zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 19.12.2019, Ra 2018/07/0454

VwGH vom 19.12.2019, Ra 2018/07/0454

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser, Mag. Haunold und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz, vertreten durch die Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 41.1-423/2018-2, betreffend eine Angelegenheit nach dem Umweltinformationsgesetz bzw. dem Steiermärkischen Umweltinformationsgesetz (mitbeteiligte Partei: Naturschutzbund S),

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides (hinsichtlich dessen Spruchpunkt I) richtet, zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Die mitbeteiligte Partei brachte beim Magistrat der Stadt Graz einen Antrag auf Herausgabe folgender Umweltinformationen ein: "Alle Studien zu den für (ein bestimmtes Kraftwerk) staubedingt zwingend notwendig zu errichtenden Sammelkanälen entlang des Staubereichs durch die Kraftwerkserrichter inklusive eventueller Kosten-Nutzen-Analysen und Wirtschaftlichkeitsanalysen dieser Varianten (...). Im Speziellen die Unterlagen mit einer klaren Darstellung der Kostenaufteilung zwischen umweltrelevanten Kosten für die Stadt Graz und technisch bedingten Kosten für die Kraftwerkserrichter."

2 Dabei berief sich die mitbeteiligte Partei primär auf die § 1 bis 5 Umweltinformationsgesetz (UIG), BGBl. Nr. 495/1993. Für den Fall, dass die verlangten Umweltinformationen nicht oder nicht im begehrten Umfang mitgeteilt werden sollten, beantragte sie "eventualiter gemäß § 8 UIG hierüber die Ausstellung eines Bescheides". Sofern sich das Begehren inhaltlich auf landesrechtliche Bestimmungen beziehe, stützte sie den Antrag sinngemäß auf die § 1 bis 5 Steiermärkisches Umweltinformationsgesetz (StUIG), LGBl. Nr. 65/2005. 3 Der Magistrat der Stadt Graz leitete dieses Auskunftsbegehren mit der Begründung, dass ihm die gewünschten Informationen nicht vorlägen, an die Holding Graz - Kommunale Dienstleistungen GmbH zur Beantwortung weiter. Diese übermittelte der mitbeteiligten Partei zwei Studien, verwies hinsichtlich der Kosten auf öffentlich zugängliche Gemeinderatsbeschlüsse und teilte "zur zweiten Frage" unter anderem mit, dass allfällige Entschädigungen und Kostenaufteilungen zwischen Projektbeteiligten keine Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 5 UIG darstellten. 4 Die revisionswerbende Behörde erließ daraufhin einen Bescheid, mit dem sie den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Herausgabe von Umweltinformationen betreffend "Alle Studien zu den für (ein bestimmtes Kraftwerk) staubedingt zwingend notwendig zu errichtenden Sammelkanälen entlang des Staubereichs durch die Kraftwerkserrichter inklusive eventueller Kosten-Nutzen-Analysen und Wirtschaftlichkeitsanalysen dieser Varianten" zurückwies (Spruchpunkt I) und betreffend "Unterlagen mit einer klaren Darstellung der Kostenaufteilung zwischen umweltrelevanten Kosten für die Stadt Graz und technisch bedingten Kosten für die Kraftwerkserrichter" abwies (Spruchpunkt II). Begründend führte sie aus, dass im Umfang des Spruchpunktes I die begehrte Information bereits erteilt worden sei, zu Spruchpunkt II handle es sich bei der Kostenaufteilung um keine Umweltinformation im Sinne des § 2 UIG bzw. § 2 StUIG.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde der mitbeteiligten Partei statt, behob den Bescheid hinsichtlich dessen Spruchpunkt I ersatzlos wegen Unzuständigkeit der Behörde und sprach betreffend Spruchpunkt II aus, dass "die Nichterteilung (gemeint offenbar: die Erteilung) der Umweltinformation zu Unrecht verweigert" worden sei, der Bescheid in diesem Umfang aufgehoben und die Angelegenheit an die revisionswerbende Behörde zurückverwiesen werde. Die ordentliche Revision erklärte es für nicht zulässig im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG.

6 Es stellte den Verfahrensgang sowie Inhalte der übermittelten Studien fest und führte zu Spruchpunkt I des Bescheides aus, dass die verlangte Information insoweit erteilt worden sei, die mitbeteiligte Partei in der Folge keine Rechtsverletzung vorgebracht und überdies den Antrag auf Bescheiderlassung nur für den Fall der Nichterteilung der Information gestellt habe. Eine Bescheiderlassung scheide damit aus. Zu Spruchpunkt II des Bescheides führte das Verwaltungsgericht aus, dass "Kosten/Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen, die im Rahmen einer Tätigkeit verwendet werden, welche eine Auswirkung auf den Zustand von Umweltbestandteilen haben", schon ex lege als Umweltinformationen anzusehen seien, wobei diese Begriffe nicht eng ausgelegt werden dürften. Die revisionswerbende Behörde werde im fortgesetzten Verfahren noch zu prüfen haben, ob Mitteilungsschranken oder Ablehnungsgründe im Sinne des § 6 UIG und § 6 StUIG vorlägen.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision, welche das Erkenntnis in seinem gesamten Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes anficht. Zur Zulässigkeit bringt sie vor, dass die ersatzlose Behebung der Zurückweisungsentscheidung in Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Reichweite der meritorischen Entscheidungskompetenz von Verwaltungsgerichten stehe und es zur Einordnung von "Kosten/Nutzen-Analysen" sowie "sonstigen wirtschaftlichen Analysen und Annahmen" als Umweltinformationen an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.

8 Die mitbeteiligte Partei hat nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung eingebracht, in der sie beantragte, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur ersatzlosen Behebung der zurückweisenden Entscheidung 9 1.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt etwa dann nicht vor, wenn die gesetzliche Rechtslage eindeutig ist, und zwar selbst, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist, sofern nicht fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation vorliegt, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (, mwN).

12 1.2. § 8 Abs. 1 UIG, BGBl. Nr. 495/1993 in der Fassung

BGBl. I Nr. 95/2015, lautet:

"Rechtsschutz

§ 8. (1) Werden die verlangten Umweltinformationen nicht oder nicht im begehrten Umfang mitgeteilt, so ist hierüber ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Informationsbegehrens, ein Bescheid zu erlassen. Zuständig zur Erlassung des Bescheides ist die informationspflichtige Stelle soweit sie behördliche Aufgaben besorgt. Über gleichgerichtete Anträge kann unter einem entschieden werden."

13 § 8 Abs. 1 StUIG, LGBl. Nr. 65/2005 in der Fassung

LGBl. Nr. 61/2017, lautet:

"§ 8 Rechtsschutz

(1) Werden die verlangten Umweltinformationen nicht oder nicht im begehrten Umfang mitgeteilt, so ist hierüber ein Bescheid zu erlassen, innerhalb von zwei Monaten. Zuständig zur Erlassung des Bescheides ist die informationspflichtige Stelle, soweit sie behördliche Aufgaben besorgt. Über gleich gerichtete Anträge kann unter einem entschieden werden."

14 Sowohl in der Stammfassung des § 8 Abs. 1 UIG als auch in jener des § 8 Abs. 1 StUIG war noch jeweils vorgesehen, dass (erst) "auf Antrag des/der Informationssuchenden hierüber ein Bescheid zu erlassen" ist. Der mit BGBl. I Nr. 95/2015 bzw. LGBl. Nr. 61/2017 umgesetzte Entfall des Antragserfordernisses ist auf eine Feststellung des Aarhus-Einhaltungsausschusses zurückführen, wonach das Verfahren für Antragsteller vereinfacht werden solle, sodass nun schon das Informationsbegehren als Antrag auf Bescheiderlassung im Verweigerungsfall zu verstehen ist (vgl. zum UIG ErläutRV 696 BlgNr 25. GP 3). Damit unterscheidet sich die Rechtslage nunmehr auch beispielsweise von § 4 Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987, und § 6 Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz, BGBl. Nr. 286/1987, samt den Ausführungsgesetzen der Länder, wonach weiterhin im Fall der Verweigerung bzw. Nichterteilung einer Auskunft (erst) auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen ist.

15 1.3. Ungeachtet dieser Änderungen ist weiterhin nach dem klaren Wortlaut des § 8 Abs. 1 UIG bzw. § 8 Abs. 1 StUIG Voraussetzung für die Erlassung eines Bescheides, dass die verlangten Umweltinformationen nicht oder nicht im begehrten Umfang mitgeteilt werden. Diese Voraussetzung lag nach der im Revisionsverfahren nicht bekämpften Beurteilung des Verwaltungsgerichts nicht vor, woraus folgt, dass ein Bescheid nicht zu erlassen war.

16 1.4. Soweit allerdings ein Informationssuchender - auch ungeachtet des Entfalls des Antragserfordernisses - ausdrücklich einen bescheidmäßigen Abspruch über sein Begehren beantragt, ist dieser Antrag auch in Bescheidform zu erledigen (vgl. etwa , zum Auskunftspflichtgesetz, wenn die Behörde zum Ergebnis kommt, dieses Gesetz sei nicht anwendbar). Dabei ist weiterhin davon auszugehen, dass dann, wenn die begehrte Information nach Ansicht der Behörde bereits erteilt wurde, eine Zurückweisung des Antrags zu erfolgen hat (vgl. , und , 2001/11/0090, zum Auskunftspflichtgesetz und Wiener Auskunftspflichtgesetz). 17 Im vorliegenden Fall hat die mitbeteiligte Partei jedoch die "Ausstellung eines Bescheides" ausdrücklich nur "eventualiter" für den Fall beantragt, "sollten die verlangten Umweltinformationen nicht oder nicht im begehrten Umfang mitgeteilt werden". Damit hat sie einen Eventualantrag gestellt. Das Wesen eines solchen Antrages liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Hauptantrag (hier: auf die Mitteilung der begehrten Information) erfolglos bleibt. Wird bereits dem Hauptantrag stattgegeben, so wird der Eventualantrag gegenstandslos (, mwN). Die Stellung eines derartigen Eventualantrags auf Bescheiderlassung bei Nichterteilung der begehrten Auskunft wurde bislang auch nicht als unzulässig angesehen (vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung zu Umweltinformationsgesetzen etwa ; , Ra 2016/06/0032, 0033; , Ra 2015/07/0123).

18 Da nach der Beurteilung des Verwaltungsgerichts die begehrte Auskunft im Umfang des Spruchpunktes I bereits erteilt worden war, war der Eventualantrag nicht mehr zu behandeln. Wenn ein für eine Entscheidung notwendiger Antrag fehlt, ist keine behördliche Zuständigkeit zu einer Entscheidung über einen vermeintlichen "Antrag" gegeben. Dies bedeutet auch, dass keine Zuständigkeit zur Zurückweisung eines derartigen Antrages besteht, vielmehr ist ein in dieser Angelegenheit ergangener Bescheid ersatzlos aufzuheben (insofern auch auf die Verwaltungsgerichte übertragbar: , mwN; vgl. auch zur ersatzlosen Behebung des Bescheides wegen Unzuständigkeit der Behörde nach Zurückziehung des Antrags während des Beschwerdeverfahrens , mwN; schließlich zur Unzuständigkeit der Behörde zur Erledigung eines Eventualantrags vor Eintritt des Eventualfalles , mwN).

19 1.5. Die Revision steht auf dem Standpunkt, die mitbeteiligte Partei sei durch den zurückweisenden Spruchpunkt I des Bescheides nicht beschwert gewesen, weil diese in der Beschwerde den Standpunkt vertreten habe, die bescheiderlassende Behörde sei (wegen Weiterleitung der Anfrage an eine andere informationspflichtige Stelle) unzuständig gewesen; das Verwaltungsgericht hätte daher die - mangels Beschwer - unzulässige Beschwerde nicht meritorisch - durch ersatzlose Behebung - erledigen dürfen.

20 Diese Prämisse der Revision entspricht jedoch nicht der Aktenlage, weil die mitbeteiligte Partei in der Beschwerde zu Spruchpunkt I darüber hinaus vorgebracht hat, dass "die Stadt Graz dem Antrag nicht zur Gänze nachgekommen ist und weitere Informationen zum gegenständlichen Antragspunkt hat." Die mitbeteiligte Partei hat damit bestritten, dass die Voraussetzungen für eine zurückweisende Entscheidung vorgelegen wären. Insofern war sie auch durch die Zurückweisung beschwert, sodass das Verwaltungsgericht im Sinne des § 27 VwGVG (auch) amtswegig über die Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung eines zurückweisenden Bescheides zu befinden hatte.

21 1.6. Das Vorgehen des Verwaltungsgerichtes, Spruchpunkt I des Bescheides ersatzlos zu beheben, weil weder die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides nach § 8 Abs. 1 UIG bzw. § 8 Abs. 1 StUIG vorlagen, noch ein (noch zu behandelnder) Antrag der mitbeteiligten Partei, entsprach damit der eindeutigen Rechts- und Sachlage, sodass diesbezüglich keine erhebliche Rechtsfrage zu klären ist. Die Revision war daher in diesem Umfang mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.

2. Zum Vorliegen einer Umweltinformation im konkreten Fall 22 2.1. Hingegen erweist sich die Revision betreffend Spruchpunkt II aus dem von ihr genannten Grund als zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

23 2.2. § 2 UIG, BGBl. Nr. 495/1993 in der Fassung

BGBl. I Nr. 6/2005, lautet:

"Umweltinformationen

§ 2. Umweltinformationen sind sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über

1. den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und

Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Berggebiete, Feuchtgebiete, Küsten und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile einschließlich genetisch veränderter Organismen sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;

2. Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung oder

Abfall einschließlich radioaktiven Abfalls, Emissionen, Ableitungen und sonstiges Freisetzen von Stoffen oder Organismen in die Umwelt, die sich auf die in Z 1 genannten Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken;

3. Maßnahmen (einschließlich Verwaltungsmaßnahmen), wie zB Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, Verwaltungsakte, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten, die sich auf die in den Z 1 und 2 genannten Umweltbestandteile und -faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Maßnahmen oder Tätigkeiten zu deren Schutz;

4. ...,

5. Kosten/Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche

Analysen und Annahmen, die im Rahmen der in Z 3 genannten

Maßnahmen und Tätigkeiten verwendet werden;

6. ..."

24 Die Bestimmung des § 2 StUIG, LGBl. Nr. 65/2005, ist -

abgesehen von der Interpunktion - wortgleich, lediglich die

Wortfolge "und Meeresgebiete" ist in Z 1 nicht enthalten.

25 2.3. Im Verfahren blieb unbestritten, dass jenes Vorhaben,

auf das sich die begehrte Information über die Kostenaufteilung bezieht, nämlich Maßnahmen im Bereich des Kanalbaus, die im Zuge der Errichtung eines Wasserkraftwerks durchgeführt werden sollen, unter § 2 Z 3 UIG bzw. § 2 Z 3 StUIG fallen. Dies ist auch zutreffend, weil sich dieses Vorhaben auf Maßnahmen bezieht, die sich auf die in § 2 Z 1 UIG bzw. StUIG genannten Umweltbestandteile (wie etwa Wasser) und die in § 2 Z 2 UIG bzw. StUIG genannten Umweltfaktoren (wie etwa Ableitungen) zumindest wahrscheinlich auswirken.

26 Strittig ist hingegen, ob die "Kostenaufteilung zwischen umweltrelevanten Kosten für die Stadt Graz und technisch bedingten Kosten für die Kraftwerkserrichter" unter "Kosten/Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen", die im Rahmen dieser Maßnahmen bzw. Tätigkeiten verwendet werden (Z 5), fällt. 27 Die Revision argumentiert, unter § 2 Z 5 UIG bzw. § 2 Z 5 StUIG fielen dem Wortlaut nach nur Informationen, inwieweit der Nutzen einer Maßnahme deren Kosten rechtfertige (Kosten/Nutzen-Analysen), sonstige Informationen über die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme (sonstige wirtschaftliche Analysen) sowie Informationen über die der Maßnahme bzw. den Analysen zugrundeliegenden wirtschaftlichen Vermutungen (wirtschaftliche Annahmen). Zwar könnten die Gesamtkosten einer Maßnahme für die Umwelt bedeutsam sein, die interne Kostenaufteilung "zwischen mehreren Projektbeteiligten" sei hingegen für die Umwelt irrelevant und falle daher nicht unter den Tatbestand. Selbst wenn sie jedoch darunter fiele, müsste sie "im Rahmen der in Z 3 genannten Maßnahmen und Tätigkeiten verwendet werden", was voraussetze, dass sie tatsächlich berücksichtigt worden sei und sich so auf die Umwelt auswirke oder wahrscheinlich auswirke. Da die Kostenaufteilung jedoch keine Relevanz für die Frage habe, ob, wie oder in welchem Umfang eine Maßnahme oder Tätigkeit durchzuführen sei, nehme sie keinerlei Einfluss auf Maßnahmen oder Tätigkeiten, welche wiederum Auswirkungen auf die Umwelt entfalteten. Fragen der Kostenaufteilung zwischen Projektbeteiligten seien nicht einmal abstrakt geeignet, sich auf ein Umweltgut auszuwirken. 28 2.4. Das UIG und das StUIG ergingen (vgl. § 19 UIG und § 17 Z 1 StUIG) in Umsetzung unter anderem der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (im Folgenden: Umweltinformationsrichtlinie). Insbesondere stellen § 2 Z 5 UIG und § 2 Z 5 StUIG eine wortgetreue Umsetzung von Art. 2 Z 1 lit. e der Umweltinformationsrichtlinie dar.

29 Zu den Zielen führen die Gesetzesmaterialien (zur UIG-Novelle 2004: ErläutRV 641 BlgNR 22. GP 1; nahezu wortgleich zur Stammfassung des StUIG: ErläutRV XIV. GPStLT EZ 2212/1, 11) jeweils aus:

"Der erweiterte Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen und die Verbreitung dieser Informationen tragen dazu bei, das Umweltbewusstsein zu schärfen, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen und letztendlich so den Umweltschutz zu verbessern. Information als Aspekt von Kommunikation ermöglicht es, dass Ängste und Vorurteile zwischen Verwaltung und Bürgern abgebaut und Vertrauen entwickelt werden können. Ein freier Informationsfluss wirkt sich förderlich auf den Rechtsfrieden aus, reduziert Konfliktpotenzial und ist ein wesentlicher Baustein für die Lösung von Umweltproblemen bzw. für die gesellschaftspolitisch konstruktive Gestaltung umweltrelevanter Bereiche. ...

Die neue Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG baut auf den Erfahrungen der Mitgliedstaaten mit der Richtlinie 90/313/EWG über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt auf, die auch in der Novelle Eingang finden. ..."

30 Die Besonderen Teile der Erläuterungen zu § 2 UIG bzw. § 2 StUIG verweisen darüber hinaus jeweils darauf, dass mit einer nahezu wörtlichen Übernahme des Umweltinformationsbegriffs der Umweltinformationsrichtlinie gewährleistet werden soll, dass sämtliche von der Richtlinie vorgegebenen Umweltinformationen der Zugangsverpflichtung unterliegen. Durch die in Z 5 genannten "Kosten/Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen" sollten Unsicherheiten ausgeräumt werden, die bei der Überprüfung im Hinblick auf die Gültigkeit der derzeitigen Begriffsbestimmung (der alten Richtlinie) für Wirtschafts- und Finanzdaten ermittelt worden seien (so die Erläuterungen zum UIG) bzw. solle eine Evaluierung der Maßnahmen ermöglicht werden (so die Erläuterungen zum StUIG). Solche wirtschaftliche Analysen seien beispielsweise die Bestandsaufnahmen gemäß § 55d WRG 1959 (so die Erläuterungen zum UIG) bzw. könnten beispielsweise im Rahmen des Naturschutzrechtes zum Tragen kommen (so die Erläuterungen zum StUIG).

31 Die Erwägungsgründe zur Umweltinformationsrichtlinie nehmen Bezug auf die Vorgängerrichtlinie 90/313/EWG und weisen darauf hin, dass der bisher gewährte Zugang (zu Umweltinformationen) nunmehr erweitert werde. Dazu sei ein Erfahrungsbericht erstellt worden, in dem konkret Probleme bei der praktischen Anwendung der Vorgängerrichtline genannt worden seien (ErwG 2 bis 4). 32 Der erwähnte Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Erfahrungen aus der Anwendung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, KOM(2000)400 endg., nennt als eine der Erfahrungen, die die Kommission im Zuge von an sie gerichteten Beschwerden gemacht habe, dass in einigen Mitgliedstaaten eine enge Auslegung des Begriffs "Informationen über die Umwelt" zur Verweigerung der Bereitstellung bestimmter Informationen geführt habe. Dabei habe es sich beispielsweise um Informationen "über Finanz- oder Bedarfsanalysen zur Unterstützung von Projekten, die sich voraussichtlich auf die Umwelt auswirken", gehandelt. Korrespondierend wird in Anhang C des Berichtes als Empfehlung unter anderem angeführt, den Begriff "umweltbezogene Informationen" so zu ändern, dass verdeutlicht wird, dass darunter auch "Informationen (auch finanzieller und wirtschaftlicher Art) über Tätigkeiten und Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können", fallen.

33 2.5. Aus dem dargestellten Ziel des UIG und des StUIG, den Umweltschutz durch die verbesserte Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu stärken, und dem Entstehungszusammenhang des § 2 Z 5 UIG bzw. § 2 Z 5 StUIG, der letztlich darauf beruht, dass bei der Handhabung der Vorgängerregelungen Probleme im Sinne eines zu engen Verständnisses der betroffenen Informationen, insbesondere der wirtschaftlichen Aspekte umweltrelevanter Maßnahmen, wahrgenommen wurden, ergibt sich, dass eine weite Auslegung des Begriffs der Umweltinformation geboten ist (in diesem Sinne bereits etwa , und , Ra 2015/07/0123, je mwN, sowie - zu § 2 Z 5 UIG - ). 34 Die Kostenaufteilung betreffend eine umweltrelevante Maßnahme zwischen der öffentlichen Hand und dem privaten Kraftwerksbetreiber kann in diesem Sinn als "wirtschaftliche Annahme" angesehen werden, die im Rahmen der betroffenen Maßnahme bzw. Tätigkeit verwendet wird. So ist eine solche typischerweise maßgeblich für die konkrete Ausgestaltung der Maßnahme oder Tätigkeit, zumindest stellt sie aber eine Information darüber dar, in welchem Ausmaß (und damit letztlich mit welcher Effizienz) finanzielle Mittel zu Zwecken des Umweltschutzes eingesetzt werden, und damit eine relevante Größe für den umweltpolitischen Diskurs in der Öffentlichkeit.

35 Ein (zumindest wahrscheinlicher) Einfluss der Kostenaufteilung selbst auf Umweltbestandteile oder -faktoren ist für die Qualifikation als Umweltinformation hingegen nicht erforderlich. Nach dem klaren Gesetzes- und Richtlinienwortlaut muss sich nur die Tätigkeit bzw. Maßnahme im Sinne der Z 3 (zumindest wahrscheinlich) auf Umweltbestandteile und -faktoren auswirken, nicht aber die im Rahmen einer solchen Tätigkeit bzw. Maßnahme verwendete Analyse oder Annahme im Sinne der Z 5. 36 Damit kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob die betroffene Kostenaufteilung wegen der angeblich durchgeführten wirtschaftlichen Optimierung bei der Auswahl unter verschiedenen Varianten für den Kanalbau auch unmittelbar Auswirkungen auf die Gestaltung und damit die Umweltauswirkung der Maßnahme hatte - wie es die mitbeteiligte Partei (erstmals) in der Revisionsbeantwortung vorbringt, von der revisionswerbenden Behörde jedoch (implizit) bestritten wird.

37 2.6. Es trifft zwar zu, dass nach der Judikatur des EuGH (insbesondere Urteil vom , Glawischnig, C-316/01, Rn 25) die (Vorgänger-)Richtlinie nicht bezweckt, ein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei den Behörden verfügbaren Informationen zu gewähren, die auch nur den geringsten Bezug zu einem der in der Richtlinie genannten Umweltgüter aufweisen. Der Gerichtshof betont in diesem Zusammenhang jedoch lediglich, dass die Informationen unter eine der in der damaligen Richtlinie genannten Kategorien fallen müssten. Auch im vorliegenden Fall unterliegen die begehrten Informationen daher nicht wegen eines vermeintlich nur losen Bezuges zu Umweltgütern oder -faktoren der Herausgabepflicht, sondern wegen ihrer Qualifikation als Umweltinformation im Sinne des § 2 Z 5 UIG bzw. § 2 Z 5 StUIG.

38 2.7. Das Verwaltungsgericht hat damit zutreffend ausgesprochen, dass die Verweigerung der Erteilung der begehrten Informationen zu Unrecht erfolgte, sodass die Revision insoweit abzuweisen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018070454.L00
Schlagworte:
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.