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VwGH vom 20.12.2006, 2005/08/0057

VwGH vom 20.12.2006, 2005/08/0057

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der W GmbH & Co KG in L, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 14, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. SV(SanR)-411221, 1-2004-Ho, betreffend Rückforderung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom beantragte die beschwerdeführende Partei bei der erstinstanzlichen Behörde die Rückerstattung "von EUR 207,-- an bezahltem SV-Beitrag für Jänner 04" für einen namentlich genannten, am geborenen Dienstnehmer. Begründend führte die beschwerdeführende Partei dabei an, dass sie für diesen Dienstnehmer an Arbeitslosenversicherungsbeitrag gemäß § 2 AMPFG für den Jänner 2004 einen Betrag von EUR 207,-- (6 % der Beitragsgrundlage) abgeführt habe. Gemäß § 2 Abs. 8 AMPFG wäre eine Befreiung vom Arbeitslosenversicherungsbeitrag mit Wirksamkeit ab für Frauen, die das 56. Lebensjahr und für Männer, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, vorgesehen. Aus Gründen der EU-rechtlichen Gleichbehandlungspflicht von Männern und Frauen in der Sozialversicherung liege eine EU-rechtswidrige Schlechterstellung der Männer gegenüber den Frauen vor, die zwei Jahre früher in den Genuss der genannten Begünstigung kommen sollen, sodass auch für Männer die beitragsfreie Arbeitslosenversicherung bereits ab Vollendung des 56. Lebensjahres beansprucht werden könne. Dies wird unter Hinweis auf Art. 4 und 7 Abs. 1 der Gleichbehandlungsrichtlinien 79/7/EWG sowie auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften näher ausgeführt.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vom abgewiesen. Da der Dienstnehmer, für den die zurückgeforderten Arbeitslosenversicherungsbeiträge entrichtet worden waren, das 58. Lebensjahr nicht erreicht habe, sei § 2 Abs. 8 AMPFG im gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Es lägen daher keine zu Ungebühr entrichteten Beiträge vor. Zu den behaupteten Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht wird - nach Zitierung des Art. 4 sowie Art. 7 lit. a der Richtlinie 79/7/EWG - unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom in der Rechtssache C-303/02 (Haackert) ausgeführt, dass "aus den selben sozialpolitischen Gründen" und auf Grund der Diskriminierung der Männer beim Regelpensionsalter sich der Gesetzgeber dazu entschlossen habe, die Begünstigung nach § 2 Abs. 8 AMPFG zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarktprozess für Männer bereits sieben Jahre vor dem Regelpensionsalter zu beginnen. Die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen könnten nicht losgelöst vom Regelpensionsalter gesehen werden, da das Risiko der Arbeitslosigkeit vor allem von diesem abhänge. Es liege daher keine Diskriminierung der Männer vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Einspruch der beschwerdeführenden Partei keine Folge gegeben. Nach Darlegung des erstinstanzlichen Bescheides sowie des Einspruchsvorbringens und des Vorlageberichts der erstinstanzlichen Behörde stellte die belangte Behörde fest, dass die beschwerdeführende Partei den Arbeitslosenversicherungsbeitrag für den 57 Jahre alten Dienstnehmer nach § 2 Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz (AMPFG) in der Höhe von 6 % der allgemeinen Beitragsgrundlage bis zur Höchstbeitragsgrundlage für den Monat Jänner 2004 abgerechnet habe. Gemäß § 2 Abs. 8 AMPFG sei der Arbeitslosenversicherungsbeitrag für Frauen, die das 56. Lebensjahr und für Männer, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, ab dem Beginn des folgenden Kalendermonats aus Mitteln der Gebarung Arbeitsmarktpolitik zu tragen. Da der Dienstnehmer das 58. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, fehle eine wesentliche Tatbestandsvoraussetzung, sodass der Antrag auf Rückerstattung abzuweisen gewesen sei. Zum von der beschwerdeführenden Partei eingewendeten Verstoß gegen Art. 4 und Art. 7 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 79/7/EWG sei auszuführen, dass der (Haackert) entschieden habe, dass das unterschiedliche Anfallsalter bei der vorzeitigen Alterspension bei Arbeitslosigkeit nicht gegen die Richtlinie 79/7/EWG verstoße. Begründet werde dies im Wesentlichen damit, dass das System der vorzeitigen Alterspension bei Arbeitslosigkeit den Zweck habe, den Anfall der Alterspension für Fälle vorzuziehen, in denen die Wiedereingliederung des Versicherten in den Arbeitsprozess innerhalb eines bestimmten Zeitraumes infolge Alters, Krankheit, verminderter Leistungsfähigkeit oder aus anderen Gründen nicht oder nur schwer möglich sei. Diese Leistung bezwecke folglich, Personen ein Einkommen zu sichern, die vor Erreichen des Pensionsalters nicht wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden könnten. In Anbetracht dieser Judikatur erscheine es zulässig, arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Regelpensionsalter zu sehen, da das Risiko der Arbeitslosigkeit vor allem auch damit im Zusammenhang stehe. Die eingewendete Diskriminierung von Männern bestehe daher nicht.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1260/04, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Mit der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die beschwerdeführende Partei die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erklärte, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 2 Abs. 1 des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes (AMPFG), BGBl. Nr. 315/1994, wird zur Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik des Bundes ein Arbeitslosenversicherungsbeitrag von allen Personen, die der Versicherungspflicht nach den Bestimmungen der §§ 1 bis 3 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 unterliegen, und deren Dienstgebern eingehoben. Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag beträgt 6 v.H. der nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz geltenden allgemeinen Beitragsgrundlage bis zur Höhe der gemäß § 45 des ASVG in der Pensionsversicherung festgelegten Höchstbeitragsgrundlage.

Gemäß § 2 Abs. 8 AMPFG in der im vorliegenden Fall maßgebenden, am in Kraft getretenen Fassung BGBl. I Nr. 71/2003, ist für Frauen, die das 56. Lebensjahr und für Männer, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, der Arbeitslosenversicherungsbeitrag ab dem Beginn des folgenden Kalendermonates aus Mitteln der Gebarung Arbeitsmarktpolitik zu tragen.

Gemäß § 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 142/2004, sind (u.a.) für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert) Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind (§ 1 Abs. 1 lit. a). Ausgenommen von der Arbeitslosenversicherungspflicht sind (u.a.) Personen, die das für eine Alterspension maßgebliche Mindestalter oder das 60. Lebensjahr vollendet haben, ab dem Beginn des folgenden Kalendermonates (§ 1 Abs. 2 lit. e AlVG).

Gemäß § 5 Abs. 1 AMPFG sind die Beiträge gemäß § 2 AMPFG durch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung gemeinsam mit dem Beitrag zur Krankenversicherung einzuheben. Für diese Beiträge gelten die Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung über die Berechnung, Fälligkeit, Einzahlung, Eintreibung, Beitragszuschläge, Sicherung, Verjährung und Rückforderung der Pflichtbeiträge entsprechend, soweit sich aus bundesgesetzlichen Vorschriften nichts Abweichendes ergibt.

Gemäß § 69 Abs. 1 ASVG können zu Ungebühr entrichtete Beiträge zurückgefordert werden (von hier nicht in Betracht kommenden, im § 69 ASVG näher angeführten Fällen abgesehen).

2. Die beschwerdeführende Partei behauptet nicht, dass hinsichtlich des Dienstnehmers, für den der geleistete Arbeitslosenversicherungsbeitrag zurückgefordert wird, die in § 2 Abs. 8 AMPFG genannte Tatbestandsvoraussetzung - Vollendung des 58. Lebensjahres - vorläge. Sie macht jedoch geltend, dass die belangte Behörde die Wortfolge "die das 58. Lebensjahr vollendet haben" in § 2 Abs. 8 AMPFG wegen Vorranges des EU-Gemeinschaftsrechts vor dem innerstaatlichen Recht nicht hätte anwenden dürfen.

Der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zur Richtlinie 79/7/EWG zufolge könne im Falle einer verbotenen geschlechtlichen Diskriminierung das benachteiligte Geschlecht die selben Vorteile wie das andere Geschlecht direkt auf Grund des EU-Rechtes für sich in Anspruch nehmen, ohne dass es einer innerstaatlichen Umsetzung der Richtlinie bedürfe. Gemäß dem Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 8 AMPFG sei eine Befreiung vom Arbeitslosenversicherungsbeitrag mit Wirksamkeit ab für Frauen, die das 56. Lebensjahr und für Männer, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, vorgesehen. Es liege dabei eine EU-rechtswidrige Schlechterstellung der Männer gegenüber den Frauen vor, die zwei Jahre früher in den Genuss der genannten Begünstigung kommen sollen, sodass auch für Männer die beitragsfreie Arbeitslosenversicherung bereits ab Vollendung des 56. Lebensjahres beansprucht werden könne. Die belangte Behörde könne die zur Richtlinie 79/7/EWG ergangene Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-303/02 (Haackert) auch deshalb nicht mit Erfolg für ihren Standpunkt ins Treffen führen, weil es im Anlassfall der Entscheidung um keine Beitragsstreitigkeit, sondern um eine Leistungsstreitigkeit, und auch nicht um eine Frage der Arbeitslosenversicherung, sondern um eine Leistung aus der Pensionsversicherung (vorzeitige Alterspension) gegangen sei. Art. 7 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 79/7/EWG decke lediglich Ausnahmen von der Gleichbehandlungspflicht in Leistungssachen, wobei die Leistungen in notwendigem und objektivem Zusammenhang zum unterschiedlichen Regelpensionsalter (65 Jahre für Männer und 60 Jahre für Frauen) stehen müssten. Gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 79/7/EWG sei Ausnahmetatbestand von der Pflicht zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen die Festsetzung des Rentenalters für die Gewährung der Altersrente oder Ruhestandsrente und etwaige Auswirkungen daraus auf andere Leistungen. Dementsprechend kenne z.B. das Pensionsrecht des ASVG unterschiedliche Altersgrenzen für Männer und Frauen zwar im Leistungsrecht, nicht jedoch im Beitragsrecht. Es handle sich im vorliegenden Fall um eine beitragsrechtliche und um keine leistungsrechtliche Angelegenheit, weil sich § 2 Abs. 8 AMPFG für die beschwerdeführende Partei ausschließlich in Form der Ersparnis von Sozialversicherungsbeiträgen für (weibliche) Dienstnehmer, nicht jedoch in Form des Empfanges bestimmter Leistungen auswirke. Im Sinne der Kohärenz des Pensionssystems im Sinne der ständigen Rechtsprechung des EuGH dürfe nicht nur das Anfallsalter für die Regelpension, sondern auch dasjenige für die vorzeitige Alterspension unterschiedlich festgesetzt werden, was vom österreichischen Gesetzgeber u.a. im Zuge der schrittweisen Anhebung des Pensionsalters für die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer berücksichtigt worden sei. Die Kohärenz des Pensionssystems erfordere es jedoch nicht, dass Beiträge zur Pensionsversicherung oder sogar zur Arbeitslosenversicherung für Männer und Frauen unterschiedlich festgesetzt würden, was somit unzulässig sei. Das Leistungsrecht der Arbeitslosenversicherung kenne im Unterschied zum Leistungsrecht der Pensionsversicherung keine unterschiedlichen Altersgrenzen für Männer und Frauen. Für Männer und Frauen gleiche Altersgrenzen fänden sich im Leistungsrecht der Arbeitslosenversicherung z.B. in § 18 Abs. 2 AlVG. Es gehe nicht an, unter Bezugnahme auf Art. 7 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 79/7/EWG die Systemkohärenz dahingehend zu sprengen, dass man im Hinblick auf Arbeitslosenversicherungsbeiträge einen Konnex nicht zu Leistungen der Arbeitslosenversicherung, sondern zu solchen der Pensionsversicherung herstelle. Innerhalb des Systems der Arbeitslosenversicherung sei eine erhebliche Inkohärenz dadurch geschaffen worden, dass vom System der gleichen Altersgrenzen für Männer und Frauen nunmehr abgewichen werde, noch dazu im Bereich der Festsetzung der Beiträge. Insbesondere aus Art. 4 der Richtlinie 79/7/EWG erhelle, dass es sich beim Beitragsrecht und beim Leistungsrecht um unterschiedliche Regelungsbereiche handle, wobei Art. 7 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 79/7/EWG lediglich auf Letzteres Bezug nehme und somit nur Letzteres erfassen wolle.

Sollte dieser Ansicht der beschwerdeführenden Partei nicht gefolgt werden, so sei zu prüfen, ob es sich bei der verfahrensgegenständlichen Ungleichbehandlung um eine "Auswirkung der unterschiedlichen Festsetzung des Rentenalters" handle. Die belangte Behöre ziehe aus Art. 7 Abs. 1 lit. a der Richtlinie die falschen Schlüsse und interpretiere die dazu ergangene Judikatur falsch. Der EuGH habe mit Urteil vom in der Rechtssache C-104/98 (Buchner) entschieden, dass der Ausnahmetatbestand von der Gleichbehandlungspflicht gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. a der Richtlinie dann nicht verwirklicht sei, wenn eine Ungleichbehandlung nicht notwendig und objektiv mit dem ungleichen Regelpensionsalter von Männern und Frauen verbunden sei. Ein derartiger objektiver und notwendiger Konnex liege dann nicht vor, wenn der Zeitabstand zwischen Inkrafttreten einer bestimmten sozialversicherungsrechtlichen Begünstigung und dem Regelpensionsalter für Männer und Frauen ungleich sei. Der Rechtsansicht des EuGH zufolge sei aus einer solchen Inkongruenz zum Regelpensionsalter, nämlich aus der Tatsache, dass der Zeitraum vom Inkrafttreten der Begünstigung für Männer in diesem Fall sieben Jahre und für Frauen vier Jahre bis zum Regelpensionsalter betrage, abzuleiten, dass die ungleiche Begünstigung gemäß § 2 Abs. 8 AMPFG nicht notwendig und objektiv mit dem ungleichen Regelpensionsalter in Zusammenhang zu bringen und daher unzulässig sei. Der EuGH habe in der Entscheidung vom , C-303/02 (Haackert), seine Vorjudikatur nicht modifiziert, sondern vielmehr bestätigt. Die vorzeitige Alterspension sei in der jüngeren der beiden Entscheidungen deshalb für EU-rechtskonform erklärt worden, weil sie Männern mit 61,5 und Frauen mit 56,5 Jahren - somit in jeweils gleicher zeitlicher Distanz zum jeweiligen Regelpensionsalter und somit an diesem objektiv anknüpfend - zugestanden sei. Eine derartige geschlechtsneutrale, gleiche zeitliche Distanz zwischen Inkrafttreten der Beitragsbegünstigung und dem Regelpensionsalter bestehe in diesem Fall nicht.

3. Die Richtlinie des Rates vom zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (79/7/EWG), Amtsblatt Nr. L 6 vom , S. 24 (im Folgenden: RL 79/7/EWG), findet nach ihrem Art. 3 Abs. 1 lit. a Anwendung auf die gesetzlichen Systeme, die Schutz (u. a.) gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit bieten.

Art. 4 Abs. 1 der RL 79/7/EWG lautet:

"Der Grundsatz der Gleichbehandlung beinhaltet den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, und zwar im Besonderen betreffend:


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den Anwendungsbereich der Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu den Systemen,
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die Beitragspflicht und die Berechnung der Beiträge,
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die Berechnung der Leistungen, einschließlich der Zuschläge für den Ehegatten und für unterhaltsberechtigte Personen, sowie die Bedingungen betreffend die Geltungsdauer und die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die Leistungen."
Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchstabe a der RL 79/7/EWG steht diese Richtlinie nicht der Befugnis der Mitgliedstaaten entgegen, die Festsetzung des Rentenalters für die Gewährung der Altersrente oder Ruhestandsrente und etwaige Auswirkungen daraus auf andere Leistungen von ihrem Anwendungsbereich auszuschließen.
4. Die unterschiedliche Beitragshöhe für Frauen und Männer zwischen der Vollendung des 56. und des 58. Lebensjahres stellt eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts bei der Beitragspflicht und der Berechnung der Beiträge im Sinne des Art. 4 Abs. 1 zweiter Spiegelstrich der RL 79/7/EWG dar. Eine derartige Ungleichbehandlung wäre daher nur im Rahmen der Ausnahmen, wie sie in Art. 7 der RL 79/7/EWG festgelegt sind, zulässig.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist die in Art. 7 Abs. 1 Buchstabe a der RL 79/7/EWG enthaltene Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts angesichts der grundlegenden Bedeutung des Grundsatzes der Gleichbehandlung eng auszulegen (vgl. z.B. das C- 423/04, Richards, Rn. 36 m.w.N.). Setzt ein Mitgliedstaat unter Berufung auf Art. 7 Abs. 1 Buchstabe a der RL 79/7/EWG für die Gewährung der Alters- und Ruhestandsrente für Männer und Frauen ein unterschiedliches Alter fest, so ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH der mit der Wendung "etwaige Auswirkungen daraus auf andere Leistungen" in Art. 7 Abs. 1 Buchstabe a definierte Anwendungsbereich der zugelassenen Ausnahme auf solche in anderen Leistungssystemen bestehenden Diskriminierungen beschränkt, die notwendig und objektiv mit dieser unterschiedlichen Altersgrenze verbunden sind. Eine solche Verbindung besteht, wenn die Diskriminierungen objektiv erforderlich sind, um zu verhindern, dass das finanzielle Gleichgewicht des Systems der sozialen Sicherheit gefährdet wird, oder um die Kohärenz zwischen dem System der Altersrenten und dem der anderen Leistungen zu gewährleisten. Haushaltserwägungen können sozialpolitischen Entscheidungen eines Mitgliedstaates zwar zu Grunde liegen und die Art oder das Ausmaß der sozialen Schutzmaßnahmen, die er treffen möchte, beeinflussen, sie stellen als solche jedoch kein mit der Sozialpolitik verfolgtes Ziel dar und können daher eine Diskriminierung nach dem Geschlecht nicht rechtfertigen (, Buchner, Rn. 25 (m.w.N.), 26 und 28).
5. Die Bestimmung des § 2 Abs. 8 AMPFG wurde durch die im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, erfolgte Novellierung des AMPFG eingeführt; bis zu diesem Zeitpunkt hat keine vergleichbare Bestimmung bestanden. Eine ebenfalls zum Wegfall der Beitragspflicht führende Freistellung von der Arbeitslosenversicherungspflicht sieht § 1 Abs. 2 lit. e AlVG vor, diese ist jedoch unmittelbar auf das für eine Alterspension maßgebliche Mindestalter oder - geschlechtsneutral - auf das 60. Lebensjahr abgestellt. Die Einführung des § 2 Abs. 8 AMPFG wurde in der Regierungsvorlage (59 BlgNR 22. GP, S. 177) mit einer "Lohnnebenkostensenkung für ältere Arbeitnehmer" begründet. Eine nähere Darlegung, insbesondere zur Begründung des unterschiedlichen Alters, ab dem die Beitragspflicht entfallen soll, ist weder der Regierungsvorlage noch dem Ausschussbericht (111 BlgNR 22. GP) zu entnehmen; insbesondere findet sich dabei kein Hinweis auf allenfalls angestellte Überlegungen im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz, welche etwa im Rahmen des Begutachtungsverfahrens (so z.B. in den auf der Website des Parlaments veröffentlichten Stellungnahme der Wirtschaftskammer und des BMSG) geäußert worden waren.
6. Die belangte Behörde bezieht sich im angefochtenen Bescheid auf das , Haackert, in dem der EuGH festgestellt hat, dass die in Art. 7 Abs. 1 Buchstabe a der RL 79/7/EWG vorgesehene Ausnahme auf eine Leistung wie die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit anwendbar ist, für die als Anspruchsvoraussetzung eine für Männer und Frauen unterschiedliche Altersgrenze festgesetzt wurde, da diese Voraussetzung im Sinne der genannten Bestimmung als eine Auswirkung der im nationalen Recht nach dem Geschlecht unterschiedlich festgesetzten Altersgrenze für den Bezug der Altersrente angesehen werden kann. Auch in diesem Urteil hat der EuGH unter Bezugnahme auf das Urteil Buchner ausgesprochen, dass die Ausnahme auf solche in anderen Leistungssystemen bestehende Diskriminierungen beschränkt ist, die notwendig und objektiv mit dieser unterschiedlichen Altersgrenze verbunden sind; eine solche Verbindung besteht, wenn die Diskriminierungen objektiv erforderlich sind, um zu verhindern, dass das finanzielle Gleichgewicht des Systems der sozialen Sicherheit gefährdet wird, oder um die Kohärenz zwischen dem System der Altersrenten und dem der anderen Leistungen zu gewährleisten.
7. Im vorliegenden Fall kann schon angesichts des mit der Gesetzgebung verbundenen Zwecks einer Lohnnebenkostensenkung für ältere Arbeitnehmer, bei der jedenfalls eine nachvollziehbare Darlegung der Auswirkungen auf das System der sozialen Sicherheit nicht vorgenommen wurde, nicht davon ausgegangen werden, dass die Diskriminierung erforderlich ist, um das finanzielle Gleichgewicht des Systems der sozialen Sicherheit nicht zu gefährden, zumal diese Bestimmung auch erst mit der Novelle BGBl. I Nr. 71/2003 eingeführt wurde, somit lange nach der Festlegung des unterschiedlichen Rentenanfallsalters.
8. Eine notwendige und objektive Verknüpfung der gegenständlichen Regelung mit der Altersgrenze für den Pensionsantritt ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Auch unter Anerkennung des Anliegens des Gesetzgebers, bei der Regelung auf das wenige Jahre vor Anfall der Alterspension erhöhte Risiko der Arbeitslosigkeit abzustellen, kann bei der tatsächlich getroffenen Regelung ein objektiv notwendiger Zusammenhang mit dem unterschiedlichen Anfallsalter der Pension schon deshalb nicht gesehen werden, weil die Beitragsbefreiung für Frauen vier Jahre vor dem gesetzlichen Anfallsalter der Pension (und zugleich vier Jahre vor dem Eintritt der Befreiung von der Arbeitslosenversicherungspflicht) und für Männer sieben Jahre vor dem gesetzlichen Pensionsanfallsalter (und zwei Jahre vor dem Eintritt der Befreiung von der Arbeitslosenversicherungspflicht) festgelegt wurde. Schon aus diesem Grunde verbietet es sich, die unterschiedliche Festlegung für den Entfall der Arbeitslosenversicherungsbeitragspflicht als objektiv notwendig anzusehen, um die Kohärenz zwischen der Alterspension und einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung zu gewährleisten. Es kann dabei dahingestellt werden, ob die hier gegenständliche Beitragspflicht, welche - auch soweit sie vom Arbeitgeber getragen wird - jedenfalls zu einer mittelbaren Diskriminierung führt, überhaupt von einer Ausnahme im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchstabe a der RL 79/7/EWG betroffen sein kann oder ob - wie die beschwerdeführende Partei vorbringt - diese Bestimmung lediglich auf Leistungen anwendbar ist.
9. Da somit § 2 Abs. 8 AMPFG eine nach der RL 79/7/EWG unzulässige Schlechterstellung auf Grund des Geschlechts beinhaltet, war die belangte Behörde gehalten, die Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insbesondere dadurch auszuschließen, dass sie diese Regelungen zu Gunsten der benachteiligten Gruppe anwendet (vgl. - zur Richtlinie 76/207/EWG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen - das C- 187/00, Kutz-Bauer; zur Vergleichbarkeit der RL 76/207/EWG mit der RL 79/7/EWG vgl. insbesondere auch die Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in dieser Rechtssache). Indem sie dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Da die gemeinschaftsrechtliche Beurteilung auf Grund der oben erwähnten Rechtsprechung des EuGH als geklärt anzusehen ist, war die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH entbehrlich.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das die Ansätze der genannten Verordnung übersteigende Kostenbegehren war insoweit abzuweisen.
Wien, am