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VwGH vom 22.11.2018, Ra 2017/15/0025

VwGH vom 22.11.2018, Ra 2017/15/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Finanzamtes Landeck/Reutte in 6500 Landeck, Innstraße 11, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/3100163/2016, betreffend Haftung für Lohnsteuer der Jahre 2009 bis 2011 (mitbeteiligte Partei: W in E, vertreten durch die Dr. Obermoser Wirtschaftstreuhand GmbH in 6370 Kitzbühel, St. Johannerstraße 49a), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

1 Im Ergebnis einer Prüfung lohnabhängiger Abgaben bei der mitbeteiligten Partei, die das Rauchfangkehrergewerbe betreibt, erließ das Finanzamt Haftungsbescheide betreffend Lohnsteuer der Jahre 2009 bis 2011.

2 Die Nachversteuerung betraf die an die Dienstnehmer gewährte Schmutzzulage, welche die mitbeteiligte Partei in Anlehnung an den Kollektivvertrag für Rauchfangkehrer für das Bundesland Tirol in Höhe von 18 % des Grundlohnes gemäß § 68 EStG 1988 lohnsteuerfrei ausbezahlt hatte. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass auf Grund des geänderten Arbeitsbildes, der sehr unterschiedlichen Höhe der Schmutzzulage in den einzelnen Bundesländerkollektivverträgen (zwischen 8 % und 20 % des Grundlohnes) und in Anlehnung an die (bis zum Wartungserlass 2016 geltende Rz. 11130 der) Lohnsteuerrichtlinien österreichweit einheitlich 8 % des Grundlohnes als angemessen zu erachten und die Differenzzahlung der Lohnsteuer zu unterwerfen sei.

3 In ihrer dagegen erhobenen Berufung (nunmehr Beschwerde) beantragte die mitbeteiligte Partei die gesamte dem einschlägigen Kollektivvertrag entsprechend ausbezahlte Schmutzzulage gemäß § 68 Abs. 1 und 5 EStG 1988 steuerfrei zu belassen. Das Finanzamt habe keinerlei Feststellungen zur Angemessenheit der Schmutzzulage getroffen, sondern habe willkürlich den laut Richtlinie als "angemessen" erachteten Prozentsatz von 8 % herangezogen. Die in den Bundesländern unterschiedlichen Höchstgrenzen für die Schmutzzulagen seien darin begründet, dass in den Bundesländern auch unterschiedliche Kehrordnungen gelten würden. So seien in Tirol bspw. laut Kehrordnung auch alle Heizkessel zu reinigen.

4 Nach Ergehen einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung beantragte die mitbeteiligte Partei, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und hob die angefochtenen Haftungsbescheide des Finanzamtes auf. Begründend wird zunächst ausgeführt, die Arbeitnehmer der mitbeteiligten Partei seien nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts überwiegend mit Arbeiten betraut, die eine erhebliche Verschmutzung zwangsläufig zur Folge hätten. Die von den Arbeitnehmern bei der Ausübung ihrer Tätigkeit getragene Oberbekleidung werde gemäß § 71 ASchG von der mitbeteiligten Partei, dem Arbeitgeber, zur Verfügung gestellt und nach dem Ende der täglichen Kehrgänge auch beim Arbeitgeber gelagert und von diesem wöchentlich gereinigt. Für die Reinigung der anderen Kleidungsstücke (Unterwäsche, Socken, Kopfbedeckung, Winterjacken) habe der Arbeitnehmer selbst aufzukommen. Vom Arbeitgeber würden auch Duschen und Seife zur Verfügung gestellt. Die Kosten von Haarshampoo, Duschgel oder Deodorant hätten hingegen die Arbeitnehmer zu tragen.

6 Zur gegenständlich strittigen Frage der "Angemessenheit" der Zulage wird im angefochtenen Erkenntnis ausgeführt, die Zulage werde länderweise unterschiedlich - zum Teil mit Pauschbeträgen, zum Teil mit Hundertsätzen in einer Bandbreite von 8 % bis 20 % des Grundlohns - bemessen. Zum Teil sei auch - wie bspw. für das Bundesland Tirol - ausdrücklich vorgesehen, dass ein Anspruch auf Schmutzzulage nur für die Zeit tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung bestehe. Dass die Höhe der Zulagen in Kollektivverträgen geregelt sei, bedeute entgegen der Ansicht der mitbeteiligten Partei nicht, dass die Angemessenheit in steuerlicher Hinsicht nicht geprüft werden dürfe (Hinweis auf ). Wohl sei aber davon auszugehen, dass Schmutzzulagen, die in mehreren Länderkollektivverträgen in annähernd gleicher Höhe vereinbart worden seien, zunächst einmal die "Vermutung" für sich hätten, dass sie - zufolge der wirtschaftlich gegenläufigen Interessen und Erfahrungen der Vertragspartner - den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen könnten bzw. nahe kämen und daher von der Abgabenbehörde nur nach ausreichenden Tatsachenfeststellungen und mit zureichender Begründung verworfen werden dürften.

7 Gegenständlich bewegten sich die in den Kollektivverträgen vereinbarten Schmutzzulagen in einer Größenordnung zwischen 8 % und 20 % des Grundlohns. Der vom Finanzamt anerkannte Prozentsatz von 8 % bewege sich an der alleruntersten Grenze der kollektivvertraglich vereinbarten Sätze. Eine Schmutzzulage in dieser Höhe sei nur in einem einzigen Bundesland (Burgenland) vorgesehen. In Vorarlberg betrage der Satz 8,5 %, in Niederösterreich rund 9 %, in Oberösterreich 11 %. In weiteren drei Bundesländern liege der Satz bei 18 %. In der Steiermark betrage die Schmutzzulage 15 %, in Salzburg 20 %. Das arithmetische Mittel der zuletzt genannten fünf Bundesländer liege bei 17,8 % (und damit in etwa bei 18 %).

8 Mit dem Hinweis der mitbeteiligten Partei auf einen unterschiedlich hohen Verschmutzungsgrad auf Grund der Reinigung von Heizkesseln könne - wie im angefochtenen Erkenntnis näher ausgeführt - die unterschiedliche Höhe der Zulage in den Bundesländern nicht erklärt werden.

9 Bei Beurteilung der Frage, ob eine Schmutzzulage in einer bestimmten Höhe noch als angemessen angesehen werden könne, sei nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts mit zu berücksichtigen, dass sie nur innerhalb einer bestimmten Bandbreite erfolgen könne und dem Ergebnis der Abwägungen - vergleichbar einer Schätzung - ein gewisser Spielraum innewohne. Hilfsweise könne auch darauf Bedacht genommen werden, in welcher Höhe Schmutzzulagen in Berufen vereinbart würden, in denen von einem vergleichbaren Grad der Verschmutzung auszugehen sei und in denen offenbar genauso den besonderen Umständen Rechnung getragen werde, unter denen die entsprechenden Arbeiten üblicherweise und zwangsläufig verrichtet werden müssten. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts könnten für einen Vergleich der Arbeitsbedingungen am ehesten die Arbeitnehmer in der Mineralölindustrie Österreichs in Betracht gezogen werden. Für die Reinigung von Behältern, Kesseln, Rauchfängen, etc. seien im Kollektivvertrag in der ab geltenden Fassung Schmutzzulagen von 20 % vorgesehen. Wenngleich die Angemessenheit dieser Zulagen im Revisionsfall nicht zu beurteilen sei, könne doch darauf verwiesen werden, dass eine Zulage in der hier vorliegenden Größenordnung von 18 % noch nicht aus dem Rahmen falle. Für die Veranlagungsjahre vor 2008 sei dieser Prozentsatz von der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung auch nicht in Frage gestellt worden. Er möge zwar an der oberen Grenze liegen. Dessen ungeachtet befinde er sich nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts noch im Rahmen dessen, was als "angemessen" bzw. als "durchschnittlich üblich" (Hinweis auf ) angesehen werden könne, solange keine Änderung der Arbeitsverhältnisse nachweisbar sei.

10 Dass auf Grund der (Zusatz-)Kollektivverträge zweier Bundesländer (Burgenland, Vorarlberg) erheblich niedrigere Schmutzzulagen zu zahlen seien, lasse es noch nicht zu, allgemein nur eine Zulage von 8 % des Grundlohns als angemessen anzuerkennen. Die Beurteilung der Angemessenheit lasse einen gewissen Spielraum zu. Der im (Zusatz-)Kollektivvertrag für Tirol vorgesehene Prozentsatz von 18 % bewege sich annähernd in der Höhe, wie er in mehreren anderen Bundesländern vereinbart worden sei. Er liege nicht außerhalb jener Bandbreite, in der Schmutzzulagen in Berufszweigen vereinbart würden, die einen vergleichbar hohen Grad der Verschmutzung aufwiesen.

11 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nicht zulässig, weil es sich bei der Frage, ob die gezahlten Zulagen auf der Grundlage der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch als angemessen angesehen werden können, um eine Sachverhaltsfrage handle, die im Rahmen der Beweiswürdigung zu beantworten gewesen sei.

12 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die außerordentliche Revision des Finanzamtes, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch das Bundesfinanzgericht und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die mitbeteiligte Partei erwogen hat:

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Zur Zulässigkeit wird in der Revision geltend gemacht, die Gegenüberstellung der unterschiedlichen Ansprüche auf eine Schmutzzulage bei annähernd gleicher Kehrordnung in Tirol, Vorarlberg und der Steiermark durch das Bundesfinanzgericht zeige deutlich auf, dass das Ausmaß der steuerlichen Begünstigung letztlich nicht von den in § 68 EStG 1988 definierten Voraussetzungen abhänge, sondern davon, in welchem Bundesland ein Rauchfangkehrer seine Tätigkeit ausübe. Dieser unsachlichen Differenzierung könne nur durch eine verfassungskonforme Interpretation des § 68 EStG 1988 begegnet werden. Ein sachliches Ergebnis werde dadurch herbeigeführt, dass bei vergleichbaren Arbeitsbedingungen die Angemessenheit der Höhe der Zulage bundesländerübergreifend und somit bundeseinheitlich beurteilt werde. Es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob im Hinblick auf die Zielsetzung des § 68 Abs. 5 EStG 1988 eine unsachliche Differenzierung hinsichtlich der Steuerfreiheit von Schmutzzulagen bei unterschiedlichem arbeitsrechtlichen Anspruch in einer lohngestaltenden Vorschrift für dieselbe Tätigkeit als Rauchfangkehrer durch verfassungskonforme Auslegung der Bestimmung vermieden werden müsse.

17 Die Revision ist zulässig.

18 Der Verwaltungsgerichtshof ist in seiner Rechtsprechung zu § 68 Abs. 1 EStG 1988 davon ausgegangen, dass Voraussetzung für die Begünstigung auch die Angemessenheit des Ausmaßes der Zulage ist (vgl. , unter Hinweis auf das noch zum EStG 1972 ergangene Erkenntnis , 85/13/0177). Da den angeführten Erkenntnissen jeweils Entscheidungen zu Grunde lagen, in denen die seinerzeit belangten Behörden ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen waren, unterblieb jedoch eine konkrete Auseinandersetzung mit der gegenständlich strittigen Frage der Angemessenheit von Zulagen nach § 68 EStG 1988, insbesondere bei Vorliegen unterschiedlicher Kollektivverträge.

19 Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 59/2001 sind Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis 360 Euro monatlich steuerfrei.

20 Gemäß § 68 Abs. 5 EStG 1988 sind unter Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die

  • in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken,

  • im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen, oder

  • infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.

  • 21 Diese Zulagen sind nur begünstigt, soweit sie u.a. auf Grund von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigung abgeschlossen worden sind gewährt werden (Z 5).

  • 22 Nach der Rechtsprechung kommt es bei der Prüfung der Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzung des § 68 Abs. 5 EStG 1988 für die Gewährung einer Schmutzzulage gegeben ist, in Fällen, in denen die Kollektivvertragspartner die Gewährung der Schmutzzulage davon abhängig gemacht haben, dass Arbeiten geleistet werden, die ihrer Auffassung nach üblicherweise (typischerweise) eine außerordentliche Verschmutzung des Arbeitnehmers verursachen, zunächst darauf an, ob diese Einschätzung der Kollektivvertragspartner richtig ist, d.h. - vor dem Hintergrund des § 68 Abs. 5 EStG 1988 - ob Arbeiten tatsächlich üblicherweise (typischerweise) zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung in erheblichem Maß bewirken. Die üblicherweise (typischerweise) auftretende zwangsläufige Verschmutzung in erheblichem Maß während und durch die gegenständlichen Arbeiten reicht aber zufolge der weiters erforderlichen Tatbestandsvoraussetzung der "überwiegenden" Leistung solcher Arbeiten noch nicht aus. Der Arbeitnehmer muss vielmehr während der gesamten Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut sein, die die erhebliche Verschmutzung zwangsläufig bewirken (vgl. ).

  • 23 Liegen diese Voraussetzungen vor, obliegt es der Abgabenbehörde grundsätzlich (auch), die Angemessenheit einer gewährten Zulage nach § 68 Abs. 1 EStG 1988 zu prüfen (vgl. ). Dies ist Ausdruck der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, wonach für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht das äußere Erscheinungsbild des Sachverhalts maßgebend ist. Die bloße Bezeichnung eines Betrages als "Schmutzzulage" sichert die steuerliche Begünstigung daher nicht, soweit ein sachlich vertretbarer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Verschmutzung (oder der sonstigen Erschwernis) und der gewährten Zahlung nicht besteht und sich die Zahlung ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach daher teilweise auch als Abgeltung der vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitsleistung darstellt.

  • 24 Der zwischen den Kollektivvertragspartnern typischerweise bestehende Interessensgegensatz steht dieser Prüfung nicht entgegen, weil es in beiderseitigem Interesse liegen kann, einen möglichst hohen Anteil des Lohnes als begünstigten Lohnbestandteil zu bezeichnen.

  • 25 Im Revisionsfall steht außer Streit, dass die gegenständlichen Arbeitsleistungen zwangsläufig in erheblichem Maß eine Verschmutzung und Verunreinigung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken und derartige Arbeiten auch überwiegend verrichtet werden. Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts haben die Kollektivvertragspartner die dafür zu gewährende Zulage je nach Bundesland unterschiedlich (nämlich mit 8 % bis 20 % des Bruttolohns bzw. mit Pauschalbeträgen, die umgerechnet in dieser Größenordnung liegen) bemessen. Unterschiede im tatsächlichen Ausmaß der auftretenden Verschmutzungen und Verunreinigungen - etwa auf Grund länderweise unterschiedlicher Kehrordnungen - konnten vom Bundesfinanzgericht nach eingehender Prüfung dieser Frage unter Einbeziehung der mitbeteiligten Partei nicht festgestellt werden.

  • 26 Das revisionswerbende Finanzamt vertritt wie schon im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die Ansicht, dass nur der niedrigste Prozentsatz, das sind 8 %, als sachlich vertretbare und daher angemessene Höhe der Schmutzzulage anerkannt werden könne. Das Bundesfinanzgericht hat demgegenüber auch die streitgegenständliche Zulage in Höhe von 18 % als angemessene Abgeltung beurteilt und dies im Wesentlichen damit begründet, dass dieses Ausmaß "im arithmetischen Mittel der zuletzt genannten fünf Bundesländer (von) 17,8 %" liege. Warum das Bundesfinanzgericht bei Ermittlung des arithmetischen Mittelwertes nur jene fünf Bundesländer herangezogen hat, welche die höchsten Zulagensätze aufweisen, bleibt unbegründet. Der mit dieser Berechnung verbundene Vorwurf an die Abgabenbehörde, es mangle an sachverhaltsbezogenen Feststellungen des Finanzamtes, weshalb im Beschwerdefall gerade ein Satz von 8 % (und nur ein solcher Satz) angebracht sein soll, lässt - abgesehen davon, dass fehlende Sachverhaltsfeststellungen erforderlichenfalls auch vom Bundesfinanzgericht selbst zu treffen sind - außer Acht, dass die Kollektivvertragspartner eines Bundeslandes diesen Zulagensatz offenbar selbst als angemessene Abgeltung betrachtet haben und keine Umstände hervorgekommen sind, die diese Beurteilung als unzutreffend erkennen ließen.

  • 27 Dem Bundesfinanzgericht ist aber einzuräumen, dass der im Rahmen des § 68 Abs. 1 und 5 EStG 1988 vorzunehmenden "Angemessenheitsprüfung" ein Element der Schätzung innewohnt, es also nicht den einen als angemessen zu beurteilenden absoluten oder im Verhältnis zum Bruttolohn mit einem bestimmten Prozentsatz zu bemessenden Zulagenbetrag gibt.

  • 28 Eine Kürzung ist vorzunehmen, wenn die Abweichung erheblich ist, d. h. die Vereinbarung durch die Kollektivvertragspartner außerhalb jener Bandbreite liegt, die jeder Schätzung immanent ist. Die gegenständliche Schmutzzulage übersteigt die von anderen Kollektivvertragspartnern derselben Branche als angemessen betrachtete Zulage um mehr als das Doppelte. Eine derartige Abweichung ist erheblich und kann jedenfalls nicht mit dem - unter Außerachtlassung von vier Bundesländern mit niedrigerem Zulagensatz ermittelten - arithmetischen Mittel begründet werden.

  • 29 Im Hinblick auf diesen Begründungsmangel erweist sich das angefochtene Erkenntnis als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

  • Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017150025.L00

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