VwGH vom 28.01.2015, 2013/08/0074

VwGH vom 28.01.2015, 2013/08/0074

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des J T in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Walfischgasse 12/3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2013-0566-9-000345, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS) vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Arbeitslosengeld gemäß § 44 AlVG iVm Art. 65 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 mangels Zuständigkeit zurückgewiesen, weil dieser als Grenzgänger bei Arbeitslosigkeit Leistungen aus dem Wohnmitgliedstaat - in seinem Fall Polen - erhalte. Wie den Verwaltungsakten entnommen werden kann, ist der Beschwerdeführer polnischer Staatsangehöriger, der im Jahr 2012 in Österreich bei einem Bauunternehmen als Hilfsarbeiter beschäftigt war.

1.2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, nur während des Zeitraumes seiner Beschäftigung am Wochenende zu seiner Familie nach Polen zu fahren. Während seiner Arbeitslosigkeit bliebe er in Wien.

1.3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.

In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer in Wien mit zwei Kollegen in einer circa 50 m2 großen Wohnung wohne und jedes Wochenende alleine oder mit seinen Kollegen zu seiner Familie nach Polen fahre. Die Gattin des Beschwerdeführers sei in Polen berufstätig, seine beiden minderjährigen Kinder (Jahrgang 1999 und 2005) gingen in Polen zur Schule.

Die Behauptung des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren, wonach er lediglich jedes zweite oder dritte Wochenende in Polen verbringe, werde - so die belangte Behörde weiter - als reine Schutzbehauptung gewertet; dies deshalb, weil der Beschwerdeführer zeitnah zur Antragsstellung in einer von ihm eigenhändig unterfertigten Niederschrift ausdrücklich angegeben habe, jedes Wochenende zu seiner Familie zurückzukehren. Weiters habe der Beschwerdeführer der belangten Behörde - trotz Unterstützung durch einen Dolmetscher - nicht auf Anhieb seine Freizeitaktivitäten in Wien nennen können und erst nach fünfmaliger dezidierter Frage nach seinen Hobbies diverse vage Angaben gemacht, die in sich kein schlüssiges Bild ergeben hätten.

Die belangte Behörde zog daraus die rechtliche Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer sei ein echter Grenzgänger im Sinne des Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004. Die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit seien daher vom Wohnmitgliedstaat, also im konkreten Fall Polen, zu gewähren. Das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, wonach er während seiner Beschäftigung in Wien wohne und nur am Wochenende bei seiner Familie in Polen gewesen sei, bestätige den Sachverhalt, den das AMS seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe. Es sei rechtlich unerheblich, ob der Beschwerdeführer während der Woche in Wien gewohnt und gearbeitet habe. Relevant sei die wöchentliche Rückkehr an seinen Wohnsitz nach Polen, den er nach eigenen Angaben gemeinsam mit seiner Gattin und den beiden Kindern teile. Sein Vorbringen im Rahmen der Berufung, er sei während der Dauer seiner Arbeitslosigkeit in Wien geblieben und habe auch die Wochenenden nicht in Polen verbracht, wirke sich nicht auf die rechtliche Beurteilung aus. Eine Änderung des wöchentlichen Pendelverhaltens habe erst dann Auswirkungen auf die Eigenschaft als Grenzgänger bzw. führe von einem echten zu einem unechten Grenzgänger, wenn - bei aufrechter Beschäftigung für die Dauer von 28 Wochen - eine gewisse Dauerhaftigkeit betreffend die unregelmäßige Rückkehr nach Polen gegeben sei.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

1.5. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

§ 46 Abs. 1 AlVG bestimmt, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen ist.

§ 44 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 3/2013 hat folgenden

Wortlaut:

"Zuständigkeit

§ 44. (1) Die Zuständigkeit der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice (in den übrigen Bestimmungen 'regionale Geschäftsstellen' genannt) und der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice (in den übrigen Bestimmungen 'Landesgeschäftsstellen' genannt) richtet sich

1. soweit Rechte und Pflichten des Arbeitgebers betroffen sind, nach dem Sitz des Betriebes;

2. soweit Rechte und Pflichten der arbeitslosen, beschäftigten oder karenzierten Person betroffen sind, nach deren Wohnsitz, mangels eines solchen nach deren gewöhnlichem Aufenthaltsort; nach Beendigung des Bezuges einer Leistung nach diesem Bundesgesetz bleibt die bisherige Zuständigkeit auch bei Wechsel des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltsortes, insbesondere betreffend den Widerruf oder auch die Rückforderung von Leistungen, so lange aufrecht, bis ein neuer Anspruch geltend gemacht wird.

(2) Ist auf Grund internationaler Verträge bei einem Wohnsitz im Ausland der Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe im Inland zulässig, so ist die regionale Geschäftsstelle zuständig, in deren Bezirk der Arbeitslose zuletzt beschäftigt war. Dies gilt auch für die Geltendmachung des Anspruches (§ 46), die Einhaltung der Kontrollmeldungen (§ 49) und die Erfüllung der Meldepflicht (§ 50). Das gleiche gilt für den Bezug eines Pensionsvorschusses gemäß § 23. Für die Krankenversicherung des Leistungsbeziehers (§ 40 Abs. 1) ist die nach dem Sitz der regionalen Geschäftsstelle örtlich zuständige Gebietskrankenkasse zuständig."

Art. 65 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 lautet auszugsweise wie folgt:

"Arbeitslose, die in einem anderen als dem zuständigen

Mitgliedstaat

gewohnt haben

(1) Eine Person, die während ihrer letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt hat, muss sich bei Kurzarbeit oder sonstigem vorübergehendem Arbeitsausfall ihrem Arbeitgeber oder der Arbeitsverwaltung des zuständigen Mitgliedstaats zur Verfügung stellen. Sie erhält Leistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob sie in diesem Mitgliedstaat wohnen würde. Diese Leistungen werden von dem Träger des zuständigen Mitgliedstaats gewährt.

(2) Eine vollarbeitslose Person, die während ihrer letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt hat und weiterhin in diesem Mitgliedstaat wohnt oder in ihn zurückkehrt, muss sich der Arbeitsverwaltung des Wohnmitgliedstaats zur Verfügung stellen. Unbeschadet des Artikels 64 kann sich eine vollarbeitslose Person zusätzlich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaats zur Verfügung stellen, in dem sie zuletzt eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.

Ein Arbeitsloser, der kein Grenzgänger ist und nicht in seinen Wohnmitgliedstaat zurückkehrt, muss sich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaats zur Verfügung stellen, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für ihn gegolten haben.

(3) Der in Absatz 2 Satz 1 genannte Arbeitslose muss sich bei der zuständigen Arbeitsverwaltung des Wohnmitgliedstaats als Arbeitsuchender melden, sich dem dortigen Kontrollverfahren unterwerfen und die Voraussetzungen der Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats erfüllen. Entscheidet er sich dafür, sich auch in dem Mitgliedstaat, in dem er zuletzt eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, als Arbeitsuchender zu melden, so muss er den in diesem Mitgliedstaat geltenden Verpflichtungen nachkommen.

(4) (...)

(5) a) Der in Absatz 2 Sätze 1 und 2 genannte Arbeitslose erhält Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, als ob diese Rechtsvorschriften für ihn während seiner letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gegolten hätten. Diese Leistungen werden von dem Träger des Wohnorts gewährt.

b) Jedoch erhält ein Arbeitnehmer, der kein Grenzgänger war und dem zulasten des zuständigen Trägers des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für ihn gegolten haben, Leistungen gewährt wurden, bei seiner Rückkehr in den Wohnmitgliedstaat zunächst Leistungen nach Artikel 64; der Bezug von Leistungen nach Buchstabe a) ist während des Bezugs von Leistungen nach den Rechtsvorschriften, die zuletzt für ihn gegolten haben, ausgesetzt.

(6) bis (8) (...)"

Gemäß Art. 1 lit. f der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ist ein "Grenzgänger" eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt und in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, in den sie in der Regel täglich, mindestens jedoch einmal wöchentlich zurückkehrt. Art. 1 lit. j leg. cit. definiert den "Wohnort" als den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person.

2.2. In der Beschwerde wird vorgebracht, die belangte Behörde habe nicht zweifelsfrei festgestellt, dass der Beschwerdeführer ein Grenzgänger im Sinne des Art. 1 lit. f der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 sei. Das diesbezüglich durchgeführte Ermittlungsverfahren leide an schweren Verfahrensmängeln, weil der erhobene Sachverhalt in wesentlichen, entscheidungsrelevanten Punkten nicht vollständig bzw. unrichtig festgestellt worden sei. So habe die belangte Behörde die Tatsache des fehlenden Dolmetschers im erstinstanzlichen Verfahren bei der Würdigung des anderslautenden Vorbringens des Beschwerdeführers im Rahmen des Parteiengehörs nicht ausreichend berücksichtigt. Die belangte Behörde hätte das Vorbringen nicht als Schutzbehauptung qualifizieren dürfen, sondern ergänzende Ermittlungen anstellen müssen, nämlich dahingehend, dass der Beschwerdeführer ein- bis zweimal im Monat am Samstag habe arbeiten müssen und zudem an den Wochenenden in Wien regelmäßig die Kirche besuche und mit Freunden Fußball spiele. Diese Aktivitäten belegten, dass ein Pendeln des Beschwerdeführers von Wien nach Polen an jedem Wochenende - auch in Hinblick auf die lange Fahrzeit - nicht vorgelegen sei. Da somit die rechtlichen Voraussetzungen der Eigenschaft als echter Grenzgänger nicht erfüllt seien und deshalb eine Zuständigkeit der belangten Behörde vorliege, leide der angefochtenen Bescheid auch an inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Schließlich habe die belangte Behörde jegliche Auseinandersetzung mit der Frage einer allenfalls vorliegenden "atypischen Grenzgänger Eigenschaft" des Beschwerdeführers unterlassen und keine Erwägungen im Sinne der einschlägigen Judikatur des EuGH (Rechtssache Miethe ) angestellt.

2.3. Damit ist der Beschwerdeführer nicht im Recht:

2.3.1. Die belangte Behörde hat die vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren getätigten Angaben, wonach er nur jedes zweite oder dritte Wochenende in Polen verbringe, als unglaubwürdig beurteilt und demgegenüber der ursprünglichen, vom Beschwerdeführer im Zuge der Antragstellung getroffenen Aussage, jedes Wochenende zu seiner Familie nach Polen zu fahren, höhere Glaubwürdigkeit beigemessen. Bei der dabei vorgenommenen Beurteilung handelt es sich um eine Erwägung im Rahmen der Beweiswürdigung, die vom Verwaltungsgerichtshof nicht als unschlüssig erkannt werden kann, zumal der Beschwerdeführer trotz Mitwirkung eines Dolmetschers und mehrfacher Nachfrage durch die belangte Behörde nicht nachvollziehbar darlegen konnte, wie er seine Wochenenden in Wien verbringe. Insoweit kann der belangten Behörde auch nicht vorgeworfen werden, den maßgebenden Sachverhalt unvollständig erhoben zu haben.

2.3.2. Aus Art. 65 Abs. 2 der Verordnung Nr. 883/2004 geht hervor, dass sich ein vollarbeitsloser Grenzgänger, der in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt hat und weiterhin in diesem Mitgliedstaat, dem Wohnmitgliedstaat, wohnt, dessen Arbeitsverwaltung zur Verfügung stellen muss. Nach dieser Bestimmung kann er sich zusätzlich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaats zur Verfügung stellen, in dem er zuletzt eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/08/0283).

Gemäß Art. 65 Abs. 5 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 erhält der Arbeitnehmer Leistungen - und somit Arbeitslosenunterstützung - nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaates, als ob diese Rechtsvorschriften für ihn während seiner letzten Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit gegolten hätten (vgl. das , Jeltes, ua., Rn 31).

Voraussetzung für den in Art. 65 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 vorgesehenen Statutenwechsel ist, dass der Ort der letzten Beschäftigung und der Wohnort der (voll)arbeitslosen Person auseinanderfallen. Als Wohnort gilt nach der Definition des Art. 1 lit. j der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person. Dieser ist nach der Rechtsprechung des EuGH dadurch gekennzeichnet, dass es sich um den Ort handelt, in dem sich der gewöhnliche Mittelpunkt der Interessen der betreffenden Person befindet. Indizien zur Feststellung dieses Ortes sind beispielsweise der Wohnort der Familie, die Gründe für die Abwanderung und die Art seiner Tätigkeit (vgl. die , Di Paolo , Rn 17/20 und vom , Rs C-372/02, Rn 37 sowie Felten in Spiegel (Hrsg), Kommentar zum Zwischenstaatlichen Sozialversicherungsrecht, Art. 65 VO 883/2004, Rz 7 (2013)).

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer polnischer Staatsangehöriger ist und im Jahr 2012 in Österreich bei einem Bauunternehmen als Hilfsarbeiter beschäftigt war, während seine Gattin und die beiden minderjährigen Kinder weiterhin in Polen leben. Unter Zugrundelegung der von der belangten Behörde weiters getroffenen Feststellung, wonach der Beschwerdeführer zumindest einmal pro Woche während seiner Beschäftigung nach Polen zu seiner Familie zurückgekehrt sei, ist ausgehend von der Regelung in Art. 65 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in Verbindung mit der Definition eines "Grenzgängers" in Art. 1 lit. f leg. cit. der Beschwerdeführer als "echter" Grenzgänger zu qualifizieren, für den die Leistungszuständigkeit des Wohnmitgliedstaates Polen zu bejahen war (vgl. dazu nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2012/08/0283).

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer womöglich nach Beendigung seiner Beschäftigung nicht mehr regelmäßig nach Polen gefahren sei, da für die Anspruchsbegründung nach Art. 65 VO (EG) Nr. 883/2004 in erster Linie entscheidend ist, wo der Beschwerdeführer während der letzten Beschäftigung seinen Aufenthaltsort hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0094). Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, dass er seinen Wohnort spätestens mit Eintritt der Arbeitslosigkeit nach Österreich verlegt hätte (vgl. "weiterhin" in Art. 65 Abs. 2 dieser Verordnung).

2.3.3. Soweit der Beschwerdeführer auf das Miethe , 1/85, verweist und sich auf die darin ausgesprochene Anerkennung der atypischen Grenzgänger beruft, ist ihm zu entgegnen, dass infolge des Inkrafttretens der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 die Bestimmungen des Art. 65 dieser Verordnung nicht im Lichte der im Urteil Miethe entwickelten Grundsätze auszulegen sind. In diesem, noch zur Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 ergangenen Urteil hat der EuGH atypische Grenzgänger, also solche, bei denen auf Grund familiärer und beruflicher Umstände das Naheverhältnis zum Beschäftigungsstaat enger als zum Wohnsitzstaat ist, anerkannt und ihnen ein Wahlrecht im Hinblick auf die Leistungsgewährung und die Eingliederung in die Arbeitsmarktverwaltung zugestanden (vgl. Felten , aaO, Rz 8).

Im oben bereits genannten Urteil in der Rechtssache Jeltes , C-443/11, Rn 36, hat der EuGH jedoch klargestellt, dass in Bezug auf einen vollarbeitslosen Arbeitnehmer, der zum Mitgliedstaat seiner letzten Beschäftigung persönliche und berufliche Bindungen solcher Art beibehalten hat, dass er in diesem Staat die besten Aussichten auf berufliche Wiedereingliederung hat, Art. 65 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 dahin zu verstehen sei, dass er einem solchen Arbeitnehmer die Möglichkeit bietet, sich zusätzlich der Arbeitsverwaltung des betreffenden Staates zur Verfügung zu stellen, aber nicht, um dort Arbeitslosenunterstützung zu erhalten, sondern nur, um dort Wiedereingliederungsleistungen in Anspruch zu nehmen.

Folglich ist nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 für die Leistungsgewährung stets der Wohnsitzmitgliedstaat zuständig, somit auch für den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten atypischen Grenzgänger (vgl. Felten , aaO, Rz 9). Dem Vorbringen, die belangte Behörde habe nicht geprüft, ob der Beschwerdeführer allenfalls als atypischer Grenzgänger zu qualifizieren sei, ist damit der Boden entzogen.

2.4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am