VwGH vom 20.05.2010, 2008/15/0305

VwGH vom 20.05.2010, 2008/15/0305

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des WW in S, vertreten durch Wetzl Partner Rechtsanwälte GmbH in 4400 Steyr, Stadtplatz 20-22/I/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0142-L/08, betreffend Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers, ein Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Finanzamtes betreffend Säumniszuschlag hinsichtlich Einkommensteuer 2006 als unbegründet ab. Das Finanzamt habe einen Säumniszuschlag festgesetzt, weil die Einkommensteuer 2006 nicht bis zum Fälligkeitstag, dem , entrichtet worden sei.

In der Berufung gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer ausgeführt, bei der verspäteten Einzahlung handle es sich lediglich um ein Versehen. Ihn treffe kein grobes Verschulden. Leider sei übersehen worden, dass der Betrag pünktlich zur Fälligkeit am beglichen werde, zumal während dieser Zeit auch Weihnachtsurlaub gewesen sei. Die Zahlung sei gleich nach Bekanntwerden des Fehlers nachgeholt worden. In Anbetracht der Tatsache, dass er seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Finanzamt sonst immer rechtzeitig nachgekommen sei, werde ersucht, in diesem Fall das Versehen zu entschuldigen und von einer Festsetzung des Säumniszuschlages abzusehen.

Das Finanzamt habe im Vorlagebericht ausgeführt, auf die Abgabenschuld (laut Einkommensteuerbescheid vom ) in Höhe von EUR 406.047,17 seien nur Vorauszahlungen in Höhe von EUR 73.000,--, eine Anzahlung am von EUR 190.000,--

und eine weitere Anzahlung vom in Höhe von EUR 35.000,-- geleistet worden. Die Höhe der Nachforderung (EUR 143.074,17) hätte zur Sorgfalt betreffend rechtzeitiger Entrichtung wegen Säumnisfolgen mahnen müssen.

Der Beschwerdeführer habe auf einen Vorhalt der belangten Behörde mit Schriftsatz vom geantwortet. Darin habe er angegeben, in der Kanzlei würden grundsätzlich alle Termine und Fristen sowohl beruflicher als auch privater Natur in ein Fristenbuch bzw. in den Kalender eingetragen und in weiterer Folge auch noch in das EDV-Programm übertragen. Die konkrete Eintragung der Termine und Fristen werde von der Kanzleileiterin, die seit sieben Jahren zur vollsten Zufriedenheit in der Kanzlei tätig sei, überwacht. Stichprobenartige Kontrollen würden auch immer wieder durch den Beschwerdeführer selbst erfolgen. Auf Grund der Eintragung der Fristen und Termine in das Fristenbuch bzw. in den Kalender und in weiterer Folge in das EDV-Programm komme es in der Kanzlei ausnahmslos nicht vor, dass Fristen oder Termine versäumt würden.

Für die Eintragung der Fristen bezüglich Abgabenverbindlichkeiten sei Frau W. zuständig, die seit 2004 in der Kanzlei ebenfalls zur vollsten Zufriedenheit beschäftigt sei und eine mehr als 20-jährige einschlägige Berufserfahrung aufweisen könne und die insbesondere auch die Korrespondenz und Koordination mit der Steuerberatungskanzlei erledige. Von ihr würden auch sämtliche Überweisungen, die die Kanzlei beträfen, durchgeführt. Überweisungen, die den Beschwerdeführer selbst beträfen, würden zwar von ihm persönlich durchgeführt, er werde jedoch immer von ihr zuvor nochmals erinnert. Davon abgesehen finde sich ohnehin eine Eintragung im Fristenbuch bzw. im EDV-Programm, sodass er bei allfälliger Abwesenheit von Frau W. auch von der Kanzleileiterin erinnert werde. Darüber hinaus nehme er selbst immer wieder regelmäßig Einblick in das Fristenbuch bzw. in das EDV-Programm. Die Vorbereitung der Überweisungsträger von Abgabenverbindlichkeiten erfolge ausschließlich durch Frau W., die diesbezüglich alleine verantwortlich sei und die Überweisungen persönlich zeitgerecht durchführe. Die gegenständliche Überweisung sei einzig und allein deshalb verspätet durchgeführt worden, weil es Frau W. schlicht und einfach übersehen habe, die gegenständliche Frist in das Fristenbuch bzw. in den Kalender einzutragen. Folglich sei auch eine Eintragung in das EDV-Programm verabsäumt worden, weil eine Eintragung in das EDV-Programm eine vorherige Eintragung in das Fristenbuch bzw. in den Kalender voraussetze. Da für Abgabenverbindlichkeiten ausschließlich Frau W. zuständig sei und dies auch äußerst verlässlich seit mehr als vier Jahren selbständig erledige, werde die Eintragung von abgabenrechtlichen Fristen und Terminen von der Kanzleileiterin nicht kontrolliert. Auch dem Beschwerdeführer sei nicht bewusst geworden, dass Frau W. es verabsäumt habe, die gegenständliche Frist in das Fristenbuch bzw. in den Kalender einzutragen. Er weise in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass er seit Beginn seiner selbständigen Berufstätigkeit () keine einzige abgabenrechtliche Frist versäumt habe. Er sei vom bis auf Weihnachtsurlaub gewesen.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde nach Gesetzeszitaten aus, unbestritten sei, dass die dem angefochtenen Säumniszuschlagsbescheid zu Grunde liegende Abgabenverbindlichkeit nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet worden sei. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Festsetzung des Säumniszuschlages lägen daher vor.

Auf Antrag des Abgabepflichtigen seien Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden treffe. Die vom Beschwerdeführer beschriebene Organisation seiner Kanzlei im Zusammenhang mit der Einhaltung von Fristen könne nur funktionieren, wenn die Eintragung der Fristen und Termine in das Fristenbuch bzw. in den Kalender erfolge. Passiere dabei ein Fehler, könne es zu keiner Eintragung in das EDV-Programm kommen und eine Kontrolle der Einhaltung von Fristen und Terminen sei damit nicht mehr möglich. Für die Eintragung der Fristen bezüglich Abgabenverbindlichkeiten sei Frau W. zuständig. Der Beschwerdeführer habe nicht dargelegt, dass von irgendjemandem, sei es von der Kanzleileiterin oder von ihm selbst, jemals kontrolliert werde, ob von ihr ein Termin in das Fristenbuch eingetragen werde. Der regelmäßige Einblick in das Fristenbuch bzw. in das EDV-Programm könne keine wirksame Kontrolle darstellen, wenn zuvor die Eintragung verabsäumt worden sei. Nach Ansicht der belangten Behörde setzten im vorliegenden Fall die entsprechenden Kontrollen zu spät ein.

Die den Säumniszuschlag auslösende Einkommensteuer 2006 sei außergewöhnlich hoch gewesen, sodass bereits im Oktober und November 2007 darauf zwei Zahlungen geleistet worden seien. Der vom Gesetzgeber vorgesehene Idealfall wäre, dass die Einkommensteuervorauszahlungen die Einkommensteuer für ein Kalenderjahr völlig abdeckten. Davon könne im Beschwerdefall jedoch keine Rede sein. Gerade in einer solchen Ausnahmesituation wäre es am Beschwerdeführer gelegen gewesen, ganz besonders darauf zu achten, dass der noch zu entrichtende Betrag rechtzeitig überwiesen werde. Es sei nicht dargelegt worden, dass er nach Erhalt des Einkommensteuerbescheides 2006 seine Angestellte im Besonderen darauf hingewiesen hätte, den Restbetrag rechtzeitig zur Einzahlung zu bringen. Erschwerend komme hinzu, dass auch nach Erhalt des Säumniszuschlagsbescheides vom der Betrag nicht umgehend zur Einzahlung gebracht worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, wenn die belangte Behörde ausführe, dass er nicht dargelegt habe, dass kontrolliert worden sei bzw. kontrolliert werde, ob ein Termin in das Fristenbuch eingetragen werde, übergehe sie sein entsprechendes Vorbringen. Die belangte Behörde gehe auch mit keinem Wort auf sein Vorbringen ein, wonach er in fast achtjähriger Tätigkeit nicht eine einzige abgabenrechtliche Frist versäumt habe. Das einmalige Versäumnis einer Frist sei nicht als grobes Verschulden zu werten, sondern sei auf Grund der bis zur Fristversäumnis an den Tag gelegten Verlässlichkeit nur von einem leichten Verschulden auszugehen. Es könne ihm nicht zugemutet werden, die Eintragung jeder Frist in das Fristenbuch zu kontrollieren. Es komme österreichweit in allen Anwaltskanzleien vor, dass grundsätzlich die Frist vom Personal eingetragen werde und der Rechtsanwalt nur stichprobenartig die Eintragung der Fristen kontrolliere.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines solchen kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an. Der Hinweis des Beschwerdeführers, dass er seit dem Jahr 2000 erstmalig eine abgabenrechtliche Frist versäumt habe, ist daher für die Herabsetzung oder Unterlassung der Festsetzung des Säumniszuschlages nicht von entscheidender Bedeutung. Entscheidend ist nach der zitierten Gesetzesstelle, ob ihn an der Säumnis ein grobes Verschulden trifft.

Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt (vgl. Ritz, BAO3, § 217, Tz 43). Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt.

(Grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Partei (oder des Parteienvertreters) ist nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst (bzw. ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist (vgl. auch hiezu Ritz, a.a.O., § 217 Tz 46).

Der Umstand, dass die Kanzleiangestellte, Frau W., es "schlicht und einfach übersehen" hat, die gegenständliche Frist in das Fristenbuch bzw. den Kalender einzutragen, ist daher nicht weiter zu beurteilen. Entscheidend ist zunächst das Verhalten des Beschwerdeführers in Bezug auf die Eintragung dieser Frist in den Fristenvormerk. Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass im Zusammenhang mit der Eintragung von abgabenrechtlichen Fristen der Beschwerdeführer nicht dargelegt habe, dass von irgendjemand, sei es von der Kanzleileiterin oder von ihm selbst, jemals kontrolliert worden sei, ob ein Termin in das Fristenbuch eingetragen wurde. Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde diesbezüglich eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vorwirft, ist ihm nicht zu folgen. Die belangte Behörde hat sich ausschließlich auf sein Vorbringen gestützt, das in diesem Punkt eindeutig und unmissverständlich gehalten ist. In der Beantwortung des Vorhaltes vom führte der Beschwerdeführer im zweiten Absatz zum Punkt 1. aus, dass für die Eintragung der Fristen bezüglich Abgabenverbindlichkeiten Frau W. zuständig ist. Am Ende dieses Absatzes führte er aus, darüber hinaus nehme er selbst immer wieder regelmäßig Einblick in das Fristenbuch bzw. in das EDV-Programm. Aus diesem Vorbringen ergibt sich eindeutig, dass die Eintragung von abgabenrechtlichen Fristen einzig und allein von der Angestellten Frau W. vorgenommen wird, und niemand, weder die Kanzleileiterin (so auch ausdrücklich auf Seite 3 der Beantwortung des Vorhaltes) noch der Beschwerdeführer selbst, eine Kontrolle vornimmt. Ausgehend von dieser, in einem mängelfreien Verfahren getroffenen Feststellung, vermag der Verwaltungsgerichtshof der Beurteilung der belangten Behörde, dass die Organisation des Kanzleibetriebes des Beschwerdeführers nicht so eingerichtet ist, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Wahrnehmung von Fristen sicher gestellt ist, nicht entgegenzutreten. Es ist auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde diesen Mangel in der Organisation des Kanzleibetriebes dem Beschwerdeführer als ein grobes Verschulden zugerechnet hat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am