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VwGH vom 04.02.2009, 2006/15/0220

VwGH vom 04.02.2009, 2006/15/0220

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2008/15/0174 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Feldkirch, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , GZ. RV/0035-F/06, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1999 bis 2001 (mitbeteiligte Partei: GN, vertreten durch Dr. Christoph Schneider, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8a), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei (in der Folge: Gemeinde) errichtete in den Streitjahren auf einer im Eigentum der in ihrem Gebiet gelegenen Pfarre stehenden Liegenschaft eine neue Aufbahrungshalle. Die mit den Errichtungskosten im Zusammenhang stehenden Umsatzsteuern zog sie als Vorsteuern ab und die für die Aufbahrung verrechneten Aufbahrungsgebühren versteuerte sie mit dem Normalsteuersatz.

Im Zuge einer Betriebsprüfung der Streitjahre ging der Prüfer davon aus, dass die Aufgaben der Gemeinde nach dem Vorarlberger Gesetz über das Leichen- und Bestattungswesen, LGBl. Nr. 58/1969, 41/1996, 58/2001 (in der Folge nur: Bestattungsgesetz) hoheitlicher Natur seien. Das Vorliegen eines (fiktiven) Betriebes gewerblicher Art sei zu verneinen; ein Vorsteuerabzug sei nicht zulässig.

In der Berufung gegen die der Auffassung der Betriebsprüfung folgenden - nach Wiederaufnahme der Verfahren - ergangenen neuen Umsatzsteuerbescheide machte die Gemeinde geltend, die Nutzung der Leichenhalle sei nicht verpflichtend. Die "Aufbahrung von Leichen" sei keine hoheitliche Tätigkeit.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, für die Annahme einer hoheitlichen Tätigkeit sei entscheidend, dass ein öffentliches Interesse an einem Tätigwerden der Körperschaft öffentlichen Rechts bestehe und die Aufgabe der Körperschaft in ihrer Eigenschaft als Trägerin öffentlicher Gewalt eigentümlich und vorbehalten sei. Nach § 29 Bestattungsgesetz müsse auf jedem Friedhof ein für die Aufbahrung von Leichen geeigneter und nur hiezu bestimmter Raum vorhanden sein. Friedhöfe dürften nach diesem Gesetz nur von Gemeinden, Gemeindeverbänden oder von gesetzlich anerkannten Kirchen oder Religionsgemeinschaften betrieben werden. Damit sei der Betrieb und die Verwaltung von Friedhöfen samt Leichenhalle diesen Trägern vorbehalten und durch Gesetz zugewiesen. Die Gemeindevertretung könne mit Verordnung Abgaben erheben und es dürften an Stelle der Friedhofsgebühren - wozu auch die Aufbahrungsgebühren zählten - keine privatrechtlichen Entgelte eingehoben werden. Die Gebühren seien mit Bescheid vorzuschreiben. Bediene sich die Körperschaft zur Erfüllung ihrer Aufgaben öffentlich-rechtlicher Hoheitsakte, wie z.B. Bescheide, sei die Tätigkeit zweifelsfrei dem Hoheitsbereich zuzuordnen.

Im Vorlageantrag machte die Gemeinde geltend, grundsätzlich bestehe die Verpflichtung zur Aufbahrung einer Leiche in einer Leichenhalle, wenn eine solche vorhanden sei. Der Bürgermeister müsse außerhalb eines solchen Raumes unter bestimmten Voraussetzungen die Aufbahrung einer Leiche gestatten. Es sei somit weder ein Annahmezwang gegeben noch sei diese Tätigkeit der Gemeinde vorbehalten. Auch wenn der Bürgermeister bei der Erteilung der Genehmigung hoheitlich handle, könne die Nutzung der Aufbahrungshalle durch Private nicht mehr hoheitlich sein. Die Abrechnung der Aufbahrungsgebühren erfolge nicht mittels Bescheid, sondern in Form einer Rechnung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge.

Im Erwägungsteil der Bescheidbegründung führte sie aus, entscheidend sei, ob der Gemeinde hinsichtlich der Bewirtschaftung der Aufbahrungshalle die Unternehmereigenschaft zukomme. Die Gemeinde sei gemäß § 2 Abs. 3 UStG 1994 nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 KStG 1988) gewerblich oder beruflich tätig und damit Unternehmer im Sinne des UStG. Keine privatwirtschaftliche Tätigkeit liege vor, wenn die Tätigkeit überwiegend der öffentlichen Gewalt diene. Eine Ausübung der öffentlichen Gewalt sei insbesondere anzunehmen, wenn es sich um Leistungen handle, zu deren Annahme der Leistungsempfänger auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet sei.

Der im § 2 Abs. 5 KStG 1988 genannte Annahmezwang sei nur ein Indiz für die Ausübung öffentlicher Gewalt. Die Ausübung öffentlicher Gewalt liege dann vor, wenn eine Tätigkeit einer Körperschaft eigentümlich und vorbehalten sei. Nach § 16 Abs. 2 Bestattungsgesetz könne, wenn der Gemeinde ein für die Unterbringung von Leichen geeigneter und hiefür bestimmter Raum zur Verfügung stehe, die Gemeindevertretung mit Verordnung für das gesamte Gemeindegebiet oder für Teile desselben anordnen, dass jede Leiche unverzüglich nach Durchführung der Totenbeschau in einen solchen Raum zu bringen sei. Im vorliegenden Fall liege eine solche Verordnung der Gemeinde nicht vor. Nach der Friedhofsordnung der Gemeinde stelle die Gemeinde u.a. die Leichenhalle zur Leichenaufbahrung bis zu deren Bestattung zur Verfügung. Die Leichen würden, soweit es der Raum gestatte, in die Leichenhalle aufgenommen. Die Aufnahme erfolge entweder auf Wunsch der Hinterbliebenen oder auf sanitätspolizeiliche Anordnung. Eine Leichenaufbahrung im Sterbehaus sei möglich, sofern keine sanitätspolizeilichen Bedenken, die vom Totenbeschauer festzustellen seien, bestünden. Nach der Friedhofsordnung stehe es bis auf die Ausnahme sanitätspolizeilicher Anordnungen in der Disposition der Angehörigen der Verstorbenen, den Verstorbenen in der Aufbahrungshalle aufbahren zu lassen oder nicht. Von einem Annahmezwang könne keinesfalls gesprochen werden.

Das Finanzamt gehe davon aus, dass die Errichtung und Betreibung einer Aufbahrungshalle den Gemeinden eigentümlich und vorbehalten sei.

Gemäß § 28 Bestattungsgesetz sei die Gemeinde zur Errichtung und Erhaltung eines Friedhofes, das sei eine Anlage zur Erdbestattung von Leichen und zur Beisetzung von Urnen, verpflichtet. Diese Verpflichtung bestehe insoweit nicht, als in der Gemeinde von einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft oder deren Einrichtungen ein Friedhof für die Bestattung von Leichen zur Verfügung gestellt werde, die in der Gemeinde zu bestatten seien. Nach § 29 leg. cit. müsse in jedem Friedhof und in jeder Feuerbestattungsanlage ein für die Aufbahrung von Leichen geeigneter und nur hiezu bestimmter Raum (Leichenhalle, Leichenkammer) vorhanden sein.

Aus diesen Bestimmungen ergebe sich kein Vorbehalt der Gemeinde zur Errichtung und Betreibung einer Aufbahrungshalle. Die Gemeinde sei nur zur Errichtung eines Friedhofes verpflichtet, falls nicht von einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft oder deren Einrichtungen ein Friedhof zur Verfügung gestellt werde. Nach der Übergangsbestimmung des § 61 Bestattungsgesetz dürften Bestattungsanlagen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes weder von einer Gemeinde noch einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft oder einer ihrer Einrichtungen erhalten werden, vom bisherigen Rechtsträger weiterhin erhalten werden. Aus diesen Bestimmungen ergebe sich, dass nicht nur die Gemeinde zur Errichtung eines Friedhofes befugt sei. Eine Aufbahrungshalle sei aber kein Friedhof und auch keine Bestattungsanlage. Dass in jedem Friedhof eine Aufbahrungshalle vorhanden sein müsse, bedeute daher nicht, dass diese von der Gemeinde zu errichten sei. Die Verpflichtung treffe vielmehr den Rechtsträger des jeweiligen Friedhofes. Eine hoheitliche Tätigkeit der Gemeinde sei daher zu verneinen.

Zum selben Ergebnis gelange man auch nach der im Umsatzsteuerrecht zu beachtenden "6. Mehrwertsteuerrichtlinie". Nach der Rechtsprechung des EuGH handle es sich bei den Tätigkeiten "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" im Sinne des Art. 4 Abs. 5 der genannten Richtlinie um solche, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Rahmen einer öffentlichrechtlichen Sonderregelung ausübten. Ausschlaggebend seien die konkreten Ausübungsmodalitäten der Tätigkeit. Soweit die Richtlinie (Art. 4 Abs. 6) die Behandlung der Einrichtungen des öffentlichen Rechts als Nichtsteuerpflichtige davon abhängig mache, dass diese "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" tätig würden, schließe sie eine solche Behandlung für Tätigkeiten aus, die diese Einrichtungen nicht als Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts, sondern als Rechtssubjekte des Privatrechts ausübten. Das einzige Kriterium, das eine sichere Unterscheidung dieser beiden Arten von Tätigkeiten ermögliche, sei die nach nationalem Recht anwendbare rechtliche Regelung, wobei es Sache des nationalen Rechts sei, die fragliche Tätigkeit an Hand dieses Kriteriums zu beurteilen.

Entscheidend seien die Rechtsbeziehungen zwischen der Gemeinde und den Benützern der Aufbahrungshalle. Die Festsetzung und Vorschreibung der Gebühren für die Aufbahrung spreche für ein hoheitliches Handeln der Gemeinde. Nach § 42 Bestattungsgesetz könne die Gemeindevertretung mit Verordnung (Friedhofsgebührenverordnung) Abgaben (Friedhofsgebühren) erheben. An Stelle der Friedhofsgebühren dürften keine privatrechtlichen Entgelte eingehoben werden. Zu den Friedhofsgebühren zählten auch Aufbahrungsgebühren. Die Gebühr für die Beistellung der Leichenhalle oder Leichenkammer zur Aufbahrung einer Leiche sei so festzusetzen, dass sie den durch die Beistellung der Leichenhalle durchschnittlich erwachsenden Aufwand nicht übersteige. Die Friedhofsgebühren seien vom Bürgermeister durch Bescheid vorzuschreiben.

Die für die Gebührenerhebung vorgesehenen Instrumente (Verordnung und Bescheid) wiesen auf die Ausübung hoheitlicher Gewalt hin. Andererseits sprächen der Umstand, dass kein Zwang zur Aufbahrung in der Aufbahrungshalle bestehe, sowie die Tatsache, dass die Gestattung zur Benützung und die Zuweisung der Halle zur Aufbahrung durch einfache Absprachen zwischen Antragsteller und der Gemeinde ohne Verwendung hoheitlicher Instrumente erfolge, für eine privatrechtliche Beziehung. Hinzu komme, dass die Gemeinde die Gebühren tatsächlich nicht mit Bescheid, sondern mit Rechnung vorschreibe. Die rechtlichen Beziehungen seien somit tatsächlich privatrechtlich und nicht hoheitlich gestaltet. Dass die Gemeinde mit dieser Form der Gebührenvorschreibung gegen ein Landesgesetz verstoße, könne daran nichts ändern. Im Abgabenrecht seien abgabenrechtliche Fragen nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt zu beurteilen. Die rechtlichen Beziehungen zwischen der Gemeinde und den Benützern der Aufbahrungshalle seien im vorliegenden Fall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse als privatrechtliche einzustufen. Der Betrieb der Aufbahrungshalle durch die Gemeinde sei daher überwiegend als privatwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 KStG 1988 anzusehen. Fraglich sei, ob dieser Tätigkeit auch wirtschaftliches Gewicht zukomme. Keine Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht liege vor, wenn die damit erzielten Einnahmen nicht einmal die Bagatellgrenze von EUR 2.900,-- erreichten. Diese Grenze dürfte im vorliegenden Fall wohl nicht erreicht werden (im Jahr 2001 seien Aufbahrungsgebühren von EUR 729,58 erzielt worden). Hinsichtlich dieser Bagatellgrenze bestünden jedoch gemeinschaftsrechtliche Bedenken, weil nach Art. 4 der genannten Richtlinie lediglich die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit, gleichgültig mit welchem Ergebnis, gefordert werde. Ob der in Rede stehende Betrieb der Aufbahrungshalle auch eine wirtschaftlich selbständige Einrichtung der Gemeinde sei, könne nach der Aktenlage nicht endgültig beantwortet werden, sei aber eher zu verneinen. Die Aufbahrung selbst werde nämlich im vorliegenden Fall in der Regel nicht durch die Gemeinde, sondern durch ein Bestattungsunternehmen durchgeführt. Die in Rede stehende Tätigkeit bestehe daher nur in der Überlassung der Aufbahrungshalle und stelle damit eine bloße Vermögensverwaltung dar, die für sich alleine keine selbständige Einrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 KStG 1988 darstelle.

Unabhängig von den Voraussetzungen des § 2 KStG 1988 gälten als Betriebe gewerblicher Art im Sinne des Umsatzsteuergesetzes jedoch stets die Vermietung und Verpachtung von Gründstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften. Dies bedeute, dass die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken auch dann einen fiktiven Betrieb gewerblicher Art begründe, wenn die Tätigkeit nicht durch eine wirtschaftlich selbständige Einrichtung ausgeübt werde und nicht von wirtschaftlichem Gewicht sei. Die Begriffe Vermietung und Verpachtung seien gemeinschaftsrechtskonform weiter als nach innerstaatlichem Recht auszulegen, dass sie jegliche Nutzungsüberlassung an Grundstücken umfassten, die eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der genannten Richtlinie darstelle. Eine Einschränkung auf bestimmte Vertragstypen sei nicht vorzunehmen. Die Gemeinde überlasse die Aufbahrungshalle gegen Gebühr an Angehörige von Verstorbenen. Es liege somit eine Nutzungsüberlassung vor, die eine wirtschaftliche Tätigkeit darstelle, die nicht im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausgeübt werde. Da der österreichische Gesetzgeber von der durch Art. 4 Abs. 5 letzter Satz der genannten Richtlinie eingeräumten Möglichkeit, die Vermietung und Verpachtung einer Liegenschaft durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts dem Hoheitsbereich zuzuordnen, nicht Gebrauch gemacht habe, liege in gemeinschaftsrechtskonformer Interpretation des § 2 Abs. 3 UStG 1994 jedenfalls eine Vermietungstätigkeit und damit ein fiktiver Betrieb gewerblicher Art vor. Die Vermietungstätigkeit sei zunächst als unecht steuerbefreit gemäß § 6 Abs. 1 Z. 16 UStG 1994 einzustufen. Da die Gemeinde die Umsätze steuerpflichtig behandelt habe, sei dies als Option in die Steuerpflicht gemäß § 6 Abs. 2 leg. cit. zu werten. Es stehe daher der Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Errichtung der Aufbahrungshalle zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Finanzamtes nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift durch die Gemeinde erwogen:

Nach § 12 Abs. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer Vorsteuerbeträge abziehen. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit., wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Unter welchen Voraussetzungen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts gewerblich oder beruflich tätig ist, bestimmt § 2 Abs. 3 leg. cit. Diese Bestimmung lautet:

"(3) Die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988), ausgenommen solche, die gemäß § 5 Z. 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 von Körperschaftsteuer befreit sind, und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Als Betriebe gewerblicher Art im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten jedoch stets


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Wasserwerke,
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Schlachthöfe,
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Anstalten zur Müllbeseitigung und
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zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen sowie
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die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften."
Der verwiesene § 2 KStG 1988 in der Fassung BGBl. Nr. 818/1993, lautet auszugsweise:

"§ 2. (1) Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist jede Einrichtung, die


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wirtschaftlich selbständig ist und
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ausschließlich und überwiegend einer nachhaltigen privatwirtschaftlichen Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht und
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zur Erzielung von Einnahmen oder im Falle des Fehlens der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr von anderen wirtschaftlichen Vorteilen und
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nicht der Land- und Forstwirtschaft (§ 21 des Einkommensteuergesetzes 1988) dient. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Die Tätigkeit der Einrichtung gilt stets als Gewerbebetrieb.
...

(5) Eine privatwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 liegt nicht vor, wenn die Tätigkeit überwiegend der öffentlichen Gewalt dient (Hoheitsbetrieb). Eine Ausübung der öffentlichen Gewalt ist insbesondere anzunehmen, wenn es sich um Leistungen handelt, zu deren Annahme der Leistungsempfänger auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist. Als Hoheitsbetriebe gelten insbesondere Wasserwerke, wenn sie überwiegend der Trinkwasserversorgung dienen, Forschungsanstalten, Wetterwarten, Schlachthöfe, Friedhöfe, Anstalten zur Nahrungsmitteluntersuchung, zur Desinfektion, zur Leichenverbrennung, zur Müllbeseitigung, zur Straßenreinigung und zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen."

Nach Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (im Folgenden: RL) unterliegen der Mehrwertsteuer die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt. Nach Art. 4 Abs. 1 RL gilt als Steuerpflichtiger, wer eine der in Abs. 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Die wirtschaftlichen Tätigkeiten sind nach Art. 4 Abs. 2 RL alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeit der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleich gestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst.

In Bezug auf Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestimmt Abs. 5:

"Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.

Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Leistungen als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Die vorstehend genannten Einrichtungen gelten in jedem Fall als Steuerpflichtige in Bezug auf die im Anhang D aufgeführten Tätigkeiten, sofern der Umfang dieser Tätigkeit nicht unbedeutend ist.

Die Mitgliedstaaten können die Tätigkeiten der vorstehend genannten Einrichtungen, die nach Art. 13 oder 28 von der Steuer befreit sind, als Tätigkeiten behandeln, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen."

Nach Art. 13 RL sind bestimmte Tätigkeiten oder Umsätze von der Mehrwertsteuer befreit. Zu diesen Tätigkeiten oder Umsätzen gehören nach Art. 13 Teil B Buchstabe b die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit Ausnahme bestimmter - hier nicht vorliegender - Umsätze. Anhang D der RL führt 13 Kategorien von Tätigkeiten auf, die keinen Bezug zu der Tätigkeit aufweisen, um die es im Beschwerdeverfahren geht.

Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH handelt es sich bei Tätigkeiten "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" im Sinne von Art. 4 Abs. 5 RL um solche, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung ausüben. Dies ist der Fall, wenn die Ausübung dieser Tätigkeit das Gebrauchmachen von hoheitlichen Befugnissen umfasst; nicht dazu gehören Tätigkeiten, die sie unter den gleichen Bedingungen ausüben wie private Wirtschaftstreibende. Unerheblich ist, ob die Tätigkeit in Wahrnehmung von Aufgaben besteht, die aus Gründen des Gemeinwohls durch Gesetz zugewiesen und geregelt sind. Ausschlaggebend sind die konkreten Ausübungsmodalitäten der Tätigkeiten. Soweit Art. 4 Abs. 5 RL die Behandlung der Einrichtungen des öffentlichen Rechts als Nichtsteuerpflichtige davon abhängig macht, dass diese "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" tätig werden, schließt sie eine solche Behandlung der Tätigkeiten aus, die diese Einrichtungen nicht als Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts, sondern als Rechtssubjekte des Privatrechts ausüben. Das einzige Kriterium, das eine sichere Unterscheidung dieser beiden Arten von Tätigkeiten ermöglicht, ist folglich die nach dem nationalen Recht anwendbare rechtliche Regelung, wobei es Sache des nationalen Gerichts ist, die fragliche Tätigkeit an Hand dieses Kriteriums zu beurteilen (siehe die Judikaturnachweise im hg. Erkenntnis vom , 2000/14/0203).

Der in dem mit "Bestattungsanlagen" übertitelten III. Hauptstück des Bestattungsgesetzes enthaltene § 28 bezeichnet Friedhöfe als Bestattungsanlagen. In jedem Friedhof muss ein für die Aufbahrung von Leichen geeigneter und nur hiezu bestimmter Raum (Leichenhalle, Leichenkammer) vorhanden sein (§ 29 Abs. 3 leg. cit.). Die Errichtung und Erhaltung von Bestattungsanlagen obliegt mit Ausnahme der in § 31 und im 2. und 3. Abschnitt dieses Hauptstückes geregelten Angelegenheiten der Gemeinde als Trägerin von Privatrechten (§ 28 Abs. 5 leg. cit.). Der verwiesene § 31 leg. cit. enthält Bestimmungen für die Friedhofsordnung, der zweite Abschnitt dieses Hauptstückes enthält Regelungen über die Benützungsrechte an gemeindlichen Bestattungsanlagen (Regelung über die Benützung der Aufbahrungshalle sind hier nicht enthalten), der 3. Abschnitt dieses Hauptstückes trägt den Titel "Gebühren für die Benützung gemeindlicher Bestattungsanlagen". Nach dem in diesem Abschnitt eingeordneten § 42 kann die Gemeindevertretung mit Verordnung (Friedhofsgebührenverordnung) Abgaben (Friedhofsgebühren) für die Benützung von Friedhofseinrichtungen erheben. An Stelle der nach den §§ 44 bis 48 vorgesehenen Friedhofsgebühren dürfen keine privatrechtlichen Entgelte eingehoben werden. Der mit Arten der Friedhofsgebühren übertitelte § 43 enthält in seiner Aufzählung unter lit. e die Aufbahrungsgebühren (§ 48). Nach dieser verwiesenen Bestimmung ist die Gebühr für die Beistellung der Leichenhalle oder der Leichenkammer zur Aufbahrung einer Leiche (Aufbahrungsgebühr) so festzusetzen, dass sie den durch die Beistellung der Leichenhalle oder Leichenkammer durchschnittlich erwachsenden Aufwand nicht übersteigt. Die Aufbahrungsgebühr ist nach Kalendertagen zu berechnen. Gemäß § 50 leg. cit. sind die Friedhofsgebühren vom Bürgermeister durch Bescheid vorzuschreiben und werden einen Monat nach Zustellung des Bescheides fällig.

Das Bestattungsgesetz regelt im II. Hauptstück, 3. Abschnitt, die Maßnahmen vor der Bestattung. Die Aufbahrung ist im § 16 geregelt. Abs. 2 dieser Bestimmung lautet:

"(2) Wenn der Gemeinde ein für die Unterbringung von Leichen geeigneter und nur hiefür bestimmter Raum (Leichenhalle, Leichenkammer, Obduktionsraum) zur Verfügung steht, kann die Gemeindevertretung mit Verordnung für das gesamte Gemeindegebiet oder für Teile desselben anordnen, dass jede Leiche unverzüglich nach Durchführung der Totenbeschau in einen solchen Raum zu bringen ist. In diesem Fall darf außerhalb eines solchen Raumes eine Leiche nur mit Genehmigung des Bürgermeisters aufgebahrt werden. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn durch eine solche Aufbahrung schutzwürdige Interessen, wie Sicherheit, Verkehr, Gesundheit oder Pietät, nicht verletzt werden. Wenn es zur Hintanhaltung von Gefahren für die Gesundheit und zur Wahrung der Pietät erforderlich ist, ist die Genehmigung unter entsprechenden Auflagen und Bedingungen zu erteilen. Die Aufbahrung einer Leiche während einer Bestattungsfeier außerhalb eines solchen Raumes bedarf keiner Genehmigung nach diesem Gesetz."

Das Bestattungsgesetz stellt es der Gemeinde, der ein für die Unterbringung von Leichen geeigneter und nur hiefür bestimmter Raum zur Verfügung steht, frei, mit Verordnung für das gesamte Gemeindegebiet oder für Teile desselben anzuordnen, dass jede Leiche unverzüglich nach Durchführung der Totenbeschau in einem solchen Raum aufzubahren ist. Eine solche Verordnung wurde von der Gemeinde nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht erlassen. Die belangte Behörde hat daraus gefolgert, dass die Benützung der Aufbahrungshalle daher im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erfolge.

Nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 4 Abs. 5 RL muss das nationale Gericht alle im nationalen Recht vorgesehenen Modalitäten der Ausübung der in Rede stehenden Tätigkeit bei der Entscheidung berücksichtigen, ob diese Tätigkeit im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung oder unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie von privaten Wirtschaftsteilnehmern ausgeübt wird (Urteil vom , C-446/98, Fazenda Publica, Rz. 14 bis 24). Die Ausübung der Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Ausübung dieser Tätigkeit das Gebrauchmachen von hoheitlichen Befugnissen umfasst.

Nach dem Bestattungsgesetz ist die Gebühr für die Inanspruchnahme der Aufbahrungshalle durch Bescheid vorzuschreiben. An Stelle der in diesem Gesetz geregelten Aufbahrungsgebühr dürfen keine privatrechtlichen Entgelte eingehoben werden. In Ausübung der in Rede stehenden Tätigkeit, Überlassung der Aufbahrungshalle gegen Entgelt, hat die Gemeinde das Entgelt mit Bescheid vorzuschreiben. Diese Anordnung der zwingenden Bescheiderlassung wird gemäß § 28 Abs. 5 leg. cit. ausdrücklich von den Angelegenheiten der Gemeinde als Trägerin von Privatrechten ausgenommen. Diese gesetzlich vorgesehene Rechtsform des Handelns der Gemeinde lässt eine Beurteilung dieser Tätigkeit als privatwirtschaftlich nicht zu (vgl. Walter, u.a., Grundriss des österr. Bundesverfassungsrechts, 10. Auflage, Tz. 560 ff).

Die belangte Behörde ist zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen, weil sie nicht auf die im Bestattungsgesetz vorgesehenen Modalitäten der Ausübung der Tätigkeit abgestellt hat, sondern auf das tatsächliche, gesetzwidrige Verhalten der Gemeinde, die an Stelle der Gebührenvorschreibung mit Bescheid mit (privatrechtlicher) Rechnung vorgeht.

Der Umstand, dass die Gemeinde aus Vereinfachungsgründen zunächst keinen Bescheid zu erlassen pflegt, berechtigt die belangte Behörde indessen nicht, von einer privatwirtschaftlichen Tätigkeit auszugehen, zumal das Bestattungsgesetz eine Bescheiderlassung vorsieht. Wird aber die Tätigkeit "im Rahmen der öffentlichen Gewalt" ausgeübt, unterliegt sie nicht der Umsatzsteuer gemäß Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 1 RL.

Nach dem Umsatzsteuergesetz 1994 ist Unternehmereigenschaft einer Gemeinde einerseits anzunehmen, wenn es sich bei der Tätigkeit um einen Betrieb gewerblicher Art im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes 1988 handelt. Einen solchen hat die belangte Behörde zutreffend verneint. Andererseits führt auch ein sogenannter Betrieb gewerblicher Art i.S.d. § 2 Abs. 3 letzter Satz UStG 1994 zur Unternehmereigenschaft.

Die belangte Behörde geht davon aus, dass die Überlassung der Aufbahrungshalle gegen Gebühr an Angehörige von Verstorbenen eine Vermietungstätigkeit darstelle und somit ein fiktiver Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 2 Abs. 3 letzter Satz UStG 1994 vorliege. Da Österreich von der durch Art. 4 Abs. 5 letzter Satz RL eingeräumten Möglichkeit, die Vermietung und Verpachtung einer Liegenschaft durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts dem Hoheitsbereich zuzuordnen, nicht Gebrauch gemacht habe, liege somit in gemeinschaftsrechtskonformer Interpretation des § 2 Abs. 3 UStG 1994 jedenfalls eine Vermietungstätigkeit und damit ein fiktiver Betrieb gewerblicher Art vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2000/14/0203, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass dem Begriff der "Vermietung und Verpachtung von Grundstücken" im § 2 Abs. 3 UStG 1994 nicht die Bedeutung des gleich lautenden Begriffes in Art. 13 Teil B Buchstabe b RL beizumessen ist. Es ist daher an der Anknüpfung an zivilrechtliche Voraussetzungen für das Vorliegen eines Bestandsvertrages nach österreichischem Recht bei der Auslegung des § 2 Abs. 3 UStG 1994 festzuhalten. Fällt die von der Gemeinde ausgeübte Tätigkeit zwar unter den Begriff der Vermietung im Sinne des Art. 13 Teil B Buchstabe b RL, nicht aber unter den engeren Begriff der Vermietung im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG 1994, dann war diese Tätigkeit nach dem insoweit die Ermächtigung des Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 4 RL (teilweise) ausschöpfenden § 2 Abs. 3 UStG 1994 nicht unternehmerisch und als ihr im Sinne des Art. 4 Abs. 5 RL im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegend zu behandeln (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2003/13/0086). Da die Tätigkeit vor dem Hintergrund des Bestattungsgesetzes (im Lichte der darin vorgesehenen Gebührenvorschreibung) dem Hoheitsbetrieb der Gemeinde zuzuordnen ist, scheidet die Annahme eines fiktiven Betriebes gewerblicher Art ebenfalls aus.

Da nach dem Gesagten die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am