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VwGH vom 11.09.2014, 2012/16/0108

VwGH vom 11.09.2014, 2012/16/0108

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde des C R in R, vertreten durch die Dkfm. Erwin Baldauf und Mag. Reinhard Eberle Wirtschaftstreuhandgesellschaft OG Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 6600 Reutte, Innsbrucker Straße 8, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom , Zl. RV/0382-I/11, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat mit Übergabevertrag vom eine näher bezeichnete Liegenschaft samt darauf errichteten Baulichkeiten sowie den darauf geführten "Gärtnereibetrieb" samt allen Aktiven und Passiven zum Stichtag des von seinem Vater übernommen. Nach Punkt

"4. Gegenleistungen" des Übergabevertrages verpflichtet sich der Beschwerdeführer für die "in untrennbarem Zusammenhang mit dem vertragsgegenständlichen Liegenschaftsvermögen" stehenden, grundbücherlich sichergestellten Verbindlichkeiten, die zum Stichtag mit "insgesamt EUR 319.625,19" aushaften, den Übergeber schad- und klaglos zu halten.

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde ausgehend vom anteilig auf den Erwerb der Liegenschaft entfallenden Wert der Gegenleistung unter Berücksichtigung des Freibetrages in Höhe von 75.000 EUR nach § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG die Grunderwerbsteuer mit 4.061,48 EUR im Instanzenzug fest und führte dazu aus:

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG sei die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Zur Gegenleistung gehöre jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt. Schuldübernahmen einer auf der Liegenschaft hypothekarisch sichergestellten Forderung als Kaufpreis oder sonstige Leistung würden jedenfalls zur Gegenleistung nach dem Grunderwerbsteuergesetz gehören. Da im Beschwerdefall nach Punkt 4. des Übergabevertrages ausdrücklich die Übernahme aller auf der Liegenschaft hypothekarisch besicherten Verbindlichkeiten im aushaftenden Betrag von 319.625,19 EUR, unter gleichzeitiger und vollkommener Schad- und Klagsloshaltung des Übergebers, vereinbart worden sei, liege eine Gegenleistung in Form der Schuldübernahme vor. Ein unentgeltlicher Erwerb sei schon deshalb auszuschließen, sodass eine Befreiung nach § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG nicht zu gewähren sei.

Die Gegenleistung sei nach dem Verhältnis aufzuteilen, in dem der Wert des Grundstückes zum Wert der beweglichen Sache und des sonstigen Vermögens stehe, sodass im Beschwerdefall nach Maßgabe der Bilanz zum sowie der bekannt gegebenen "Teilwerte/gemeinen Werte" 87 % der Gegenleistung auf den Erwerb der Liegenschaft entfallen würden. Dem vom Beschwerdeführer beantragten Ansatz eines "Firmenwertes" könne nicht entsprochen werden, weil einerseits keine Gesamtbewertung des Unternehmens erfolgt sei und anderseits nach einhelliger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein solcher Ansatz nach fester Verkehrsauffassung nur bei Unternehmungen bestimmter Art - wie Apotheken und Wirtschaftstreuhandunternehmungen - zulässig sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf "ordnungsgemäße Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sowie auf Zuerkennung der Befreiung nach § 3 Abs 1 Z 2 GrEStG" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Bescheides dem Beschwerdepunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt worden ist, sondern nur ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Beschwerdeführer behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist. Wird der Beschwerdepunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang einer Beschwerde nicht zugänglich (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom , 2013/16/0241, mwN).

Mit der Verletzung des angeführten Rechtes "auf ordnungsgemäße Ermittlung der Bemessungsgrundlage" rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, die als solche keinen Beschwerdepunkt darstellt, sondern zu den Beschwerdegründen (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) zählt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2002/14/0013 und vom , 2012/16/0095).

Somit verbleibt als tauglicher Beschwerdepunkt das als verletzt geltend gemachte Recht auf "Zuerkennung der Befreiung nach § 3 Abs 1 Z 2 GrEStG".

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (GrEStG) unterliegt der Grunderwerbsteuer ein sich auf ein inländisches Grundstück beziehender Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.

§ 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 52, lautet:

"§ 3. (1) Von der Besteuerung sind ausgenommen:

.....

2. unentgeltliche Erwerbe von Vermögen gemäß lit. a, wenn ein Grunderwerbsteuertatbestand verwirklicht wird und die Steuer nach § 4 Abs. 2 Z 1 oder Z 4 zu berechnen ist, nach Maßgabe der lit. b und c bis zu einem Wert von 365 000 Euro (Freibetrag), sofern der Erwerber eine natürliche Person ist und der Übergeber im Falle einer Zuwendung unter Lebenden das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wegen körperlicher oder geistiger Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig ist, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Gesellschafter verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen der Erwerbsunfähigkeit .....

a) Zum Vermögen zählen nur


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Betriebe und Teilbetriebe, die der Einkunftserzielung gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, in der jeweils geltenden Fassung, dienen;
-
Grundstücke, die der Mitunternehmerschaft von einem Mitunternehmer zur Nutzung überlassen sind (Sonderbetriebsvermögen), wenn .....
b)
.....
....."
Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
Gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 und 4 GrEStG in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung des Schenkungsmeldegesetzes 2008, BGBl. I Nr. 85, (SchenkMG) ist die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen und zwar, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes (Z1), und beim Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder in Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Abhandlungsverfahrens vereinbart wird (Z 4).
§ 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG hatte in der Stammfassung (BGBl. Nr. 309/1987) eine Steuerbefreiung für den Grundstückserwerb von Todes wegen und für Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes (ErbStG) vorgesehen.
Da das ErbStG nach der Aufhebung seines § 1 Abs. 1 Z 1 und Z 2 durch die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , G 54/06 ua., und vom , G 23/07 ua., auf Erwerbsvorgänge nach dem nicht mehr anwendbar war, sollte durch das Schenkungsmeldegesetz 2008, (SchenkMG 2008), BGBl. I Nr. 85, in § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG an die Stelle der allgemeinen Steuerbefreiung für bisher nach dem ErbStG steuerpflichtige Grundstückserwerbe der bisher in § 15a ErbStG enthaltene Freibetrag für bestimmte Grundstückserwerbe im Zusammenhang mit Betriebsübertragungen in angepasster Form übernommen werden (vgl. die EB zur RV 549 BlgNR, 23. GP). In der Regierungsvorlage war dieser Freibetrag allerdings noch vorgesehen für "Erwerbe von Vermögen gemäß lit. a, wenn ein Grunderwerbsteuertatbestand verwirklicht wird und die Steuer nach § 4 Abs. 2 Z 1 oder Z 4 zu berechnen ist. Dabei wurde aufgrund eines Abänderungsantrages im Finanzausschuss des Nationalrates das Wort "Erwerbe" durch die Worte "Bei unentgeltlichen Erwerben" ersetzt (vgl. den AB 612 BlgNR, 23. GP).
Die dadurch geschaffene grammatikalische Ungereimtheit wurde durch das Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52, bereinigt und anstelle der Worte "Bei unentgeltlichen Erwerben" wurden die Worte "unentgeltliche Erwerbe" eingefügt.
Die in der erwähnten Regierungsvorlage für ein SchenkMG 2008 aufscheinende Erläuterung der "angepassten Form", die Befreiung setze voraus, dass keine oder eine unter dem Dreifachen des Einheitswertes liegende Gegenleistung vereinbart werde, bezog sich noch auf den Freibetrag für "Erwerbe", der unter der näher festgelegten Bedingung (Steuerberechnung nach § 4 Abs. 2 Z 1 oder Z 4) vorgesehen war. Mit dem dann beschlossenen Wortlaut des Freibetrages für "unentgeltliche Erwerbe" erfolgte aber eine andere, weitere Einschränkung des Freibetrages.
Die durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2014 vorgenommene Änderung des § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG, welche den Begriff des unentgeltlichen Erwerbs erweitert, ist gemäß § 18 Abs. 2m GrEStG auf Erwerbsvorgänge, die nach dem verwirklicht werden oder für die die Steuerschuld nach dem entsteht, und somit noch nicht auf den Beschwerdefall anzuwenden.
Im Beschwerdefall ist sohin vor dem Hintergrund des geltend gemachten Beschwerdepunktes ausschließlich ausschlaggebend, ob die in Rede stehende Übertragung des Grundstückes unentgeltlich erfolgte.
Der Begriff der Gegenleistung ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht und in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nach § 21 Abs. 1 BAO zu verstehen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2012/16/0159, mwN). Was Gegenleistung ist, wird im § 5 GrEStG nicht erschöpfend aufgezählt; jede nur denkbare Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes vom Erwerber versprochen wird, ist Teil der Bemessungsgrundlage (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2009/16/0321). Liegt solcherart eine Gegenleistung vor, schließt dies einen unentgeltlichen Grundstückserwerb iSd § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG aus.
Mit Übergabevertrag vom wurde für die Übergabe der betreffenden Liegenschaft samt darauf geführtem "Gärtnereibetrieb" an den Beschwerdeführer die Klag- und Schadloshaltung des Übergebers bezüglich der grundbücherlich sichergestellten Verbindlichkeiten in Höhe von 319.625,19 EUR als "Gegenleistung" vereinbart.
Pfandrechtlich auf dem erworbenen Grundstück sichergestellte Forderungen werden in die Gegenleistung einbezogen, wenn sich der Erwerber der Liegenschaft vertraglich verpflichtet hat, den bisherigen Eigentümer bezüglich der hypothekarisch sichergestellten Verpflichtungen schad- und klaglos zu halten, wobei das zwischen den Vertragsteilen bestehende Innenverhältnis maßgebend ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2003/16/0146 und vom , 2007/16/0028). Zur Gegenleistung gehört also auch die Übernahme von Schulden durch den Erwerber, die sich im Vermögen des bisherigen Eigentümers zu dessen Gunsten auswirken (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2010/16/0246 und das erwähnte hg. Erkenntnis vom ).
Wird für ein Grundstück und rechtlich selbständige Sachen ein Gesamtpreis vereinbart, ist stets eine Aufteilung vorzunehmen, wobei der Gesamtpreis nach dem Verhältnis aufzuteilen ist, in dem der Wert des Grundstückes zum Wert der beweglichen Sache steht. Auf das genaue Verhältnis der Werte, auf die Höhe des auf das Grundstück entfallenden Anteiles der im Beschwerdefall gegebenen Gegenleistung, kommt es für die Frage der Unentgeltlichkeit nicht mehr an und deshalb ebenso nicht auf den in der Beschwerde ins Treffen geführten Firmenwertansatz.
Die belangte Behörde ist somit im Beschwerdefall zu Recht von einer Schuldübernahme als sonstige Leistung im Sinne des § 4 Abs. 1 GrEStG ausgegangen. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers liegt nicht eine "unzweifelhaft" unentgeltliche Unternehmensübertragung im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes vor, weshalb der Tatbestand der Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG nicht erfüllt ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am