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VwGH vom 26.11.2015, 2012/15/0041

VwGH vom 26.11.2015, 2012/15/0041

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Beschwerde der G GmbH in T, vertreten durch MMag.Dr. Hans-Jörgen Aigner, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 47/3/5, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zlen. RV/1207-L/11, RV/1208-L/11, in der Fassung des Berichtigungsbescheids vom , betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2009, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die auf dem Gebiet der Steuerberatung tätig ist, machte in der Körperschaftsteuererklärung 2009 Bewirtungsaufwendungen von 5.239,89 EUR (50% von 10.479,79 EUR) und in der Umsatzsteuererklärung 2009 Vorsteuern aus Bewirtungsaufwendungen von 1.389,70 EUR geltend. Diese Aufwendungen wurden vom Finanzamt bei der Umsatz- und Körperschaftsteuerveranlagung (Bescheide vom ) zunächst berücksichtigt.

In der Folge wurde die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom u.a. ersucht, die geltend gemachten Bewirtungsspesen belegmäßig nachzuweisen, woraufhin sie dem Finanzamt eine Reihe von Belegen (Restaurantrechnungen) in Kopie übermittelte.

Unter Hinweis darauf, dass die Berücksichtigung von Repräsentationsaufwendungen als Betriebsausgaben von dem der Partei obliegenden Nachweis zweier Voraussetzungen (Werbezweck und erhebliches Überwiegen der betrieblichen oder beruflichen Veranlassung) abhängig sei, forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom zu einer weiteren Ergänzung der Abgabenerklärungen auf. Das Zutreffen der angeführten Voraussetzungen sei für jede einzelne Ausgabe nachzuweisen. Die bloße Glaubhaftmachung gemäß § 138 Abs. 1 BAO reiche nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus. Abgesehen davon seien einige - im Schreiben vom konkret angeführte - Belege in leserlicher Kopie bzw. im Original vorzulegen.

Die Beschwerdeführerin gab dem Finanzamt bekannt, dass sie aufgrund berufsrechtlicher Verschwiegenheitspflichten nicht befugt sei, ihre Mandanten bzw. die Themen der mit Mandanten geführten Gespräche auf Belegen zu nennen. Daher habe sie dies auch auf den Bewirtungsbelegen unterlassen. Am langten beim Finanzamt zudem die angeforderten Belege im - ebenfalls unlesbaren - Original ein.

Mit Bescheiden vom hob das Finanzamt die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide 2009 vom gemäß § 299 BAO auf und erließ neue Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide 2009, in welchen es die geltend gemachten Bewirtungsaufwendungen und die mit diesen Aufwendungen im Zusammenhang stehenden Vorsteuern nicht berücksichtigte.

Die Beschwerdeführerin berief mit Schriftsatz vom gegen die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide vom und brachte in der Berufung im Wesentlichen vor, sie sei vor sechs Jahren gegründet worden und habe ihren Umsatz - ohne Übernahme oder Zukauf eines Klientenstocks - von 0 auf über 1,300.000 EUR gesteigert. Es sei daher "nahezu absurd", einen Nachweis über die Werbekomponente der strittigen Bewirtungsaufwendungen erbringen zu müssen. Abgesehen davon sei dem Finanzamt telefonisch zugesagt worden, für verschiedene - vom Finanzamt ausgewählte - Rechtsgeschäfte nach Rücksprache mit den Mandanten den jeweiligen einzelnen konkreten Nachweis zu erbringen. Aufgrund der in § 91 WTBG normierten Verschwiegenheitspflicht sei die Beschwerdeführerin jedoch nicht dazu berechtigt, jeden Fall einzeln und im Voraus namhaft zu machen.

Das Finanzamt legte die Berufung mit Vorlagebericht vom der belangte Behörde zur Entscheidung vor.

Über Anregung der Beschwerdeführerin vom setzte die belangte Behörde für den eine mündliche Verhandlung an. In der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom forderte sie die Beschwerdeführerin nochmals auf, die vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung geforderten Nachweise für die Anerkennung der Bewirtungskosten (Werbezweck und erhebliches Überwiegen der betrieblichen oder beruflichen Veranlassung) für jeden einzelnen Geschäftsfall zu erbringen. Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf ihre Verschwiegenheitspflicht nicht nach. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung legte sie keine weiteren Unterlagen vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und begründete dies u.a. damit, dass die Beschwerdeführerin die in § 12 Abs. 1 Z 3 KStG 1988 iVm § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 geforderten Nachweise für den Betriebsausgabencharakter der gegenständlichen Bewirtungsaufwendungen trotz mehrfacher Aufforderung hierzu nicht erbracht habe. Der Verwaltungsgerichtshof vertrete in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass Rechtsanwälte - und damit auch Steuerberater, Ärzte oder andere Freiberufler - nicht mit Sonderrechten ausgestattet seien. Ausgehend davon könne auch bei Rechtsanwälten unter dem Begriff Werbung nicht anderes als die Produkt- und Leistungsinformation verstanden werden (Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/13/0260, und 94/13/0262). Auch ein Rechtsanwalt habe darzutun, inwiefern die einzelne Bewirtung tatsächlich jeweils eine auf seine berufliche Tätigkeit bezogene Leistungsinformation geboten habe, wobei eine Leistungsinformation bei einer Besprechung betreffend anhängige Prozesse, diverse Schadensfälle oder Gutachtenserstellung von vornherein nicht in Betracht komme (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/13/0259). Damit sei aber nicht nur bei Rechtsanwälten, sondern generell auch bei der Prüfung von anderen Freiberuflern inkludiert, dass das Klientenverhältnis und der zur Leistungsinformation führende sachliche Hintergrund aufgedeckt werden müssten.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Anerkennung der im Zusammenhang mit der Bewirtung geltend gemachten Betriebsausgaben und Vorsteuern verletzt.

Sie vertritt - wie im Verwaltungsverfahren - die Auffassung, dass die vom Finanzamt und der belangten Behörde geforderten Nachweise für den Betriebsausgabencharakter der in Rede stehenden Bewirtungskosten nur durch einen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht des § 91 WTBG erbracht werden könnten, weshalb für Zwecke des Nachweises die Glaubhaftmachung gemäß § 138 BAO genügen müsse.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 3 KStG 1988 sind Repräsentationsaufwendungen iSd § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 nicht abziehbar. Die Regelung des § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 ist somit auch für Körperschaften maßgebend.

Nach § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 idF des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, dürfen Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Darunter fallen auch Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden. Weist der Steuerpflichtige nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt, können derartige Aufwendungen oder Ausgaben zur Hälfte abgezogen werde.

Die in § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 vorgesehene Ausnahme von dem grundsätzlichen Abzugsverbot von Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben ist von dem der Partei obliegenden Nachweis zweier Voraussetzungen - Werbezweck und erhebliches Überwiegen der betrieblichen oder beruflichen Veranlassung - abhängig. Eine bloße Glaubhaftmachung dieser Voraussetzungen gemäß § 138 Abs. 1 BAO reicht daher für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen (Ausgaben) nicht aus (vgl. Kofler in Doralt, EStG11, § 20 Tz 91/6; Jakom /Baldauf , EStG, 2015, § 20 Rz 72; Krafft in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 12. GL, § 20 Anm 61; jeweils mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich wiederholt mit der Abzugsfähigkeit der Bewirtungsspesen von der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 9 Abs. 2 RAO unterliegenden Rechtsanwälten befasst (vgl. die Erkenntnisse vom , 97/13/0211, vom , 94/13/0259, vom , 94/13/0260, 94/13/0262 und 98/13/0092, vom , 2001/13/0012, und vom , 2002/15/0123). In den angeführten Erkenntnissen wurde - worauf im angefochtenen Bescheid zutreffend hingewiesen wird - u. a. ausgesprochen, dass Rechtsanwälte mit keinen Sonderrechten ausgestattet sind. Das bedeutet, dass auch bei einem Rechtsanwalt unter dem Begriff Werbung nichts anderes als die Produkt- und Leistungsinformation (zu diesem Inhalt des Begriffs vgl. das Erkenntnis 94/13/0262) verstanden werden kann. Auch ein Rechtsanwalt hat darzutun, dass er anlässlich der Bewirtung jeweils eine auf seine berufliche Tätigkeit bezogene Leistungsinformation geboten hat und dass die Bewirtung überwiegend betrieblich oder beruflich veranlasst war. In den angeführten Erkenntnissen wurde zudem klargestellt, dass Aufwendungen zur im weitesten Sinn Kontaktpflege, somit letztlich zur Herstellung einer gewissen positiven Einstellung zum "Werbenden", lediglich als werbeähnlicher und somit im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 nicht abziehbarer Aufwand zu beurteilen ist. Weiters wurde klargestellt, dass die geforderte Leistungsinformation bei einer Besprechung "betreffend anhängiger Prozesse" oder "diverser Schadensfälle" oder "betreffend Gutachtenerstellung" von vornherein nicht in Betracht kommt (vgl. dazu das Erkenntnis vom , 94/13/0259). Nichts anderes kann für Wirtschaftstreuhänder gelten, die der Verschwiegenheitspflicht nach § 91 WTBG unterliegen.

Soweit in der Beschwerde die Auffassung vertreten wird, der Nachweis dafür, dass es sich bei den streitgegenständlichen Bewirtungsspesen um abziehbare Betriebsausgaben handle, könne nur durch einen Verstoß gegen die in § 91 WTBG normierte Verschwiegenheitspflicht erbracht werden, ist ihr zunächst zu erwidern, dass sich die Verschwiegenheitspflicht nach § 91 Abs. 1 und 2 WTBG auf dem Wirtschaftstreuhänder anvertraute Angelegenheiten sowie auf persönliche Umstände und Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse erstreckt, die diesem bei Durchführung erteilter Aufträge oder im Zuge eines behördlichen, nicht öffentlichen Verfahrens in Ausübung seines Berufes als solche bekannt geworden sind. Zum Beweis dafür, dass es sich bei Bewirtungsspesen um abziehbare Betriebsausgaben handelt, hat der Wirtschaftstreuhänder hingegen nachzuweisen, dass er anlässlich der Bewirtung jeweils eine auf seine berufliche Tätigkeit bezogene Leistungsinformation (wie etwa seinen beruflichen Werdegang, die Rechtsgebiete auf denen er tätig ist und etwaige vom ihm verfasste Fachpublikationen usw.) geboten hat und die Bewirtung überwiegend betrieblich oder beruflich veranlasst war. Die Offenlegung von Klienten betreffenden Angelegenheiten ist nicht erforderlich. Dazu kommt, dass die im Gesetz geforderte Leistungsinformation bei Arbeitsessen, in deren Rahmen Angelegenheiten eines Klienten besprochen werden, nach der Rechtsprechung von vornherein nicht in Betracht kommt (vgl. nochmals das Erkenntnis vom , 94/13/0259). Damit ist aber nicht nachvollziehbar, wieso die nach § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 geforderte Nachweisführung - wie in der Beschwerde behauptet - zwangsläufig gegen § 91 WTBG verstoßen soll.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass in dem Ausmaß, in dem die Möglichkeiten amtswegiger Ermittlungen der Behörde aus Gründen eingeschränkt sind, die der Sphäre des Abgabepflichtigen zugehören, dessen Mitwirkungspflicht im Rahmen des Zumutbaren steigt. Die gesetzliche Geheimhaltungspflicht stellt bei Wirtschaftstreuhändern eine solche Besonderheit in der Sphäre des Abgabepflichtigen dar. Da die Geheimhaltungspflicht nicht der Behinderung oder Erschwerung der Erhebung von Abgaben bei Wirtschaftstreuhändern dient, ist es deren Aufgabe, durch gesteigerte Mitwirkung im Verfahren, aber auch schon bei Führung der Bücher und Aufzeichnungen sowie bei Gestaltung der Unterlagen und Belege und durch sonstige Vorleistungen die Verminderung amtswegiger Erhebungsmöglichkeiten der Behörde im Rahmen des Zumutbaren auszugleichen (vgl. Stoll , BAO-Kommentar, 1571, mit weiteren Nachweisen). Dass der Beschwerdeführerin das Erbringen der in § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 geforderten Nachweise von vornherein unzumutbar wäre, trifft - wie oben ausgeführt - nicht zu.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am