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VwGH vom 23.04.2014, 2013/07/0276

VwGH vom 23.04.2014, 2013/07/0276

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der L R GmbH in G, vertreten durch Niederhuber Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Spruchpunkt II des Bescheides des Umweltsenates vom , Zl. US 1B/2013/6-20, betreffend Feststellung der UVP-Pflicht (mitbeteiligte Partei: Naturschutzanwältin für Vorarlberg, Jahngasse 9, 6850 Dornbirn), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt verschiedene Anlagen zur Sammlung, Lagerung, Sortierung, Aufbereitung und sonstigen Behandlung von Abfällen. Teil dieser Anlagen ist ein Shredder, der dem Zerkleinern und Sortieren von Mischschrott, unter anderem auch von Alt-Kraftfahrzeugen, dient.

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom und (nach einem Ruhen des Verfahrens neuerlich) vom die Erteilung der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch die Installation einer Filteranlage zum Zweck der Reduktion von Kohlenwasserstoffemissionen in der Shredderabluft zum einen und für eine Kapazitätserhöhung der Shredderanlage zum anderen. Der Jahresdurchsatz des Shredders sollte von 80.000 t auf 115.000 t jährlich erhöht werden.

Zur Funktionsweise der Shredderanlage heißt es in den Projektsunterlagen:

"Das am Shreddervorplatz entladene Material wird je nach Größe mit einem Bagger oder von Beschäftigten vorsortiert. Auf Grund ihrer Größe oder ihrer Materialeigenschaften nicht shredderfähige Teile werden aussortiert. Das shredderfähige Material gelangt über ein Fließband in den Shredder, in dem es in faustgroße Stücke zerkleinert wird. Der eigentliche Shredder ist ein mit Hämmern versehener Rotor, der sich mit einer Geschwindigkeit von 600 U/min dreht. Das Shreddern (Zerkleinern) dient dem Öffnen bzw. Aufschließen des Materialverbundes, damit eine effiziente sortenreine mechanische Sortierung möglich ist.

Folgende anschließende Trennschritte finden statt:


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Direkt am Shredder werden der entstehende Staub und die Shredderleichtfraktion abgewogen. Mittels eines Trockzyklons werden diese beiden Fraktionen voneinander getrennt, wobei die Shredderleichtfraktion in weiterer Folge mit einem Sieb in zwei Größenfaktionen getrennt wird.
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Der Hauptteil des geshredderten Materials fällt auf einen sog. Vibrationsförderer. Dieser führt zu einem Windsichter, der eine Trennung in schwerere und leichtere Teile vornimmt. Die noch mit schwerem Müll verunreinigte schwere Fraktion gelangt zur Magnetabscheidung, die Eisen von Nichteisen (NE) trennt. Das Nichteisen fällt auf ein Austrageband und wird in Lagerboxen zwischengelagert. Anschließend wird es durch eine Siebanlage für die Weiterverarbeitung in verschiedene Korngrößen geteilt (0-15, 15-25, 25-60 und 60-100 mm).
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Die einzelnen Siebfraktionen werden der Wirbelstromanlage zugeführt (nicht mehr Teil der Shredderanlage), wo eine Trennung in die verschiedenen NE-Metalle erfolgt. Leichte folienartige Materialien werden mit einer Art Windsichter von den schwereren getrennt. Letztere kommen zu einem Schwingsieb (Trennung 15 mm und 15 mm). Die Fraktion 15 mm kommt zu einer Magnettrommel, die alle Eisen- und Stahlteile bzw. magnetische Verbundmaterialien aussortiert. Die nicht magnetische Fraktion kommt zum Nichteisen - Scheider (Wirbelstromscheider), an dem eine weitere Trennung in 3 Fraktionen erfolgt (z.B. sortenreine Nichteisenmetalle). Die beiden Nichteisenfrationen werden nun noch händisch sortiert.
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Die magnetisch gewonnene Eisenfraktion wird manuell sortiert."
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am und der Einholung mehrerer Gutachten regte die Abteilung Abfallwirtschaft des Amtes der Vorarlberger Landesregierung im Juli 2012 die Durchführung eines Feststellungsverfahrens im Sinn des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 an.
Nach Einholung eines Gutachten ihres abfalltechnischen Amtssachverständigen vom und Wahrung von Parteiengehör stellte die Vorarlberger Landesregierung mit Bescheid vom gemäß den §§ 3 Abs. 7, 39 Abs. 1, 3a Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Anhang 1 Z 2 lit. c UVP-G 2000 fest, dass das Vorhaben "Erweiterung der Shredderanlage" keiner Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sei.
Die Erstbehörde vertrat näher begründet die Ansicht, die beantragte Erweiterung um 35.000 t/a erreiche 100 % des Schwellenwertes der genannten Anhangsbestimmung, sodass für das Vorhaben eine UVP durchzuführen sei, sofern nicht der Ausnahmetatbestand "Anlagen zur ausschließlich stofflichen Verwertung oder mechanischen Sortierung" greife. Unstrittig sei, dass die Shredderanlage Sortierprozesse impliziere. Weil aus der Anlage nicht deutlich überwiegend direkt verwertbare Produkte hervorgingen, liege der Tatbestand der ausschließlich stofflichen Verwertung nicht vor. Zur Frage, ob das Vorhaben dem Tatbestand "ausschließliche mechanische Sortierung" subsumiert werden könne, sei eine gutachterliche Stellungnahme eingeholt worden, auf deren Grundlage die Erstbehörde zum Schluss komme, dass in der Praxis vielfach eine Sortierung ohne vorgeschaltete Zerkleinerung nicht effizient sei und im gegenständlichen Fall die Zerkleinerung die Sortierung erst möglich mache. Die Umweltauswirkungen der Zerkleinerung seien nicht größer als die der Sortierung. Im gegenständlichen Fall umfasse der Tatbestand der "ausschließlich mechanischen Sortierung" auch den vorgeschalteten Zerkleinerungsschritt. Der Ausnahmetatbestand der Z 2 lit. c des Anhanges 1 UVP-G 2000 sei daher gegeben.
Gegen diesen Bescheid erhob unter anderem die Naturschutzanwältin für Vorarlberg Berufung. Sie wies darauf hin, dass ein Teil der seit Ende der 1980er Jahre in Betrieb befindlichen Shredderanlage der Zerkleinerung und der andere Teil der Sortierung des eingebrachten Materials diene. Dazwischen bestehe eine Transportverbindung in Form eines Förderbandes, über welches keine Zu- oder Abfuhr von weiterem Material erfolge, sodass in beiden Teilen dieselbe Menge an Material behandelt werde. Die Zerkleinerung, die die größeren Lärm- und Abgasemissionen verursache als der andere Teil, stellte daher einen zumindest gleichbedeutenden Teil der gesamten Anlage dar. Der Ausnahmetatbestand sei daher nicht gegeben. Die Wortfolge "mechanische Sortierung" sei hinreichend definiert und klar von anderen Vorgängen, wie "Zerkleinerung", abgrenzbar. Zwar könne eine Zerkleinerung in vielen Fällen eine notwendige Vorbereitung einer Sortierung sein; daraus könne aber nicht abgeleitet werden, dass es sich deswegen um ein- und denselben Vorgang handle. Die Ausnahmeregel wäre auch nicht "inhaltsleer", wenn sie nicht auch die Zerkleinerung umfasse, da auch reine Sortieranlagen möglich seien, die mit geringeren Umweltbelastungen verbunden seien. Nach einem Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des Ausnahmetatbestandes und von näher genannten Entscheidungen der belangten Behörde vertrat die mitbeteiligte Partei den Standpunkt, dass sich aus der technischen Betrachtung, dem allgemeinen Sprachverständnis und der Entstehungsgeschichte der Norm ergebe, dass der Begriff der "mechanischen Sortierung" den Vorgang der "Zerkleinerung" nicht umfasse.
Dazu nahm die Beschwerdeführerin Stellung und verwies darauf, dass der gegenständliche Shredder eine komplexe Anlage zur mechanischen Sortierung von Abfällen in mehreren Schritten darstelle. In der Sortierstufe 1 erfolge das Aufbrechen und der Aufschluss der Verbundstoffe und es würden die unterschiedlichen Materialien getrennt. Erst diese Zerkleinerung ermögliche eine sortenreine mechanische Sortierung in den weiteren Sortierstufen. Die Ausnahme für Anlagen zur mechanischen Sortierung umfasse auch die vorgeschalteten Zerkleinerungsschritte, z.B. zur Trennung von Verbundstoffen.
Mit Spruchpunkt II des nunmehr angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge und änderte den Erstbescheid dahingehend ab, dass festgestellt wurde, dass für das Vorhaben der Beschwerdeführerin, den Jahresdurchsatz der Shredderanlage von derzeit 80.000 t auf 115.000 t zu erhöhen, gemäß § 3a Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Anhang 1 Z 2 lit. c UVP-G 2000 eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei.
Die belangte Behörde begründete dies nach Darstellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, der Beschreibung des verfahrensgegenständlichen Vorhabens und der Funktionsweise der Shredderanlage sowie der entscheidenden rechtlichen Bestimmungen damit, dass die Subsumierung dieses Vorhabens unter das Tatbestandsmerkmal "ausschließlich stoffliche Verwertung" im Sinne des Anhang 1 Z 2 lit. c UVP-G 2000 nicht in Frage komme. Entscheidend sei, ob der weitere Ausnahmetatbestand der "Anlagen zur mechanischen Sortierung" vorliege.
Die Begriffe des UVP-G 2000 seien nach den Kriterien dieses Gesetzes auszulegen. Nur wo Begriffe verwendet würden, die im UVP-G 2000 selbst nicht definiert würden, sei auf idente Begriffe in den Materiengesetzen und deren Interpretation zurückzugreifen. Der Begriff "mechanische Sortierung" werde im UVP-G 2000 nicht näher definiert und im Abfallwirtschaftsgesetz nicht verwendet, sodass auch aus dem AWG 2002 keine Anhaltspunkte für dessen Auslegung gewonnen werden könnten. Es sei demnach unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben das autonome Begriffsverständnis des UVP-G 2000 zu ermitteln.
Die Entstehungsgeschichte des UVP-G 2000 sowie der Wortlaut des gegenständlichen Ausnahmetatbestandes im Vergleich zur Wortwahl der früheren Fassung nach dem UVP-G 1993 und ebenso die Materialien zu dieser Ausnahmebestimmung zeigten, dass der Gesetzgeber die Ausnahmen von der UVP-Pflicht gegenüber der Regelung des UVP-G 1993 weiter einschränken habe wollen. Seien im UVP-G 1993 generell "Aufbereitungs- und Sortierungsanlagen" ausgenommen, seien nunmehr allein Anlagen "zur ausschließlich stofflichen Verwertung oder mechanischen Sortierung" ausgenommen. Die Materialien (IA 168/A, 21. GP) betonten, dass zur Vermeidung von Abgrenzungsproblemen nunmehr auch Aufbereitungsanlagen von der UVP-Pflicht erfasst seien.
Eine enge Auslegung des Begriffes "mechanische Sortierung" sei daher nicht nur deshalb angebracht, weil es sich um einen Ausnahmetatbestand handle, der grundsätzlich eng auszulegen sei, sondern auch wegen der dargestellten Neufassung der Ausnahmebestimmung. Auch die lexikalische Definition des Sortierens spreche gegen eine Zerkleinerung als mechanische Sortierung (wird unter Hinweis auf eine Entscheidung des Umweltsenates zur Trocknung von Abfällen näher ausgeführt).
Auch die Literatur vertrete ganz überwiegend die Auffassung, dass als Anlagen zur mechanischen Sortierung lediglich Anlagen erfasst seien, in denen nur eine Trennung der Bestandteile des Abfalls erfolge, jedoch die Bestandsteile (Stoffe) sowie die jeweiligen Stoffarten unverändert blieben (z.B. Trennung von Bestandteilen des Abfalls mittels Elektromagneten, Windsichtung, händischer Sortierung) und insofern die Zerkleinerung von Abfällen von der Ausnahmebestimmung für Anlagen zur mechanischen Sortierung nicht umfasst sei.
Die Erstbehörde habe zur Klärung des Rechtsstandpunktes einen abfalltechnischen Amtssachverständigen um Stellungnahme zur Frage der technischen Erforderlichkeit und Sinnhaftigkeit der Zerkleinerungsschritte mit Blick auf die nachfolgende Sortierung ersucht. Als Ergebnis habe die Erstbehörde festgehalten, dass in der Praxis vielfach eine Sortierung ohne vorgeschaltete Zerkleinerung nicht effizient sei, die Zerkleinerung die Sortierung erst möglich mache. Nach Ansicht der belangten Behörde könne aber im gegebenen Zusammenhang dahingestellt bleiben, inwieweit vorgelagerte Zerkleinerungsschritte untergeordneter Bedeutung - z.B. zur Trennung von Verbundstoffen - als Teil der von der UVP-Pflicht ausgenommenen mechanischen Sortierung angesehen werden könnten. Gegenständlich handle es sich um eine Großshredderanlage für Mischschrott einschließlich Alt-Kfz, in der die der Sortierung vorgelagerten Aufschließungs- und Zerkleinerungsschritte nicht mehr als bloße "mechanische Sortierung" qualifiziert werden könnten. Dass die Zerkleinerung aus technischer Sicht und zur Effizienz der Sortierung erforderlich sei, werde damit nicht in Frage gestellt. Dass die Zerkleinerung vom Ausnahmetatbestand im Anhang 1 Z 2 lit. c UVP-G 2000 nicht erfasst sei, führe aber entgegen den Ausführungen der Erstbehörde nicht den Sortierprozess ad absurdum, sondern unterwerfe diesen einer UVP-Pflicht, wie dies auch für andere Behandlungsanlagen von nicht gefährlichen Abfällen ab einer bestimmten Dimension der Fall sei. Es werde auch nicht in Frage gestellt, dass - wie die Erstbehörde meine - Sortierprozesse nicht per se geringere Umweltauswirkungen hätten als eine Zerkleinerung. Allerdings zeige der im vorliegenden Fall geplante Einbau eines Filters zur Reduktion von Kohlenwasserstoffen, dass über die in der abfalltechnischen Stellungnahme primär angeführten Lärm- und Staubemissionen hinaus auch sonstige Umweltauswirkungen von Shreddervorgängen den Gesetzgeber zu einer unterschiedlichen UVPrechtlichen Behandlung der Zerkleinerung und der bloßen Sortierung veranlasst haben könnten, wie hier die Emission von Kohlenwasserstoffen, also organischen Schadstoffen. Die verfahrensgegenständliche Anlage, deren Kapazitätserweiterung zur Zerkleinerung von Abfällen begehrt werde, sei daher nach der geltenden Fassung des Anhanges 1 Z 2 lit. c UVP-G 2000 nicht als von der UVP-Pflicht ausgenommene Anlage zur (ausschließlich) mechanischen Sortierung von nicht gefährlichen Abfällen zu qualifizieren. Der Erstbescheid sei daher insofern abzuändern gewesen.
Gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der sie Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, es habe keine Prüfung der Tatbestandselemente für eine Ausnahme nach Z 2 lit. c Anhang 1 UVP-G 2000 stattgefunden. Die belangte Behörde habe den Begriff der "Großshredderanlage" erfunden und daraus geschlossen, dass in einer solchen Anlage die Aufschließungs- und Zerkleinerungsschritte nicht als bloße mechanische Sortierung qualifiziert werden könnten. Damit betrachte die belangte Behörde nur einen Teil der als Einheit anzusehenden Sortieranlage der Beschwerdeführerin und übersehe, dass die Aufschließung und Trennung der Verbundmaterialien in der Sortierstufe 1 einen unabdingbaren Bestandteil der Anlage darstelle, die als Gesamtes gesehen der mechanischen Sortierung diene. Trennen von Materialien sei nichts anderes als Sortieren, Sortieren nichts anderes als Trennen. Die selektive Betrachtung der belangten Behörde widerspreche dem Gesamtkonzept von integrierten Sortierstufen, auf welchem die gegenständliche Sortieranlage basiere. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kenne der Ausnahmetatbestand keine Schwellenwerte, Größenklassen oder andere Kriterien für Anlagen, ab deren Vorliegen die Ausnahme nicht mehr zu Anwendung gelangte. Insbesondere kenne das Gesetz keine "Großshredderanlage". Bereits unter diesem Aspekt liege inhaltliche Rechtswidrigkeit vor.
Weiters habe es die belangte Behörde unterlassen festzustellen, ob die Sortierschritte in der Anlage als Teil der von der UVP-Pflicht ausgenommenen mechanischen Sortierung angesehen werden könnten. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde fänden sich in den Gesetzesmaterialien zur UVP-G-Novelle 2000 keine Erläuterungen zur Absicht, die der Gesetzgeber bei der Neuformulierung der Ausnahmebestimmung verfolge. Hätte er tatsächlich eine bedeutende Einschränkung des Anwendungsbereiches anordnen wollen, so hätte er dies sicherlich in aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Auch aus der Streichung des Begriffes der "Aufbereitung" lasse sich nicht der Schluss ziehen, dass auch die weiterhin im Gesetz vorgesehene Ausnahme für die Sortierung eng auszulegen sei und dass der Sortierung notwendigerweise vorangehende oder integrierte Aufschluss- und Aufbruchsschritte nicht darunter fielen. Ein gesetzgeberischer Wille zum Tatbestand der mechanischen Sortierung lasse sich durch die Streichung des Tatbestandselementes "Aufbereitungsanlagen" nicht ableiten. Der Hinweis auf das Verfahren vor dem Umweltsenat, dessen Anlass eine Trocknung von Abfällen gewesen sei, gehe fehl, weil die beiden Anlagen nicht vergleichbar seien. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem diesbezüglichen Erkenntnis (vom , 2005/07/0144) auch klar zum Ausdruck gebracht, dass es dahingestellt bleiben könne, ob die in der Anlage vorgenommenen Schritte der Zerkleinerung als mechanische Sortierung qualifiziert werden könnten.
Der Verwaltungsgerichtshof habe bis dato nur die Frage, ob eine Trocknung als thermische Behandlung unter die Ausnahme der mechanischen Sortierung fiele, entschieden. Im vorliegenden Fall betreibe die Beschwerdeführerin aber eine einheitliche Anlage, in der als ein integrierter Prozess im Zusammenhang mit der Sortierung von Abfällen ein Aufbruch/Trennen von Verbundstoffen stattfinde. Eine bloße Volumensreduktion stelle kein physikalisches Behandlungsverfahren dar. Das gegenständliche Verfahren sei grundverschieden von jenem Sachverhalt, der der vom Umweltsenat zitierten Entscheidung zugrunde gelegen sei.
In weiterer Folge befasst sich die Beschwerde mit der in der Literatur zu diesem Themenbereich vertretenen Ansicht und wendet sich gegen die Annahme der belangten Behörde, die von dieser zitierten Literaturstellen stützten ihre Argumentation. Aber auch aus technischem Blickwinkel (wird näher ausgeführt) geschehe in der Anlage der Beschwerdeführerin nichts anderes als eine mechanische Sortierung. Es entspreche gerade dem Wesen einer Sortieranlage, dass die Verbundmaterialien zuerst aufgeschlossen und getrennt werden müssten, bevor diese einer weiteren Sortierung zugänglich seien. Je besser dieser Aufschluss und die Trennung funktionierten, desto höher seien die Wiederverwertung der Materialien und die Vermeidung von Abfällen und Umweltbelastungen. Der genannte Ausnahmetatbestand würde ad absurdum geführt, wenn die mechanische Trennung von diesem nicht erfasst wäre. Damit würde man dem Gesetzgeber nämlich gleichzeitig unterstellen, dass er eine Ausnahmebestimmung konzipieren habe wollen, für die es praktisch keinen Anwendungsfall gebe. Die reine Sortierung finde in der wirtschaftlichen Praxis in den großindustriellen Anlagen, auf die das UVP-G 2000 abziele, keine Anwendung. Würden nämlich bereits sortenreine Materialien vorliegen, bräuchte es folglich auch keine Sortierung.
Die Beschwerde tritt in weiterer Folge einer Interpretation des Ausnahmetatbestandes des Anhangs 1 Z 2 lit. c UVP-G 2000 entgegen, wonach sich das Wort "ausschließlich" auch auf die mechanische Sortierung beziehe. Die belangte Behörde deute in der Begründung des angefochtenen Bescheides an, dass sie das Wort "ausschließlich" auch bei dem hier in Rede stehenden Ausnahmetatbestand zur Anwendung brächte. Einer solchen Auslegung dieses Tatbestandes müsse entschieden entgegengetreten werden (wird näher ausgeführt).
Schließlich habe die belangte Behörde das Gutachten der Erstbehörde ohne Einholung eines Gegengutachtens ignoriert und zudem übersehen, dass sich auch aus europarechtlichen Erwägungen die gebotene Ausnahme der Anlage von der UVP-Pflicht ergebe.
Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der belangten Behörde getretene Bundesverwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand. Es beantragte, der Verwaltungsgerichtshof wolle die Beschwerde kostenpflichtig abweisen.
Die mitbeteiligte Partei hat sich am Verfahren nicht beteiligt.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
1.
Nach § 3 Abs. 1 erster Satz UVP-G 2000 sind Vorhaben, die in Anhang 1 des UVP-G 2000 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen des UVP-G 2000 einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen.
§ 3a UVP-G 2000 enthält nähere Bestimmungen darüber, unter welchen Voraussetzungen Änderungen von Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind.
Dass das Vorhaben der beschwerdeführenden Partei die im § 3a normierten Voraussetzungen für eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfüllt, wurde von der belangten Behörde festgestellt und wird von der beschwerdeführenden Partei auch nicht bestritten. Diese meint aber, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei deswegen nicht durchzuführen, weil das Vorhaben unter den Ausnahmetatbestand des Anhanges 1 Spalte 1 Z. 2 lit. c UVP-G 2000 falle.
Anhang 1 Spalte 1 Z. 2 lit. c UVP-G 2000 lautet:
"c)
sonstige Anlagen zur Behandlung (thermisch, chemisch, physikalisch, biologisch, mechanisch-biologisch) von nicht gefährlichen Abfällen mit einer Kapazität von mindestens 35 000 t/a oder 100 t/d, ausgenommen sind Anlagen zur ausschließlich stofflichen Verwertung oder mechanischen Sortierung;"
2.
Zur sprachlichen Interpretation des Ausnahmetatbestandes der Spalte 1 Z 2 lit c, nämlich zur Frage, ob sich das Wort "ausschließlich" auch auf die "Anlagen zur mechanischen Sortierung" bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - keinen Zweifel daran ließ, dass der Ausnahmetatbestand zum einen Anlagen zur "ausschließlich stofflichen Verwertung", zum anderen Anlagen zur "mechanischen Sortierung" umfasste. Gegen ein solches Verständnis der Norm ist nichts einzuwenden.
3.
Aus der Projektsbeschreibung zur Funktionsweise der Shredderanlage ergibt sich, dass als erster Schritt eine Zerkleinerung des shredderfähigen Materials in faustgroße Stücke erfolgt. Diesem Schritt folgen verschiedene Trennschritte (mittels Trockenzyklons, Windsichter, Wirbelstromanlage, Schwingsieb, etc.). Unstrittig stellen diese letztgenannten Trennschritte Sortiervorgänge dar. Insofern ist der Beschwerdeführerin zuzustimmen, wenn sie die Ansicht vertritt, dass Trennen mit Sortieren gleichzusetzen sei.
Auch wenn die Beschwerdeführerin den ersten Schritt der Zerkleinerung im Shredder als "Sortierstufe 1" oder "Aufschluss" bzw. "Aufbruch" bezeichnet, so ändert dies nichts daran, dass es sich dabei um eine Zerkleinerung des eingebrachten Materials handelt, die die Grundlage für die nachfolgende Trennung darstellt. Die Beschwerdeführerin sprach im Verwaltungsverfahren selbst davon, dass erst die Zerkleinerung die Sortierung ermögliche; auch in der Beschwerde heißt es, dass es sich bei der Zerkleinerung im Shredder um der Sortierung vorangehende Aufschluss- und Aufbruchschritte handelt. Es ist also zwischen der Sortierung (des geshredderten Materials) und der dieser vorhergehenden Zerkleinerung im Shredder zu unterscheiden.
4.
Weder im UVP-G 2000 noch im AWG 2002 findet sich eine Definition des Begriffs "mechanische Sortierung". Der Ansicht der belangten Behörde, wonach diesfalls das "autonome" Begriffsverständnis des UVP-G 2000 zu ermitteln sei und sich dieses u.a. aus der Entstehungsgeschichte und der unterschiedlichen Wortwahl im Vergleich zum UVP-G 1993 ergeben könne, ist nicht zu beanstanden.
Unbestritten wurde mit dem UVP-G 2000 ein neues System im Bereich der UVP-Pflichtigkeit durch die Schaffung von UVP-Verfahren zum einen und vereinfachten UVP-Verfahren zum anderen eingeführt. Das UVP-Verfahren sollte vor allem für komplexe, mit erheblichen Landschaftseingriffen verbundene Infrastrukturprojekte und für kontroversiell diskutierte Anlagen (zB Abfallwirtschaft) zum Einsatz kommen. Dem vereinfachten UVP-Verfahren sollten hingegen Vorhaben mit weniger komplexen oder eindimensionalen Umweltauswirkungen unterzogen werden. Ergänzend zum geltenden Gesetz und in Abstimmung mit dem AWG sollten in Z 2 lit c der UVPpflichtigen Vorhaben nun Aufbereitungsanlagen erfasst sein, um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden. Anlagen zur Sortierung seien von der UVP-Pflicht ausgenommen (vgl. IA 168/A, 21. GP).
Auch aus den Materialien selbst ist angesichts dieser lediglich allgemeinen Ausführungen für das Verständnis des Ausnahmetatbestandes nichts zu gewinnen.
Der Begriff der "mechanischen Sortierung" stellt daher für sich genommen einen unscharfen und nicht klar umschriebenen Begriff dar; neben dem klaren Kern des Begriffes stellt sich die Frage seiner Abgrenzung in Bezug auf vor- und gegebenenfalls auch nachgeschaltete technische Abläufe. Allerdings hat der Gesetzgeber diesen Begriff dazu verwendet, eine Ausnahme eines die UVP-Pflicht klar definierenden Tatbestands (des Anhangs 1 Z 2 lit. c UVP-G 2000) zu umschreiben.
Nun sind nach ständiger Rechtsprechung Ausnahmetatbestände grundsätzlich eng auszulegen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , 2012/12/0090, mwN, vom , 2012/21/0053, vom , 2011/17/0234, vom , 2009/15/0135, vom , 2009/09/0080, vom , 2006/07/0083, uvm).
Dieses enge Verständnis des Ausnahmetatbestandes gebietet aber eine Reduktion auf den "Kernbegriff" der Sortierung mit mechanischen Mitteln. Unter Sortierung ist demnach das Ordnen nach Arten und Wertgruppen, eine Gemengetrennung nach rein physikalischen Stoffeigenschaften, ohne dass es zu einer Änderung der Stoffe selbst kommt, zu verstehen. Anlagen, in denen eine Trennung in die Bestandteile des Abfalls erfolgt, wobei die Bestandteile (Stoffe) sowie die jeweiligen Stoffarten unverändert bleiben (zB die Trennung von Bestandteilen des Abfalls mittels Elektromagneten, Windsichtung, händische Sortierung) sind daher Anlagen zur mechanischen Sortierung.
Die der Sortierung vorgelagerten Schritte, wie eben der Vorgang der Zerkleinerung durch den Shredder, sind vom Kernbegriff der Sortierung hingegen nicht umfasst. Auch dem hg. Erkenntnis vom , 2005/07/0144, lag bereits ein solches enges Verständnis des hier in Rede stehenden Ausnahmetatbestandes zugrunde; demnach enthält das Gesetz nur für Anlagen für die mechanische Sortierung, nicht aber für damit im Zusammenhang stehende untergeordnete Verfahrensschritte (wie dort zB die Trocknung) eine Ausnahme. Eine Trocknung des Abfalls sei keine "mechanische Sortierung."
Eine Zerkleinerung von Abfällen ist nicht als Trennung von Bestandteilen anzusehen. Wenn die Abfälle zuvor zerkleinert und danach erst (mechanisch) sortiert werden, so handelt es sich bei der Anlage um eine Anlage zur "Zerkleinerung und (anschließenden) mechanischen Sortierung." Von einer solchen Anlage spricht der Ausnahmetatbestand aber nicht.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes beinhaltet der Begriff der "mechanischen Sortierung" daher die der Sortierung vorhergehenden Zerkleinerungsschritte nicht.
5.
Wenn die Beschwerdeführerin meint, diese (im Ergebnis auch von der belangten Behörde vertretene) Ansicht führe den Sortierprozess ad absurdum, so übersieht sie, dass damit lediglich der Ausnahmetatbestand nicht erfüllt ist; eine solche Anlage ist UVP-pflichtig. Dem Gesetzgeber hätte für den Fall einer von ihm gewünschten weitergehenden Interpretation des Begriffs "mechanische Sortierung" entweder bereits bei Gesetzwerdung des UVP-G 2000 oder danach durch eine andere Formulierung des Ausnahmetatbestandes oder auch durch eine klarstellende Definition eine andere Gestaltung der UVP-Pflicht vornehmen können.
6.
Die Beschwerdeführerin erblickt einen Verfahrensmangel darin, dass die belangte Behörde das von der Erstinstanz eingeholte Sachverständigengutachten ignoriert habe. Damit übersieht sie aber, dass die vom Sachverständigen geschilderten Abläufe in der Anlage, insbesondere die Zerkleinerung im Shredder als notwendige Vorbereitung für die Sortierung auch von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen wurden. Es kommt auch nicht darauf an, wie die Anlage vom Sachverständigen bezeichnet wird (hier: "integrierte Shredderanlage zur mechanischen Sortierung"). Aufbauend auf den Feststellungen des Sachverständigen erster Instanz traf die belangte Behörde eine andere rechtliche Beurteilung als die Behörde erster Instanz. Ein Verfahrensmangel liegt darin nicht.
7.
Wenn die Beschwerdeführerin schließlich weiters geltend macht, aus Anhang II der UVP-Richtlinie 2011/92/EU ergebe sich eine ausschließliche Erfassung von Abfallbeseitigungsanlagen und Anlagen zur Vorbehandlung, Behandlung und Verwertung würden nicht angeführt, weshalb der nationale Gesetzgeber durch Erfassung von "sonstigen Anlagen zur Behandlung" in der Z 2 der lit. c des Anhangs 1 des UVP-G 2000 deutlich über europarechtliche Vorgaben hinausgeschossen sei und keine weite Auslegung des Ausnahmetatbestandes greifen könne, so ist daraus nichts zu gewinnen, weil nach Erwägungsgrund Punkt 3 der genannten Richtlinie die Mitgliedstaaten(auch) in Bezug auf die Art der zu prüfenden Projekte strengere Umweltrechtsvorschriften festlegen können.
8.
Der angefochtene Bescheid verletzte keine Rechte der Beschwerdeführerin. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
9.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG konnte von der beantragten Verhandlung abgesehen werden. Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil der Verwaltungsgerichtshof nach Stattfinden eines Verfahrens vor dem Umweltsenat, einem Tribunal im Sinn der EMRK, angerufen wurde und die Beschwerdeführerin vor dem Umweltsenat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zuerst (mit Schriftsatz vom ) verlangt, diesen Antrag dann aber unter Hinweis auf Rechtsprechung des EGMR und des Verwaltungsgerichtshofes mit Schriftsatz vom zurückgezogen hat (vgl. zu Fällen fehlender Antragstellung die hg. Erkenntnisse vom , 2009/07/0160, und vom , 98/10/0401).
10.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-AufwErsV, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr. 455.
Wien, am