VwGH vom 21.09.2006, 2006/15/0025
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des P in J, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom , GZ. RV/0351-I/02, betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Einer dem Finanzamt gegenüber erstatteten Anzeige der Zollwachabteilung Landeck ist zu entnehmen, dass am auf dem "Firmenparkplatz" des Beschwerdeführers im tirolerischen W. ein Kraftfahrzeug der Marke BMW 320d (Fahrzeug 1) angetroffen worden sei, welches am in Deutschland zum Verkehr zugelassen worden war.
Zulassungsbesitzer sei der in Österreich mit einem Hauptwohnsitz gemeldete Beschwerdeführer. Nach seinen Angaben werde das Fahrzeug auch von Hartwig G., einen in W. wohnhaften Mitarbeiter des Beschwerdeführers, verwendet.
Mit Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die erwähnte "Fahrzeugkontrolle" aufgefordert, eine Steuererklärung betreffend Normverbrauchsabgabe einzureichen und der Erklärung diverse zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage erforderliche Unterlagen anzuschließen.
Nach Erinnerung vom gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er bei einem deutschen Unternehmen beschäftigt sei und "diesbezüglich" ein weiteres Kraftfahrzeug (Fahrzeug 2) zur Verfügung gestellt erhalten habe. Da sein Aufgabenbereich nicht auf Österreich beschränkt sei, verwende er Fahrzeug 2 in Österreich nicht ständig. Fahrzeug 1 werde vom Beschwerdeführer nicht regelmäßig benutzt, "möglicherweise" sei er "kurzzeitig (ein- oder zweimal)" mit Fahrzeug 1 gefahren.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Fahrzeug 1 Normverbrauchsabgabe in Höhe von EUR 1.257,91 (7% von EUR 14.975,11 zuzüglich 20% gemäß § 6 Abs. 6 NoVAG) fest.
In einer dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass er das streitgegenständliche Fahrzeug nicht ständig benütze. Das Fahrzeug werde in Österreich überhaupt nicht verwendet und "wurde, wenn überhaupt, von anderen Personen, die nicht den Hauptwohnsitz im Inland haben, in das Bundesgebiet eingebracht". Es werde jedenfalls überwiegend im Ausland und nicht vom Beschwerdeführer verwendet.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 82 Abs. 8 KFG seien Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen, die von Personen mit Hauptwohnsitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet würden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeuge mit dauerndem Standort im Inland anzusehen. Sie dürften gemäß § 37 KFG nur während drei Tagen im Inland ohne Zulassung verwendet werden. Gemäß § 1 Z 3 NoVAG unterliege u.a. die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland der Normverbrauchsabgabe, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, unabhängig von der Zulassung.
Anlässlich einer Zollkontrolle am sei festgestellt worden, dass das Kraftfahrzeug mit dem näher genannten deutschen Kennzeichen (Fahrzeug 1) im Eigentum des Beschwerdeführers stehe. Verwendet werde das Fahrzeug von Hartwig G., einem Mitarbeiter des Beschwerdeführers, der seinen Hauptwohnsitz in W. habe. In der Berufung werde die teilweise Verwendung im Inland auch nicht bestritten. Die Kontrolle sei am Firmengelände des Beschwerdeführers in W. durchgeführt worden, wo sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der behördlichen Erhebungen befunden habe. Die Normverbrauchsabgabe sei daher zu Recht festgesetzt worden.
In seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz erstattete der Beschwerdeführer kein weiteres Vorbringen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Bei Fahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit Hauptwohnsitz im Inland benutzt würden, sei bis zum Gegenbeweis davon auszugehen, dass diese Fahrzeuge einen dauernden Standort im Inland hätten.
Die belangte Behörde gehe in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, dass das Kraftfahrzeug sowohl vereinzelt vom Beschwerdeführer als auch von Hartwig G. in Österreich genutzt werde. Dies ergebe sich aus den Feststellungen der Zollwachabteilung anlässlich der Zollkontrolle am sowie aus den Ausführungen des Beschwerdeführers im Berufungsschreiben, da dieser darin lediglich einer ständigen Nutzung des Fahrzeuges durch seine Person bzw. einer drei Tage überschreitenden Nutzung durch seine Person im Inland widersprochen habe. Der Beschwerdeführer habe eine Nutzung des Fahrzeuges im Inland eingeräumt, indem er vorgebracht habe, dass das Fahrzeug "jedenfalls überwiegend im Ausland" verwendet werde. Das zum Teil widersprüchliche Vorbringen des Beschwerdeführers im selben Schreiben, das Fahrzeug werde in Österreich überhaupt nicht verwendet bzw. nur von Personen ohne Hauptwohnsitz im Inland, sei durch die Feststellungen der Zollwachabteilung widerlegt. Der Beschwerdeführer habe auch den Feststellungen in der Berufungsvorentscheidung, das Fahrzeug werde von Hartwig G. verwendet, nicht bestritten. Da somit lediglich der Beschwerdeführer selbst und Hartwig G. als Lenker des Fahrzeuges 1 in Betracht kämen - weitere Personen wurden vom Beschwerdeführer nicht namhaft gemacht - und seien auch sonst nicht hervorgekommen, nehme es die belangte Behörde als erwiesen an, dass Fahrzeug 1 in Verwendung von Personen mit inländischem Hauptwohnsitz stehe. Damit befinde sich der Standort des strittigen Fahrzeuges solange im Inland, als vom Beschwerdeführer kein Gegenbeweis erbracht werde.
Einen solchen Gegenbeweis sei der Beschwerdeführer nicht angetreten. Insbesondere habe er keine Ausführungen zur Nutzung durch Hartwig G. gemacht. Sämtliches Vorbringen zur inländischen Fahrzeugnutzung würde sich nur auf die Person des Beschwerdeführers beziehen bzw. sei auf Grund obiger Darstellung widerlegt. Das Fahrzeug habe sich unstrittig am auf österreichischem Staatsgebiet befunden. Den Feststellungen in der Berufungsvorentscheidung zur teilweisen Nutzung des Fahrzeuges im Inland und durch Hartwig G. sei der Beschwerdeführer im Vorlageantrag nicht entgegengetreten. Die belangte Behörde nehme es daher als erwiesen, dass das Fahrzeug von mindestens einer Person mit Hauptwohnsitz im Inland, nämlich von Hartwig G., im Bundesgebiet verwendet werde. Das Fahrzeug habe demnach seinen dauernden Standort in Österreich und wäre somit nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 im Inland zuzulassen.
Damit unterliege das Fahrzeug der Besteuerung nach § 1 Z 3 NoVAG.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 1 Z 3 NoVAG 1991 in der Fassung des Steuerreformgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 122/1999, unterliegt der Normverbrauchsabgabe - abgesehen von hier nicht zutreffenden Ausnahmen - die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland. Als erstmalige Zulassung gilt unter anderem die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht.
Gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 in der vor seiner Änderung durch BGBl. I Nr. 132/2002 geltenden Fassung sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während der drei unmittelbar auf ihre Einbringung in das Bundesgebiet folgenden Tage zulässig.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass das in Rede stehende Fahrzeug in das Bundesgebiet eingebracht und von Personen mit Hauptwohnsitz in Österreich, nämlich vom Beschwerdeführer selbst und von einem seiner Mitarbeiter in Österreich verwendet wird. Soweit der Beschwerdeführer rügt, es sei nicht festgestellt worden, von wem das Fahrzeug in das Bundesgebiet eingebracht worden sei, ist ihm zu entgegnen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Auslegung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 entscheidend ist, wer derartige Fahrzeuge im Inland verwendet. Die kumulative Erfüllung der Voraussetzung, dass das Fahrzeug auch von einer Person mit Hauptwohnsitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht (das heißt physisch über die Staatsgrenze gebracht) wird, ist demnach nicht von Bedeutung. Dies entspricht auch dem Telos von § 82 Abs. 8 leg.cit., weil es andernfalls durch das bloße Überstellen des Fahrzeuges in das Bundesgebiet durch eine Person, die über keinen Hauptwohnsitz im Inland verfügt, möglich wäre, die inländische Zulassungspflicht nach dieser Gesetzesbestimmung zu umgehen. Der Gesetzgeber ist bei der Formulierung des § 82 Abs. 8 leg.cit. in der hier anzuwendenden Fassung offensichtlich davon ausgegangen, dass die Einbringung jedenfalls für jene Person(en) erfolgt, die das Fahrzeug sodann im Bundesgebiet verwendet bzw. verwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/11/0378, sowie Gurtner/Herger, SWK 2005, 543ff).
Da sowohl der Beschwerdeführer als auch der von ihm namhaft gemachte Mitarbeiter Hartwig G. unbestritten ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, lag es am Beschwerdeführer den Beweis dafür zu erbringen, dass der dauernde Standort des Fahrzeuges nicht in Österreich liege. Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer nicht nur keinen Beweis für einen ausländischen Standort des Fahrzeuges erbracht, sondern nicht einmal jenen Ort genannt, der als dauernder Standort des Fahrzeuges anzusehen wäre.
Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf die damit greifende Standortvermutung davon ausgegangen ist, dass das Fahrzeug im Gebiet seines dauernden Standortes bereits längere Zeit verwendet wurde, kann dies gleichfalls nicht als Akt unschlüssiger Beweiswürdigung angesehen werden, zumal das Fahrzeug nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers vorwiegend einem Mitarbeiter zur Verfügung gestellt wurde, der seinen Hauptwohnsitz gleichfalls an jenem Ort hatte, an dem das Kraftfahrzeug anlässlich der Fahrzeugkontrolle angetroffen wurde. Dass das in Rede stehende Fahrzeug einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes zugeordnet werden müsste, es insbesondere regelmäßig dorthin zurückgebracht worden wäre, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt, wiewohl er im Verwaltungsverfahren ausreichend Gelegenheit und Veranlassung hatte, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Da der Beschwerdeführer entgegen der ihn treffenden Beweislast augenscheinlich bestrebt war, die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeuges im Dunkeln zu lassen, kann es insgesamt nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die belangte Behörde aus den zu Tage getretenen Indizien auf eine länger dauernde Verwendung des Fahrzeuges im Inland geschlossen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof allerdings im Erkenntnis vom , 2001/14/0170, ausgesprochen hat, verstößt die im Beschwerdefall gleichfalls angewandte Bestimmung des § 6 Abs. 6 NoVAG 1991 in der Fassung BGBl. Nr. 818/1993 über den Zuschlag zur Normverbrauchsabgabe gegen Gemeinschaftsrecht. Insoweit die belangte Behörde mit der Abweisung der Berufung daher eine um 20% erhöhte Normverbrauchsabgabe festgesetzt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid aus den Gründen des genannten Erkenntnisses - auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird - als rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand weder "ein Einheitssatz" noch Umsatzsteuer gesondert zu vergüten sind.
Wien, am