VwGH vom 30.01.2007, 2004/17/0096
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde 1. des EP,
2. des MS und 3. des EW, alle in Wien, alle vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte KEG in 1090 Wien, Porzellangasse 4- 6, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. ABK - 388/04, betreffend Antrag auf Zustellung von Wasser- und Abwassergebühren-Bescheiden, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer an der Liegenschaft in 1190 Wien, D-Straße 59, an welcher Wohnungseigentum begründet wurde.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wurde ein Antrag der "Eigentümergemeinschaft" der genannten Liegenschaft auf Zustellung sämtlicher für diese Liegenschaft über die Jahre 1996 bis 2000 erlassener Wasser- und Abwassergebühren-Bescheide keine Folge gegeben. Die dagegen vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobene und zur hg. Zl. 2003/17/0318 protokollierte Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom als unbegründet abgewiesen.
Mit Schreiben vom stellten die Beschwerdeführer den Antrag auf Zustellung sämtlicher für diese Liegenschaft über die Jahre 1996 bis 2000 erlassener Wasser- und Abwassergebühren-Bescheide mit der Begründung, für die genannte Liegenschaft seien Wasser- und Abwassergebühren-Bescheide über die Jahre 1996 bis 2000 nur an die Miteigentümer "Dr. Harald W u. Mitbesitzer" oder an "Dr. Kurt W u. Mitbesitzer" erlassen worden. Bislang sei jedoch keinem der Antragsteller wirksam zugestellt worden, sodass es diesen nicht möglich gewesen sei, diese Bescheide anzufechten und eine Herabsetzung der durch diese Bescheide vorgeschriebenen und bezahlten Abwassergebühren wegen nicht in den öffentlichen Kanal gelangter Abwassermengen (§ 13 Abs. 1 KKG) zu verlangen.
Mit Bescheid vom wurde dem Antrag im Wesentlichen mit der Begründung keine Folge gegeben, dass die vorgeschriebenen Gebühren bereits entrichtet worden seien.
Die Beschwerdeführer erhoben dagegen Berufung, in welcher sie vorbrachten, die Behörde erster Instanz habe die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes missachtet, wonach die Angabe "und Miteigentümer" oder "und Mitbesitzer" nicht bewirke, dass der Bescheid auch an andere Personen als erlassen gelten könne, als jene, die namentlich im Bescheid als Adressaten angeführt seien. Weiters werde das rechtliche Interesse an der beantragten Zustellung, nämlich die erst 2002 amtsbekannt gewordene Unrichtigkeit der entrichteten Abwassergebühren für die Jahre 1996 bis 2000 anfechten und eine Rückerstattung erlangen zu können, übersehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der anzuwendenden Rechtsvorschriften ausgeführt, die Abgabenbehörde erster Instanz habe keine Wasser- oder Abwassergebühren-Bescheide an die antragstellenden Miteigentümer gerichtet, sodass schon deswegen eine Zustellung an sie nicht in Frage komme. Werde hingegen der Antrag so verstanden, dass die antragstellenden Miteigentümer die Erlassung gegen sie gerichteter Bescheide begehrten, so sei dazu auszuführen, dass die beantragten Gebührenbescheide der Jahre 1996 bis 2000, welche an Dr. Harald W bzw. Dr. Kurt W jeweils als Miteigentümer der Liegenschaft und Gesamtschuldner der erwähnten Gebühren ergangen seien, bereits in Rechtskraft erwachsen und die vorgeschriebene Abgabenschuld bereits vollständig entrichtet worden sei. Durch die Entrichtung der Gebühren sei die Abgabenschuld erloschen und das Gesamtschuldverhältnis habe hinsichtlich der Jahre 1996 bis 2000 sein Ende gefunden. Eine neuerliche Vorschreibung einer nicht mehr bestehenden Schuld wäre rechtswidrig gewesen. Wenn die Beschwerdeführer ein rechtliches Interesse an der Bekämpfung der beantragten Gebührenbescheide behaupteten, sei dies nicht nachvollziehbar, weil ihnen mit diesen Bescheiden keine Verpflichtung auferlegt worden sei. Im Übrigen sei das Vorliegen rechtlichen Interesses an einer Bescheiderlassung lediglich bei Feststellungsbescheiden, nicht jedoch bei beantragten Leistungsbescheiden zu prüfen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 14 Abs. 1 Wr Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG, LGBl. Nr. 2/1978, ist in den Fällen, in denen die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene Wassermenge als in den öffentlichen Kanal abgegeben gilt (§ 12 Abs. 1 Z 1), der Wasserabnehmer (§ 7 Wasserversorgungsgesetz) Gebührenschuldner für die Abwassergebühr.
Nach § 20 Wr Wasserversorgungsgesetz - WVG, LGBl. Nr. 10/1960, sind vom Wasserabnehmer für das abgegebene Wasser Wasserbezugsgebühren zu entrichten.
Nach § 7 Abs. 1 lit. a WVG ist Wasserabnehmer jeder, der über eine selbstständige Abzweigleitung Wasser aus der städtischen Wasserleitung entnimmt, und zwar u.a. der Hauseigentümer für die über den Wasserzähler seines Hauses bezogene Wassermenge.
Nach Abs. 2 leg. cit. haften bei Miteigentum die Miteigentümer für die aus diesem Gesetz sich ergebenden Verpflichtungen zur ungeteilten Hand. Die Erfüllung durch einen Miteigentümer befreit die anderen Miteigentümer; bis zur Erfüllung bleiben sämtliche Miteigentümer verpflichtet.
§ 7 Abs. 1 lit. a WVG stellt auf die Stellung als Hauseigentümer, in der Regel des Grundeigentümers, ab. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2003/17/0318, ausgesprochen hat, ist auch im Falle des Miteigentums von Wohnungseigentümern nicht die teilrechtsfähige juristische Person "Eigentümergemeinschaft" abgabepflichtig, sondern es sind die Miteigentümer, die gemäß § 7 Abs. 2 leg. cit. die Abgabe zur ungeteilten Hand schulden.
Abgesehen davon, dass der Rüge, die belangte Behörde habe übersehen, dass die Wasseranschlussstelle der Liegenschaft niemals auf Dr. Harald W oder Dr. Kurt W "an- oder umgemeldet" worden sei, das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschende Neuerungsverbot entgegensteht, ist darauf hinzuweisen, dass es nach § 7 WVG auf die Anmeldung oder Ummeldung nicht ankommt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt es im Ermessen der Behörde, ob sie das Leistungsgebot an einen der Gesamtschuldner und an welchen Gesamtschuldner oder an alle Gesamtschuldner richten will; weiters ob die Inanspruchnahme mit einem Teil oder mit dem gesamten offenen Betrag erfolgt (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0099, mwN).
Unbestritten ist, dass die Abgabenbescheide betreffend die im Miteigentum stehende verfahrensgegenständliche Liegenschaft der Jahre 1996 bis 2000 nicht an die Beschwerdeführer, sondern an zwei andere Miteigentümer ergangen und in Rechtskraft erwachsen sind. Weiters ist unbestritten, dass die vorgeschriebenen Abgaben bereits zur Gänze entrichtet wurden. Wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, ist damit aber die Abgabenschuld erloschen und hat das Gesamtschuldverhältnis sein Ende gefunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/16/0013).
Es besteht keine gesetzliche Vorschrift, die die Abgabenbehörde verpflichten würde, bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses nach Bezahlung der Schuld durch einen Schuldner, einen Gebührenbescheid gegen den Mitschuldner zu erlassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1532/78).
Dass die Beschwerdeführer dadurch nicht die Möglichkeit hatten, solche Bescheide anzufechten oder einen Anspruch auf Herabsetzung der ihres Erachtens "überhöht entrichteten" Wasser- und Abwassergebühren geltend zu machen, verletzt diese nicht in ihren Rechten. Die Miteigentümer an einer Liegenschaft haben es nämlich in der Hand, das Innenverhältnis nach Belieben zu gestalten, so auch ihre (gegenseitigen) Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit den Wasser- und Abwassergebühren zu vereinbaren (zB die Pflicht zur Verständigung der Miteigentümer bei Heranziehung durch die Abgabenbehörde bzw. die Pflicht, über Aufforderung Rechtsmittel gegen die Abgabenbescheide zu erheben; vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 9973).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am