VwGH vom 27.02.2013, 2013/05/0021
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde des Mag. G E in Wien, vertreten durch Dr. Rudolf Deitzer, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Eggerthgasse 9/2, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB- 452/12, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: K in Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde, des vorgelegten, angefochtenen Bescheides und der weiters vorgelegten Beilagen geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:
Das zugrundeliegende Bauverfahren betrifft eine bebaute Liegenschaft im X Wiener Gemeindebezirk, die als Wohngebiet gewidmet ist. Mit Ansuchen vom beantragte die erstmitbeteiligte Partei (Bauwerberin) die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung für den Umbau von Büroräumlichkeiten im Erdgeschoß sowie im 1. Stock (des bestehenden Gebäudes) in einen Kindergarten mit vier Gruppen, darüber hinaus sollten eine zusätzliche Stiege und ein neuer gartenseitiger Ausgang hergestellt sowie Raumeinteilungen, Raumwidmungen und Mauerdurchbrüche abgeändert werden (der Beschwerdeführer trägt in diesem Zusammenhang vor, dass auch ein Spielplatz im Freien errichtet werden solle). Der Beschwerdeführer als Eigentümer eines angrenzenden Grundstückes erhob Einwendungen gegen das Vorhaben im Hinblick auf die zu erwartenden Lärmimmissionen.
Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/13, erteilte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom die angestrebte Baubewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, weil durch den Betrieb des Kindergartens auch auf der Grünfläche hinter dem bestehenden Gebäude eine unzumutbare ganztägige Lärmbelästigung der Anrainer zu erwarten sei. Er fordere deshalb zumindest die Errichtung eines geeigneten Schallschutzes entlang der zu benützenden Rasenfläche.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Nach Darstellung des Verfahrensgeschehens und gesetzlicher Bestimmungen heißt es zur Begründung zusammenfassend, die geplanten Kindergruppen (samt der projektierten allfälligen Gartennutzung) seien zweifelsfrei "Einrichtungen", die sozialen Zwecken im Sinne des § 6 Abs. 6 der Bauordnung für Wien (BO) dienten. Das Bauvorhaben in der festgesetzten Widmung Wohngebiet erweise sich daher als zulässig. Es handle sich um ein Vorhaben im Sinne des § 6 Abs. 6 erster Satz BO; diese Bestimmung normiere keine Immissionsbeschränkungen, weshalb sich der Nachbar bei einem solchen Vorhaben auf keine Bestimmungen stützen könne, die dem Schutz vor Immissionen dienten (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 97/05/0230, und vom , Zl. 2000/05/0281). Die vom Vorhaben allenfalls ausgehenden, vom Beschwerdeführer thematisierten Lärmimmissionen seien als widmungskonform anzusehen und von ihm hinzunehmen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist die Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 46/2010 anzuwenden.
§ 6 Abs. 6 BO und § 134a BO lauten (zum Teil auszugsweise):
"(§ 6) (6) In Wohngebieten dürfen nur Wohngebäude und Bauwerke, die religiösen, kulturellen oder sozialen Zwecken oder der öffentlichen Verwaltung dienen, errichtet werden. Die Errichtung von Gast-, Beherbergungs-, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, von Büro- und Geschäftsbauwerken sowie die Unterbringung von Lagerräumen, Werkstätten oder Pferdestallungen kleineren Umfanges und von Büro- und Geschäftsräumen in Wohngebäuden ist dann zulässig, wenn sichergestellt ist, daß sie nicht durch Rauch, Ruß, Staub, schädliche oder üble Dünste, Niederschläge aus Dämpfen oder Abgasen, Geräusche, Wärme, Erschütterungen oder sonstige Einwirkungen, Gefahren oder den Wohnzweck beeinträchtigende Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen geeignet sind."
"§ 134 a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:
…
e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Bauwerkes ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;
f) …
(2) Bestimmungen gemäß Abs. 1 lit. e dienen dem Schutz der Nachbarn nur insoweit, als nicht ein gleichwertiger Schutz bereits durch andere Bestimmungen gegeben ist. Ein solcher gleichwertiger Schutz ist jedenfalls gegeben bei Emissionen aus Bauwerken und Bauwerksteilen mit gewerblicher Nutzung im Industriegebiet, im Gebiet für Lager- und Ländeflächen, in Sondergebieten, im Betriebsbaugebiet sowie im sonstigen gemischten Baugebiet, sofern auf sie das gewerberechtliche Betriebsanlagenrecht zur Anwendung kommt.
(3) …"
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers handelt es sich beim projektierten Kindergarten um eine soziale Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 6 erster Satz BO. Richtig ist, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 97/05/0098 (in der Beschwerde irrig als "97/05/27" bezeichnet), diese Eigenschaft hinsichtlich eines Kindergartens für "seelenbedürftige" Kinder bejaht hat. Es besteht aber kein ersichtlicher Grund, den nun projektierten Kindergarten nicht auch als Einrichtung zu qualifizieren, die sozialen Zwecken im Sinne des § 6 Abs. 6 erster Satz BO dient; so hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0281, diese Eigenschaft auch hinsichtlich eines Turnsaales zu einer Schule bejaht (und dies auch für den Fall, dass dieser Turnsaal, wie damals vorgetragen, auch von Vereinen benützt werden sollte und, wie in der damaligen Beschwerde behauptet, es sich um den vierten Turnsaal für eine Schule mit insgesamt 523 Schülern handle - zu einem Kindergarten in einem Wohngebiet in Graz siehe im Übrigen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/06/0125).
Die weiteren Beschwerdeausführungen verkennen, dass § 134a Abs. 1 lit. e BO kein eigenständiges (selbständiges) Nachbarrecht auf Immissionsschutz einräumt, sondern auf Bestimmungen verweist, die den Schutz vor Immissionen zum Inhalt haben. Der im Beschwerdefall maßgebliche § 6 Abs. 6 erster Satz BO sieht aber für die davon erfassten Vorhaben keinen Immissionsschutz der Nachbarn vor (siehe dazu beispielweise das bereits genannte hg. Erkenntnis vom , mwN). Der Verweis des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/05/0757, geht insofern fehl, als es sich dort um einen Gaststättenbetrieb (§ 6 Abs. 6 2. Satz BO) gehandelt hat.
Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung (wonach die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer behaupteten Anspruch auf Immissionsschutz zu Unrecht verneint habe) nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am