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VwGH vom 22.02.2007, 2005/14/0077

VwGH vom 22.02.2007, 2005/14/0077

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des N S in O, vertreten durch Dr. Andreas Wippel, Rechtsanwalt in 2620 Neukirchen, Triester Straße 15, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , FSRV/0035-W/04, betreffend Finanzordnungswidrigkeit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, er habe vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind (Vorauszahlungen an Umsatzsteuer und Lohnabgaben), nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet und auch nicht die Höhe der geschuldeten Beträge bekannt gegeben, und zwar Umsatzsteuer Jänner bis Dezember 1996 in Höhe von 4,609.633 S, Umsatzsteuer Jänner bis Dezember 1997 in Höhe von 1,029.230 S, Umsatzsteuer Jänner bis März und Mai bis September 1998 in Höhe von 2,990.000 S, Umsatzsteuer Jänner bis Dezember 1999 in Höhe von S 616.654 S, Lohnsteuer Jänner bis Dezember 1999 in Höhe von 83.225 S sowie Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfond für Familienbeihilfen samt Zuschlägen für Jänner bis Dezember 1999 in Höhe von 19.126 S. Er habe dadurch eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG begangen, weshalb eine Geldstrafe von 68.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafe 68 Tage) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer Abgaben, die selbst zu berechnen sind, Vorauszahlungen an Umsatzsteuer oder Vorauszahlungen an Abgaben von alkoholischen Getränken nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird. Die Finanzordnungswidrigkeit wird nach § 49 Abs 2 leg cit mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages beträgt.

Der in der Bestimmung des § 49 Abs 1 FinStrG geforderte Vorsatz muss sich (bloß) auf die tatbildmäßig relevante Versäumung des Termins für die Entrichtung von Selbstbemessungsabgaben richten. Ob den Steuerpflichtigen an der Unterlassung der in der genannten Bestimmung vorgesehenen strafbefreienden Meldung der geschuldeten Beträge an das Finanzamt ein Verschulden trifft, ist irrelevant (vgl das hg Erkenntnis vom , 96/13/0004).

Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde u. a. aus, der Beschwerdeführer habe im ergänzenden Schriftsatz zur Berufung vom vorgebracht, dass ihn sein Steuerberater zwar auf seine abgabenrechtlichen Pflichten hingewiesen, jedoch niemals auch nur angedeutet habe, dass sich zusätzlich zu den abgabenrechtlichen auch allfällige strafrechtliche Konsequenzen aus seinem Verhalten ergeben könnten. Der Beschwerdeführer habe die Erfüllung eines finanzstrafrechtlichen Deliktes daher keineswegs ernstlich für möglich gehalten. Die belangte Behörde halte diesem Einwand entgegen, dass ein Irrtum über die Strafbarkeit eines tatbildmäßigen und rechtswidrigen Verhaltens sowie über dessen strafrechtliche Subsumtion unbeachtlich sei.

In der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, er sei zwar von seinem Steuerberater auf seine abgabenrechtlichen Pflichten hingewiesen gewesen. Er sei aber niemals darüber aufgeklärt worden, dass sich aus der Nichtentrichtung der selbst zu berechnenden Abgaben zusätzlich auch strafrechtliche Konsequenzen ergeben könnten. Er sei sich nicht bewusst gewesen, dass sein Verhalten irgendwelche finanzstrafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könne. Somit habe er nicht vorsätzlich gehandelt, weshalb ein Finanzvergehen nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG nicht verwirklicht sei.

Mit diesem Beschwerdevorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Ein bloßer Irrtum über die Strafbarkeit eines Verhaltens steht dem Vorsatz in Bezug auf die tatbildmäßig relevante Versäumung des Termins für die Entrichtung von Selbstbemessungsabgaben nicht entgegen. Ein solcher Irrtum ist finanzstrafrechtlich unbeachtlich (vgl das hg Erkenntnis vom , 96/13/0004). Das Bewusstsein, ob das Gesetz Strafsanktionen vorsieht, ist weder für den Schuldvorwurf noch für die Strafbarkeit Voraussetzung. Für diese kommt es nur auf die Kenntnis des materiellen Unrechtsgehaltes an (vgl Leitner, Österreichisches Finanzstrafrecht2, 81).

Zur Strafbemessung wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, entsprechend der Bestimmung des § 23 FinStrG sei Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters, wobei die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen seien und auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten Rücksicht zu nehmen sei.

Dem Beschwerdeführer sei ein schwerer Grad des Verschuldens zur Last zu legen, habe er doch in einem Zeitraum von insgesamt vier Jahren seine Entrichtungspflichten in Bezug auf die Umsatzsteuervorauszahlungen, trotz gegenteiliger Beratung durch seinen Steuerberater, in einem sehr weitgehenden Ausmaß verletzt.

Als mildernd seien die offene inhaltliche, wenn auch nicht ausdrücklich geständige Rechtfertigung des Beschwerdeführers, die eigenständige Offenlegung der Besteuerungsgrundlagen im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärungen ("Selbstanzeige ohne strafbefreiende Wirkung"), die bisherige finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit und eine nahezu vollständige Schadensgutmachung zu werten. Demgegenüber werde als erschwerend der oftmalige Tatentschluss angesehen.

Unter Berücksichtigung der eingeschränkten wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers (monatliches Nettoeinkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung 350 EUR, Verbindlichkeiten in Höhe von ca 2,8 Mio EUR, Sorgepflichten für zwei Söhne im Alter von 14 und 10 Jahren) werde die Geldstrafe trotz hohen Verschuldensgrades im untersten Bereich des Strafrahmens, welcher im gegenständlichen Fall bei einem Gesamtverkürzungsbetrag von

679.336 EUR exakt 339.668 EUR betrage, bemessen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei die Verhängung einer Geldstrafe auch dann gerechtfertigt, wenn es die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bestraften wahrscheinlich erscheinen ließen, dass er nicht in der Lage sein werde, diese zu bezahlen. Nur bei der Bemessung ihrer Höhe seien neben dem mildernden und erschwerenden Gründen auch die Einkommens- , Vermögens- und Familienverhältnisse des Bestraften zu berücksichtigen (Hinweis auf das hg Erkenntnis vom , 926/65).

Nach Ansicht der belangte Behörde stünden im gegenständlichen Fall generalpräventive Gründe gegen die Verhängung einer niedrigeren Geldstrafe. Bei einem Täter, der über einen Zeitraum von vier Jahren seine steuerlichen Verpflichtungen zur zeitgerechten Meldung und Entrichtung der Selbstbemessungsabgaben in einem sehr weitgehenden Ausmaß verletzt habe, müsse eine entsprechende Abschreckungswirkung der Finanzstrafe für dritte potenzielle Täter gewahrt bleiben, sodass im gegenständlichen Fall eine niedrigere Strafbemessung bei der dargestellten Gesamthöhe des Verkürzungsbetrages nicht möglich erscheine.

In der Beschwerde wird gerügt, die belangte Behörde habe es unterlassen, die Milderungs- und die Erschwerungsgründe einander gegenüberzustellen und nachvollziehbar darzulegen, aus welchen Erwägungen welchen Strafzumessungsgründen der Vorzug gegeben werde. Die belangte Behörde hätte die Milderungsgründe, insbesondere jenen der "geständigen Rechtfertigung" besonders gewichten müssen. Sie hätte berücksichtigen müssen, dass die "geständige Rechtfertigung" dem Strafaufhebungsgrund der Selbstanzeige sehr nahe komme. Bei der fehlgeschlagenen Selbstanzeige liege ein besonderer Milderungsgrund vor, der über ein bloßes Geständnis hinausgehe. Es wäre somit die Strafe wesentlich niedriger zu bemessen gewesen bzw von einer Straflosigkeit des Beschwerdeführers auszugehen gewesen. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde die Einkommen-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers besonders berücksichtigen müssen; schon im Hinblick auf die Höhe der Geldstrafe von 68.000 EUR hätte sich die belangte Behörde besonders damit auseinander setzen müssen. Die belangte Behörde habe sich auch auf generalpräventive Überlegungen gestützt, habe aber weder ausgeführt noch begründet, warum sie die qualitativ und quantitativ weitaus überwiegenden Milderungsgründe neben der angespannten wirtschaftlichen Situation nicht berücksichtigt habe.

Auch mit diesem Beschwerdevorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb des gesetzlichen Rahmens um eine Ermessensentscheidung, die einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nur insoweit zugänglich ist, ob die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer Weise Gebrauch gemacht hat, die mit dem Sinn des Gesetzes im Einklang steht (siehe hiezu für viele das hg Erkenntnis vom , 99/13/0149, mit weiteren Nachweisen).

In der Begründung des Straferkenntnisses sind die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen aufzuzeigen (vgl das hg Erkenntnis vom , 91/13/0130). Diesen Erfordernissen entspricht der angefochtene Bescheid, zeigt er doch auf, dass die belangte Behörde den langen Begehungszeitraum (vier Jahre mit oftmaliger Tatbegehung) sowie die "inhaltliche, wenn auch nicht ausdrücklich geständige Rechtfertigung", die eigenständige Offenlegung der Besteuerungsgrundlagen im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung ("Selbstanzeige ohne strafbefreiende Wirkung") die bisherige finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit und die weitgehende Schadensgutmachung berücksichtigt hat. Die belangte Behörde hat weiters Bedacht genommen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers.

Dass im Beschwerdefall mit der in Höhe von ca 20 % des Strafrahmens bemessenen Strafe das behördliche Ermessen in einer dem Sinne des Gesetzes zuwiderlaufenden Weise geübt worden wäre, ist nicht zu erkennen. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers wurde ohnehin in besonderem Ausmaß auch berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer in den Umsatzsteuerjahreserklärungen die Bemessungsgrundlagen der Behörde bekannt gegeben hat. Innerhalb des Spielraumes der schuldangemessenen Strafe durfte die belangte Behörde auch generalpräventive Überlegungen berücksichtigten (vgl Leitner, Österreichisches Finanzstrafrecht2, 134).

Der Beschwerde gelingt es sohin nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am