VwGH vom 26.02.2013, 2010/15/0064
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2010/15/0063 E
2011/13/0113 E
2009/13/0214 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des J G H in S, vertreten durch die Arnold Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , Zl. RV/0058- S/09, miterledigt RV/189-S/09, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 1989 und Zurückweisung eines Antrages auf Erlassung eines abgeleiteten Bescheides nach § 295 BAO betreffend Einkommensteuer 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des mit (gemäß § 295 BAO geänderten) Bescheid vom (laut Berufung: 11. März und ; laut Beschwerde: ) abgeschlossenen Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1989. Mit Bescheid des Finanzamtes W vom (eingelangt am ) sei festgestellt worden, dass der dem genannten Einkommensteuerbescheid zugrunde liegende Feststellungsbescheid des Finanzamtes W vom mangels gültigem Bescheidadressaten der Bescheidcharakter fehle; es handle sich um einen Nichtbescheid. Die Qualifizierung des Grundlagenbescheides als Nichtbescheid stelle eine neu hervorgekommene Tatsache iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO dar und sei demnach ein tauglicher Wiederaufnahmegrund. Wenn selbst der Bescheid-erlassenden Behörde die Tatsache nicht bekannt gewesen sei, dass der Grundlagenbescheid nicht über Bescheidcharakter verfügt habe, so könne diese Tatsache im Verhältnis zum Rechtsunterworfenen nur als "neu hervorgekommen" gelten. Den Beschwerdeführer treffe kein grobes Verschulden an der Nichtgeltendmachung dieses Umstandes.
Das Finanzamt erließ am eine - an den Beschwerdeführer zu Handen seiner steuerlichen Vertretung gerichtete - Erledigung mit folgendem Inhalt:
"Bescheid
Das Ansuchen von (Beschwerdeführer) vom (…) betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens gem § 303 Abs. 1 lit. b BAO betreffend den gem. 295 BAO abgeänderten ESt-Bescheid 1989 hinsichtlich der Beteiligungen ('K RNF der K GmbH und Mitgesellschafter') und ('K RNF M und Mitges').
Begründung:
Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist ausgeschlossen, da nach den Bestimmungen der § 207 ff BAO die Verjährung eingetreten und auch die Frist des § 304 lit. b BAO bereits abgelaufen ist."
Der Beschwerdeführer erhob gegen den "Zurückweisungsbescheid vom " Berufung und machte unter anderem geltend, schon der erste Feststellungsbescheid vom sei als Nichtbescheid zu qualifizieren. Die für diese Beteiligung am abgegebene einheitliche und gesonderte Feststellungserklärung sei demnach bis heute nicht erledigt. Somit könne hinsichtlich des Jahres 1989 keine Verjährung eingetreten sein, weil gemäß § 209a Abs. 2 BAO die Einkommensteuerveranlagung des Steuerpflichtigen mittelbar von der Erledigung der abgegebenen Feststellungserklärung abhänge. Weiter werde beantragt, einen abgeleiteten Bescheid zu erlassen, der den Rechtszustand wiederherstelle, der vor Erlassung des rechtswidrigen abgeleiteten (weil von einem nichtigen Bescheid abgeleitet) Bescheides bestanden habe.
Das Finanzamt wies mit Bescheid vom den Antrag auf Erlassung eines abgeleiteten Bescheides nach § 295 BAO betreffend Einkommensteuer 1989 zurück. Begründend führte das Finanzamt aus, die Eingabe sei nicht fristgerecht innerhalb der absoluten Verjährungsfrist eingebracht worden. Der Lauf der Verjährungsfrist der Einkommensteuer habe mit Ablauf des Jahres 1989 begonnen. Die zehnjährige absolute Verjährungsfrist zur Festsetzung der Einkommensteuer habe somit mit Ablauf des Jahres 1999 geendet, es sei denn, § 209a BAO würde eine Ausnahme vorsehen. Nach § 209a BAO stehe einer Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhänge. Die Festsetzung der Einkommensteuer sei jedoch nicht von der Erledigung der Berufung gegen den Feststellungsbescheid vom abgehangen, da es sich um eine Formalentscheidung (Zurückweisung) gehandelt habe, die keinen Inhalt im Sinne des § 188 BAO (Höhe der Einkünfte und deren Verteilung) habe enthalten können. Darüber hinaus normiere § 295 Abs. 1 BAO ausdrücklich eine Berichtigung "von Amts wegen", es bestehe daher kein Antragsrecht auf eine Maßnahme nach § 295 BAO, sodass der Antrag auch aus diesem Grunde zurückzuweisen gewesen sei. Einer Berichtigung von Amts wegen stehe aber der Eintritt der absoluten Verjährung entgegen.
Der Beschwerdeführer erhob auch gegen diesen Bescheid Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen ab.
Begründend führte die belangte Behörde - nach Schilderung des Verfahrensganges - im Wesentlichen aus, der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gründe auf der Feststellung des Finanzamtes W, das mit Bescheid vom ausgesprochen habe, dass dem Bescheid bezüglich der Feststellung der Einkünfte für 1989 vom mangels gültigem Bescheidadressaten der Bescheidcharakter fehle und dieser somit keine normative Kraft entfalten könne. Dieser Bescheid sei offenbar als Reaktion auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2002/13/0225, ergangen, mit welchem ausgesprochen worden sei, dass die Berufungsentscheidung vom kein Bescheid sei, weil sie sich unter anderem an nicht mehr existierende Personen gerichtet habe.
Die vom Beschwerdeführer selbst zitierte Beschwerde sei von insgesamt 976 Beschwerdeführern, unter anderem auch von ihm eingebracht worden. In dieser Beschwerde vom sei ausführlich dargestellt worden, dass unter anderem der Feststellungsbescheid 1989 vom falsch adressiert gewesen sei; der Feststellungsbescheid sei demnach nicht rechtswirksam ergangen. Damit bestünden keine Zweifel daran, dass das Finanzamt mit der Zurückweisung vom nur einen Mangel bestätigt habe, der dem Beschwerdeführer selbst (bzw. seinem Berater) schon spätestens im Dezember 2002 bekannt und bewusst gewesen sei. In der Zwischenzeit sei ein weiterer mit datierter Bescheid ergangen, in dem der Ausspruch des am erlassenen Schriftstückes wiederholt worden sei. Dieser neuerliche Ausspruch sei zusätzlich mit dem Hinweis auf die Zustellfiktion des § 101 Abs. 4 BAO versehen, welcher im ersten Bescheid nicht enthalten gewesen sei.
Betreffend die beantragte Wiederaufnahme könnten nicht die Entscheidung über die Zurückweisung der Berufung vom , sondern ausschließlich die Tatsachen und Beweismittel, die zu dieser Entscheidung geführt hätten, als Neuerung beurteilt werden. Die Entscheidung selbst könne schon deshalb nicht als Neuerung herangezogen werden, weil es sich bei ihr um ein nach Erlassung des letztgültigen Einkommensteuerbescheides neu entstandenes Faktum handle.
Die Tatsache sowie die Gründe der Falschadressierung des Feststellungsbescheides vom seien vom Beschwerdeführer selbst am in einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vorgebracht worden, bei der er selbst als Beschwerdeführer eingeschritten sei. Diese Tatsache und die entsprechenden Beweismittel seien dem Beschwerdeführer bzw. seinem Vertreter damit spätestens an diesem Tag bekannt und bewusst gewesen. Der Antrag auf Wiederaufnahme sei sohin erst mehr als fünf Jahre nach der nachweislichen Kenntniserlangung der dafür behaupteten Gründe gestellt worden, weshalb dieses Anbringen jedenfalls außerhalb der 3-Monatsfrist und damit verspätet sei.
Die absolute Verjährungsfrist begrenze auch die Frist des § 304 lit. a BAO. Das Recht auf Festsetzung einer Abgabe verjähre spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches. Der Abgabenanspruch der veranlagten Einkommensteuer entstehe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen werde. Damit sei die absolute Verjährung mit Ablauf des Jahres 1999 und somit jedenfalls vor dem Jahr 2008 eingetreten. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass diese Frist erst mit dem Steuerreformgesetz 2005 von fünfzehn auf zehn Jahre verkürzt worden sei. Selbst nach Maßgabe der längeren Frist wäre die absolute Verjährung mit Ablauf des Jahres 2004 eingetreten.
Ein Wiederaufnahmeantrag sei jedoch trotz Eintrittes der absoluten Verjährung zulässig, wenn dieser innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheides eingebracht worden sei. Im vorliegenden Fall sei es unbestritten, dass die formelle Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides 1989 vom 11. März bzw. jedenfalls im Jahr 1998 eingetreten sei; die Fünfjahresfrist sei spätestens 2003 abgelaufen. Somit sei der Wiederaufnahmeantrag auch unter diesem Aspekt nicht mehr zulässig.
§ 209a BAO verhindere nicht den Eintritt der Verjährung, sondern erlaube nur, dass eine Abgabenfestsetzung in bestimmten Fällen trotz des Eintrittes der Verjährung erfolgen könne. Für den hier vorliegenden Wiederaufnahmeantrag komme § 209a Abs. 2 BAO nicht zur Anwendung, weil der Antrag nicht vor Eintritt der Verjährung eingebracht worden sei. Der Umstand, dass allenfalls eine Abgabenfestsetzung noch auf Grund anderer noch nicht erledigter Anträge trotz Eintritts der Verjährung zulässig sein könnte, bedeute noch nicht, dass die Abgabenfestsetzung auf Grund des gegenständlichen Wiederaufnahmeantrages zulässig sein könnte.
Die in einem Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom vertretene Rechtsansicht, wonach die Wiederaufnahme auch dann zu bewilligen sei, wenn die Bemessungsverjährung der Erlassung eines neuerlichen Änderungsbescheides entgegenstehe, werde von der belangten Behörde, deren Mitglieder bei Besorgung der ihnen zukommenden Aufgaben weisungsfrei seien, nicht geteilt.
Die vom Finanzamt verfügte Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages sei deshalb im Ergebnis zu Recht erfolgt. Der Antrag sei unzulässig gewesen, weil bei dessen Einbringung sowohl die Dreimonatsfrist des § 303 Abs. 2 BAO wie auch die Fristen des § 304 BAO bereits abgelaufen gewesen seien.
Die auf § 295 BAO gestützte Erlassung eines Bescheides sei eine amtswegige Maßnahme. Ein Antrag auf eine amtswegige Maßnahme sei nicht zulässig, weshalb er zurückzuweisen sei. § 295 BAO sehe kein Antragsrecht neben der Vorgangsweise von Amts wegen vor. Ein solches Antragsrecht wäre auch überflüssig, weil § 295 BAO keinen Ermessensspielraum lasse und es folglich durch § 311 Abs. 2 BAO ein Rechtsmittel gebe, das den Abgabepflichtigen vor Untätigkeit des Finanzamtes, wenn dieses von Amts wegen tätig zu werden habe, schütze. Deshalb stelle die Unzulässigkeit eines Antrages auf Erlassung eines abgeleiteten Bescheides gemäß § 295 BAO auch kein denkunmögliches Interpretationsergebnis dar.
Im Übrigen setze die Maßnahme des § 295 BAO die rechtliche Existenz eines Grundlagenbescheides voraus. Dieser müsse nachträglich - also nach Zustellung des abgeleiteten Bescheides - erlassen oder abgeändert worden sei. Da ein solcher rechtsgültiger Grundlagenbescheid - wie der Beschwerdeführer selbst ausführe - bis zum hier zugrunde liegenden Antrag nicht ergangen sei, komme eine Berichtigung des Einkommensteuerbescheides des Beschwerdeführers auch aus diesem Grund nicht in Betracht. Die Zurückweisung des Antrages durch das Finanzamt sei daher zu bestätigen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 680/09-8, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 680/09-10, abgetreten hat.
Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, er sei im Jahr 1989 atypisch stiller Gesellschafter (Mitunternehmer) einer Mitunternehmerschaft gewesen. Seinem Einkommensteuerbescheid 1989 sei vorerst eine negative "Tangente" aus dieser Mitunternehmerschaft zugrunde gelegt worden. Unter Inanspruchnahme des § 295 BAO sei in weiterer Folge ein abgeänderter abgeleiteter Einkommensteuerbescheid 1989 ergangen, dem lediglich eine abgeänderte (reduzierte) negative "Tangente" aus der Mitunternehmerschaft zugrunde gelegen sei, was für den Beschwerdeführer zu einer höheren Belastung an Einkommensteuer für 1989 geführt habe. Der abgeänderte Einkommensteuerbescheid 1989 sei in Rechtskraft erwachsen. Der vermeintliche Grundlagenbescheid, auf den sich das Finanzamt bei Erlassung des neuen abgeleiteten Bescheides berufen habe, sei - was inzwischen unbestritten feststehe - ein Nichtbescheid. Bis dato sei kein wirksamer Grundlagenbescheid 1989 erlassen worden. Der Beschwerdeführer habe einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1989 gestellt. Das Finanzamt habe mit "Bescheid" vom diesen Antrag erkennbar "zurückgewiesen"; im Spruch fehle zwar eine diesbezügliche Aussage, die Begründung sei jedoch unmissverständlich. Auch ein Antrag auf Erlassung eines abgeleiteten Bescheides nach § 295 BAO sei zurückgewiesen worden.
Im Spruch des (erstinstanzlichen) Bescheides betreffend die Wiederaufnahme fehle eine Angabe darüber, welcher Art der Erledigung das Ansuchen des Beschwerdeführers zugeführt werde. Da aber kein der Rechtssicherheit abträglicher Zweifel bestehe, sei dies irrelevant.
Der angefochtene Bescheid argumentiere, die steuerliche Vertretung habe schon im Jahr 2002 im Rahmen der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof auf den Fehler des Finanzamtes hingewiesen und von "Nichtbescheiden" gesprochen. Dabei handle es sich aber um keine wiederaufnahmeschädliche "Kenntnis", sondern um eine Rechtsansicht der steuerlichen Vertretung, die sich zwar letztlich als richtig herausgestellt habe, die aber weder vom Finanzamt noch von der Berufungsbehörde (damals) akzeptiert worden sei und die auch von keinem der Finanzämter beachtet worden sei, die in weiterer Folge nach § 295 BAO abgeleitete Bescheide erlassen hätten. Dem Beschwerdeführer diese "Kenntnis" zuzurechnen, bevor diese Frage überhaupt geklärt gewesen sei, widerspräche nicht nur Treu und Glauben, sondern auch dem Gebot der verfassungskonformen, gleichheitswidrige Ergebnisse vermeidenden Interpretation. Nichts zwinge allerdings, § 303 Abs. 2 BAO so zu lesen, dass im Streitfall eine maßgebliche 3-Monatsfrist nicht gewahrt wäre. Der Beschwerdeführer sei berechtigt, die Frist ab der entsprechenden "Klarstellung" und dem entsprechenden Eingeständnis der bis dahin vehement die gegenteilige Rechtsansicht vertretenden Finanzverwaltung zu rechnen.
Zu § 295 BAO gehe der angefochtene Bescheid davon aus, dass eine Antragstellung unzulässig sei. Es gebe aber keine gesetzliche Anordnung, wonach ein diesbezügliches Anbringen (§ 85 BAO) unzulässig wäre. Eine Maßnahme nach § 295 BAO setze auch nicht die rechtliche Existenz eines Grundlagenbescheides voraus. Vor Erlassung des Grundlagenbescheides existiere in der Regel nur die Feststellungserklärung der Mitunternehmerschaft. Die belangte Behörde hätte daher im vorliegenden Fall zum Ergebnis kommen müssen, dass dem Einkommensteuerbescheid 1989 die erklärte "Tangente" zugrunde zu legen sei. Allfällige Abweichungen wären ausreichend zu begründen gewesen.
Die Bescheide des Finanzamtes W vom und vom seien als "negative Grundlagenbescheide iSd § 188 BAO" zu beurteilen, welche daher die Pflicht der Finanzämter nach § 295 Abs. 3 BAO bewirkten, die rechtskräftigen Einkommensteuerbescheide 1989 aufzuheben.
Dem Beschwerdeführer sei nicht bekannt gewesen, dass Mitunternehmer verstorben gewesen wären; es gebe auch kein diesbezügliches Wissen Dritter, das den stillen Gesellschaftern zuzurechnen wäre; die im Abgabenverfahren vor dem Finanzamt W einschreitende steuerliche Beratung sei lediglich durch den Geschäftsherrn und Treuhänder der Mitunternehmer bevollmächtigt gewesen; sie habe die Mitunternehmer in deren steuerlichen Angelegenheiten nicht beraten oder vertreten.
In der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzten Beschwerde machte der Beschwerdeführer ergänzend geltend, der Spruch des (erstinstanzlichen) Bescheides betreffend die Wiederaufnahme sei nicht korrekt; aus dem Spruch sei nicht ersichtlich, wie über das Anbringen des Beschwerdeführers (stattgebend, abweisend oder zurückweisend) entschieden worden sei. Es liege kein Bescheid vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens:
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Nach § 303 Abs. 2 BAO ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.
Tatsachen im Sinne des § 303 BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente - auch wenn diese späteren rechtlichen Erkenntnisse (neuen Beurteilungskriterien) durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rechtsprechung gewonnen werden - sind keine derartigen Tatsachen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2012/15/0147, mwN).
Das Verfahren nach § 188 BAO stellt sich als Bündelung eines Ausschnittes der Einkommensteuerverfahren aller Beteiligten dar. Solcherart wird die Person, welche im Feststellungsverfahren dem Finanzamt gegenüber für die Personenvereinigung auftritt, für die Gesellschafter der Personenvereinigung (im Hinblick auf diesen Ausschnitt ihres Einkommensteuerverfahrens) tätig. Die Kenntnis des Vertreters über einen Wiederaufnahmegrund ist auch der vertretenen Partei zuzurechnen. Aus der einkommensteuerlichen Natur des Verfahrens nach § 188 BAO folgt, dass die Kenntnis des im Feststellungsverfahren agierenden Vertreters auch den Beteiligten (hinsichtlich ihrer Einkommensteuerverfahren) zuzurechnen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0153).
Bereits in der zu hg. 2002/13/0224 erhobenen Beschwerde wurde vom Vertreter (unter anderem auch) des nunmehrigen Beschwerdeführers vorgebracht, bei etwa fünfzig der in den Listen der belangten Behörde genannten Personen sei es - vor allem dadurch, dass Beteiligte verstorben seien - zwischen Mai 1990 und Juni 2002 zu Rechtsnachfolgen gekommen, auf die die belangte Behörde bei der Bezeichnung der Bescheidadressaten durch Verweisung auf diese Listen nicht Bedacht genommen habe. Weiter wurden in dieser Beschwerde auch Behauptungen über die mangelnde Bescheidqualität schon der erstinstanzlichen Erledigungen aufgestellt.
Damit waren aber dem Vertreter (auch) des Beschwerdeführers bereits zum Zeitpunkt der Einbringung jener Beschwerde im Jahr 2002 jene Tatsachen (Todesfälle von Beteiligten) bekannt, aus denen abzuleiten war, dass der dort angefochtenen Erledigung, aber auch der jener Erledigung zugrunde liegenden erstinstanzlichen Erledigungen (hier der Erledigung über die Feststellung von Einkünften für das Jahr 1989, datiert mit ) keine Bescheidqualität zukam. Nur auf die Kenntnis dieser Tatsachen, nicht aber auf die aus diesen Tatsachen ableitbare mangelnde Bescheidqualität (auch wenn diese Rechtsfolge von der Finanzverwaltung bestritten wurde) kommt es für die Frage der Rechtzeitigkeit der Einbringung des Antrages auf Wiederaufnahme an (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0153).
Damit wurde aber der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens (weit) außerhalb der Frist des § 303 Abs. 2 BAO eingebracht.
Der belangten Behörde kann daher schon deswegen nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Antrag auf Wiederaufnahme zurückgewiesen hat.
Zutreffend verweist der Beschwerdeführer darauf, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides mangelhaft ist, da dieser Spruch keine Ausführungen dazu enthält, wie über den Antrag des Beschwerdeführers entschieden wurde. Dadurch dass die belangte Behörde diesen Spruch - unverändert - (durch Abweisung der Berufung) bestätigt hat, ist insoweit auch der Spruch des angefochtenen Bescheides mangelhaft.
Gemäß § 93 Abs. 2 BAO hat jeder Bescheid unter anderem den Spruch zu enthalten. Erledigungen ohne Spruch (somit ohne normativen Inhalt) sind keine Bescheide (vgl. Ritz, BAO4, § 93 Tz 8). Der Spruch eines Bescheides ist im Zweifel im Sinne des angewendeten Gesetzes auszulegen. Bestehen Zweifel über den Inhalt des Spruches, so ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen (vgl. die bei Ritz, aaO, § 92 Tz 7, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Aus der Begründung des erstinstanzlichen (und des angefochtenen) Bescheides geht unzweifelhaft hervor, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens (wegen Eintritts der Verjährung und Ablaufs der Frist des § 304 lit. b BAO) zurückgewiesen wurde. In dieser Weise wurde der erstinstanzliche Bescheid auch vom Beschwerdeführer verstanden. Die Berufung wandte sich ausdrücklich "gegen den Zurückweisungsbescheid vom "; in der Begründung wurde ausgeführt, das Finanzamt habe den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens "mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Antrag auf Wiederaufnahme nicht rechtzeitig eingebracht wurde". Auch in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof brachte der Beschwerdeführer vor, der Antrag auf Wiederaufnahme sei "- erkennbar - 'zurückgewiesen'" worden.
Das Fehlen der Worte "wird zurückgewiesen" (wie im Bescheid vom ) im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides ist als einem Schreibfehler gleichzuhaltendes Versehen zu beurteilen. Da aus dem Zusammenhang des angefochtenen Bescheides aber eindeutig und offenkundig ersichtlich ist, dass die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers keine Folge geben wollte (es bestand daher, wie auch der Beschwerdeführer noch in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ausdrücklich vorbrachte, kein der Rechtssicherheit abträglicher Zweifel; vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 91/15/0085, VwSlg 6675 F), war dieser Fehler unbeachtlich, auch wenn ihn die Behörde (noch) nicht gemäß § 293 BAO berichtigt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/13/0124, mwN).
2. Antrag auf Erlassung eines abgeleiteten Bescheides gemäß § 295 BAO
Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er gemäß § 295 Abs. 1 BAO ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist.
§ 295 Abs. 1 BAO soll gewährleisten, dass abgeleitete Bescheide - hier der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1989 - dem aktuell vorliegenden Grundlagenbescheid (und der materiellen Rechtslage) entsprechen. Die grundsätzliche Funktion der genannten Vorschrift besteht darin, abgeleitete Bescheide mit den aktuellen Inhalten der zu Grunde liegenden Feststellungsbescheide in Einklang zu bringen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/13/0115, mwN). Eine Abänderung (oder Aufhebung) nach § 295 Abs. 1 BAO setzt aber voraus, dass nachträglich (nach Erlassung des "abgeleiteten" Bescheides, hier also im Jahr 1998) ein Feststellungsbescheid abgeändert, aufgehoben oder erlassen wird (vgl. Ritz, aaO § 295 Tz 3).
Ein derartiger Fall liegt hier aber nicht vor:
Der "Feststellungsbescheid", auf den sich der abgeleitete Einkommensteuerbescheid 1989 stützte, wurde nach Erlassung des Einkommensteuerbescheides nicht abgeändert oder aufgehoben; es wurde auch kein Feststellungsbescheid (erstmals) erlassen. Es wurde vielmehr durch Zurückweisung der Berufung gegen diesen Feststellungsbescheid im Rahmen der Begründung des Zurückweisungsbescheides festgehalten, dass dieser "Feststellungsbescheid" keine Bescheidwirkungen entfaltete. Dieser Umstand führt zwar dazu, dass sich der Einkommensteuerbescheid 1989 als rechtswidrig erweist, da für die Abänderung gemäß § 295 BAO im Jahr 1998 die Tatbestandsvoraussetzung des § 295 Abs. 1 BAO, nämlich die Abänderung eines Grundlagenbescheides nicht gegeben war. Dies wäre aber in einer Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid geltend zu machen gewesen (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom , 93/15/0088, und vom , 93/14/0203). Der Einkommensteuerbescheid 1989 erwuchs aber - unstrittig - unangefochten in Rechtskraft. Die Bestimmung des § 295 Abs. 4 BAO (idF BGBl. I Nr. 76/2011) ist im vorliegenden Fall noch nicht anzuwenden.
Eine Abänderung eines Grundlagenbescheides (oder eine erstmalige Erlassung eines solchen), auch nicht in der Weise, dass ein "negativer Grundlagenbescheid iSd § 188 BAO" erlassen worden wäre, liegt damit aber nicht vor. Damit ist die Tatbestandsvoraussetzung des § 295 Abs. 1 BAO nicht gegeben.
Der belangten Behörde kann daher schon deswegen nicht entgegengetreten werden, wenn sie dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erlassung eines abgeleiteten Bescheides gemäß § 295 BAO keine Folge gegeben hat.
3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am