VwGH vom 27.02.2014, 2013/15/0134
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des J A in A, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0573- L/12, betreffend Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 2007 gemäß § 295a BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Spitalsarzt. In seiner im Herbst 2008 abgegebenen Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 machte er entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2002/14/0019) und dem damaligen Stand der Einkommensteuerrichtlinien der Finanzverwaltung (Hinweis auf EStR 2000 Rz 4116b) das Betriebsausgabenpauschale gemäß § 17 EStG 1988 nicht mehr geltend, weil von seinen Einnahmen bereits ein sog. "Hausanteil" des Spitals als Betriebsausgaben abgezogen worden war. Die Veranlagung erfolgte erklärungsgemäß; der entsprechende Einkommensteuerbescheid 2007 vom erwuchs in Rechtskraft.
Mit Erlass vom , BMF-010203/0016-VI/6/2009, wurden die Einkommensteuerrichtlinien insofern geändert, als in Rz 4116b nunmehr festgehalten wurde, dass keine Bedenken bestünden, wenn das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes erst ab der Veranlagung 2008 angewendet würde, d.h. für Veranlagungszeiträume davor noch die Geltendmachung eines Betriebsausgabenpauschales gemäß § 17 EStG 1988 neben dem Abzug eines Hausanteils zugelassen würde.
Der Beschwerdeführer stellte daraufhin einen auf entsprechende Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2007 gerichteten Wiederaufnahmeantrag, der im Abgabenverwaltungsverfahren abgewiesen wurde. Eine vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2012/15/0147, ab.
Nach Abweisung des Wiederaufnahmeantrages durch den unabhängigen Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom , RV/0880-L/09, hatte der Beschwerdeführer am auch einen Antrag auf Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2007 gemäß § 295a BAO gestellt, der vom Finanzamt mit Bescheid vom wiederum abgewiesen wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen diesen Abweisungsbescheid gerichtete Berufung ab.
Begründend hielt sie fest, § 295a BAO setze einerseits den Eintritt eines "Ereignisses" voraus und andererseits müsse dieses eine abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf "Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches" haben. § 295a BAO sei jedoch nur der Verfahrenstitel zur Durchbrechung der materiellen Rechtskraft von vor Eintritt des Ereignisses erlassenen Bescheiden. Es sei eine Frage des Inhaltes bzw. der Auslegung der materiellen Abgabenvorschriften, welchen Ereignissen Rückwirkung (bezogen auf den Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches) zukomme.
Rückwirkende Ereignisse könnten sich nur auf Änderungen auf Sachverhaltsebene beziehen, deren Einfluss auf die Erfüllung des Tatbestandes sich aus materiellrechtlichen Vorschriften ergeben müsse. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien demnach gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Entscheidungen in der Regel keine Ereignisse im Sinne des § 295a BAO, es sei denn, dass eine Entscheidung Tatbestandselement sei, die die Abänderung oder Aufhebung einer solchen Entscheidung zum Gegenstand habe oder gegebenenfalls ein (anderes) Tatbestandselement ändere (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0085).
Wenn aber schon die Änderung der rechtlichen Beurteilung infolge erstmaliger oder geänderter Rechtsprechung nicht die Abänderung eines Abgabenbescheides gemäß § 295a BAO zu bewirken vermöge, so müssten diese Ausführungen umso mehr in Fällen einer Änderung von Erlässen oder erstmaligen Äußerungen von Rechtsauslegungen in Erlässen des Bundesministeriums für Finanzen gelten, weil der Normunterworfene aus derartigen Meinungsäußerungen zudem ohnehin weder über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte noch Pflichten ableiten könne. Es handle sich hierbei eben nicht um sachverhaltsändernde Geschehnisse, denen aufgrund einer materiellrechtlichen Norm ein rückwirkender Einfluss auf die Erfüllung des Tatbestandes zukommen würde, sondern bloß um eine - im gegenständlichen Fall (bis zur Veranlagung 2007) von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - rechtliche Beurteilung von unverändert gebliebenen Sachverhalten durch das Bundesministerium für Finanzen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 295a BAO kann auf Antrag der Partei (§ 78) oder von Amts wegen ein Bescheid insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat.
Ereignisse im Sinne des § 295a BAO sind sachverhaltsändernde tatsächliche oder rechtliche Vorgänge, von denen sich - aus den die steuerlich relevanten Tatbestände regelnden Abgabenvorschriften - eine abgabenrechtliche Wirkung für bereits entstandene Abgabenansprüche ergibt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2006/15/0085, sowie vom , 2009/15/0192).
Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, setzt § 295a BAO nicht nur ein "Ereignis" voraus, sondern auch dass dieses "abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat".
Dies ist bei der Änderung einer Erlassmeinung des Bundesministeriums für Finanzen aber gerade nicht der Fall. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, begründen Erlässe der Finanzverwaltung keine subjektiven Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 2002/14/0139, VwSlg 7787/F, oder vom , 2010/13/0138). Sie stellen lediglich die Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Finanzen dar. Die Einkommensteuerrichtlinien weisen in ihrer Einleitung sogar selbst darauf hin, dass aus ihnen über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten nicht abgeleitet werden können. Dies verkennt die Beschwerde, wenn sie
meint, dass "aufgrund des Erlasses des BMF ... dem
Beschwerdeführer auch für 2007 die Basispauschalierung bei Betriebsausgaben" zustehe.
Die Änderung der Einkommensteuerrichtlinien des Bundesministeriums für Finanzen kann daher schon aus diesem Grund kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO darstellen.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am