VwGH vom 20.05.2010, 2008/15/0328
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des AZ in K, vertreten durch Dr. Michael Augustin, Mag. Peter Haslinger und Mag. Thomas Böchzelt, Rechtsanwälte in 8700 Leoben, Krottendorfergasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0725-G/06, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1997 bis 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen die gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültigen Bescheide des Finanzamtes betreffend Einkommensteuer für die Streitjahre als unbegründet ab. In der Begründung führte sie aus, das Finanzamt habe mit den bekämpften Bescheiden neben anderen Betriebsausgabenkürzungen die im Zusammenhang mit dem "Arbeitszimmer A" geltend gemachten Betriebsausgaben, die in den gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erlassenen Einkommensteuerbescheiden erklärungsgemäß anerkannt worden seien, gewinnerhöhend ausgeschieden.
Der Beschwerdeführer habe in der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung ausgeführt, die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1997 und 1998 seien am und jener für das Jahr 1999 am jeweils mit vorläufiger Festsetzung erlassen worden. Die Bescheide hätten keinerlei Begründung für die Annahme bzw. die zu erwartende spätere Beseitigung der Ungewissheit enthalten. Im Rahmen einer die Jahre 1994 bis 1996 umfassenden Betriebsprüfung sei nach Besichtigung des Wohnhauses in A. am und im Zuge von Besprechungen am und festgestellt worden, dass die Betriebsvermögenseigenschaft des als Notfallpraxis vorgesehenen Gebäudeanteiles nicht mehr als erwiesen anzunehmen sei, weshalb eine Entnahme zum vorzunehmen sei und die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden könnten. Da der Beschwerdeführer diese Gesetzesauslegung nicht hätte akzeptieren wollen, habe er Berufung und nach abweisender Berufungsvorentscheidung den Vorlageantrag gestellt. Sodann sei die abweisende Berufungsentscheidung vom ergangen. Die Nichtzugehörigkeit des Gebäudeteiles zum Betriebsvermögen sei bereits vor Erledigung der Berufung festgestellt worden. Trotzdem seien die Bescheide der Jahre 1997 bis 1999 als vorläufige Bescheide - nach den erklärten Bemessungsgrundlagen inklusive Gebäudeanteil - erlassen worden, obwohl bereits keine Ungewissheit in Bezug auf die Beurteilung des Sachverhaltes mehr vorhanden gewesen sei. Es seien auch für die Streitjahre keine weiteren Ermittlungen durchgeführt worden und in allen vorläufigen Bescheiden habe es keine nach § 93 Abs. 3 lit. a BAO erforderliche Begründung für die Vorläufigkeit gegeben. Sei die Ungewissheit, die ja eigentlich gar nicht vorhanden gewesen sei, also eine vermeintliche Ungewissheit, die der vorläufige Bescheid als erwiesen angenommen habe, beseitigt, so sei die vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige zu ersetzen bzw. habe eine Endgültigerklärung zu erfolgen. Für die Streitjahre hätten daher bereits Erstbescheide mit endgültiger Festsetzung vorliegen müssen. Auf Grund des Wegfalles der Ungewissheit ändere sich für die Streitjahre die Betrachtungsweise der Verjährung. Für den Abgabenanspruch 1997 trete auf Grund des Bescheides vom die Verjährung 2003, für den Abgabenanspruch 1998 auf Grund des Bescheides vom im Jahr 2004 und für den Abgabenanspruch 1999 auf Grund des Bescheides vom im Jahr 2005 ein. Dies bedeute, dass das Recht, eine endgültige Abgabenfestsetzung nach einer vorläufigen vorzunehmen, für die Jahre 1997 bis 1999 bereits verwirkt sei.
Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, die erklärungsgemäße, unter Anerkennung der als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen im Zusammenhang mit der "Notfallsordination in A." erfolgte Erlassung der vorläufigen Einkommensteuerbescheide vom 13. März und für die Jahre 1997 bis 1999 erweise sich jedenfalls als rechtmäßig. Der vom Finanzamt im Zuge der Vorprüfung mit angenommene Zeitpunkt der Entnahme des strittigen Gebäudeteiles sei vom Beschwerdeführer in der Berufung vom gegen den gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid 1994 vom bekämpft worden. Nach der abweisenden Berufungsvorentscheidung sei dieser Streitpunkt auch in der Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom abweisend entschieden worden. Somit sei erst in diesem Zeitpunkt die im Sachverhalt begründete Ungewissheit, ob der strittige Gebäudeteil auch in den Streitjahren noch zum Betriebsvermögen gehöre, beseitigt worden. Denn erst durch den Ausgang des die Jahre 1994 bis 1996 betreffenden Berufungsverfahrens sei Gewissheit bezüglich des auch für die Folgejahre beachtlichen Entnahmezeitpunktes eingetreten.
Da gemäß § 208 Abs. 1 lit. d BAO in den Fällen des § 200 die Verjährung mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Ungewissheit beseitigt wurde, beginne, erweise sich die Erlassung der bekämpften Bescheide vom als rechtmäßig. Erst mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft der Berufungsentscheidung vom sei die Ungewissheit bezüglich des ertragssteuerlich maßgeblichen Entnahmezeitpunktes beseitigt worden, sodass die Frist bezüglich der Verjährung des Rechtes, eine endgültige Abgabenfestsetzung nach einer vorläufigen vorzunehmen, mit Ablauf des Jahres 2004 zu laufen begonnen habe. Die Erlassung der angefochtenen Bescheide vom liege damit jedenfalls innerhalb der nach § 207 Abs. 2 BAO maßgeblichen Fünf-Jahres-Frist und auch innerhalb der ebenfalls zu beachtenden absoluten Verjährungsfrist des § 209 Abs. 3 BAO.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift über die Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer hält seinen im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunkt aufrecht.
Damit zeigt er aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Nach § 200 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist.
Gemäß § 200 Abs. 2 leg. cit. ist die vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen, wenn die Ungewissheit (Abs. 1) beseitigt ist. Gibt die Beseitigung der Ungewissheit zu einer Berichtigung der vorläufigen Festsetzung keinen Anlass, so ist ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erklärt.
Die Verjährungsfrist beträgt zufolge § 207 Abs. 2 erster Satz BAO im Falle der Einkommensteuer fünf Jahre. Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. d BAO in den Fällen des § 200 mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Ungewissheit beseitigt wurde.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , 91/14/0016, vom , 2004/13/0075, vom , 2007/15/0299, und vom , 2006/15/0075) kann ein endgültiger Bescheid nach § 200 Abs. 2 BAO auch dann ergehen, wenn die Erlassung des vorläufigen Bescheides zu Unrecht erfolgt sein sollte. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kann dahingestellt bleiben, ob die Bescheide vom und betreffend die Einkommensteuer der Streitjahre zu Unrecht gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erlassen wurden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es dem Beschwerdeführer offen gestanden wäre, die seinerzeitigen vorläufigen Bescheide mit Berufung zu bekämpfen und auf diesem Weg sein Recht auf Ergehen endgültiger Bescheide geltend zu machen.
Wird eine Abgabe gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig festgesetzt und erwächst ein derartiger Bescheid in Rechtskraft, ist für die hier zu entscheidende Frage, wann die Verjährung nach § 208 Abs. 1 lit. d BAO beginnt, von der Ungewissheit im Sinne des § 200 Abs. 1 leg. cit. zur Zeit der Bescheiderlassung auszugehen. Dies hat zur Folge, dass die Verjährung nach § 208 Abs. 1 lit. d leg. cit. keinesfalls vor der Erlassung des vorläufigen Abgabenbescheides beginnen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/14/0069). Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass der Beginn der Verjährung mit Ablauf des Jahres 2001 beginnt. Die gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültigen Bescheide des Finanzamtes sind mit datiert, der Beschwerdeführer hat am dagegen Berufung erhoben. Die Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO ist daher nicht abgelaufen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am