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VwGH vom 24.03.2009, 2006/13/0137

VwGH vom 24.03.2009, 2006/13/0137

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der I B in W, vertreten durch Werner Mixan Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, in 1120 Wien, Meidlinger Hauptstrasse 7/2/7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0572-W/03, betreffend Einkommensteuer 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.286,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin wurde mit Wirksamkeit ab vom (damaligen) Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr gemäß § 83 UOG 1993 zum Mitglied des bis zum Jahr 2003 bestehenden Universitätenkuratoriums bestellt.

Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1999 machte die Beschwerdeführerin auch Werbungskosten für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer geltend, welches sie für die Erzielung ihrer Einkünfte als Mitglied des Universitätenkuratoriums genutzt habe.

Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom die Einkommensteuer für 1999 fest, berücksichtigte aber diese geltend gemachten Werbungskosten nicht, weil der Mittelpunkt dieser Tätigkeit außerhalb eines Arbeitszimmers liege und dem Universitätenkuratorium ein Büro zur Verfügung gestellt werde.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Darin führte sie aus, eine Begründung für die Feststellung, dass der Mittelpunkt der Tätigkeit außerhalb des Arbeitszimmers liege, sei unterblieben. Die Tätigkeit von Mitgliedern des Universitätenkuratoriums umfasse im Wesentlichen die Erstellung von Gutachten, was aus § 83 UOG 1993 hervorgehe. Zudem wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sich im Büro des Universitätenkuratoriums keine Arbeitsplätze für die Mitglieder befänden, sondern nur für den Generalsekretär und die Angestellten. Dazu wurde dem Finanzamt eine Bestätigung des Vorsitzenden des Universitätenkuratoriums vorgelegt. Somit seien die Werbungskosten für das Arbeitszimmer zu Recht geltend gemacht worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt dieses Berufungsbegehren mit der Begründung ab, dass das Universitätenkuratorium laut Auskunft des Kuratoriumsbüros alle ein bis zwei Monate zusammentreten und die vom Büro vorbereiteten Punkte besprechen würde, die Vergabe von Gutachten erfolge extern. Daraus sei ersichtlich, dass der Mittelpunkt der Tätigkeit in der Beratung und Beschlussfindung und in gemeinsamen Stellungnahmen des Kuratoriums liege und nicht in der etwaigen Vorbereitung darauf. Dementsprechend liege der Schwerpunkt der Tätigkeit außerhalb des Arbeitszimmers.

Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Im Vorlageantrag führte sie ergänzend an, dass die Auskünfte, auf die in der Berufungsvorentscheidung Bezug genommen werde, von einer Sekretärin erteilt worden seien, die an den Sitzungen des Kuratoriums nicht teilnehme und daher nur bedingt mit den inhaltlichen Aspekten der Arbeit vertraut sei. Zudem wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass dann eine externe Vergabe von Gutachten erfolge, wenn den Mitgliedern des Kuratoriums Grundlagen für die Meinungsbildung oder Entscheidung fehlen würden und deren Beschaffung ein spezielles fachliches "Know-How" erfordere oder die Beschaffung durch die Kuratoriumsmitglieder selbst nicht in angemessener Zeit leistbar sei. Gerade dies spreche dafür, dass es sich bei der Tätigkeit der Mitglieder des Universitätenkuratoriums im Wesentlichen um eine gutachterähnliche handle.

In der mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde am legte der Vertreter der Beschwerdeführerin eine Broschüre, einen Evaluierungsbericht sowie Tätigkeitsberichte des Universitätenkuratoriums vor. Eine namentliche Erwähnung der Beschwerdeführerin sei nur in der Broschüre erfolgt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Wesentlich sei, wo sich nach dem typischen Berufsbild eines Mitgliedes des Universitätenkuratoriums der Mittelpunkt der Tätigkeit befinde. Zwar bestünden nach § 83 Abs. 2 UOG 1993 die Aufgaben des Universitätenkuratoriums überwiegend in der Erstellung von Gutachten. Dadurch werde jedoch nicht jedes einzelne Mitglied selbst zum Gutachter. Vielmehr bestünden die Aufgaben der Mitglieder im Lesen von Unterlagen und in der Vorbereitung von Positionen oder Beiträgen zu diesen. Dass für diese Tätigkeiten keine Räumlichkeiten zur Verfügung stünden, mache ein im Wohnungsverband gelegenes Zimmer nicht zum Arbeitszimmer.

Die periodischen Sitzungen hätten den Zweck, vorbereitete Unterlagen zu diskutieren, die Position der einzelnen Mitglieder des Kuratoriums untereinander und mit dem Büro abzustimmen und schließlich in entsprechende Form zu bringen. Daher sei der Mittelpunkt der Tätigkeit dort, wo letztendlich aus der Summe der möglicherweise nach Fachgebieten erarbeiteten Diskussionsgrundlagen ein "Gesamtpaket geschnürt" werde, das in Folge als Gutachten dem Bundesminister unterbreitet werden könne. Mittelpunkt der Tätigkeit seien daher die Räumlichkeiten des Universitätenkuratoriums. Des Weiteren wies die belangte Behörde darauf hin, dass die Beschwerdeführerin keinen Nachweis erbracht habe, welchen Beitrag sie zu den einzelnen Stellungnahmen an das Ministerium geleistet habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich "durch die dem § 20 EStG zuwiderlaufende Beurteilung und Vorgangsweise hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Kosten für das im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer für ihre Tätigkeit als Mitglied des Universitätenkuratoriums in ihren Rechten verletzt".

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung nicht bei den einzelnen Einkünften abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abziehbar.

Es ist unstrittig, dass das in Rede stehende Arbeitszimmer im Wohnungsverband gelegen ist und dass der Beschwerdeführerin im Büro des Universitätenkuratoriums kein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung stand.

Für die Bestimmung des Mittelpunktes einer Tätigkeit ist ihr materieller Schwerpunkt maßgebend; im Zweifel wird darauf abzustellen sein, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (vgl. in ständiger Rechtsprechung die hg. Erkenntnisse vom , 2004/15/0060, vom , 2004/13/0025, und vom , 2001/15/0181, VwSlg 7.955/F).

Die Beschwerdeführerin war Mitglied des Universitätenkuratoriums und bezog aus dieser Tätigkeit Einkünfte (§ 29 Z 4 EStG 1988). Die Bestimmungen über das Universitätenkuratorium finden sich in dem mit außer Kraft getretenen § 83 UOG 1993 und lauten:

"§ 83. (1) Das Universitätenkuratorium ist eine Einrichtung des Bundes. Es unterliegt der Aufsicht durch den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung gemäß § 8 und der Kontrolle durch den Rechnungshof.

(2) Die Aufgaben des Universitätenkuratoriums sind:

1. Abgabe von Gutachten an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung über die Einrichtung und Auflassung von Studienrichtungen an den einzelnen Universitäten vor Erlassung der entsprechenden Verordnung durch den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung;

2. Abgabe von Gutachten an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung über die Durchführung von universitätsübergreifenden Entwicklungsplanungen in Forschung und Lehre;

3. Abgabe von Gutachten an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung vor dessen Zuweisung und Einziehung von Planstellen an die Universitäten;

4. Beratung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung bei der Zuweisung von Räumen und Geldmittel an die Universitäten und interuniversitären Einrichtungen;

5. Abgabe von Gutachten an den Rektor vor der beabsichtigten Aufnahme von Berufungsverhandlungen für Universitätsprofessoren im Falle von Hausberufungen gemäß § 23 Abs. 6;

6. Veranlassung universitätsübergreifender Evaluierungsmaßnahmen in Forschung und Lehre in Koordination mit dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung.

(3) Das Universitätenkuratorium hat dem Nationalrat jährlich einen Tätigkeitsbericht im Wege des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vorzulegen.

(4) Das Universitätenkuratorium besteht aus je vier anerkannten Fachleuten von innerhalb und außerhalb der Universitäten, die vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung bestellt werden. Dabei sind Frauen in entsprechender Anzahl zu berücksichtigen.

(5) Ein aus dem außeruniversitären Bereich kommendes Mitglied ist vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung zum Vorsitzenden des Universitätenkuratoriums, ein aus dem universitären Bereich kommendes Mitglied zu dessen Stellvertreter zu bestellen.

(6) Die Funktionsperiode der Mitglieder des Universitätenkuratoriums sowie die des Vorsitzenden und seines Stellvertreters beträgt sechs Jahre. Die Wiederbestellung ist zulässig.

(7) Der Vorsitzende und die Mitglieder des Universitätenkuratoriums üben ihre Funktion nebenamtlich aus. Sie erhalten für ihre Tätigkeit eine vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung festzusetzende Aufwandsentschädigung.

(8) Das Universitätenkuratorium faßt seine Entscheidungen mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(9) Dem Universitätenkuratorium steht für seine Tätigkeit ein Büro zur Verfügung, das vom Vorsitzenden des Universitätenkuratoriums geleitet wird. Das Personal des Universitätenkuratoriums steht in einem privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen, allenfalls zeitlich befristeten Dienstverhältnis zum Bund, das durch besondere gesetzliche Bestimmungen geregelt wird. Die Aufnahme des Personals erfolgt auf Antrag des Vorsitzenden des Universitätenkuratoriums."

Ein typisches Berufsbild (vgl. etwa betreffend eine Vortragstätigkeit das hg. Erkenntnis vom , 2004/15/0148, betreffend eine Lehrtätigkeit das erwähnte hg. Erkenntnis vom und das hg. Erkenntnis vom , 2001/15/0052, VwSlg 7.941/F, betreffend einen Universitätsprofessor das hg. Erkenntnis vom , 2001/15/0197, VwSlg 7.890/F, sowie betreffend einen Transportbetrieb das hg. Erkenntnis vom , 2002/15/0071, VwSlg 7.891/F) liegt im Beschwerdefall nicht vor. Deshalb sind zur Beurteilung des materiellen Schwerpunktes der Tätigkeit Sachverhaltsfeststellungen über den "typischen" Ablauf der Tätigkeit erforderlich, ohne welche der Stellenwert, den das Arbeitszimmer für die Berufstätigkeit hat, nicht ausreichend beurteilt werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0272). Im Zweifel sind Feststellungen über den zeitlichen Anteil der Benützung des Arbeitszimmers an der gesamten Tätigkeit erforderlich. Solche Feststellungen hat die belangte Behörde nicht getroffen.

Aus § 83 UOG 1993 geht die Organisation der Aufgabenerfüllung durch das Universitätenkuratorium nicht hervor. Daher kann auf dessen Grundlage nicht der materielle Schwerpunkt der Tätigkeit der einzelnen Mitglieder bestimmt werden.

Aus dem Wortlaut des § 83 UOG 1993 kann geschlossen werden, dass die Aufgaben des Universitätenkuratoriums überwiegend in der Erstellung von Gutachten bestanden. Die belangte Behörde führte dazu aus, dass dadurch nicht jedes einzelne Mitglied selbst zum Gutachter werde. Die Erfüllung der gesetzlich normierten Aufgaben des Kollegialorgans des Universitätenkuratoriums kann allerdings nicht unabhängig von dessen Mitgliedern betrachtet werden; vielmehr kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Aufgaben von dessen Mitgliedern wahrzunehmen waren. Deshalb durfte die belangte Behörde nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass die Mitglieder selbst keine Gutachtertätigkeit ausübten.

Die belangte Behörde stützte sich im angefochtenen Bescheid darauf, dass die Beschwerdeführerin keinen Nachweis erbracht habe, welchen Beitrag sie zu den einzelnen Stellungnahmen des Universitätenkuratoriums geleistet habe, weil nur in einer Broschüre eine namentliche Nennung erfolgt sei. Die Beschwerdeführerin trägt vor, grundsätzlich sei keine der vom Universitätenkuratorium abgegebenen Stellungnahmen namentlich gekennzeichnet. Für die Beurteilung des materiellen Schwerpunkts der Tätigkeit wäre die Feststellung wesentlich, wer diese Stellungnahmen verfasst hat. Solche Feststellungen hat die belangte Behörde unterlassen.

Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde aus, dass die Aufgabe der einzelnen Mitglieder des Universitätenkuratoriums im Lesen von Unterlagen über die jeweils in den Sitzungen festgelegten Themenkreise sowie in der Vorbereitung von Positionen oder Beiträgen zu diesen bestehe. Welchen Stellenwert diese Tätigkeiten in der Gesamtbetrachtung aller Aufgaben hatten, die den Mitgliedern des Kuratoriums zukamen, hat die belangte Behörde jedoch nicht ausreichend ermittelt. Deshalb durfte die belangte Behörde nicht davon ausgehen, dass der Mittelpunkt der Tätigkeit dort liege, wo aus den vorbereiteten Positionen ein "Gesamtpaket geschnürt" werde.

Da der Sachverhalt somit in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am