VwGH vom 27.09.2012, 2010/16/0084
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Ruth Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Otto-Bauer-Gasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/4169- W/09, betreffend Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt einen Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der Familienbeihilfe für seinen Sohn F für den Zeitraum März 2005 bis Jänner 2006 mit der Begründung ab, der Sohn des Beschwerdeführers habe die vorgesehene Studiendauer für den ersten Studienabschnitt aus der Studienrichtung Geographie mit überschritten und die erste Diplomprüfung erst am positiv abgeschlossen.
In der mit Schriftsatz vom dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, F habe sämtliche Prüfungen des ersten Studienabschnittes im fünften Semester, dem Toleranzsemester zum ersten Studienabschnitt, abgelegt, bis auf eine Prüfung, hinsichtlich welcher bestätigt worden sei, dass sie aus organisatorischen Gründen erst im Juni habe stattfinden können. Eine schriftliche Abschlussarbeit habe F im April 2005 noch rechtzeitig für das Wintersemester bei Universitätsprofessor H. zum Proseminar Bevölkerungsgeographie abgegeben. Während des gesamten fünften und sechsten Semesters habe F bereits für den zweiten Studienabschnitt gearbeitet. Wiederum aus inneruniversitären Gründen - da nämlich die Korrektur für die Arbeit für Bevölkerungsgeographie neun Monate gedauert habe, weil dieser Professor etwa dreihundert Arbeiten zu korrigieren gehabt habe - habe F erst im November davon erfahren, dass die Arbeit negativ beurteilt worden sei und er sich einer Nachprüfung unterziehen müsse, was im Jänner 2006 geschehen sei. Es seien also universitäre Gründe für die Verzögerung der Beendigung des ersten Studienabschnittes um weitere zwei Semester vorgelegen. In anderen Studien würden Korrekturen binnen einer Woche und nicht in neun Monaten erfolgen.
Abgesehen davon habe F nunmehr ein Studium, welches eine Mindeststudiendauer von neun Semestern aufweise, in zehn Semestern mit dem Titel Mag.rer.nat. beendet.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. F habe mit die vorgesehene Studienzeit für den ersten Studienabschnitt voll ausgeschöpft und den ersten Studienabschnitt am mit der ersten Diplomprüfung beendet.
Mit Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer dagegen einen Vorlageantrag.
Die belangte Behörde wies mit Berufungsentscheidung vom die Berufung als unbegründet ab. Nach Ansicht der belangten Behörde sei kein universitätsseitiges Hindernis für die Ablegung einer Diplomprüfung oder eines Rigorosums, sondern eine im privaten Bereich verursachte Verzögerung vorgelegen. Dies werde auch durch eine Bestätigung der Universität Wien untermauert, dass die Semesterarbeit zum Proseminar Bevölkerungsgeographie vom Sohn des Beschwerdeführers im April 2005 abgegeben worden sei. Der nächste Termin, zu dem der Sohn des Beschwerdeführers die genannte Lehrveranstaltung - da die Semesterarbeit nicht positiv habe bewertet werden können - habe positiv abschließen können, sei Ende Jänner 2006 gewesen. Dies zeige, dass die Abgabe im April 2005 bereits nach der vorgesehenen Studiendauer für den ersten Studienabschnitt mit erfolgt sei. Somit komme es nicht darauf an, wann der Professor die Arbeit korrigiert habe, weil die Arbeitsabgabe bereits nach der vorgesehenen Studienzeit erfolgt sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom , 2008/13/0212, (Vorerkenntnis) die erwähnte Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, weil er Feststellungen zur Studiendauer vermisste und sich aus den Ausführungen im aufgehobenen Bescheid, die "vorgesehene Studienzeit" für den ersten Studienabschnitt sei mit überschritten, das von der belangten Behörde erzielte Ergebnis des Wegfalls des Anspruchs mit März 2005 nicht ableiten ließ. Weiters hat sich die belangte Behörde - so der Verwaltungsgerichtshof weiter - unter Weglassung des Wortes "fristgerecht" in ihrer Bezugnahme auf das Zitat in der Berufungsvorentscheidung begründungslos darüber hinweggesetzt, dass die Abgabe der Arbeit des Sohnes des Beschwerdeführers im April 2005 nach der vorliegenden Bestätigung "fristgerecht" gewesen sei, was eine Prüfung des weiteren Verlaufes - wenn es zutraf - jedenfalls erforderte. Dass schließlich das von der belangten Behörde offenbar selbst angenommene Verstreichen von mehr als elf Monaten zwischen der Abgabe einer schriftlichen Arbeit und der nächsten Gelegenheit, zu der bei negativer Beurteilung erforderlichen Prüfung anzutreten, eine im privaten Bereich verursachte Verzögerung gewesen wäre, kam im aufgehobenen Bescheid, falls er so gemeint sein sollte, nicht schlüssig zum Ausdruck. Die rechtliche Relevanz dieser vom Sohn des Beschwerdeführers allenfalls nicht zu vertretenden Verzögerung ließe sich - so der Verwaltungsgerichtshof abschließend - nur auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über den Studienverlauf insgesamt beurteilen.
Im fortgesetzten Verfahren teilte Universitätsprofessor H. der belangten Behörde mit E-Mail vom auf deren Vorhalt vom mit, das Proseminar Bevölkerungsgeographie sei eine Lehrveranstaltung, für deren positiven Abschluss sowohl eine schriftliche Prüfung positiv absolviert werden müsse als auch eine eigenständige kleine wissenschaftliche Arbeit verfasst werden müsse. Da es sich dabei um eine relativ aufwendige Arbeit mit zahlreichen Datenanalysen, Graphiken und Interpretationen handle, sei der letzte Abgabetermin, zu dem die Arbeit noch zur Beurteilung habe vorgelegt werden können, der erste Arbeitstag nach den Osterferien oder der darauffolgende Montag. "Fristgerechte" Abgabe der Semesterarbeiten für das Proseminar Bevölkerungsgeographie im Wintersemester 2004/2005 heiße also, dass die Arbeit bis zur Beurteilung eingelangt sei und - weil "fristgerecht" abgegeben - auch zur Beurteilung akzeptiert worden sei.
Der Beschwerdeführer brachte mit Schriftsatz vom auf Vorhalt der belangten Behörde vor, bei Geographie könne studienabschnittüberschreitend studiert werden. Es sei nicht einzusehen, warum bei schnellerem Studium in einem Studienabschnitt ein Guthaben in den nächsten mitgenommen werden könne, dasselbe aber umgekehrt nicht möglich sein solle. Weiters seien zwischen der Abgabe der Semesterarbeit zum Proseminar Bevölkerungsgeographie und der Beurteilung durch den Professor neun Monate verstrichen. Hätte der Professor sofort nach der rechtzeitigen Abgabe der schriftlichen Arbeit diese kontrolliert und für negativ beurteilt und eine Prüfung sofort ermöglicht, hätte ab Ende April 2005 bereits das Semester dem zweiten Studienabschnitt zugerechnet werden können und müssen und wäre der erste Abschnitt bis Ende April absolviert gewesen. Das Nichttätigkeitwerden des Professors - offenbar eben aus universitätsinternen Gründen - durch neun Monate könne F nicht mit Verlust der Familienbeihilfe angelastet werden. Wie sich aus bereits vorgelegten Zeugnissen ergebe, habe F für diesen zweiten Studienabschnitt de facto bereits im Sommersemester 2005 näher angeführte Lehrveranstaltungszeugnisse erworben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und rechtlichen Ausführungen stellte die belangte Behörde fest, dass F das Studium der Geographie im September 2002 (Wintersemester 2002/2003) begonnen habe. Nach dem aktenkundigen Studienplan für die Studienrichtung Geographie umfasse der erste Studienabschnitt vier Semester, sodass die vorgesehene Studienzeit für den ersten Studienabschnitt mit dem Sommersemester 2004 geendet habe. Das Wintersemester 2004/2005, sei bereits das "Toleranzsemester" gewesen. Es sei unbestritten, dass F den ersten Studienabschnitt am mit der ersten Diplomprüfung beendet habe. Damit habe F mit die vorgesehene Studienzeit für den ersten Studienabschnitt plus ein Toleranzsemester voll ausgeschöpft.
Im Beschwerdefall sei kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vorgelegen, welches die Studienzeit verlängert hätte. Innerhalb der bis zum reichenden Nachfrist des betreffenden Semesters sei keine erfolgreiche Ablegung einer Prüfung vorgelegen. Vom Beschwerdeführer habe auch keine Bestätigung für ein universitätsseitiges Hindernis für die verspätete Ablegung einer Diplomprüfung oder eines Rigorosums vorgelegt werden können, somit liege eine durch den Sohn des Beschwerdeführers (nämlich durch die Qualität seiner Arbeit, welche eine negative Beurteilung ausgelöst habe) verursachte Verzögerung vor. Da die Abgabe der in Rede stehenden Semesterarbeit im April 2005 bereits nach der vorgesehenen Studiendauer für den ersten Studienabschnitt plus ein Toleranzsemester erfolgt sei, komme es entgegen den Ausführungen in der Berufung nicht darauf an, wann der Professor die Arbeit korrigiert habe, weil die Abgabe bereits nach der vorgesehenen Studienzeit und auch nach Verstreichen des Toleranzsemesters erfolgt sei und keine erfolgreiche Ablegung einer Prüfung innerhalb der Nachfrist vorliege.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht auf Gewährung der Familienbeihilfe verletzt erachtet.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) in dem Beschwerdefall noch maßgebenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 23/1999 lautet auszugsweise:
"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
…
b) für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter …..
Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß."
Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG wird Familienbeihilfe nur auf Antrag gewährt. Die Familienbeihilfe wird nach § 10 Abs. 2 leg. cit. von Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt. Für ein Monat gebührt gemäß § 10 Abs. 4 FLAG Familienbeihilfe nur einmal.
Die Frage, ob für einen bestimmten Anspruchszeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum ist der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruchs für ein Kind kann somit von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2009/16/0121, mwN). Bei der Beurteilung, ob der Anspruch auf Familienbeihilfe für den Anspruchszeitraum gegeben ist, ist grundsätzlich eine ex ante Prüfung vorzunehmen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2012/16/0008, und vom , 2011/16/0062). Eine ex-post Betrachtung ist etwa auf Grund der gesetzlichen Anordnung des § 5 Abs. 1 FLAG (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0086) oder im Falle der Zuordnung einer nach Semesterende absolvierten Prüfung zu einem vorangegangen Semester nach universitären Vorschriften (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/16/0128) anzustellen.
Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass der Sohn des Beschwerdeführers den ersten Studienabschnitt nicht innerhalb der vorgesehenen Studienzeit von vier Semestern und des "weiteren Toleranzsemesters" absolviert hat.
Der Beschwerdeführer trägt vor, dass das Geographiestudium in zwei Studienabschnitte eingeteilt sei, wobei der erste Studienabschnitt eine Mindeststudienzeit von vier Semestern und der zweite Studienabschnitt eine Mindeststudienzeit von fünf Semestern umfasse. Daraus ergebe sich eine Gesamtmindeststudienzeit von neun Semestern. Zu jedem Abschnitt komme ein "Toleranzsemester" hinzu, in welchem die Familienbeihilfe weiterhin gewährt werde. Daraus ergebe sich eine mögliche Anspruchsdauer für die Familienbeihilfe während des Geographiestudiums von elf Semestern. Es sei richtig, dass F (aus nicht selbstverschuldeten Gründen) den ersten Abschnitt erst im Jänner 2006, somit nach knapp sieben Semestern, beendet habe. Da F jedoch ein fleißiger, leistungsorientierter und zielstrebiger Student gewesen sei, habe er in den neun Monaten zwischen der Abgabe der dann negativ beurteilten Prüfungsarbeit und der Bekanntgabe des Ergebnisses dieser Arbeit sein Studium zielstrebig weiterbetrieben. Er habe etliche Prüfungen des zweiten Abschnittes absolviert und Lehrveranstaltungen besucht. Dadurch sei es ihm möglich gewesen, im Juli 2007 den zweiten Abschnitt des Geographiestudiums zu beenden und den Titel Mag.rer.nat. zu erwerben. Damit habe F den zweiten Studienabschnitt, für welchen eine Mindeststudiendauer von fünf Semestern vorgesehen sei, in drei Semestern absolviert. Er habe somit bei einer Mindeststudienzeit plus zwei Toleranzsemestern von insgesamt elf Semestern nur eine Studienzeit von zehn Semestern benötigt. Die in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorgesehene Möglichkeit, einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zuzurechnen, wenn ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert werde, zwinge zum Umkehrschluss, dass jene Zeit, welche man im ersten Abschnitt länger brauche, im zweiten Abschnitt eingeholt werden könne und dennoch für diese im ersten Abschnitt zu lang gebrauchte Zeit Familienbeihilfe zu erhalten.
Der vom Beschwerdeführer gezogene Umkehrschluss ist anhand der gebotenen ex ante Betrachtung nicht zulässig. Familienbeihilfe wird eben nicht am Ende eines Studiums rückwirkend zuerkannt, sondern nach der Bestimmung des § 10 FLAG für den einzelnen Monat bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für diesen jeweiligen Monat. Ist daher der erste Studienabschnitt nicht innerhalb der vorgesehenen Studienzeit zuzüglich des "Toleranzsemesters" absolviert, so besteht der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht deshalb weiter, weil bei einer ex post Betrachtung nach Ende des Studiums die Gesamtstudienzeit nicht überschritten worden wäre.
Eine wörtliche Auslegung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, wonach eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen ist, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschritten wird, ergäbe, dass bei einer Überschreitung der Studiendauer nach dem ersten Studienabschnitt keine Berufsausbildung mehr (auch im zweiten Studienabschnitt) vorläge.
Die Bestimmung, dass eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen ist, wenn das Kind die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschreitet, wurde durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, eingeführt. Die Materialien (72 Blg NR, 20. GP, 294 f) führen dazu aus, dass bei Studierenden die Familienbeihilfe in Anlehnung an das Studienförderungsgesetz grundsätzlich nur mehr dann gewährt werden soll, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt ein Semester nicht überschreitet.
§ 18 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG) in der bei Erlassen des Strukturanpassungsgesetzes 1996 maßgebenden Fassung lautet:
"Anspruchsdauer
§ 18. (1) Die Anspruchsdauer umfasst grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Rigorosen, Lehramtsprüfungen oder anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters. Sofern das Ausbildungsjahr nicht in Semester gegliedert ist. …
Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werden (§ 19).
(2) Nach Überschreitung der Anspruchsdauer liegt ein günstiger Studienerfolg so lange nicht vor, bis die abschließende Prüfung abgelegt wird.
(3) Die Anspruchsdauer wird nicht durch Semester verkürzt, die vor Absolvierung der dem vorhergehenden Studienabschnitt abschließenden Diplomprüfung oder des jeweiligen Rigorosums absolviert wurden und in den laufenden Studienabschnitt einzurechnen sind.
(4) Für Studierende an Universitäten und Kunsthochschulen, die die erste Diplomprüfung (das erste Rigorosum) in der vorgesehenen Studienzeit abgelegt haben, verlängert sich in dieser Studienrichtung die Anspruchsdauer im zweiten Studienabschnitt um ein Semester. Entsprechendes gilt bei Studienrichtungen, die in drei Studienabschnitte gegliedert sind, für die zweite Diplomprüfung (das zweite Rigorosum).
(5) …"
Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 98/1997 wurde das StudFG geändert und lautet dessen § 18 Abs. 3 nunmehr wie folgt:
"(3) Die Anspruchsdauer eines weiteren Studienabschnitts beginnt nicht vor jenem Semester, in dem die den vorangehenden Studienabschnitt abschließende Prüfung abgelegt wurde."
Die Materialien (701 Blg NR, 20. GP, 11) führen dazu aus, dass diese Bestimmungen eine notwenige Anpassung an das Universitäts-Studiengesetz sei, welches künftig nicht mehr die Einrechnung von Semestern vorsehe. Ob die Anspruchsdauer des zweiten oder dritten Studienabschnitts bereits in jenem Semester beginnt, in welchem die Diplomprüfung abgelegt wurde, hänge davon ab, ob sich der Studierende bei Ablegung der Diplomprüfung noch innerhalb der Anspruchsdauer befinde (in diesem Fall beginne die Anspruchsdauer des nächsten Studienabschnittes erst im darauffolgenden Semester).
Die teleologische Auslegung dieser Anordnung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG führt anhand der Aussagen in den Materialien bei der Einführung der Bestimmung, dass die Regelung an das Studienförderungesgesetz angelehnt werden solle, dazu, dass bei Überschreiten der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorgesehenen Studienzeit zuzüglich des "Toleranzsemesters" der Familienbeihilfenanspruch wegfällt, jedoch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dann (analog zu § 18 Abs. 2 StudFG) "wieder auflebt", wenn der betreffende Studienabschnitt verspätet, aber doch positiv absolviert ist (vgl. auch - wenngleich ohne nähere Begründung - Wimmer in Csaszar/Lenneis/Wanke, Familienlastenausgleichsgesetz, § 2 Rz 83).
Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe für F mit Ende des fünften Semesters im ersten Studienabschnitt weggefallen ist. Ein "Wiederaufleben" dieses Anspruches, das Vorliegen der Voraussetzungen für diesen Anspruch, nimmt die belangten Behörde mit dem späteren positiven Abschluss des ersten Studienabschlusses an.
Die Verlängerung der vorgesehenen Studienzeit durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis nach § 2 Abs. 1 lit. b vierter Satz FLAG hat der Verwaltungsgerichtshof bereits analog auch auf die Zählung der Semester angewendet, nach welchen ein Wechsel des Studiums dem Familienbeihilfenanspruch entgegensteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0058).
Diese Grundsätze sind nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch für den Fall anzuwenden, in dem ein Anspruch auf Familienbeihilfe deshalb erlischt, weil ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit zuzüglich des "Toleranzsemesters" nicht absolviert wird, nach positiver Absolvierung dieses Studienabschnittes bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen der Familienbeihilfenanspruch aber wieder "auflebt". Sollte daher in dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Zeitraum zwischen der Abgabe der dann negativ beurteilten Arbeit im April 2005 und dem positiven Abschluss des ersten Studienabschnittes mit ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gelegen sein, welches F über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten gehindert hätte, die letzte Prüfung des ersten Abschnittes im zweiten Versuch positiv zu absolvieren, läge eine Studienbehinderung vor, die eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester bewirken könnte.
Da die belangte Behörde lediglich darauf abgestellt hat, dass innerhalb der vorgesehenen Studienzeit einschließlich des "Toleranzsemesters" die abschließende Prüfung nicht erfolgreich abgelegt wurde, und es nicht für entscheidungswesentlich erachtet hat, "wann der Professor die Arbeit korrigiert hat", hat sie - obwohl gemäß § 63 VwGG durch das Vorerkenntnis gebunden - keine Feststellungen getroffen, ob die behauptete Korrekturzeit von neun Monaten zutrifft, ob dies (verglichen mit der zu erwartenden "üblichen" Korrekturzeit) ein ungewöhnliches und unvorhergesehenes Ereignis darstellt und ob sich dadurch der neuerliche Antritt zur Prüfung überhaupt und zutreffendenfalls um welchen Zeitraum verzögert hat.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am