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VwGH vom 28.03.2012, 2012/08/0032

VwGH vom 28.03.2012, 2012/08/0032

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der AW in Z, vertreten durch Dr. Clemens Schnelzer, Rechtsanwalt in 3910 Zwettl, Dr. Franz Weismann-Straße 19, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS5-A-948/1213-2011, betreffend Beitragszuschlag nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei:

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin ein Beitragszuschlag in Höhe von EUR 1.300,-- vorgeschrieben. Der rumänische Staatsangehörige DC. sei am um 08.05 Uhr von den zuständigen Kontrollorganen des Finanzamtes B./Team KIAB beim Ausmisten eines (von der Beschwerdeführerin betriebenen) Reitstalles angetroffen worden. Er sei für die Beschwerdeführerin tätig, jedoch vor Arbeitsantritt nicht zur Sozialversicherung gemeldet gewesen.

Von den Organen der Finanzpolizei sei Folgendes angezeigt worden:

"Kontrolle des Reitstalles in S., am um 08:05 Uhr durch das Finanzamt B./Team KIAB.

Es wurde der gewerblich selbständig Erwerbstätige, rumänische Staatsangehörige DC., beim Ausmisten eines Stalles angetroffen. C. besitzt einen österreichischen Gewerbeschein mit dem Wortlaut 'Betreuung und Pflege von Pferden'. Es gibt keinen Werkvertrag. C. bekommt ein Fixum von EUR 1.200,- pro Monat. Seine Arbeitszeiten sind wie folgt geregelt: Er arbeitet 6 Tage pro Woche von 06:00 Uhr bis 13:00 Uhr. Dabei mistet er den Stall von 15 bis 20 Pferden aus, führt die Pferde in die Schrittmaschine, macht mit ihnen den Koppelgang und füttert sie. Um 18:00 Uhr erfolgt eine weitere Fütterung.

Der Stall wird von der S. GmbH, Sitz in W., an (die Beschwerdeführerin) vermietet. C. ist grundsätzlich für (die Beschwerdeführerin) auf Vermittlung durch den Geschäftsführer der o. a. Gesellschaft, WH., tätig.

Auf Grund von Unstimmigkeiten zwischen der Gesellschaft und (der Beschwerdeführerin) war C. von Mai 2010 bis Juni 2010 für die S. GmbH tätig. Für diesen Zeitraum wurde dem Finanzamt B./Team KIAB eine Rechnung vorgelegt.

Die Angaben über Entlohnung und geregelter Arbeitszeit sowie die Tatsache, dass C. Arbeitsmittel zu Verfügung gestellt bekommt und im Falle einer Abwesenheit durch (die Beschwerdeführerin), welche er auch als Chefin bezeichnet, vertreten wird, sprechen nach Ansicht des Finanzamtes B./Team KIAB für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis, welches der Bewilligungspflicht des AuslBG unterliegt."

DC. habe gegenüber den Organen der KIAB am die der Anzeige zu Grund liegenden Angaben gemacht und ausgeführt, dass er das im Gewerbeschein genannte Gewerbe seit Mai 2010 ausübe und schon vorher auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung im Gestüt N. als Pferdepfleger gearbeitet habe. Nunmehr arbeite er für die Beschwerdeführerin 6 Tage pro Woche. Wenn er nach Hause nach Rumänien fahren wolle, nehme er sich Urlaub. Er habe sich selbst um seine Versicherung gekümmert und besitze eine Steuernummer. Wenn er krank werde, dann würde die Beschwerdeführerin selbst die Stallarbeiten durchführen. Er arbeite seit Mai 2010 in diesem Reitstall und habe für Mai und Juni seine Entlohnung von H. (dem Geschäftsführer der S. GmbH) erhalten. Nunmehr arbeite er für die Beschwerdeführerin und werde in Zukunft Rechnungen an sie legen. Er verfüge über keine eigenen Arbeitsmittel. Er habe von einer "Einstellerin" von dem Stall, in dem er das letzte Mal gearbeitet habe, die Telefonnummer von H. bekommen, diesen angerufen und ihn gefragt, ob er Arbeit für ihn hätte. Die Beschwerdeführerin habe den Stall gemietet und H. gefragt, ob er einen Arbeiter für sie habe. Sodann sei er an die Beschwerdeführerin vermittelt worden.

Die Beschwerdeführerin habe in einem am geführten Telefonat mitgeteilt, dass ihr der Geschäftsführer der S. GmbH, WH., den Reitstall seit Anfang April 2010 verpachtet habe. Sie führe den Reitstall als einen gewerblichen Betrieb und habe die Arbeiten bis zum Tätigkeitsbeginn des DC., welcher selbständig sei, selbst erledigt.

Die Dienstgebereigenschaft der Beschwerdeführerin - so die belangte Behörde weiter - ergebe sich daraus, dass der Reitstall zum Zeitpunkt der Betretung auf ihre Rechnung und Gefahr geführt worden sei. Das Vorliegen eines Gewerbescheines schließe das Bestehen eines Dienstverhältnisses nicht aus. DC. habe Hilfsarbeiten verrichtet, nämlich die Betreuung von15 bis 20 Pferden. Diese hätten die Fütterung, einen regelmäßigen Koppelgang, den Besuch der Schrittmaschine und insbesondere das Ausmisten des Stalles beinhaltet. Es sei von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen. Arbeitszeit und Arbeitsort hätten sich nach den Bedürfnissen der Beschwerdeführerin gerichtet. Die Bestimmungsfreiheit für DC. sei weitgehend ausgeschaltet gewesen. Er habe sich schon auf Grund der Art der Tätigkeit nicht aussuchen können, wann er die Pferde füttere, in die Schrittmaschine bzw. auf die Koppel bringe, gewährleiste doch nur ein regelmäßiger Tagesablauf sowohl für die Pferde als auch insbesondere für den laufenden Betrieb des Reitstalles einen in betriebswirtschaftlicher und veterinärmedizinischer Hinsicht ordnungsgemäßen Betrieb. Die Reitschüler sowie die anderen Pferdebesitzer ("Einsteller") müssten auf diesen Ablauf vertrauen können und würden sich ebenso an gewisse Zeiten halten, zu denen Reiten etc. möglich sei. Dass DC. auf Grund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten von sich aus gewusst habe, wie er sich im Betrieb der Beschwerdeführerin, also in dem Reitstall, zu verhalten habe, spreche nicht gegen seine Weisungsgebundenheit. Das Weisungsrecht der Beschwerdeführerin äußere sich in diesem Fall in Form einer stillen Autorität durch Kontrollrechte. Diese Kontrollmöglichkeit habe jedenfalls in den regelmäßigen (zweimal pro Woche durchgeführten) Besuchen der Beschwerdeführerin bestanden. Es sei von einer persönlichen Arbeitspflicht des DC. auszugehen. Eine generelle Vertretungsbefugnis sei weder vereinbart noch nach dem tatsächlichen Beschäftigungsbild praktiziert worden. Wenn DC. etwa auf Grund einer Krankheit ausgefallen wäre, so hätte die Beschwerdeführerin selbst die Stallarbeit erledigt. Für den Fall eines Rumänienaufenthaltes habe er sich Urlaub nehmen müssen. Sämtliche für die Tätigkeit erforderlichen Betriebsmittel, wie etwa Schiebetruhe, Schaufel, Mistgabel, Abmessgeräte für das Futter, Schrittmaschine etc. seien im Reitstall vorhanden gewesen. Der Reitstall habe über die gesamte für die Betreuung und Pflege der Pferde erforderliche Infrastruktur verfügt, sodass für DC. nicht die Notwendigkeit bestanden habe, sich eigene Betriebsmittel anzuschaffen. Er habe ausschließlich seine manuelle Arbeitskraft zur Verfügung gestellt. Insgesamt überwögen die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber jenen der selbständigen Ausübung der Erwerbstätigkeit. Es sei von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis iSd § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG auszugehen. Auf Grund der unbestrittenen Unterlassung der Meldung zur Sozialversicherung sei die Vorschreibung des Beitragszuschlages dem Grunde nach zu Recht erfolgt. Im Übrigen führte die belangte Behörde die Gründe für die Bemessung der Höhe des Zuschlags aus.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerde bringt vor, DC. sei Inhaber der Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe "Betreuung und Pflege von Pferden" und als gewerblich selbständiger Erwerbstätiger zur Sozialversicherung gemeldet gewesen. Mit ihm sei insofern ein Werkvertrag vereinbart worden, als ein Werkslohn von EUR 2,-- pro Pferd und Tag vereinbart worden sei, was bei 20 Pferden pro Monat EUR 1.200,-- ergebe. Auch selbständig Erwerbstätige würden regelmäßige Arbeitszeiten einhalten. Die Gewerbeberechtigung umfasse die Tätigkeiten, die typischerweise mit der Betreuung von Pferden einhergingen, sohin auch das Ausmisten eines Pferdestalles. Die Behörde hätte daher nicht schon wegen der Art der verrichteten Arbeiten von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn ausgehen dürfen. Es sei völlig unklar, warum Dienstleistungen wie das Ausmisten eines Stalles nicht im Rahmen eines Werkvertrages erbracht werden könnten. Die Arbeitszeit, der Arbeitsort und die zu erbringenden Arbeiten hätten sich nicht nach den Bedürfnissen des DC., sondern nach den Notwendigkeiten gerichtet, die mit der Betreuung und Pflege der bei der Beschwerdeführerin eingestellten Pferde verbunden gewesen sei. Auch ein Werkunternehmer müsse sich nach den Notwendigkeiten seines Berufes orientieren. Im Übrigen habe das Beweisverfahren

"keinen einzigen Anhaltspunkt dafür ergeben, dass eine generelle Vertretungsbefugnis für Herrn C. nicht bestand. Selbstverständlich hätte sich dieser auch vertreten lassen können. Dass eine Vertretungsbefugnis nicht bestanden oder gar untersagt gewesen wäre, wurde von niemandem behauptet und wird nur lediglich unterstellt. Herr C. war daher auch nicht zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet."

Dem Vorbringen, DC. sei Inhaber der Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe "Betreuung und Pflege von Pferden" gewesen, ist zunächst entgegen zu halten, dass es sich bei DC. um eine Person handelt, die ohne eigene wesentliche Betriebsmittel am Wirtschaftsleben teilnimmt und dabei im Grunde nur über ihre eigene Arbeitskraft disponiert. Die Innehabung von Gewerbescheinen für Tätigkeiten, die keine besondere Qualifikation erfordern und üblicherweise auch von abhängigen Beschäftigten erbracht werden, durch solche Personen ist Teil eines verbreiteten Missbrauchs der Gewerbeordnung, die einerseits der Verschleierung abhängiger Beschäftigungsverhältnisse dient und andererseits oft Tätigkeiten betrifft, von denen nicht auszuschließen ist, dass es sich um "gegen Stunden- oder Taglohn oder gegen Werkentgelt zu leistende Verrichtungen einfachster Art" handelt, die gemäß § 2 Abs. 1 Z. 8 GewO von der Gewerbeordnung ausgenommen sind (vgl. zum Fall eines Gewerbescheines für das "Verspachteln von Gipskartonplatten" das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0129, mwN).

Im Übrigen könnte auch der Umstand, dass DC. Beiträge an einen anderen Sozialversicherungsträger als an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse geleistet hat, nicht dazu führen, dass es ausgeschlossen wäre, von einer Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG auszugehen.

Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die - wie die vorliegenden Stall- und Pferdebetreuungsarbeiten - in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des (einzigen) Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/08/0252, mwN, und - diverse Hilfs- und Reinigungstätigkeiten betreffend - das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0038, mwN). Atypische Umstände, die einer Beurteilung als abhängiges Beschäftigungsverhältnisses entgegenstünden, sind hier nicht ersichtlich.

Was schließlich das Vorbringen der Beschwerdeführerin betrifft, dass das Nichtbestehen einer generellen Vertretungsbefugnis nicht festgestellt worden sei, so genüge der Hinweis, dass im Zweifel die persönliche Arbeitspflicht anzunehmen ist, wenn eine generelle Vertretungsbefugnis weder behauptet noch festgestellt worden ist. Eine ausdrückliche Untersagung der Vertretung bei der Erbringung von Arbeitsleistungen ist - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht erforderlich.

Im Übrigen bestreitet die Beschwerde nicht, dass die Anmeldung zur Pflichtversicherung des DC. nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde und die übrigen Voraussetzungen für die Verhängung des Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG vorliegen.

Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am