VwGH vom 30.04.2015, 2012/15/0182

VwGH vom 30.04.2015, 2012/15/0182

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2012/15/0160 E

2012/15/0183 E

2012/15/0184 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des H P in S, vertreten durch Dr. Konrad Gröller, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , Zl. RV/0474-S/11, betreffend Einkommensteuer 2009, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verpfändete im Jahr 2009 aufgrund einer wirtschaftlichen Notlage der P AG (an der er mittelbar beteiligt war) einmalig Anteile an der P Holding GmbH zur Besicherung von Krediten zugunsten der P AG und erhielt dafür von dieser als (fremdübliches) Entgelt eine Avalprovision in Höhe von 134.409 EUR.

Im Einkommensteuerbescheid 2009 vom erfasste das Finanzamt die Avalprovision als Einkünfte aus Leistungen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet ab und führte zusammengefasst aus, es liege gegenständlich in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein echter Leistungsaustausch in Form einer fremdüblichen entgeltlichen Nutzungsüberlassung der Gesellschaftsanteile (zur Kreditbesicherung) unter Substanzerhaltung vor (und nicht etwa eine steuerfreie Veräußerung im Privatvermögen), weshalb der Tatbestand des § 29 Z 3 EStG 1988 erfüllt sei. Dieser erfasse Einnahmen, die formell mit keiner Einkunftsart übereinstimmen, aber den anderen Einkunftsarten wirtschaftlich entsprechen. Eine Leistung liege vor, wenn ein Steuerpflichtiger auf aus einer Eigentümerposition erfließende Rechte verzichte oder solche Rechte übertrage, ohne das Vermögen in seiner Substanz zu schmälern.

Der Beschwerdeführer sei durch die entgeltliche Verpfändung seiner Gesellschaftsanteile ein finanzielles Wagnis eingegangen, wobei der Kapitalstamm selbst in seiner wirtschaftlichen Verfügungsmacht geblieben sei. Diese Leistung sei zwar nicht laufend am offenen Markt angeboten worden, sei aber ansonsten marktkonform und zu fremdüblichen Bedingungen erbracht worden und sei einem klaren wirtschaftlichen Kalkül unter Abwägung des Risikos gefolgt. Das Geschäft habe solchen entsprochen, wie sie nach der Aktenlage und der übereinstimmenden Auffassung der Verfahrensparteien üblicherweise auch geschäftsmäßig, etwa von Banken, übernommen würden. Abgesehen vom eingeschränkten Umfang der Verpfändung (Einmaligkeit und fehlendes Anbieten am allgemeinen Markt) lägen alle Merkmale gewerblicher Einkünfte vor, weshalb eine die Besteuerung rechtfertigende wirtschaftliche Nähe zu solchen Einkünften gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebende Bestimmung des § 29 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 59/2001 lautet:

"§ 29. Sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 3 Z 7)

Sonstige Einkünfte sind nur:

(...)

3. Einkünfte aus Leistungen, wie insbesondere Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 3 Z 1 bis 6) noch zu den Einkünften im Sinne der Z 1, 2 oder 4 gehören. Solche Einkünfte sind nicht steuerpflichtig, wenn sie im Kalenderjahr höchstens 220 Euro betragen. Übersteigen die Werbungskosten die Einnahmen, so darf der übersteigende Betrag bei der Ermittlung des Einkommens nicht ausgeglichen werden (§ 2 Abs. 2)."

Strittig ist im Beschwerdefall, ob die einmalige entgeltliche Verpfändung von Gesellschaftsanteilen als Kreditbesicherung zugunsten einer notleidenden, im Einflussbereich des Beschwerdeführers stehenden Gesellschaft, für welche der Beschwerdeführer eine marktübliche Avalprovision erhalten hat, eine Leistung iSd § 29 Z 3 EStG 1988 darstellt.

Der Beschwerdeführer verneint dies mit dem Argument, die Haftungsprovision sei in wirtschaftlicher Hinsicht mangels nachhaltiger Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht mit gewerblichen Einkünften vergleichbar. Die herrschende Definition der Leistung als ein Verhalten, das darauf gerichtet sei, einem anderen einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, sei vom Normgehalt des § 29 Z 3 EStG 1988 nicht gedeckt. Diese Bestimmung könne vielmehr nur als Ergänzung der anderen Besteuerungstatbestände des EStG 1988 betrachtet werden und komme nur zur Anwendung, wenn der Sachverhalt den unter die anderen Einkunftsarten fallenden Einkünften so ähnlich sei, dass deren Sinn und Zweck die Besteuerung verlangen, was nur bei wirtschaftlicher Entsprechung der Fall sei. Die einmalige Verpfändung von Privatvermögen erfülle dieses Kriterium mangels ausreichender Vergleichbarkeit mit Einkünften aus Gewerbebetrieb nicht, weil eine nachhaltige Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr als zwingendes Kernelement dieser Einkunftsart nicht vorliege. Dieser Auffassung entspreche auch die allgemein anerkannte Nichtsteuerbarkeit von Veräußerungen im Privatvermögen außerhalb der §§ 30, 31 EStG 1988. Die fehlende Nachhaltigkeit der Verpfändung könne insofern nicht über den Tatbestand des § 29 Z 3 EStG 1988 substituiert werden. Schließlich zeige eine historische Interpretation, dass diese Bestimmung keinen generalklauselartigen Auffangtatbestand darstelle (Hinweis auf Lang , SWK 2010, S 420). Auch aus dem seitens der belangten Behörde herangezogenen hg. Erkenntnis vom , 1336/51, ergebe sich für den gegenständlichen Sachverhalt keine Steuerpflicht, weil im dortigen Fall die Nachhaltigkeit der Tätigkeit bejaht worden sei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , 2007/13/0059, vom , 2005/15/0160, sowie vom , 2008/15/0132) ist unter einer Leistung im Sinne des § 29 Z 3 EStG 1988 jedes Verhalten zu verstehen, das darauf gerichtet ist, einem anderen einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, ausgenommen die Veräußerung von Vermögensgegenständen.

Die Bestellung von Sicherheiten durch den Beschwerdeführer mit der damit verbundenen Übernahme eines Haftungsrisikos stellt zweifellos einen der P AG verschafften wirtschaftlichen Vorteil dar, dem die dafür vereinnahmte Avalprovision als - im Beschwerdefall unbestrittenermaßen fremdübliche - Gegenleistung synallagmatisch gegenübersteht.

Bereits im Erkenntnis vom , 98/15/0128, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass in der Übernahme eines finanziellen Wagnisses für einen Dritten gegen Entgelt eine Leistung im Sinne des § 29 Z 3 EStG 1988 gesehen werden kann. Dieses Erkenntnis betraf die Übernahme persönlicher Haftungen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , 1336/51, zu einer vergleichbaren älteren Rechtslage). Gleiches gilt für den Beschwerdefall, da es für die Anwendung des § 29 Z 3 EStG 1988 unerheblich ist, ob die Haftung - wie in den den zitierten Erkenntnissen zugrunde liegenden Fällen - als persönliche Haftung übernommen wird oder - wie im gegenständlichen Beschwerdefall - im Wege einer Sachhaftung.

Soweit der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, die von ihm erbrachte Leistung sei mit den primären Besteuerungstatbeständen des EStG 1988 - namentlich mit Einkünften aus Gewerbetrieb im Sinne des § 23 Z 1 EStG 1988 - wirtschaftlich nicht vergleichbar, ist ihm zu entgegnen, dass § 29 Z 3 EStG darauf nicht abstellt. Das Vorliegen sämtlicher Elemente der gewerblichen Einkünfte (einschließlich der Nachhaltigkeit sowie der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr), wie es der Beschwerdeführer als Voraussetzung für die Anwendung des § 29 Z 3 EStG 1988 verlangt, kann nicht gefordert werden. Lägen alle Elemente eines anderen Besteuerungstatbestandes vor, käme ohnehin dieser zum Tragen; § 29 Z 3 EStG 1988 verlöre - so verstanden - seinen Anwendungsbereich.

Dass § 29 Z 3 EStG 1988 nur auf regelmäßige bzw. nachhaltige Tätigkeiten anwendbar wäre, entspricht nicht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das schon angeführte hg. Erkenntnis vom sowie die hg. Erkenntnisse vom , 95/14/0029, und vom , 2006/15/0091). Dem Beschwerdeeinwand, die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere das zitierte Erkenntnis vom (auf dem das ebenfalls zitierte Erkenntnis vom beruhe), bejahe den Leistungscharakter einer entgeltlichen Haftungsübernahme nur, wenn diese in nachhaltiger Weise ausgeübt werde, ist zu entgegnen, dass sich eine solche Tatbestandsvoraussetzung keineswegs aus den zitierten Erkenntnissen ableiten lässt. Dem Erkenntnis vom lag eine gelegentliche Haftungsübernahme für einen Geschäftsfreund zugrunde, ohne dass ein nachhaltiger Charakter dieser Tätigkeit thematisiert wurde, während sich im Erkenntnis vom überhaupt keine Hinweise auf eine wiederholte Haftungsübernahme finden. Auch lag beiden Erkenntnissen wie im Beschwerdefall keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr zugrunde.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen lässt sich auch aus der für Vermögensumschichtungen von der Rechtsprechung entwickelten Einschränkung der Steuerbarkeit nach § 29 Z 3 EStG 1988 für den Beschwerdefall nichts gewinnen. Nach den §§ 30 und 31 EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, durften Erlöse aus der Veräußerung von Vermögensgegenständen des Privatvermögens unter dort im Einzelnen festgelegten Voraussetzungen einkommensteuerlich erfasst werden. Daraus leitet der Verwaltungsgerichtshof ab, dass die Veräußerung von Vermögensgegenständen und die einem Veräußerungsvorgang gleichzuhaltende Vermögensumschichtung nicht auch als Leistung im Sinne des § 29 Z 3 EStG 1988 angesehen werden kann. Wie sich dies aus der Gesetzessystematik und dem offenkundigen Willen des Gesetzgebers erschließt, soll in Fällen, in welchen die Veräußerung von Privatvermögen nicht durch §§ 30 und 31 leg. cit. erfasst wird, auch keine Besteuerung nach § 29 Z 3 leg. cit. greifen (vgl. hiezu etwa das bereits zitierte Erkenntnis vom ). Im gegenständlichen Fall geht es aber um eine (entgeltliche) Pfandbestellung und eine solche stellt von vornherein keinen von §§ 30 oder 31 leg. cit. erfassten Vorgang dar.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die Beschwerde nicht veranlasst, von seiner zu vergleichbaren Sachverhalten ergangenen Rechtsprechung abzugehen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

Wien, am