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VwGH vom 28.05.2009, 2006/15/0360

VwGH vom 28.05.2009, 2006/15/0360

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des GR in G, vertreten durch Bertl, Fattinger & Partner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in 8010 Graz, Schubertstraße 62, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0284-G/06, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2003, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Bescheide des Finanzamtes betreffend Einkommensteuer für die Streitjahre als unbegründet ab. In der Begründung führte sie aus, der Beschwerdeführer habe in den Streitjahren u.a. Vergütungen als Aufsichtsratmitglied bei zahlreichen steirischen Unternehmen bezogen. Im Zuge einer Außenprüfung habe der Beschwerdeführer zu den Aufsichtsratvergütungen in den Streitjahren erklärt, diese seien im Jahr 2000 bei der F GmbH & Co KG und in den anderen Jahren bei der C GmbH als Einnahmen erfasst worden. Er sei Dienstnehmer dieser Gesellschaften gewesen und habe mit der F GmbH & Co KG am sowie mit der C GmbH am eine Vereinbarung mit folgendem Inhalt getroffen:

"Als Dienstnehmer der KG (GmbH) wird Herr (Beschwerdeführer) neben seiner Tätigkeit im Rahmen des eigentlichen Geschäftsbetriebes der KG (GmbH) in die Aufsichtsratsgremien der E... AG, der G... AG und der VA... entsandt. Da sämtliche damit im Zusammenhang stehenden Kosten vom Dienstgeber (...) getragen werden, gilt als vereinbart, dass die Aufsichtsratsentschädigungen dem Dienstgeber KG zustehen."

In der Niederschrift über die Schlussbesprechung seien für die Streitjahre folgende Feststellungen getroffen worden:

Der Beschwerdeführer habe im Jahr 2000 keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärt. Laut Beilage zur Einkommensteuererklärung für dieses Jahr habe er neben seiner Pension Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von der F GmbH & Co KG und von der C GmbH bezogen.

Über Anfragen bei jenen Unternehmen, bei denen der Beschwerdeführer im Prüfungszeitraum als Aufsichtsratsmitglied tätig gewesen sei, sei bekannt geworden, dass im Jahr 2000 von vier Unternehmen Aufsichtsratsentschädigungen an die F GmbH & Co KG sowie von sechs Unternehmen Sitzungsgelder, Aufsichtsratsentschädigungen, Kilometergelder und Taggelder an den Beschwerdeführer ausbezahlt worden seien. Die mit der Aufsichtsratstätigkeit im Zusammenhang stehenden Reisekosten seien mangels Unterlagen und Aufzeichnungen gemäß § 184 BAO in der Höhe von EUR 5.000,-- geschätzt worden.

Im Jahr 2001 seien bei der C GmbH Aufsichtsratsentschädigungen und Sitzungsgelder als Betriebseinnahmen erfasst worden. An den Beschwerdeführer ausbezahlte Vergütungen an Sitzungsgeldern, Kilometergelder und Taggelder seien von diesem nicht erklärt worden. Die Reisekosten für dieses Jahr seien mit EUR 2.000,-- geschätzt worden.

In der Einkommensteuererklärung 2002 seien Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von EUR 0,--, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Pensionseinkünfte erklärt worden. Bei der C GmbH seien Sitzungsgelder und Aufsichtsratsentschädigungen als Betriebseinnahmen erklärt worden. Sitzungsgelder von der G AG seien dem Beschwerdeführer direkt ausbezahlt, von ihm aber nicht erklärt worden.

Der Prüfer habe festgestellt, dass zwischen dem Dienstgeber des Beschwerdeführers, zunächst der F GmbH & Co KG und dann der C GmbH, und jenen Unternehmen, in denen der Beschwerdeführer als Aufsichtsrat tätig gewesen sei, keine gesellschaftsrechtliche Verknüpfung, etwa in Form von Beteiligungen, bestanden habe. Für den Dienstgeber des Beschwerdeführers habe kein Interesse an seiner Aufsichtsratstätigkeit bestehen können. Die auf Wunsch des Beschwerdeführers an den jeweiligen Dienstgeber erfolgte Auszahlung der Aufsichtsratsvergütung stelle eine bloße Mittelverwendung dar. Die Vergütungen seien als Einnahmen bei den Einkünften des Beschwerdeführers aus sonstiger selbständiger Arbeit gemäß § 22 Abs. 2 EStG 1988 zu erfassen gewesen.

Das Finanzamt habe diesen Feststellungen folgend - nach Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2000 und 2001 - Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre erlassen.

Der Beschwerdeführer habe in der Berufung vorgebracht, er sei im Auftrag seines Dienstgebers in den Aufsichtsrat der genannten Aktiengesellschaften entsandt worden. Es sei vereinbart worden, dass sämtliche Kosten der Entsendung vom Dienstgeber getragen würden und diesem alle Aufsichtsratsvergütungen zustünden. Entsprechend dieser Vereinbarung seien die Aufsichtsratsvergütungen im Jahr 2000 an die F GmbH & Co KG und in den Folgejahren an die C GmbH ausbezahlt und von diesen versteuert worden.

Die Auffassung des Finanzamtes, nur natürliche Personen könnten Aufsichtsratmitglieder sein, werde nicht bestritten. Es sei jedoch in der Praxis bei Konzernen durchaus üblich, dass Mitglieder des Vorstandes der Muttergesellschaft die Funktion des Aufsichtsrates für die Tochtergesellschaften ausübten. Auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen (sogenannter Vorwegverfügungen) verzichte das Aufsichtsratsmitglied zu Gunsten der Muttergesellschaft auf eine Aufsichtsratsvergütung, wodurch ein direkter Zahlungsfluss der Aufsichtsratsvergütung an die Konzern-Mutter möglich werde. Die Versteuerung der Vergütung erfolge daher bei der Konzern-Mutter. Auf Grund der - unstrittigen - "privatrechtlichen Vereinbarungen" seien, wie auch die Praxis innerhalb eines Konzernes zeige, mit den Dienstbezügen des Beschwerdeführers sämtliche für den Dienstgeber erbrachten Leistungen, inklusive der Aufsichtsratstätigkeiten, abgegolten worden.

Auch unter Beachtung des "Zufluss-Abfluss-Prinzips" könnten die an die F GmbH & Co KG sowie die C GmbH ausbezahlten Aufsichtsratsvergütungen nicht dem Beschwerdeführer zugerechnet werden, weil sie ihm einerseits tatsächlich gar nicht zugeflossen seien und er andererseits auf Grund der Leistungsvereinbarung rechtlich nicht über die Einnahmen habe verfügen können.

Wenn das Finanzamt von einem fiktiven Zufluss beim Beschwerdeführer und einer anschließenden steuerneutralen Einkommensverwendung auf Grund der Weiterleitung der Gelder an die F GmbH & Co KG sowie die C GmbH ausgehe, würde dies einen Verzicht auf die Aufsichtsratsvergütung des Beschwerdeführers zu Gunsten der beiden Gesellschaften bedeuten. Die "privatrechtliche Vereinbarung" des Beschwerdeführers mit seinem Dienstgeber sei als klarer "Leistungsvertrag zwischen Vertragsparteien" abgeschlossen worden, wodurch die Tätigkeit als Aufsichtsrat "ein Teil der Tätigkeit als Angestellter" bei der F GmbH & Co KG sowie der C GmbH gewesen sei und daher auch nicht "separat vergütet" worden sei. Da somit die Aufsichtsratvergütungen dem Beschwerdeführer von vornherein nicht zugestanden seien, könne er auch nicht zu Gunsten seines jeweiligen Dienstgebers auf sie verzichtet haben.

In der Berufungsverhandlung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, der Grund dieser rechtlichen Konstruktion sei ein wirtschaftlicher gewesen, weil "bei persönlichem Bezug der Aufsichtsratvergütung Pensionsschädlichkeit die Folge gewesen wäre", das bedeute, der Beschwerdeführer "hätte seine Pension ab dem Streitjahr 2000 bis 2003 und in weiterer Folge auch für das Jahr 2004 an die Sozialversicherung zurückzahlen müssen (rund EUR 100.000,--)".

Der Beschwerdeführer habe in der Berufungsverhandlung ein Schreiben der C GmbH vom vorgelegt, wonach für die dem Beschwerdeführer in den Jahren 2000, 2001 und 2002 gewährten Darlehensbeträge Zinsen in Rechnung gestellt würden. Nach dem Inhalt des Schreibens handle es sich bei diesen Darlehensbeträgen um jene dem Beschwerdeführer in diesen Jahren direkt ausbezahlten Sitzungs- und Kilometergelder.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde nach Gesetzeszitaten aus, das Aufsichtsratsmitglied habe seine Einkünfte in seiner persönlichen Steuererklärung zu deklarieren. Somit sei gesetzlich festgelegt, dass ausschließlich eine natürliche Person Aufsichtsratsmitglied sein könne und auch nur ihr eine Vergütung gewährt und zugerechnet werden könne. Einer Gesellschaft stünden daher - da sie keine Aufsichtsratsaufgaben erbringen könne - keine Vergütungen zu, ebenso wenig die mit der Aufsichtsrattätigkeit im Zusammenhang stehenden Sitzungsgelder oder allfällige Reisekostenersätze.

Der Beschwerdeführer sei bei einer Reihe von Unternehmen als Aufsichtsratsmitglied tätig geworden und es seien ihm die daraus bezogenen Vergütungen, Sitzungsgelder und Kilometergelder zum Teil direkt ausbezahlt und zum Teil seinem jeweiligen Dienstgeber überwiesen worden. Die dem Beschwerdeführer direkt ausbezahlten Sitzungs- und Kilometergelder seien von ihm seinem Dienstgeber plus Kreditzinsen rücküberwiesen worden, weil es sich dabei nach Auffassung des Beschwerdeführers um ihm vom Dienstgeber nur kreditierte Beträge gehandelt habe.

Es seien aber sämtliche Entgelte (Vergütungen, Sitzungsgelder, Kilometergelder) aus der Aufsichtsrattätigkeit dem Beschwerdeführer zuzurechnen und bei ihm - wie dies im Übrigen bis einschließlich 1999 in den Einkommensteuererklärungen erfolgt sei -

steuerlich zu erfassen. Dies gelte unabhängig davon, ob die mit seiner Aufsichtsrattätigkeit im Zusammenhang stehenden Entgelte tatsächlich den Gesellschaften ausbezahlt worden seien und unabhängig von allfälligen zwischen dem Beschwerdeführer und den Dienstgebern vereinbarten "Auszahlungsmodalitäten". Wenn der Beschwerdeführer seine Einkünfte für die höchstpersönlich auszuübende Funktion als Aufsichtsratsmitglied diverser Großunternehmen durch eine zivilrechtliche Vereinbarung seinem jeweiligen Dienstgeber überlassen habe, ändere dies nichts am steuerlichen Zufluss an ihn und stelle die Überlassung der Beträge an den Dienstgeber lediglich eine steuerneutrale Einkommensverwendung dar. Es solle aber nicht unerwähnt bleiben, dass die Vereinbarungen des Beschwerdeführers mit seinem jeweiligen Dienstgeber nur einen Teil der Aufsichtsratvergütungen umfasst hätten, nicht jedoch die Sitzungsgelder und Kilometergelder. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer die Vereinbarung mit der F GmbH & Co KG zu einem Zeitpunkt abgeschlossen habe, zu dem er nicht einmal Dienstnehmer dieses Unternehmens gewesen sei. Er habe daher auch nicht entgegen seiner Behauptung als "Dienstnehmer" seiner Aufsichtsrattätigkeit nachkommen können.

Zur Behauptung des Beschwerdeführers über die Praxis in Konzernen sei festzuhalten, dass es weder eine wirtschaftliche noch eine gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen dem jeweiligen Dienstgeber des Beschwerdeführers mit jenen Unternehmen, in denen er als Aufsichtsrat tätig gewesen sei, gegeben habe. Sämtliche daran anknüpfende Überlegungen hinsichtlich eines Verzichtes des Beschwerdeführers zu Gunsten seines Dienstgebers und der als "Leistungsvertrag formulierten Vorwegverfügung" gingen daher ins Leere.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer meint, die Aufsichtsratsvergütungen seien ihm nicht zuzurechnen. Nach der als Leistungsvertrag definierten "privatrechtlichen Vereinbarung" zwischen ihm und seinem Arbeitgeber sei seine Aufsichtsrattätigkeit Teil seiner Tätigkeit für den Dienstgeber, die nicht separat vergütet werde. Sämtliche Aufsichtsratvergütungen stünden daher dem Auftraggeber zu und seien auch von diesem zu versteuern. Schon unter dem Gesichtspunkt des Zufluss-Abfluss-Prinzips seien diese Vergütungen ihm nicht zugeflossen, weil er nicht frei über die Einnahmen habe verfügen können.

Nach § 22 Z. 2 erster Teilstrich EStG 1988 zählen zu den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit die Einkünfte für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied. Nach § 86 Abs. 2 erster Satz AktG können nur physische Personen zu Aufsichtsratsmitgliedern bestellt werden. Den Aufsichtsratsmitgliedern kann für ihre Tätigkeit eine mit ihren Aufgaben und mit der Lage der Gesellschaft in Einklang stehende Vergütung gewährt werden (§ 98 Abs. 1 AktG).

Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder für die Aufsichtsratsmitglieder werden vom Vorstand, die Vergütungen, wenn eine diesbezügliche Satzungsregelung nicht besteht, von der Hauptversammlung festgesetzt (vgl. Strasser in Jaborneg/Strasser, Aktiengesetz4, §§ 98, 99, Rz. 18 f).

Im gegenständlichen Fall hat keine Rechtsbeziehung zwischen der C GmbH oder der F GmbH & Co KG (der Beschwerdeführer ist nicht Gesellschafter dieser KG) einerseits und den Gesellschaften, in denen der Beschwerdeführer als Aufsichtsrat tätig war, bestanden. Nach den Feststellungen der belangten Behörde haben nicht einmal wirtschaftliche oder gesellschaftsrechtliche Verbindungen zwischen diesen Gesellschaften bestanden. Bei dieser Sachlage ist jedenfalls von vornherein ausgeschlossen, dass die in Rede stehenden Vergütungen der Gesellschaften, deren Aufsichtsrat der Beschwerdeführer angehörte, zu Einkünften der C GmbH oder der (Gesellschafter der) F GmbH & Co KG geführt haben.

In der Beschwerde wird vorgebracht, nach der "privatrechtlichen Vereinbarung" zwischen ihm und seinem Arbeitgeber seien sämtliche Aufsichtsratvergütungen dem Auftraggeber zugestanden.

Hierauf ist zu erwidern, dass die Vereinbarungen des Beschwerdeführers mit seinem jeweiligen Dienstgeber vom und vom , wonach die Aufsichtsratsentschädigungen dem Dienstgeber zustehen, Verfügungen des Beschwerdeführers über seine ihm in der Zukunft zufließenden Einnahmen darstellen. Derartige Vorwegverfügungen ändern an der Zurechnung der Einkünfte an den Beschwerdeführer jedenfalls nichts (vgl. Tanzer, ÖStZ 2009, S 123 ff).

Als unberechtigt erweist sich auch der Beschwerdeeinwand, das Zuflussprinzip des § 19 EStG stehe der Erfassung von Einkünften beim Beschwerdeführer entgegen. Erfolgt auf der Grundlage einer Vorwegverfügung die Zahlung an einen Dritten, schließt dies einen Zufluss i.S.d. § 19 EStG beim Verfügenden nicht aus (vgl. Doralt, EStG10, § 19 Tz 21, und Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 19 Tz 11, jeweils mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung).

Es war sohin nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde die in Rede stehenden Einkünfte dem Beschwerdeführer zugerechnet hat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am