteuer, sowie Zl. RV/1135-W/05, betreffend Versagung der Berichtigung der Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid betreffend Festsetzung der Erbschaftssteuer wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der zweitangefochtene Bescheid betreffend Versagung der Berichtigung der Erbschaftssteuer wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren an Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann F G waren Gesellschafter und Geschäftsführer der F G GmbH.

Unbestritten ist, dass die Gesellschaft im Juli 2000 einen Kredit aufnahm, für den sich F G als Bürge und Zahler gemäß § 1357 ABGB verpflichtete.

Auf Grund der Pfandurkunde vom verpfändeten F G und die Beschwerdeführerin eine ihnen jeweils zur Hälfte gehörende Liegenschaft und F G weitere in seinem Eigentum stehende Liegenschaften zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche aus Haupt- und Neben-Verbindlichkeiten aller Art bis zum Höchstbetrag von S 6,700.000,-- gegenüber der Kreditgeberin der Gesellschaft.

Im August 2000 nahm die Gesellschaft einen weiteren Betriebsmittelkredit auf, für den sich F G und die Beschwerdeführerin als Bürgen und Zahler nach § 1357 ABGB verpflichteten.

Im Jahr 2002 nahm die Gesellschaft weitere Kredite auf bzw. prolongierte im Jahr 2000 aufgenommene Kredite, für die sich F G und die Beschwerdeführerin jeweils als Bürgen und Zahler nach § 1357 ABGB verpflichteten.

Am verstarb F G. Das Abhandlungsgericht nahm in dieser Verlassenschaftssache mit Beschluss vom einen rechnerischen Nachlass von EUR 257.338,32 zu Gericht an und antwortete diesen der Beschwerdeführerin zu einem Drittel sowie deren Tochter zu zwei Drittel auf Grund deren zu Gericht genommenen bedingten Erbserklärungen ein.

Die Beschwerdeführerin führte vorerst gemeinsam mit ihrer Tochter die F G GmbH weiter. Am wurde über das Vermögen der F G GmbH der Konkurs eröffnet.

Mit Beschluss vom ergänzte das Abhandlungsgericht den rechnerischen Nachlass um Passiva in der Höhe von EUR 398.513,-- aus Kreditforderungen der Kreditgeberin der GmbH.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien gegenüber der Beschwerdeführerin für den Erwerb von Todes wegen nach F G die Erbschaftssteuer mit dem Betrag von EUR 9.600,50 fest. Unter Darlegung der Bemessungsgrundlage führte die Erstbehörde begründend aus, die nachträglich geltend gemachten Verbindlichkeiten beträfen allesamt Verbindlichkeiten der F G GmbH und stellten keine Schuld des Erblassers per Todestag dar. Diese Schulden könnten daher nicht als Passivpost angesetzt werden.

In ihrem Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid Berufung: Entgegen der Ansicht der Erstbehörde seien die Verbindlichkeiten gegenüber der Kreditgeberin als Schulden des Erblassers anzusetzen, der als "Mitkreditnehmer" und als Bürge und Zahler für alle Verbindlichkeiten der F G GmbH schon zu Lebzeiten als ungeteilter Gesamtschuldner gehaftet habe. Die Kreditgeberin habe Rechte aus den Forderungen bereits zu Lebzeiten des Erblassers geltend gemacht, indem sie zwar nicht sofortige Zahlung durch den Gesamtschuldner verlangt habe, wohl aber unter Berufung auf bestehende Verpflichtungen die Bestellung eines Pfandrechtes bis zum Höchstbetrag von S 6,700.000,-- an allen sich im Privatvermögen des Erblassers befindlichen Liegenschaften gefordert habe. Bereits aus der beiliegenden Pfandurkunde vom ergebe sich, dass neben der F G GmbH auch F G persönlich im Einvernehmen Kreditnehmer aller zum Zeitpunkt der Pfandbestellung bestehenden und auch aller erst künftig durch die Bank eingeräumten Kredite gewesen sei. Die tatsächliche Wertminderung des erblasserischen Privatvermögens sei daher bereits zu dem Zeitpunkt der Bestellung der Hypothek für die oben dargestellten Verpflichtungen im Ausmaß von EUR 398.513,--, also noch vor dem Erbfall, eingetreten.

Weiters beantragte die Beschwerdeführerin in diesem Schriftsatz die Berichtigung der Erbschaftssteuer nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbes gemäß § 19 ErbStG,§ 6 BewG und die Neufestsetzung mit EUR 0,--. Die Erben hätten jedenfalls eine Last erworben, deren Entstehen vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhänge. Bereits vor der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der F G GmbH seien die Erbinnen (die Beschwerdeführerin und deren Tochter) in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolger für die Verbindlichkeiten von F G in Anspruch genommen worden. Unmittelbar nach dem Ableben des Erblassers sei die Kreditgeberin an die Beschwerdeführerin und deren Tochter herangetreten und habe auf Grund der dargestellten Verpflichtungen des Erblassers Zahlung und die Verwertung des verpfändeten Privatvermögens, nämlich der nachlasszugehörigen Liegenschaften und Liegenschaftsanteile zu ihren Gunsten gefordert. Mittlerweile sei bereits eine Liegenschaft verkauft worden; der Erlös/Kaufpreis diene der Befriedigung der Kreditgeberin.

Mit Bescheid vom wies die Abgabenbehörde erster Instanz den Antrag auf Berichtigung der Erbschaftssteuer gemäß § 5 Abs. 2 BewG ab. Lasten - so die Begründung dieses Bescheides -, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhingen, blieben unberücksichtigt. Eine Bürgschaft sei daher erst dann zu berücksichtigen, wenn der Gläubiger den Bürgen zur Haftung heranziehe. Auf Grund des Stichtagsprinzips bei der Erbschaftssteuer müsse diese Voraussetzung aber bereits am Stichtag, dem Todestag, vorliegen. Darüber hinaus sei auch darauf zu verweisen, dass nicht nur der Erblasser, sondern auch die Beschwerdeführerin als Bürgin die Kreditverträge unterzeichnet habe und die Inanspruchnahme seitens der Bank auch aus diesem Titel heraus erfolgen könne.

Auch gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Festsetzung der Erbschaftssteuer als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens in tatsächlicher Hinsicht ergänzend aus, im Vorfeld der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der F G GmbH sei es am zu einem Gespräch zwischen der Kreditgeberin und den Erbinnen gekommen, in welchem von diesen die Vorlage eines Konzepts zur Verwertung der von F G zum Pfand bestellten und zu dessen Nachlass gehörenden Liegenschaften eingefordert worden sei. Gleichzeitig sei den Erbinnen mitgeteilt worden, dass sämtliche aus dem Verkauf dieser Liegenschaften erzielten Veräußerungserlöse der Rückführung der bestehenden Kredite dienen müssten. Den Erbinnen sei eingeräumt worden, diese Liegenschaften innerhalb einer angemessenen Frist freihändig zu verkaufen. Mittlerweile sei eine der Liegenschaften zu dem von der Kreditgeberin geforderten Kaufpreis verkauft worden.

Zunächst werde festgestellt, dass die von der Beschwerdeführerin aufgestellte Behauptung, vom Gläubiger bereits im Vorfeld der Konkurseröffnung über das Vermögen der F G GmbH zur Rückführung der Kredite aufgefordert worden zu sein, als richtig anerkannt werde.

Strittig sei, ob die in Rede stehenden "Kreditforderungen" bei der Berechnung der Erbschaftssteuer als Schuldposten zu berücksichtigen gewesen wären. Bei der Besteuerung der Erbschaft sei von den Verhältnissen am Todestag des Erblassers auszugehen. Der Steuerpflicht unterliege grundsätzlich jenes Vermögen (Besitzposten weniger Schuldposten), das am Stichtag (hier: Todestag) dem Erblasser gehört habe. Zu den auch bei der Erbschaftssteuer zu berücksichtigenden Schulden gehörten die Erblasserschulden, worunter vererbliche Verbindlichkeiten, die bis zum Tod des Erblassers entstanden seien, auch wenn sie erst später fällig würden, zu verstehen seien. Voraussetzung sei allerdings, dass sie in der Person des Erblassers entstanden seien und in wirtschaftlicher Beziehung zu steuerbaren Teilen des Erwerbes stünden. Zufolge der Vorschrift des § 6 Abs. 1 BewG würden Schulden oder Lasten, deren Entstehen vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhänge, nicht berücksichtigt. Die Sicherstellung von Krediten durch ein Höchstbetragspfandrecht könne nicht der tatsächlichen Inanspruchnahme des Bürgen und Zahlers durch die Gläubiger gleichgesetzt werden. Unter letzterer sei die Aufforderung zur Erbringung der geschuldeten Leistung zu verstehen. Damit mache der Gläubiger sein Forderungsrecht geltend.

Im gegenständlichen Fall könne sowohl aus den beigebrachten Beweismitteln als auch aus den Darstellungen der Beschwerdeführerin die Inanspruchnahme des Erblassers zu dessen Lebzeiten aus der für ihn bestehenden Haftung nicht erkannt werden. Die verpfändeten Liegenschaften hätten zum Todeszeitpunkt für Kreditverbindlichkeiten gehaftet, ohne dass der Erblasser für diese Verbindlichkeiten persönlich habe in Anspruch genommen werden können. Zum Todeszeitpunkt sei es zu keiner Verwertung des Pfandrechts gekommen und somit zu keiner Befriedigung des Gläubigers aus den verpfändeten Liegenschaften. Erst am , nach dem Tode des Erblassers, sei die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrer Miterbin vom Gläubiger zur Rückführung der in Rede stehenden Kredite und in diesem Zusammenhang zum Verkauf der verpfändeten, von ihr zu einem Drittel geerbten Liegenschaften zugunsten des Gläubigers aufgefordert worden. Somit habe zwar im Zeitpunkt des Todestages des Erblassers eine Haftung des Erblassers für Schulden der Gesellschaft bestanden. Da aber nicht er, sondern erst die Beschwerdeführerin in Anspruch genommen worden sei, habe zum Stichtag lediglich eine Last unter einer aufschiebenden Bedingung (Haftung = Schuld des Erblassers, unter der Bedingung, dass der Kreditgeber die Zahlung von ihm fordert) bestanden. Die in Rede stehenden Kreditforderungen könnten daher infolge ihrer Eigenschaft als zum Todestag aufschiebend bedingte Last nicht als Schuldposten abgezogen werden.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Versagung der Berichtigung der Erbschaftssteuer als unbegründet ab. In der Darstellung des Verwaltungsgeschehens und in der Feststellung des Sachverhaltes gleichlautend mit der Begründung des erstangefochtenen Bescheides führte sie in rechtlicher Hinsicht sodann begründend aus, die Bürgschaft diene der Sicherstellung einer fremden Schuld. Die Verpflichtung zur Erfüllung einer fremden Schuld hänge davon ab, ob eine Inanspruchnahme durch den Gläubiger erfolge. Von dieser Inanspruchnahme sei die Verpflichtung aufschiebend bedingt.

Obgleich es bei der solidarischen Haftung mehrerer Bürgen im Ermessen des Gläubigers liege, welchen Bürgen er in Anspruch nehme, müsse für die Berichtigung der Erbschaftssteuer die Inanspruchnahme aus der bestehenden Haftung durch den Gläubiger zum Stichtag - dem Todestag des Erblassers - bereits erfolgt sein. Sowohl aus den beigebrachten Beweismitteln als auch aus den Darstellungen der Beschwerdeführerin könne die Inanspruchnahme des Erblassers zu dessen Lebzeiten durch den Gläubiger aus der für ihn bestehenden Haftung nicht erkannt werden. Die verpfändeten Liegenschaften hätten zum Todeszeitpunkt für Kreditverbindlichkeiten gehaftet, ohne dass der Erblasser für diese Verbindlichkeiten persönlich habe in Anspruch genommen werden können. Zum Todeszeitpunkt sei es zu keiner Verwertung des Pfandrechtes gekommen und somit zu keiner Befriedigung des Gläubigers aus den verpfändeten Liegenschaften. Erst am , nach dem Tode des Erblassers, sei die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrer Miterbin vom Gläubiger zur Rückführung der in Rede stehenden Kredite und in diesem Zusammenhang zum Verkauf der verpfändeten, von ihr zu einem Drittel geerbten Liegenschaften zugunsten des Gläubigers aufgefordert worden. Somit habe im Zeitpunkt des Todestages des Erblassers zwar eine Haftung des Erblassers für Schulden der GmbH bestanden, da aber nicht er, sondern erst die Beschwerdeführerin in Anspruch genommen worden sei, habe zum Stichtag lediglich eine Last unter einer aufschiebenden Bedingung (Haftung = Schuld des Erblassers, unter der Bedingung, dass der Kreditgeber die Zahlung von ihm fordert) bestanden. Die beantragte Berichtigung könne daher nicht durchgeführt werden.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen jeweils die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes begehrt wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich insbesondere in ihrem Recht auf Berichtigung der Erbschaftssteuer nach Eintritt der Fälligkeit einer im Todeszeitpunkt des Erblassers bedingten Verbindlichkeit des Erblassers verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Beschwerden wegen ihres sachlichen, rechtlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Während die belangte Behörde in beiden angefochtenen Bescheiden die Ansicht vertritt, eine Berücksichtigung der "in Rede stehenden Kreditforderungen" sei infolge ihrer Eigenschaft als zum Todestag aufschiebend bedingte Lasten ausgeschlossen, vertritt die Beschwerdeführerin in beiden Beschwerden den Standpunkt, den entscheidenden Schritt zur Entstehung der Zahlungsverpflichtung als Bürge und Zahler habe der Erblasser schon zu seinen Lebzeiten gesetzt. Die mit der Geltendmachung durch die Gläubigerbank aufschiebend bedingte Bürgschaftsschuld sei als solche bereits im Todeszeitpunkt Bestandteil des Nachlassvermögens gewesen, auch wenn ihre Berücksichtigung bei der Bewertung des erworbenen Vermögens gemäß §§ 4, 5 und 6 BewG vom Eintritt der Bedingung abhängig sei. Die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern, dazu zähle die Erbschaftssteuer, sei gemäß § 6 Abs. 2 iVm § 5 Abs. 2 BewG bei Eintritt der Bedingung auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbs zu berichtigen. Das Ereignis, von dessen Eintritt die Entstehung der unbedingten Verpflichtung zur Zahlung der Verbindlichkeiten abhängig gewesen sei, sei die Inanspruchnahme der Erbinnen als Gesamtrechtsnachfolgerinnen des Erblassers durch die Kreditgläubigerin gewesen. Dies sei am anlässlich eines Gespräches zwischen der Gläubigerbank und den Erbinnen erfolgt. Dabei sei die Beschwerdeführerin zur Rückzahlung der Kredite innerhalb angemessener Frist aufgefordert worden. Die belangte Behörde zweifle weder am Bestehen der aufschiebend bedingten Last noch am Eintritt der Bedingung, sie versage dennoch die Berücksichtigung dieser Last, ohne darauf einzugehen, warum im "gegenständlichen Fall" die Bestimmungen des § 6 Abs. 2 iVm § 5 Abs. 2 BewG nicht anzuwenden seien. Der bloße Hinweis auf das in der Erbschaftsbesteuerung grundsätzlich geltende Stichtagsprinzip sei insoweit verfehlt, als das für die Wertermittlung geltende Bewertungsgesetz in seinen §§ 4 ff gerade für aufschiebend bedingte Erwerbe bei Eintritt der Bedingung ausdrücklich ein Abgehen vom reinen Stichtagsprinzip vorsehe.

Damit ist die Beschwerdeführerin teilweise im Recht:

Das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141 (ErbStG), lautet, soweit im Beschwerdefall von

Relevanz:

"§ 12. (1) Die Steuerschuld entsteht

1. bei Erwerben von Todes wegen mit dem Tode des Erblassers ...

...

Wertermittlung

§ 18. Für die Wertermittlung ist, soweit in diesem Gesetze nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgebend.

§ 19. (1) Die Bewertung richtet sich, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften).

..."

Das Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148 (in der Folge kurz:

BewG), lautet, soweit im Beschwerdefall von Relevanz:

"Erster Teil

Allgemeine Bewertungsvorschriften

...

§ 5. Auflösend bedingter Erwerb

(1) ...

(2) Tritt die Bedingung ein, so ist die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbes zu berichtigen. Der Antrag ist bis zum Ablauf des Jahres zu stellen, das auf den Eintritt der Bedingung folgt. Die Antragsfrist ist eine Ausschlussfrist.

§ 6. Aufschiebend bedingte Lasten

(1) Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden nicht berücksichtigt.

(2) Für den Fall des Eintrittes der Bedingung gilt § 5 Abs. 2 entsprechend.

..."

Im Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuer gilt das Stichtagsprinzip. Die Bewertung des erworbenen Vermögens erfolgt nach § 18 ErbStG grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld. Der Stichtag, auf den die Wertermittlung vorzunehmen ist, richtet sich also nach den Vorschriften des § 12 ErbStG, da dort der Zeitpunkt festgelegt wird, in dem die Schuld entsteht (vgl. etwa Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 1a f zu § 18 ErbStG). Infolge der in § 18 ErbStG normierten Stichtagsbewertung können nach dem Stichtag liegende Wertänderungen nicht berücksichtigt werden. Änderungen in der Zusammensetzung des Nachlassvermögens, die nach dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers eintreten, sind für die Erbschaftsbesteuerung grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. Fellner, aaO, Rz 5 f zu § 18 ErbStG, mwN).

Nach der grundsätzlichen Anordnung des § 19 Abs. 1 ErbStG ist die Bewertung der Wirtschaftsgüter, die durch einen dem ErbStG unterliegenden Vorgang erworben werden, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes 1955 (§§ 2 bis 17 BewG) vorzunehmen. Die für die Errechnung der Abgabe zu ermittelnde Höhe der Bereicherung, daher die Bemessungsgrundlage der Abgabe richtet sich also nach den Allgemeinen Bewertungsvorschriften des Bewertungsgesetzes (vgl. etwa die in Fellner, aaO, in Rz 1 zu § 19 ErbStG nachgewiesene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Lasten, die vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängen, werden nach § 6 Abs. 1 BewG 1955 nicht berücksichtigt. Für den Fall des Eintrittes der Bedingung gilt § 5 Abs. 1 BewG 1955 über die Berichtigung der Erbschaftssteuer sinngemäß. Einem Antrag, die Erbschaftssteuer nach § 6 Abs. 2 BewG 1955 iVm § 5 Abs. 2 leg. cit. nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbes zu berichtigen, ist auch stattzugeben, wenn er im Verfahren über die Berufung gegen die (ursprüngliche) Steuervorschreibung gestellt wird (vgl. Fellner, aaO, Rz 15 zu § 19 ErbStG, mwN). Tritt die Bedingung ein, sind die nicht laufend veranlagten Abgaben, also auch die Erbschafts- und Schenkungssteuer, auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbes zu berichtigen. Durch die Berichtigung der Steuer wird die Rechtskraft des Erbschaftssteuerbescheides an sich nicht berührt. Im Rahmen des Berichtigungsbescheides sind daher andere Umstände, wie etwa die Frage der Erfüllung des Steuertatbestandes selbst, nicht zu erörtern (vgl. Fellner, aaO, Rz 14 zu § 19 ErbStG, mwN).

Lasten sind Verpflichtungen und Verbindlichkeiten zu Leistungen jeder Art. Der Begriff ist gesetzlich nicht festgelegt. Er umfasst in erster Linie Schulden, geht aber über ihn hinaus (vgl. Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz16, Rz 2 zu § 6 (dt.) BewG mwN). Verbindlichkeiten sind abzugsfähig, wenn sie bis zum Stichtag rechtlich entstanden und noch nicht getilgt sind. Außerdem müssen sie für den Verpflichteten eine wirtschaftliche Belastung bedeuten. Das ist der Fall, sobald er mit einer Inanspruchnahme rechnen muss. Aufschiebend bedingte Lasten werden nicht berücksichtigt, solange die Bedingung, die sie zur Entstehung bringt, noch nicht eingetreten ist. Das ist z.B. der Fall, wenn unverzinsliche Hypothekenschulden nur in Höhe des Erlöses aus dem späteren Verkauf des Grundstücks zu tilgen sind, wenn im Fall der Veräußerung eines Grundstücks ein Teil des Verkaufserlöses an einen anderen abzuführen ist oder wenn eine Bürgschaft übernommen worden ist, solange mit einer Inanspruchnahme des Bürgen nicht zu rechnen ist (vgl. Rössler/Troll, aaO mwN).

Auch die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid sieht das Ereignis, von dessen Eintritt die Entstehung der unbedingten Verpflichtung zur Zahlung der Verbindlichkeiten abgehangen sei, erst in der Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin (und ihrer Miterbin) am , sohin nach dem erbschaftssteuerrechtlich relevanten Todestag des Erblassers. Im Hinblick auf das zum Stichtagsprinzip des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 Ausgeführte vermag daher diese Beschwerde keine Bedenken gegen den erstangefochtenen Bescheid aufzuzeigen, weshalb diese Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz an die belangte Behörde gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, unter Berücksichtigung des in der Gegenschrift zur Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid verzeichneten Aufwandes für die Aktenvorlage.

Dagegen verhilft das gleiche Vorbringen der Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid zum Erfolg:

Ausgehend von den Feststellungen erwarb die Beschwerdeführerin infolge der Einantwortung der Verlassenschaft u. a. Miteigentum an Liegenschaften, die zur Sicherstellung einer fremden Hauptverbindlichkeit, nämlich der Kreditschulden der Gesellschaft, verpfändet waren, und sie folgte in jene Haftung als Bürge und Zahler, die der Erblasser eingegangen war. Der Umstand, dass sich die Beschwerdeführerin für einen Teil der Verbindlichkeiten neben dem Erblasser ebenfalls als Bürgin und Zahlerin verpflichtet hatte, änderte an ihrer Rechtsnachfolge in die Haftung des Erblassers als Bürge und Zahler nichts.

Nach dem eingangs Gesagten stellten sowohl die Verpfändung der Liegenschaft als auch die im Erbweg erworbene Haftung als Bürge und Zahler aufschiebend bedingte Lasten dar; ein Bedingungseintritt im Sinn des § 6 Abs. 2 BewG setzte ein Entstehen der Last voraus, d.h. dass mit einer Inanspruchnahme aus der Sachhaftung und aus der Haftungserklärung des Erblassers als Bürge und Zahler gerechnet werden musste.

Der angefochtene Bescheid stellt nun fest, dass die Beschwerdeführerin am - sohin nach dem Tode des Erblassers - gemeinsam mit ihrer Miterbin zur Rückführung der "in Rede stehenden Kredite aufgefordert, und in diesem Zusammenhang zum Verkauf der verpfändeten, von ihr zu einem Drittel geerbten Liegenschaften zugunsten der Gläubigerin aufgefordert" wurde. Schon in Anbetracht dieser Feststellung lässt sich nicht - wie von der belangten Behörde nunmehr in ihrer Gegenschrift vertreten - sagen, dass die Beschwerdeführerin "unbeschadet erbschaftssteuerrechtlich relevanter Vorgänge", d.h. nur auf Grund der von ihr abgegebenen Bürgschaftserklärung in Anspruch genommen worden wäre. Vielmehr ist in Ansehung dieser Feststellung davon auszugehen, dass die Kreditgeberin die Sachhaftung der Beschwerdeführerin auch mit den von ihr im Erbweg erworbenen Liegenschaftsanteilen geltend machte, womit die Belastung aus dieser Haftung schlagend wurde und die Bedingung im Sinn des § 6 Abs. 2 iVm § 5 Abs. 2 BewG eintrat.

Gleiches mag in Ansehung der weiteren Feststellung, dass die Beschwerdeführerin von der Kreditgeberin bereits im Vorfeld der Konkurseröffnung über das Vermögen der Gesellschaft zur Rückführung der Kredite aufgefordert worden sei, gelten, wenn darin (auch) die Geltendmachung der Haftung der Beschwerdeführerin aus der vom Erblasser abgegebenen Bürgschaftserklärung lag.

Da die belangte Behörde die Geltendmachung der Sachhaftung und - gegebenenfalls - der Haftung aus der Bürgschaftserklärung des Erblassers als Bedingungseintritt im Sinn des § 6 Abs. 2 BewG verkannte, belastete sie den zweitangefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes an die Beschwerdeführerin gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003; daraus folgt wiederum die Abweisung ihres Mehrbegehrens an Umsatzsteuer aus dem Schriftsatzaufwand, das einer gesetzlichen Grundlage entbehrt.

Wien, am