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VwGH vom 18.12.2008, 2006/15/0199

VwGH vom 18.12.2008, 2006/15/0199

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des K in E, vertreten durch Mag. Thomas Riedler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , GZ. RV/1006- L/04, betreffend Einkommensteuer 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielte im Streitjahr gewerbliche Einkünfte als Versicherungsagent.

Bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2002 erhöhte das Finanzamt - offenbar in der Meinung, der Beschwerdeführer habe nur von der W AG Provisionen erhalten - die von ihm erklärten Erlöse um den Betrag von 24.519,38 EUR mit der Begründung, dass die Einnahmen in Höhe der von der W AG gemäß § 109a EStG 1988 gemeldeten Beträge angesetzt worden seien.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, dass die von der W AG geleisteten Provisionen zur Gänze der E KEG (im Folgenden: KEG) zugeflossen seien.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung schloss der Beschwerdeführer seinem Vorlageantrag folgende zwischen ihm und der KEG geschlossene (undatierte) Vereinbarung an:

"1. (Der Beschwerdeführer) hat mit der (W AG) einen Agenturvertrag mit Beginn abgeschlossen (Provisionskontonummer xx7 L9, Sub-Kontonummer xx4 S 1).

2. Die Firma (KEG) und Herr (Beschwerdeführer) vereinbaren hiermit, dass dieser Agenturvertrag für Rechnung der Firma (KEG) abgeschlossen wurde und sämtliche in diesem Rahmen zugeflossenen Provisionen - ausgenommen die unter Punkt 4. beschriebenen Provisionen - ab dem der Firma (KEG) zustehen.

3. Die Provisionen werden von der (W AG) auf das Konto yyy626, BLZ nn, lautend auf (KEG), überwiesen.

4. Von den unter der Sub-Kontonummer xx4 S 1 abgerechneten Provisionen stehen Herrn (Beschwerdeführer) 65% zu."

Über Vorhalt der belangten Behörde erläuterte der Beschwerdeführer, dass die Vereinbarung abgeschlossen worden sei, weil die KEG nach außen hin keine Agenturvereinbarung mit der W AG habe schließen wollen, "da zwei Gesellschafter dieser KEG auch über eine andere Gesellschaft Verträge bei der (W AG) einreichten". Der Beschwerdeführer habe sich - abgesehen von dem weitergegebenen Provisionsanteil von 65% - "geschäftliche Vorteile durch diese Gestaltung (Benutzung der Infrastruktur, Teilnahme an Schulungen, Know-How-Transfer)" erhofft. Die KEG habe für die "Abtretung der Provisionen" keine Leistungen für den Beschwerdeführer erbracht; vielmehr seien die strittigen Provisionen von vornherein der KEG zugestanden.

Die vom Beschwerdeführer erklärten Provisionserlöse von 51.668,31 EUR setzten sich zusammen aus Provisionserträgen der V-Versicherung (welche im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht strittig sind), sowie Provisionserträgen auf Grund der mit der KEG getroffenen Vereinbarung in Höhe von 8.756,41 EUR. Dieser Betrag entspreche "fast genau 65% der Provisionen des Hauptprovisionskontos Nr. xx4/S1 (Provision: 9.858,25 EUR) und des Subprovisionskontos Nr. xx8/S9 (3.760,62 EUR), siehe dazu 'Liste der Provisionen' gem. Schreiben der (W AG) vom ." Die Provisionen dieser beiden Nummern beträfen die vom Beschwerdeführer vermittelten und eingereichten Verträge. Die "Verträge zu den restlichen Provisionen" seien von anderen Personen vermittelt worden, weshalb dem Beschwerdeführer diesbezüglich auch kein 65%iger Erträgnisanteil zugestanden sei. Die Vereinbarung mit der KEG sei mündlich bei Abschluss des Agenturvertrages mit der W AG im Februar 2002 getroffen und im September 2004 auch zu Papier gebracht worden.

Nach weiteren Erhebungen, die die Tätigkeit des Beschwerdeführers gegenüber der V-Versicherung und die diesbezüglich geltend gemachten Betriebsausgaben betrafen, kam es zu einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde. Dabei wiederholte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers seinen Standpunkt, dass die von der W AG gezahlten Provisionen von (rund) 76.000 EUR auf ein Konto der KEG geflossen und daher dieser Gesellschaft und nicht dem Beschwerdeführer zuzurechnen seien. Zum Beweis dafür, dass die Vereinbarung mit der KEG "so" abgeschlossen worden sei, werde die Vernehmung zweier namentlich genannter Personen als Vertreter der KEG beantragt. Die W AG habe die gemäß § 109a EStG 1988 erstattete Meldung nicht berichtigt, weil die Versicherung ihrerseits den Vertrag mit dem Beschwerdeführer abgeschlossen habe. "Unter diesem Vertrag" hätten aber "11 Leute" Versicherungsverträge eingereicht, der Beschwerdeführer sei nur einer davon gewesen. Auch die anderen "10 Leute" hätten von der KEG nicht ihre gesamten, sondern nur 65% der von der W AG gezahlten Provisionen gutgeschrieben erhalten.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung in einem nicht streitgegenständlichen Punkt Folge und änderte den angefochtenen Bescheid im Übrigen zu Lasten des Beschwerdeführers ab.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und allgemeinen Ausführungen zur Frage der Zurechnung von Einkünften stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer sämtliche von der W AG gezahlten Provisionserlöse durch eigenes Tätigwerden erworben habe. Der Beschwerdeführer habe die Vermittlungstätigkeit eigenverantwortlich ausgeübt, er selbst habe die Leistungen gegenüber der Versicherung erbracht. Zwischen der KEG und dem Beschwerdeführer habe kein Leistungsaustausch stattgefunden. Daher seien die Provisionen auch nicht der KEG zugestanden. Welche Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und der KEG bestanden habe, sei unerheblich, weshalb sich die beantragte Zeugenvernehmung von Vertretern der KEG erübrige. Sollten andere Personen Vermittlungsleistungen erbracht haben, wäre es am Beschwerdeführer gelegen, etwaige Subprovisionen geltend zu machen. Dass die Provisionen auf das Konto der KEG überwiesen worden seien, sei rechtlich als Verfügung des Beschwerdeführers über die ihm zustehenden Provisionen zu werten. Da vom Beschwerdeführer jeglicher konkreter Leistungsaustausch mit der KEG bestritten worden sei, fehle es auch an jedem Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei den der KEG überlassenen Beträgen um abzugsfähige Betriebsausgaben des Beschwerdeführers handeln könnte.

Dem Beschwerdeführer seien daher neben den (unstrittigen) Provisionen der V Versicherung von 38.984,38 EUR auch die von der W AG gemeldeten Provisionen in Höhe von 76.187,69 EUR zur Gänze zuzurechnen. Von den beantragten Subprovisionen in Höhe von 4.000 EUR sei nur ein Betrag von 200 EUR anzuerkennen, weil der Beschwerdeführer nur diesbezüglich einem gemäß § 162 BAO erteilten Auftrag entsprochen und den Empfänger bekannt gegeben habe.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den Bescheid in seinem Recht auf gesetzmäßige Zurechnung von Einkünften verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme der belangten Behörde, die von der W AG gemäß § 109a EStG 1988 gemeldeten Provisionserlöse von 76.187,69 EUR seien ihm zur Gänze als Betriebseinnahmen zuzurechnen.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist Zurechnungssubjekt von Einkünften derjenige, der die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Maßgeblich ist in erster Linie die tatsächliche, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge. Die rechtliche Gestaltung ist nur maßgebend, wenn sich in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nichts anderes ergibt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 92/15/0136, vom , 95/13/0176, vom , 97/15/0001, und vom , 2006/15/0013 und 0014).

Wie im Verwaltungsverfahren vertritt der Beschwerdeführer auch vor dem Verwaltungsgerichtshof vorrangig den Standpunkt, bereits der Umstand, dass der Agenturvertrag für Rechnung der KEG abgeschlossen worden sei, führe zur Zurechnung aller Provisionen an diese Gesellschaft. Der Beschwerdeführer habe beantragt, die beiden Vertreter der KEG zum Inhalt der Vereinbarung zu befragen. Durch die Vernehmung der Zeugen wäre die belangte Behörde zum Beweisergebnis gelangt, dass die Provisionen richtig der KEG zuzurechnen seien.

Mit diesem Vorbringen wird schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, weil im Verwaltungsverfahren gar nicht behauptet wurde, dass der KEG zuzurechnende Personen für die W AG Vermittlungsleistungen erbracht hätten. Der bei der KEG verbliebene Provisionsanteil von 35% wurde vielmehr mit nicht näher konkretisierten "geschäftlichen Vorteilen" erklärt, die sich der Beschwerdeführer von dieser Gestaltung "erhofft" habe. Dass die KEG auf Grund der gegenständlichen Vereinbarung zivilrechtlich einen Anspruch auf die Provisionszahlungen der W AG gehabt haben mag, ist für die steuerrechtliche Einkünftezurechnung nach der angeführten Judikatur nicht von ausschlaggebender Bedeutung, sodass im Unterbleiben der beantragten Zeugenvernehmungen auch kein wesentlicher Verfahrensmangel erblickt werden kann.

Gegen ein Tätigwerden des Beschwerdeführers als bloßer "Strohmann" oder Treuhänder der KEG spricht der Umstand, dass nach der vorgelegten Vereinbarung nur die Früchte der vom Beschwerdeführer entfalteten Vermittlungstätigkeit (die Provisionszahlungen der W AG) der KEG zugewendet wurden, nicht aber auch die mit dieser Tätigkeit verbundenen Ausgaben von der KEG zu tragen waren. Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage von einer einkommensteuerlich unerheblichen Einkommensverwendung des Beschwerdeführers ausgegangen ist, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde weiters eine aktenwidrige Sachverhaltsfeststellung vor. Es sei unrichtig, dass er eingeräumt habe, hinsichtlich aller von der W AG gemeldeten Provisionszahlungen Vermittlungstätigkeiten erbracht zu haben. Tatsächlich habe er ausdrücklich erklärt, Verträge nur hinsichtlich zweier genau bezeichneter Provisionskonten vermittelt zu haben. Die Verträge zu "den restlichen Provisionen" seien von anderen Personen vermittelt und eingereicht worden.

Es trifft zu, dass im Verwaltungsverfahren wiederholt von zehn weiteren Personen die Rede war, die unter dem Agenturvertrag des Beschwerdeführers Verträge vermittelt und eingereicht hätten. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen nicht auseinander gesetzt. Dass der Agenturvertrag auf den Namen des Beschwerdeführers gelautet hat, ist nach der eingangs angeführten Rechtsprechung nicht entscheidend (vgl. zu den schon angeführten Judikaten auch das hg. Erkenntnis vom , 2000/14/0186). Vielmehr kommt es darauf an, wer die maßgeblichen Leistungen erbracht, also die Versicherungsverträge tatsächlich vermittelt hat. Dazu hat die belangte Behörde in Bezug auf die vom Beschwerdeführer anderen Personen zugeordneten Verträge keine Erhebungen angestellt. Insbesondere hat sie es unterlassen, den Beschwerdeführer aufzufordern, die Namen der - nach seiner Behauptung - tatsächlich für die W AG tätigen Personen bekannt zu geben. Der gemäß § 162 BAO erteilte Auftrag bezog sich ausdrücklich nur auf die in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung 2002 abgesetzten Subprovisionen in Höhe von 4.000 EUR. Bei dieser Sachlage kann es dahingestellt bleiben, ob die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten "10 Leute" in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Subprovisionäre des Beschwerdeführers angesehen werden könnten.

Die Feststellung der belangten Behörde, die von der W AG gemeldeten Provisionszahlungen beträfen zur Gänze Vermittlungsleistungen, die der Beschwerdeführer für diese Gesellschaft erbracht habe, erweist sich daher als Ergebnis einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung. Hat es der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen geduldet, dass unter seinem Namen von anderen Personen vermittelte Verträge bei der Versicherungsgesellschaft "eingereicht" werden, wird es im fortgesetzten Verfahren allerdings im Sinne einer erhöhten Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen über entsprechende Aufforderung der belangten Behörde am Beschwerdeführer liegen, das über den Geschäften liegende Dunkel zu erhellen.

Der angefochtene Bescheid war aus den angeführten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am