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VwGH vom 29.06.2016, 2013/15/0253

VwGH vom 29.06.2016, 2013/15/0253

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Beschwerde der R Gesellschaft m.b.H. in L, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstrasse 41, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zlen. RV/1465-L/10 und RV/1202-L/12, betreffend Feststellungsbescheide Gruppenmitglied 2005 und 2006, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Beschwerdeführerin ist Mitglied einer seit 2005 bestehenden Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG 1988. Sie hält 100 % der Anteile an der deutschen R GmbH, die als ausländisches Gruppenmitglied in die Unternehmensgruppe einbezogen ist und deren Verluste gemäß § 9 Abs. 6 Z 6 KStG 1988 der unmittelbar beteiligten Beschwerdeführerin zugerechnet werden.

2 Für das Jahr 2005 ergab sich nach Berechnung der Beschwerdeführerin ein ihr zuzurechnender Verlust der R GmbH in Höhe von 739.865,64 EUR und für das Jahr 2006 ein solcher in Höhe von 752.111 EUR. Demgegenüber kam eine abgabenbehördliche Prüfung zum Ergebnis, dass für das Jahr 2005 überhaupt kein Verlust der R GmbH zu berücksichtigen sei, weil das ausländische Gruppenmitglied tatsächlich einen Gewinn von 473.398,88 EUR erzielt habe. Für das Jahr 2006 anerkannte das Finanzamt lediglich einen Verlust von 325.034 EUR. Die unterschiedlichen Werte kamen dadurch zustande, dass das Finanzamt von einer nach deutschem Steuerrecht ermittelten Eröffnungsbilanz bei Eintritt in die Gruppe ausgegangen ist, während die Beschwerdeführerin der Verlustermittlung ausschließlich österreichisches Steuerrecht zu Grunde gelegt hatte.

3 Gegen die im Sinne der Prüfungsfeststellungen ergangenen Feststellungsbescheide erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Die Finanzverwaltung vertrete die Ansicht, dass bei erstmaliger Einbeziehung einer ausländischen Gesellschaft in eine Gruppe gemäß § 9 KStG 1988 von der ausländischen Steuerbilanz auszugehen sei und eine Überleitung auf das österreichische Recht stattzufinden habe. Grundlage für die Überleitung sollen die noch vorhandenen ausländischen Buchwerte sein. Durch die Heranziehung der sich nach deutschem Recht ergebenden Ausgangswerte sei der Prüfer zu einem anderen Ergebnis gekommen, als sich bei konsequenter Anwendung des § 5 Abs. 1 EStG 1988 ergeben würde. Die Vorgangsweise des Finanzamtes führe insoweit zu einer gleichzeitigen Anwendung in- und ausländischen Rechts, als zwar für Zwecke der zukünftigen Abschreibungen der inländische Abschreibungssatz herangezogen werde, jedoch für Zwecke der Bemessungsgrundlage die um eine ausländische Abschreibung verminderten Anschaffungskosten zu Grunde gelegt werden. Das Gesetz verlange jedoch ausdrücklich eine Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG 1988, für welche im Hinblick auf die Bewertung ausschließlich die Bestimmung des § 6 EStG 1988 maßgebend sei. Die Abweichungen zwischen österreichischem und dem - im Beschwerdefall konkret angewendeten -

deutschen Recht resultierten aus der nur in Deutschland zulässigen degressiven Abschreibung sowie der in Deutschland zulässigen pro-rata-temporis Abschreibung (während in Österreich eine Halbjahres-/Ganzjahresabschreibung zwingend sei) und den unterschiedlichen Nutzungsdauern (insbesondere betreffend die Nutzungsdauer für PKW von zwingend acht Jahren in Österreich und von fünf Jahren in Deutschland). Die Ansicht der Finanzverwaltung verstoße weiters gegen das in § 7 Abs. 1 KStG 1988 festgelegte Prinzip der Abschnittsbesteuerung. Danach dürfen keine Ergebnisauswirkungen, die andere Wirtschaftsjahre betreffen, in den aktuellen Abrechnungszeitraum verlagert werden. Folge man im Hinblick auf die Verlustermittlung bei ausländischen Gesellschaften der Ansicht des Finanzamtes, sei im Ergebnis genau dieser unerwünschte Zustand erreicht, weil die nach österreichischem Recht ermittelten Aufwendungen nicht in der Periode ihres Anfalles, sondern in frühere Perioden (nämlich in solche vor dem Gruppeneintritt) verlagert würden.

4 Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Die belangte Behörde schließe sich jenen Fachautoren an, die davon ausgingen, dass der Bilanzwert der Anlagegüter in Höhe des in der ausländischen Steuer(Handels)bilanz ausgewiesenen Wertes anzusetzen sei. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/14/0217, zur Verwertung ausländischer Verluste aus Betriebsstätten, die der gesetzlichen Verankerung in § 2 Abs. 8 EStG 1988 idF StRefG 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, vorangegangen sei, sei der Grundsatz zu entnehmen, dass eine doppelte Verlustverwertung in jedem Fall zu vermeiden sei. Der Verlustausgleich nach § 2 Abs. 8 EStG 1988 finde nur insoweit statt, als der ausländische Verlust im Entstehungsjahr im Ausland nicht ausgeglichen werde, sodass das Prinzip der Vermeidung einer doppelten Verwertung der Verluste vom Gesetzgeber aufgegriffen worden sei. § 9 Abs. 6 Z 6 KStG 1988 wolle eine doppelte Verwertung von Verlusten dadurch vermeiden, dass gemäß § 9 Abs. 6 Z 6 zweiter Satz KStG 1988 in Jahren, in denen der ausländische Verlust mit einem ausländischen Gewinn verrechnet werde oder verrechnet werden könnte, ein Betrag in diesem Ausmaß bei dem beteiligten inländischen Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger, dem der Verlust zugerechnet worden sei, als Gewinn zuzurechnen sei.

Auch das Unionsrecht gehe von denselben Grundsätzen aus. Im Bereich der Einbeziehung ausländischer Tochtergesellschaften in Gruppenbesteuerungssysteme erachte es der EuGH sogar als unionsrechtskonform, dass Auslandstöchter nicht in die Systeme der Gruppenbesteuerung miteinbezogen werden (Hinweis auf die Urteile vom , C-231/05, Oy AA , und vom , C-337/08, X Holding BV ). Im Bereich finaler Verluste (grenzüberschreitende Verlustverwertung von Konzerngesellschaften) liege der Rechtsprechung des EuGH ebenfalls nur der Leitgedanke der einmaligen Verlustberücksichtigung zu Grunde (Hinweis auf das Urteil vom , C-446/03, Marks Spencer plc ).

Gemeinsames Element der Rechtsprechung des EuGH, des Verwaltungsgerichtshofes und jener inländischen Regelungen, die Verlustübernahmen aus Betriebsstätten oder ausländischen Gruppenmitgliedern gesetzlich verankerten, sei somit die grundsätzliche Überlegung, dass durch die Verlustübernahme Verluste zumindest einmal - im Sitzstaat oder in Österreich - ausgeglichen werden können. Dadurch solle eine Gleichstellung (aber keine Bevorzugung) ausländischer Gruppenmitglieder gegenüber inländischen Gruppenmitgliedern erreicht werden.

Im Falle des Ausscheidens des ausländischen Gruppenmitgliedes aus der Unternehmensgruppe sei im Jahr des Ausscheidens ein Betrag im Ausmaß aller zugerechneten (und im Ausland noch nicht verrechneten) Verluste beim Gruppenmitglied oder beim Gruppenträger als Gewinn zuzurechnen. Das gelte auch dann, wenn die Verluste im Ausland nicht verwertet werden könnten. Zu einer doppelten (endgültigen mehrfachen) Verlustverwertung komme es auf Grund der Nachversteuerungsregel damit zwar nicht. Doch würde die von der Beschwerdeführerin vertretene Gesetzesauslegung ausländischen Gruppenmitgliedern zumindest temporär einen von inländischen Gruppenmitgliedern nicht erreichbaren (Zins)Vorteil verschaffen, zumal eine Gruppenzugehörigkeit grundsätzlich nicht nur auf kurze Dauer angelegt sei.

Die Beschwerdeführerin gehe davon aus, dass der Begriff "nach § 5 Abs. 1 ... ermittelte Verluste" auch eine Adaptierung des deutschen Bilanzwertes der Anlagegüter bei Eintritt in die Unternehmensgruppe beinhalte, demzufolge als Bilanzwert die Differenz zwischen Anschaffungskosten und inländischer AfA gelten solle. Diese Ansicht ergebe sich einerseits nicht aus dem Gesetz und widerspreche in seinen Auswirkungen auch den Implikationen des Gesetzgebers:

Der Gesetzgeber spreche von "Verlusten des jeweiligen Wirtschaftsjahres", die zu adaptieren seien, also von der Umrechnung der Aufwendungen im Verlustübernahmejahr, nicht aber von der Adaptierung der Restbuchwerte im Zeitpunkt des Eintritts in die Gruppe. Die von der Beschwerdeführerin angenommene Adaptierung des deutschen Restbuchwertes würde - jedenfalls temporär - zu einer die ursprünglichen Anschaffungskosten weit übersteigenden Abschreibung führen. Eine gleichzeitige Anwendung in- und ausländischen Rechts liege nicht vor, weil die Feststellung des ausländischen Buchwertes der Gewinnermittlung 2005 vorangehe. Im Prüfungszeitraum werde nur österreichisches Bilanzrecht angewandt. Ein Verstoß gegen das Prinzip der Abschnittsbesteuerung verorte die Beschwerdeführerin ebenfalls zu Unrecht. Tatsächlich würden nicht "österreichische Aufwendungen in frühere Perioden verlagert", sondern (ungeachtet einer allfälligen späteren Nachversteuerung) für 2005 eine fiktive - die Anschaffungskosten überschreitende - Abschreibung konstruiert, die weder dem nationalen Steuerrecht, noch den unionsrechtlichen Vorgaben entspreche. Die Einmalverwertung der (bereits im Ausland) geltend gemachten Abschreibungen ergebe sich auch aus Satz zwei des § 9 Abs. 6 Z 6 KStG 1988: Wenn Verluste des ausländischen Gruppenmitgliedes nur zurechenbar seien, sofern sie nicht im Ausland verwertet werden oder verwertet werden könnten, sei ein Verbot der Zurechnung umso mehr (insoweit) anzunehmen, wenn diese Verluste (in Form der bereits geltend gemachten Abschreibungen) schon in Vorjahren im Ausland verwertet werden konnten. Eine gegenteilige Auslegung des § 9 Abs. 6 Z 6 KStG 1988 entspreche nicht den Intentionen des Gesetzgebers.

5 Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde. Durch den Verweis auf § 5 Abs. 1 EStG 1988 in § 9 Abs. 6 Z 6 KStG 1988 habe die Ermittlung des Ergebnisses des ausländischen Gruppenmitgliedes umfassend nach österreichischem Steuerrecht und damit im Sinne eines Betriebsvermögensvergleiches zu erfolgen. Dies setze voraus, dass auch die Ausgangsbilanz (Eröffnungsbilanz) bei erstmaliger Einbeziehung in die Gruppe nach österreichischem Steuerrecht erstellt werde. Die von der belangten Behörde angeführte Literatur führe - mit Ausnahme der Vertreter des BMF - den nach ausländischem Recht ermittelten Ausgangswert als bloße Vereinfachungsmaßnahme an. Der vermeintliche Effekt einer doppelten Verlustverwertung werde jedenfalls beim Ausscheiden aus der Gruppe vermieden. Der angefochtene Bescheid sei daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 § 9 Abs. 6 Z 6 KStG 1988 idF AbgÄG 2004, BGBl. I Nr. 180/2004, lautet:

"6. Bei nicht unbeschränkt steuerpflichtigen ausländischen Gruppenmitgliedern sind nur die nach § 5 Abs. 1 und den übrigen Vorschriften des Einkommensteuergesetzes 1988 und dieses Bundesgesetzes ermittelten Verluste aus Einkunftsquellen des jeweiligen Wirtschaftsjahres dem unmittelbar beteiligten Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger im Ausmaß der Beteiligungen aller beteiligter Gruppenmitglieder einschließlich eines beteiligten Gruppenträgers zuzurechnen. In Jahren, in denen der ausländische Verlust mit einem ausländischen Gewinn verrechnet wird oder verrechnet werden könnte, ist ein Betrag in diesem Ausmaß beim beteiligten inländischen Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger, dem der Verlust zugerechnet wurde, als Gewinn zuzurechnen. Scheidet das nicht unbeschränkt steuerpflichtige ausländische Gruppenmitglied aus der Unternehmensgruppe aus, ist im Jahr des Ausscheidens ein Betrag im Ausmaß aller zugerechneten im Ausland nicht verrechneten Verluste beim Gruppenmitglied bzw. beim Gruppenträger als Gewinn zuzurechnen. Im Falle des Untergangs (Liquidation oder Insolvenz) des ausländischen Gruppenmitglieds ist bei tatsächlichem und endgültigem Vermögensverlust der zuzurechnende Betrag um die während der Gruppenzugehörigkeit nicht steuerwirksamen Teilwertabschreibungen zu kürzen."

8 § 5 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 lautete in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung auszugsweise:

"§ 5. (1) Für die Gewinnermittlung (...) sind die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung maßgebend, außer zwingende Vorschriften dieses Bundesgesetzes treffen abweichende Regelungen."

9 § 6 EStG 1988 lautet in den hier maßgeblichen Teilen:

"§ 6. Für die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens gilt folgendes:

1. Abnutzbares Anlagevermögen ist mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzung für Abnutzung nach den §§ 7 und 8, anzusetzen.

(...)"

10 Nach § 7 Abs. 1 EStG 1988 sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen. Wird das Wirtschaftsgut im Wirtschaftsjahr mehr als sechs Monate genutzt, dann ist gemäß § 7 Abs. 2 EStG 1988 der gesamte auf ein Jahr entfallende Betrag abzusetzen, sonst die Hälfte. Bei Personenkraftwagen ist gemäß § 8 Abs. 6 Z 1 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 201/1996 im Regelfall der Bemessung der Absetzung für Abnutzung eine Nutzungsdauer von mindestens acht Jahren zu Grunde zu legen.

11 Im Erkenntnis vom , 2012/13/0042, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, der Wortlaut des § 9 Abs. 6 Z 6 erster Satz KStG 1988 lasse keinen Zweifel daran, dass nur österreichisches Steuerrecht maßgeblich ist. Wenn die Bestimmung des § 5 Abs. 1 EStG 1988 auf die "handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung" verweist und es um die Bücher eines ausländischen Unternehmers geht, die im Ausland nach ausländischem Recht zu führen sind, so ist die Verweisung auf die "handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung" bei der in § 9 Abs. 6 Z 6 erster Satz KStG 1988 angeordneten Anwendung auf eine Buchführung im Ausland und auf die dort dafür maßgeblichen Grundsätze zu beziehen.

12 Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die deutschen Bilanzansätze zum hier maßgebenden Stichtag zwar deutschem Bilanzrecht entsprachen, aber in einigen von der Beschwerdeführerin aufgezeigten Punkten gegen zwingendes österreichisches Steuerrecht (insbesondere Vornahme einer degressiven Abschreibung, fünfjährige Abschreibungsdauer von PKW) verstoßen.

13 Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt auf die Richtigkeit des Periodengewinnes ab (vgl. etwa ). Im Erkenntnis vom , 2007/15/0015, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage auseinandergesetzt, wie vorzugehen ist, wenn die AfA in der Vergangenheit zu hoch angesetzt wurde. Er ist dabei zum Ergebnis gelangt, dass in Anordnung des § 4 Abs. 2 zweiter Satz EStG 1988 die AfA infolge der im Einkommensteuerrecht geltenden Periodenbesteuerung bei der Gewinnermittlung des Jahres geltend gemacht werden muss, in das sie wirtschaftlich gehört. Zu hohe Absetzungen dürfen nicht durch Minderung oder Aussetzung der Abschreibung in der Zukunft ausgeglichen werden (vgl. auch ). Es ist eine Berichtigung "an der Wurzel" vorzunehmen, also in jener Bilanz, in welcher der Fehler erstmals aufgetreten ist (vgl. mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Hofstätter/Reichel , EStG 1988,§ 4 Abs 2 Tz 75 ff, und Doralt et al, EStG17, § 4 Tz 137 ff). Im angeführten Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieselben Grundsätze auch für Wirtschaftsgüter gelten, für die zu Unrecht eine Sofortabschreibung vorgenommen wurde, deren Buchwert also - wie im Beschwerdefall auch - bereits zur Gänze abgeschrieben wurde. Diese schon beim reinen Inlandssachverhalt mögliche "Doppelerfassung" überhöhter Absetzungen in früheren Perioden kann in gleicher Weise bei der "Umrechnung" ursprünglich ausländischer Verluste nach § 9 Abs. 6 Z 6 KStG 1988 auftreten.

14 Dass der Gesetzgeber von "Verlusten des jeweiligen Wirtschaftsjahres" spricht, die zu adaptieren sind, vermag die Ansicht der belangten Behörde nicht zu stützen. Der "Verlust des jeweiligen Wirtschaftsjahres" ist bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 das Ergebnis eines Betriebsvermögensvergleiches, bei dem das Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres gegenübergestellt wird. Würde man mit der belangten Behörde der Eröffnungsbilanz Bilanzansätze zu Grunde legen, die zwingenden Bestimmungen des EStG 1988 widersprechen, wird in der Regel auch das Ergebnis der Gegenüberstellung der Betriebsvermögensstände (der "Verlust des jeweiligen Wirtschaftsjahres") in Widerspruch zu zwingendem Steuerrecht stehen. Soll sichergestellt sein, dass das Ergebnis des Betriebsvermögensvergleichs österreichischem zwingenden Steuerrecht entspricht, kann die mit einer Verlustermittlung nach § 9 Abs. 6 Z 6 KStG 1988 verbundene Eröffnungsbilanz somit nur unter Beachtung der zwingenden österreichischen steuerlichen Vorschriften erstellt werden. Dies gilt sowohl aktiv- wie auch passivseitig und kann sich grundsätzlich sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Steuerpflichtigen auswirken (vgl. mit entsprechendem Beispiel Kirchmayr/Mayr/Hirschler (Hrsg), Gruppenbesteuerung (2014), 74f). Dabei ist zu beachten - wie der Verwaltungsgerichtshof in dem schon angeführten Erkenntnis vom ausgeführt hat -, dass die Verweisung auf die "handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung" bei der in § 9 Abs. 6 Z 6 erster Satz KStG 1988 angeordneten Anwendung auf eine Buchführung im Ausland auf die dort dafür maßgeblichen Grundsätze bezogen werden muss und eine Adaptierung insoweit vorzunehmen ist, als der ausländische Bilanzansatz gegen zwingendes österreichisches Steuerrecht verstößt.

15 Es trifft zu, dass eine Gleichstellung gebietsfremder Tochtergesellschaften mit ausländischen Betriebsstätten nach der Judikatur des EuGH aus der Sicht des Unionsrechts nicht geboten ist, weil sich diese nicht in einer vergleichbaren Situation befinden (vgl. Urteil vom , C-337/08 , X Holding BV , Rn. 40). Dies ändert aber entgegen den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nichts daran, dass sich der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 9 Abs. 6 Z 6 KStG 1988 dazu entschlossen hat, nach österreichischen steuerlichen Vorschriften ermittelte Verluste von Tochtergesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen bei der Besteuerung von Unternehmensgruppen zu berücksichtigen. Eine "verfassungsrechtlich bedenkliche Diskriminierung inländischer Gruppenmitglieder" liegt im (hier vorliegenden) Falle der Berichtigung der Eröffnungsbilanz zu Gunsten der Beschwerdeführerin nicht vor, weil sich - wie schon oben ausgeführt - auch im Falle reiner Inlandssachverhalte infolge der im Einkommensteuerrecht geltenden Periodenbesteuerung überhöhte Abschreibungen ergeben können. Im Übrigen kommt es, worauf die Beschwerdeführerin zu Recht verweist, spätestens beim Ausscheiden des ausländischen Gruppenmitgliedes zu einer Nachversteuerung der Verluste. (Eine Deckelung der Verluste mit dem nach ausländischem Steuerrecht errechneten Betrag wurde erst mit dem 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, eingeführt.)

16 Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

17 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

18 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am