VwGH vom 30.01.2007, 2004/17/0078
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der T Gesellschaft mbH in T, vertreten durch Plan Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 41-43, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates (Außenstelle Linz) vom , Zl. RV/0574- L/03, betreffend Energieabgabenvergütung für 2002, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei beantragte die Festsetzung der Energieabgabenvergütung für das Jahr 2002 im Ausmaß von EUR 240.074,22.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom (zugestellt am ) wurde der beschwerdeführenden Partei die Energieabgabenvergütung für das Jahr 2002 demgegenüber (nur) mit EUR 227.073,-- festgesetzt. Die Differenz zwischen beantragter und zuerkannter Energieabgabenvergütung resultierte daraus, dass die belangte Behörde die bei der Berechnung als Vorleistung geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge (Dienstgeberbeiträge der beschwerdeführenden Partei als Arbeitgeber) nicht als Abzugsposten bei der Bestimmung des Nettoproduktionswertes im Rahmen der Vergütungsberechnung anerkannt hat.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides mit dem Antrag geltend gemacht wird, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Abgabenjahr 2002 stand § 1 Abs. 1 des Energieabgabenvergütungsgesetzes, Art. 62 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201 (im Folgenden: EAVG), in der Stammfassung in Geltung. Er lautete:
"§ 1. (1) Die Energieabgaben auf Erdgas und elektrische Energie sind für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) auf Antrag insoweit zu vergüten, als sie (insgesamt) 0,35% des Unterschiedsbetrages zwischen
1. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 und
2. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, die an das Unternehmen erbracht werden,
übersteigen (Nettoproduktionswert)."
Die in Rede stehende Gesetzesbestimmung wurde in der Folge durch die Bundesgesetze BGBl. I Nr. 71/2003 und BGBl. I Nr. 92/2004 novelliert.
§ 2 Abs. 1 EAVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 797/1996 lautete:
"§ 2. (1) Ein Anspruch auf Vergütung besteht nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht."
Durch das am ausgegebene Bundesgesetz BGBl. I Nr. 158/2002 wurde § 2 Abs. 1 EAVG wie folgt neu gefasst:
"§ 2. (1) Ein Anspruch auf Vergütung besteht für alle Betriebe, soweit sie nicht Erdgas und elektrische Energie liefern oder Wärme (Dampf oder Warmwasser) liefern, das aus Erdgas oder elektrischer Energie erzeugt wurde."
Die eben zitierte Bestimmung wurde sodann durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/2003 neu gefasst.
§ 4 EAVG in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Kraft gestandenen Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 124/2003 lautete:
"§ 4. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit dem Inkrafttreten des Erdgasabgabegesetzes und des Elektrizitätsabgabegesetzes in Kraft. ... § 2 Abs. 1 und § 3 Z 1 in der Fassung des BGBl. I Nr. 158/2002 ist auf Sachverhalte anzuwenden, die nach dem und vor dem stattfinden.
(2) Mit der Vollziehung ist der Bundesminister für Finanzen betraut.
(3) Das Energieabgabenvergütungsgesetz in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 71/2003 ist auf Sachverhalte anzuwenden, die vor dem stattfinden.
(4) Das Energieabgabenvergütungsgesetz in der Fassung des BGBl. I Nr. 71/2003 ist auf Sachverhalte anzuwenden, die nach dem stattfinden. Der Vergütungsbetrag setzt sich im selben Verhältnis zusammen wie die eingesetzten Energieträger."
Durch das am , also nach Erlassung des angefochtenen Bescheides ausgegebene Bundesgesetz BGBl. I Nr. 92/2004 wurden dem § 4 EAVG Absätze 5 und 6 angefügt. Abs. 6 lautet:
"(6) Für Betriebe, deren Schwerpunkt in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht, gilt für die Jahre 2002 und 2003 folgende Regelung:
Neben dem Selbstbehalt gemäß § 2 Abs. 2 wird ein Anteil von 0,00717 EUR/m3 verbrauchtes Erdgas bzw. von 0,0006 EUR/kWh verbrauchte elektrische Energie nicht vergütet."
Wie sich aus den Erläuterungen zu dieser Novelle 478 BlgNR XXII. GP ergibt, lag der Grund für die zuletzt genannte Novellierung in der Herstellung der EU-Konformität der Energieabgabenvergütung für die Jahre 2002 und 2003, welche auf Grund der Entscheidung der Europäischen Kommission vom , 2005/565, ABl. Nr. L 190 vom 22/07/2005 S. 0013 bis 0021, als notwendig erachtet wurde.
In Art. 1 der genannten Entscheidung hatte die Europäische Kommission festgestellt, dass die Abgabenvergütung, die Österreich im Jahr 2002 nach dem durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 158/2002 novellierten Abgabenvergütungsgesetz 1996 gewährt und unverändert bis zum verlängert hat, eine rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe darstellte.
Für die nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes in Bescheidbeschwerdesachen ist nur die Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblich, selbst wenn nachfolgende Änderungen der Rechtslage rückwirkend erfolgen sollten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/18/0020, und vom , Zl. 2005/12/0186).
Daraus folgt, dass für die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit zunächst § 4 EAVG in der am in Kraft gestandenen Fassung, also vor der Erlassung des § 4 Abs. 6 EAVG durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 92/2004 maßgeblich war. Wie sich aus § 4 Abs. 1, 3 und 4 leg. cit. in der hier maßgeblichen Fassung ergibt, hatte die belangte Behörde für das Abgabenjahr 2002 das EAVG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/2003, also in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/2002 anzuwenden.
Ungeachtet der Frage, ob es Fälle geben kann, in denen das Gemeinschaftsrecht eine Anwendung einer rückwirkend erlassenen innerstaatlichen Rechtslage gebietet, hat es im Beschwerdefall - weil - wie zu zeigen sein wird - die Beachtung des Durchführungsverbotes hier zur Erreichung der Gemeinschaftsrechtskonformität genügt - bei der Anwendung des EAVG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/2003 zu verbleiben.
Jedenfalls in der genannten Fassung stellt die Energieabgabenvergütung aber infolge der Selektivität der 0,35 %- Schwelle in § 1 Abs. 1 EAVG eine staatliche Beihilfe im Verständnis des Art. 88 Abs. 3 EG dar (vgl. Art. 1 sowie die Erwägungsgründe 50 bis 55 der bereits zitierten Entscheidung der Kommission vom sowie Rz 70 bis 74 und 90 der Schlussanträge des Generalanwalts Francis G. Jacobs vom in der Rechtssache C-368/04, Transalpine Ölleitung). In der hier von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung verstieß die Energieabgabenvergütung für das Jahr 2002 mangels Genehmigung durch die Kommission gegen Art. 88 Abs. 3 EG (vgl. Erwägungsgrund 68 der zitierten Entscheidung der Kommission vom ).
Damit hätte - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - dem Erstattungsantrag der beschwerdeführenden Partei aus den im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0356, dargelegten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, überhaupt nicht stattgegeben werden dürfen. Durch die Zuerkennung einer Energieabgabenvergütung von (nur) EUR 227.073,-- im angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin in ihren Rechten daher nicht verletzt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne dass in diesem Zusammenhang auf die Frage einzugehen war, ob sich an diesem Ergebnis unter Berücksichtigung der Novellierung des EAVG durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 92/2004 etwas geändert hätte (vgl. zur Frage der rückwirkenden Sanierbarkeit einer unter Verletzung des Durchführungsverbotes durch entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen geschaffenen Beihilfe jedoch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom in der Rechtssache C-368/04, Transalpine Ölleitung, sowie Jaeger, Das Schlusskapitel der Energieabgabenvergütungs-Saga, ÖZW 2006, S. 119).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am