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VwGH vom 06.03.2018, Ra 2017/08/0116

VwGH vom 06.03.2018, Ra 2017/08/0116

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des Ing. P H in L, vertreten durch die Harrer Schneider Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Jasomirgottstraße 6/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. G302 2115077- 1/18E, G302 2139959-1/24E, betreffend Pflichtversicherung nach dem GSVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die belangte Behörde hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht (unter Festsetzung von Beitragsgrundlagen, Beiträgen und Beitragszuschlägen) ausgesprochen, dass der Revisionswerber (gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG) als Aufsichtsrat der H. BaugesellschaftmbH vom bis der Pflichtversicherung unterliegt.

2 Der Revisionswerber sei an der H. BaugesellschaftmbH zu 95 % als Gesellschafter beteiligt. Von 1984 bis sei er Geschäftsführer dieser GmbH gewesen. Mit Aufsichtsratsbeschluss von 1984 sei ein Generalversammlungsbeschluss vom genehmigt worden, wonach dem Revisionswerber nach Erreichung des 60. Lebensjahres ein Ruhebezug ("Firmenpension") gebühre. Seit dem "befindet" sich der Revisionswerber "in der Regelalterspension nach dem GSVG". Am sei er zum Aufsichtsrat der H. BaugesellschaftmbH bestellt worden. An Rückstellungen für die Firmenpension seien EUR 1,768.414,-- (2013) bzw. EUR 1,743.053,-- (2014) gebildet worden. Der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid des Revisionswerbers für 2013 weise Einkünfte aus selbständiger Arbeit von EUR 133.645,94 (EUR 131.192,54 an Firmenpension und EUR 2.453,40 an Einkünften als Aufsichtsrat) aus. Der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid des Revisionswerbers für 2014 weise Einkünfte aus selbständiger Arbeit von EUR 136.453,17 (EUR 133.934,99 an Firmenpension und EUR 2.518,18 an Einkünften als Aufsichtsrat) aus.

3 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, die Tätigkeit als Aufsichtsrat sei eine "betriebliche" iSd § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG. Die Firmenpensionsbezüge seien Einkünfte aus selbständiger Arbeit (iSd Einkommensteuerbescheide), die insgesamt der Beitragspflicht nach § 25 GSVG zu unterwerfen seien. Von "passiven Zuflüssen" könne nicht gesprochen werden. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit würden insgesamt die Versicherungsgrenze überschreiten.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision. Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Abweisung der Revision beantragt.

5 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, Firmenpensionen von wesentlich beteiligten ehemaligen Geschäftsführern einer GmbH seien gemäß § 22 Z 2 dritter Satz EStG 1988 Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit. Es handle sich um "rein passives Einkommen", das nicht mit einer betrieblichen Tätigkeit verbunden sei und daher nicht der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterliege. In der Frage der betrieblichen Tätigkeit komme dem Einkommensteuerbescheid keine Bindungswirkung zu. Es mache einen wesentlichen Unterschied, ob jemand operativ als Geschäftsführer oder überwachend als Aufsichtsrat tätig sei.

7 Der Revisionswerber zeigt mit diesem Vorbringen eine Rechtfrage grundsätzlicher Bedeutung auf. Die Revision ist auch berechtigt.

8 Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa , mwN), dass sich die Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG grundsätzlich nach der Einkommensteuerpflicht richtet. Bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem (die Versicherungsgrenzen übersteigende) Einkünfte der im § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgehen, besteht nach dieser Bestimmung Versicherungspflicht, sofern die zu Grunde liegende Tätigkeit im betreffenden Zeitraum (weiter) ausgeübt wurde (und auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits die Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist).

9 Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass der Revisionswerber laut den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2013 und 2014 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in einer insgesamt die maßgebliche Versicherungsgrenze überschreitenden Höhe bezog. Diese Einkünfte setzten sich jeweils aus der Firmenpension für die bis 2012 ausgeübte Geschäftsführertätigkeit und aus der Vergütung für die seit 2013 ausgeübte Aufsichtsratstätigkeit zusammen. Das Verwaltungsgericht hat die Aufsichtsratstätigkeit zu Recht als betriebliche Tätigkeit gewertet, die bei Überschreiten der Versicherungsgrenze die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG begründen würde (vgl. ).

10 Der weit überwiegende Teil der in den Einkommensteuerbescheiden ausgewiesenen Einkünfte aus selbständiger Arbeit betraf die vom Revisionswerber bezogene Firmenpension. Eine Firmenpension ist dadurch gekennzeichnet, dass sie für eine Tätigkeit, die beendet ist, geleistet wird (Anhaltspunkte für eine abweichende Einschätzung nach den Grundsätzen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise sind nicht hervorgekommen). Dies schließt es im vorliegenden Fall aus, die in den Einkommensteuerbescheiden ausgewiesenen Einkünfte aus selbständiger Arbeit - soweit sie die Firmenpension betreffen - gemäß § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG als Beitragsgrundlagen zu berücksichtigen. Die aus der Aufsichtsratstätigkeit stammende Beitragsgrundlage allein übersteigt jedoch in beiden gegenständlichen Jahren nicht die Versicherungsgrenze des § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG, weshalb die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG in den gegenständlichen Kalenderjahren zu verneinen ist.

11 Das angefochtene Erkenntnis war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

12 Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013. Ein Ersatz eine Eingabengebühr war wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (vgl. § 110 ASVG) nicht zuzusprechen. Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017080116.L00

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