VwGH vom 27.06.2018, Ra 2016/15/0072
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des B in E, vertreten durch Mag. Martin Wakolbinger, Rechtsanwalt in 4470 Enns, Linzer Straße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5101051/2012, betreffend Einkommensteuer 2011 bis 2014, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber erklärte für die Streitjahre 2011 bis 2014 Verluste aus selbständiger Tätigkeit als Schriftsteller. Als Betriebsausgaben machte er Abschreibungen auf das Anlagevermögen, Reise- und Fahrtspesen, (außer 2014) Werbe- und Repräsentationsaufwendungen sowie übrige pauschale Betriebsausgaben geltend. Zudem wies er für die Jahre 2011 - 2014 Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Verluste resultierend aus einer ehemaligen Reisebürotätigkeit) aus.
2 Mit Einkommensteuerbescheiden 2011 und 2012 wurden zwar die Verluste aus der schriftstellerischen Tätigkeit, nicht jedoch jene aus Gewerbebetrieb anerkannt. Verwiesen wurde auf die Begründung der für die Vorjahre ergangenen Bescheide sowie das Ergebnis einer Außenprüfung. Mangels positiver Einkünfte wurde Einkommensteuer nicht festgesetzt. Im Einkommensteuerbescheid für 2013 wurden (neben einem Verlust aus der schriftstellerischen Tätigkeit) erstmals Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Pension) zum Ansatz gebracht sowie Verlustvorträge in einer Höhe zum Abzug gebracht, dass es gleichfalls zu keiner Steuervorschreibung kam.
3 Im Einkommensteuerbescheid 2014 wurden die Einkünfte aus selbständiger Arbeit ebenso wie jene aus Gewerbebetrieb mit null angesetzt sowie Pensionsbezüge erfasst, sodass sich für dieses Jahr im Gegensatz zu den genannten Vorjahren ein positives Einkommen ergab und es - da die vom Revisionswerber geltend gemachten Verlustvorträge nicht anerkannt wurden - zu einer Steuervorschreibung kam.
4 In Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2013 begehrte der Revisionswerber die Anerkennung der "Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus ehemaliger Reisebürogewerbeberechtigungsverwertungstätigkeit" (Verluste) sowie von Verlustvorträgen aus Vorjahren.
5 Das Finanzamt legte die Berufungen der Jahre 2011 und 2012 ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
6 Hinsichtlich der Einkommensteuer 2013 erging eine Berufungsvorentscheidung, mit der abweichend vom Erstbescheid auch die erklärten Verluste aus schriftstellerischer Tätigkeit nicht mehr anerkannt wurden. Nach eingehender Schilderung der schriftstellerischen Tätigkeit des Revisionswerbers kam das Finanzamt zur rechtlichen Beurteilung, dass die Betätigung des Revisionswerbers als Schriftsteller keine Einkunftsquelle darstelle. Hinsichtlich der beantragten Verlustvorträge führte das Finanzamt aus, dass im Zuge einer Außenprüfung keine negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb anerkannt worden seien. Es ergebe sich ein Verlustvortrag nur hinsichtlich der bis 2012 vorläufig anerkannten Tätigkeit als Schriftsteller.
7 Gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 brachte der Revisionswerber Beschwerde ein. Beantragt wurde die Anerkennung der erklärten Verluste aus selbständiger Arbeit und aus Gewerbebetrieb sowie von Kirchenbeitragszahlungen sowie der Verlustvorträge aus Vorjahren.
8 Mit Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2014 wurden lediglich die Kirchenbeitragszahlungen als Sonderausgaben anerkannt.
9 In seinem Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2013 wies der Revisionswerber darauf hin, dass er von seinem Bruder und einem Cousin dazu veranlasst worden sei, ein Buch zu schreiben. Er selbst habe nie den Drang verspürt, ein Buch zu verfassen, handle es sich dabei doch um eine mühsame Angelegenheit. All diese Umstände deuteten darauf hin, dass es sich bei der schriftstellerischen Tätigkeit nicht um eine solche gemäß § 1 Abs. 1 LVO handle. Das Buch sei erst ein halbes Jahr auf dem Markt, sodass der verstrichene Beobachtungszeitraum noch zu kurz sei, um das Vorliegen von Einkünften beurteilen zu können. Eventuell sei auch beabsichtigt, sich mit dem Buch für den Landeskulturpreis für Literatur zu bewerben.
10 Im Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2014 beschränkte sich der Revisionswerber darauf, eine mündliche Beschwerdeverhandlung sowie die Entscheidung durch den gesamten Senat zu beantragen.
11 Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das Bundesfinanzgericht die Einkommensteuerbescheide des Finanzamtes ab.
12 Der Revisionswerber übe seit Anfang 2008 die Tätigkeit als Schriftsteller aus. Im September 2010 habe er sein Buch fertiggestellt und sei seither auf der Suche nach einem Verleger. Es sei grundsätzlich von einer betrieblichen Tätigkeit auszugehen. Dabei habe der Steuerpflichtige geltend gemachte Betriebsausgaben nachzuweisen. Die bloße Behauptung, dass sich aus einer betrieblichen Tätigkeit z. B. ein Bürobedarf ergebe, sei keine hinreichende Glaubhaftmachung. Dieser Pflicht zum Nachweis der geltend gemachten Abschreibungen sei der Revisionswerber nur insoweit nachgekommen, als er eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung vorgelegt habe, aus der sich ergebe, dass er im Zusammenhang mit seiner schriftstellerischen Tätigkeit u.a. eine "AfA von betrieblichen Gebäudeteil laut Einnahmen-Ausgaben-Rechnung 2002" in Höhe von 146 EUR als Betriebsausgabe angesetzt habe. In der Entscheidung vom habe das Bundesfinanzgericht ausgesprochen, dass die vom Revisionswerber ausgeübte Reiseveranstaltertätigkeit in einer Art betrieben worden sei, die von vornherein auf Dauer gesehen keinen Gesamtgewinn erwarten lasse. Es liege damit bereits ab dem Jahr 2002 kein Betrieb im ertragsteuerlichen Sinne vor, sondern eine steuerlich unbeachtliche Liebhabereitätigkeit. Mangels Vorliegens eines Betriebes in den Jahren 2002 und 2006 sei "eine Abschreibung vom betrieblichen Gebäudeteil bzw. eine Entnahme aus diesem Zeitraum nicht möglich und es ergibt sich die Nichtabzugsfähigkeit der vom Bf. begehrten AfA".
13 Fahrtspesen im Zusammenhang mit den Abgaben der Einkommensteuererklärungen fielen unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988.
14 Als Betriebsausgaben abgezogene Spenden stellten mangels Vorliegens eines Betriebsvermögens Sonderausgaben dar.
15 Laut Vorbringen des Revisionswerbers bestehe der Verwendungszweck des Fahrrades darin, dass er betriebliche Fahrten zur Post, zum Bahnhof und zum Büromaterialeinkauf vornehme und er für private Fahrten ein Zweitrad im Privatvermögen besitze. Diese Kosten fielen ebenso wie die geltend gemachten Portokosten unter das Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988. Reparaturkosten für Jalousien im Büro seien gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d erster Satz EStG 1988 nicht abzugsfähig, weil dem Verwaltungsgericht nicht dargelegt worden sei, dass es sich dabei um rein betrieblich veranlasste Kosten handle. Anteilige Betriebskosten fielen unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988. Der betrieblich veranlasste Teil der Telefonkosten sei nicht glaubhaft gemacht worden. Auch habe der Revisionswerber nicht glaubhaft gemacht, dass es sich bei den abgesetzten Bankspesen und der Bankkarte um rein betriebliche Kosten gehandelt habe.
16 Folglich handle es sich bei sämtlichen vom Revisionswerber im Zusammenhang mit der schriftstellerischen Tätigkeit geltend gemachten Aufwendungen um keine betrieblich veranlassten Aufwendungen. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit würden daher in den Streitjahren 2010 bis 2013 null betragen. Im Jahr 2014 stünden Betriebseinnahmen von 20,30 EUR keine Betriebsausgaben gegenüber, sodass der Gewinn 2014 nach Abzug des 13%igen Gewinnfreibetrages 17,67 EUR betrage. Eine Liebhabereibeurteilung der Tätigkeit des Revisionswerbers als Schriftsteller sei mangels Vorliegens von Einkünften nicht durchzuführen.
17 Bei der früheren Tätigkeit des Revisionswerbers als Reiseveranstalter handle es sich nach dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5101160/2010, um eine Liebhabereitätigkeit, sodass aus diesem Titel auch keine nachträglichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen könnten. Das Bundesfinanzgericht habe festgestellt, dass in den Jahren 2002 und 2003, sowie 2005 bis 2010 keine Verluste aus der Reiseveranstaltertätigkeit angefallen seien. Eine Ausnahme bilde das Jahr 2004. Durch die Stattgabe der Beschwerde betreffend Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2004 sei der vor Wiederaufnahme des Verfahrens ergangene Einkommensteuerbescheid 2004, der einen Verlust aus Gewerbebetrieb von 8.069 EUR ausgewiesen habe, in formelle Rechtskraft erwachsen.
18 Der Revisionswerber habe das Gewerbe am angemeldet und die Reisebürotätigkeit am wieder eingestellt. Er habe keine Umsätze erzielt, der Revisionswerber sei auch nur ungewöhnlich kurz (acht Stunden pro Woche) für telefonische Anfragen potentieller Kunden zur Verfügung gestanden, er habe keine Homepage betrieben, bei der angebotenen Brasilienreise wäre nur eine einzige - ungewöhnliche - Form der Bezahlung in Form einer Postanweisung vorgegeben worden. Die geplante Italienreise sei überhaupt nicht zur Ausschreibung gelangt. Eine näher bezeichnete Führung sei nur in Form zweier Zeitungsannoncen beworben worden. Die spezifische Art der Ausübung des Reisebüros im eigenen Wohnungsverband sei branchenunüblich. Durch das Anbieten von insgesamt nur drei Reisen innerhalb eines Jahres sei das Reisebüro auf einen nur äußerst geringen Umfang ausgerichtet gewesen. Die Tätigkeit sei - wie in der früheren Entscheidung dargelegt - in einer Art betrieben worden, die von vornherein auf Dauer gesehen keinen Gesamtgewinn habe erwarten lassen. Es sei damit bereits ab 2002 kein Betrieb vorgelegen, sondern eine steuerlich unbeachtliche Liebhabereitätigkeit. Demnach könne auch für 2004 kein (vortragsfähiger) Anlaufverlust vorliegen.
19 Die beantragte mündliche Verhandlung habe unterbleiben können, weil sich aus der Aktenlage ergebe, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse. Dem Revisionswerber sei Parteiengehör gewährt worden. Die Sache weise keine besondere Komplexität auf.
20 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nicht zulässig, weil die zu klärenden Rechtsfragen durch die angeführte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden seien.
21 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit u.a. vor, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei einem Schriftsteller der materielle Mittelpunkt seiner Tätigkeit nach allgemeiner Verkehrsauffassung im Arbeitszimmer liege, sodass die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein Arbeitszimmer zu bejahen sei (Hinweis auf ). Entgegen dieser ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe das Bundesfinanzgericht die Berücksichtigung der AfA vom Gebäudeanteil und den Betriebskostenanteil mittels einer Scheinbegründung, wonach keine betriebliche Veranlassung vorliege, verneint.
22 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
23 Die Revision ist schon aus dem zur Frage des Arbeitszimmers Vorgebrachten zulässig und auch begründet.
24 Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach zum Ausdruck gebracht hat, muss die Begründung eines Erkenntnisses erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen das Verwaltungsgericht zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen es die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung muss dabei in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. , und , Ra 2015/13/0019, mit weiteren Nachweisen).
25 Diesen Anforderungen an eine Begründung genügt das angefochtene Erkenntnis nicht.
26 Das Bundesfinanzgericht gibt auf insgesamt 74 Seiten getrennt für jedes Streitjahr den Inhalt der Einkommensteuererklärungen, die jeweiligen Einkommensteuerbescheide, die Berufungen (Beschwerden), die Inhalte der Ergänzungs- und Auskunftsersuchen, die Beschwerdevorentscheidungen, Vorlageanträge, Vorlageberichte, eine ergänzende Stellungnahme des Finanzamtes und die Stellungnahme des Revisionswerbers wieder. Sodann folgt die Schilderung der Rechtslage unter einleitendem Hinweis auf § 323 Abs. 38 BAO, sowie die wörtliche Wiedergabe der §§ 119, 138, 167 BAO, woran sich ein Hinweis auf § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 anschließt. Es folgen die Bestimmungen des § 4a Abs. 1 und des § 18 Abs. 1 Z 7 und 8 EStG 1988 in ihren verschiedenen Fassungen, des § 18 Abs. 2, Abs. 6 und 7 EStG 1988, des § 20 Abs. 1 EStG 1988, sowie von Bestimmungen der Liebhabereiverordnung.
27 Im ab Seite 43 beginnenden Erwägungsteil werden wiederum getrennt nach den vier Streitjahren, inhaltlich aber im Wesentlichen gleichlautend und unter abermaliger Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen des EStG 1988 und der Bundesabgabenordnung allen vom Revisionswerber geltend gemachten Aufwendungen im Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit als Schriftsteller die Anerkennung versagt, während die (geringfügigen) Einnahmen des Jahres 2014 gekürzt um den Gewinnfreibetrag als Gewinn aus selbständiger Tätigkeit angesetzt werden. Die vom Finanzamt angestellte Liebhabereibeurteilung sei "mangels Vorliegens von Einkünften" nicht durchzuführen.
28 Den Aufwendungen für das Arbeitszimmer wird die Anerkennung als Betriebsausgaben für 2011 (für 2012 - 2014 werden andere Beträge angeführt) mit der Begründung versagt,
"dass die vom Bf. ausgeübte Reiseveranstaltertätigkeit in einer Art betrieben wurde, die von vornherein auf Dauer gesehen keinen Gesamtgewinn erwarten ließ. Es liegt damit bereits ab dem Jahr 2002 kein Betrieb im ertragsteuerlichen Sinne vor, sondern eine steuerlich unbeachtliche Liebhabereitätigkeit. Mangels Vorliegens eines Betriebes in den Jahren 2002 und 2006 ist eine Abschreibung vom betrieblichen Gebäudeteil bzw. eine Entnahme aus diesem Zeitraum nicht möglich und es ergibt sich die Nichtabzugsfähigkeit der vom Bf. begehrten AfA iHv 261,00 EUR."
29 Diese Begründung lässt erkennen, dass hinsichtlich der vom Revisionswerber in früheren Jahren ausgeübten Tätigkeit als Reiseveranstalter mangels deren Eignung als Einkunftsquelle auch der Abzug von Aufwendungen für das (häusliche) Arbeitszimmer zu unterbleiben habe. Im Dunkeln bleibt der Begründungswert dieser Ausführungen im Hinblick auf die vom Revisionswerber behauptete Verwendung des Raumes zur Ausübung seiner schriftstellerischen Tätigkeit in den Folgejahren.
30 Überhaupt unterlässt das Bundesfinanzgericht jegliche Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes im Zusammenhang mit dem behaupteten Vorliegen eines Arbeitszimmers. Ob die allgemeinen Voraussetzungen für die Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers im Revisionsfall erfüllt sind (vgl. für viele ), etwa der zum Arbeitszimmer bestimmte Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich (betrieblich) genutzt wird und auch entsprechend eingerichtet ist, kann dem Erkenntnis nicht entnommen werden. Sollten diese Voraussetzungen erfüllt sein, ließe sich der Ansatz von Betriebsausgaben mit null auch nicht mit den wiederholend, u. a. auch einleitend in den Kapiteln betreffend "Abschreibung des Anlagevermögens", gemachten Ausführungen des Bundesfinanzgerichts zur Pflicht des Steuerpflichtigen, Betriebsausgaben nachzuweisen (§ 138 BAO) begründen. Denn die Annahme, für einen (nahezu ausschließlich) betrieblich genutzten Raum seien keinerlei Aufwendungen angefallen, kann nicht ohne weitere Erklärungen mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang gebracht werden.
31 Da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der materielle Mittelpunkt einer schriftstellerischen Tätigkeit nach der Verkehrsauffassung im Arbeitszimmer liegt (vgl. ), erweist sich der aufgezeigte Begründungsmangel auch als relevant.
32 Eine ähnliche Begründungsschwäche weist das Erkenntnis auch hinsichtlich der vom Revisionswerber geltend gemachten Aufwendungen für das Fahrrad auf. Das Bundesfinanzgericht hat die Nicht-Berücksichtigung der diesbezüglichen Kosten unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 94/15/0196, damit begründet, dass ein Mountainbike kein Arbeitsmittel sei, sondern typischerweise der privaten Bedürfnisbefriedigung diene. Zu Recht weist der Revisionswerber im Zulässigkeitsvorbringen darauf hin, dass die Qualifikation des Fahrrades als Betriebsvermögen auf der Grundlage entsprechender Sachverhaltsfeststellungen zu erfolgen hat, sodass eine Auseinandersetzung mit der vom Revisionswerber behaupteten betrieblichen Verwendung des Fahrrades zur Zurücklegung betrieblicher Fahrten erforderlich gewesen wäre.
33 Nicht berechtigt ist hingegen das Revisionsvorbringen zum Vorliegen nachträglicher (negativer) Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Dass der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004, in dem der erklärte Verlust als Reiseveranstalter zum Verlustausgleich zugelassen wurde, mangels verfahrensrechtlicher Möglichkeit zur Wiederaufnahme des Verfahrens in Rechtskraft erwachsen ist, bewirkt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht, dass auch in den Folgejahren entstandene und mit der früheren Tätigkeit als Reiseveranstalter im behaupteten Zusammenhang stehende Aufwendungen für Bankkonten als nachträgliche Betriebsausgaben berücksichtigt werden müssten. Ob Betriebsausgaben vorliegen, ist im jeweiligen Jahr ihrer Geltendmachung zu beurteilen. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn das Bundesfinanzgericht für die Streitjahre das Vorliegen einer früheren gewerblichen Tätigkeit als Reiseveranstalter eigenständig beurteilt und verneint hat und die Aufwendungen für ein Bankkonto, das nach den Behauptungen des Revisionswerbers im Zusammenhang mit der früheren Liebhabereitätigkeit steht, nicht als nachträgliche Betriebsausgaben anerkannt hat.
34 Auch hinsichtlich der Versagung des Verlustabzuges aus dem Jahr 2004 liegt die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vor.
35 § 18 Abs. 7 EStG 1988 in der im Revisionsfall noch zur Anwendung gelangenden Stammfassung (vgl. auch § 124b Z 135 EStG 1988) lautete:
"Anlaufverluste, das sind Verluste, die in den ersten drei Veranlagungszeiträumen ab Eröffnung eines Betriebes entstehen, sind auch bei einem Steuerpflichtigen, der den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 ermittelt, nach Abs. 6 zu berücksichtigen."
36 Der Zweck der Regelung des § 18 Abs. 7 EStG 1988 besteht, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , 2008/15/0298, ausgeführt hat, darin, dem Unternehmer, der eine betriebliche Tätigkeit beginnt, für die in der ersten Phase seiner betrieblichen Tätigkeit anfallenden Verluste einen Vortrag in spätere Gewinnjahre (Jahre positiver Einkünfte) auch dann zu ermöglichen, wenn er sich für diese Gründungsphase der vereinfachten Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 bedient.
37 Der Verlustabzug ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von Amts wegen im ersten Jahr vorzunehmen, in welchem der Gesamtbetrag der Einkünfte nach Abzug der anderen Sonderausgaben einen positiven Betrag ergibt. Ein allfälliger Rest ist bei Vorliegen hinreichender Einkünfte im jeweils nächstfolgenden Jahr abzuziehen. Über die Höhe des vorzutragenden Verlustes wird dabei für das Jahr abgesprochen, in welchem der Verlust entstanden ist, wobei der Bescheid dieses Jahres diesbezüglich bindende Tatbestandswirkung auch für die Folgejahre hat. Ob der ziffernmäßig feststehende Verlust auch vorgetragen werden darf, ist aber jeweils in jenem Jahr zu entscheiden, in welchem der betreffende Vortrag vorgenommen werden soll (vgl. , mwN).
38 Zu den Voraussetzungen der Vortragsfähigkeit gehört neben dem Vorliegen eines Rechenwerkes, das es erlaubt, den Verlust seiner Höhe nach in überprüfbarer Form zu errechnen (vgl. und 2012/15/0228), im Falle einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 nach der hier anzuwendenden Stammfassung des § 18 Abs. 7 EStG 1988 (ein zeitlich unbegrenzter Verlustvortrag besteht erst für Verluste ab 2013, vgl. § 124b Z 287) auch, dass der Verlust "in den ersten drei Veranlagungszeiträumen ab Eröffnung eines Betriebes" entstanden ist. Dass der im Einkommensteuerbescheid 2004 der Höhe nach festgestellte Verlust aus einer betrieblichen Tätigkeit herrührt, weil entgegen der Beurteilung des Bundesfinanzgerichtes vom Vorliegen einer Einkunftsquelle auszugehen sei, wird in der Revision nicht behauptet. Der Revisionswerber führt ausschließlich die Bindungswirkung des Einkommensteuerbescheides 2004 ins Treffen. Eine derartige Bindungswirkung entfaltet ein Einkommensteuerbescheid jedoch nicht, weil die Qualifikation eines bestimmten Gewinnes unter eine bestimmte Einkunftsart nicht zum (bindenden) Spruch, sondern zur Begründung des Bescheides gehört, sodass davon auch keine bindende Rechtskraftwirkung ausgehen kann (vgl. ).
39 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich nach dem zuvor Gesagten als mit Verfahrensmängeln belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
40 Der Ausspruch über den Aufwandersatz ergibt sich aus den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016150072.L00 |
Schlagworte: | Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 |
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