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VwGH vom 13.12.2004, 2004/17/0025

VwGH vom 13.12.2004, 2004/17/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des F E in K, vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 19, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 3- SP 66-33/1-2003, betreffend Vorschreibung eines Kanalanschlussbeitrages (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Baldramsdorf, 9805 Baldramsdorf), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde Baldramsdorf vom wurde der Beschwerdeführer als Eigentümer "des im Kanalisationsbereich gelegenen bzw. bebauten Grundstückes", welches näher genannt wurde, verpflichtet, das Grundstück bzw. ein näher genanntes "Objekt" an die Gemeindekanalisationsanlage anzuschließen.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde verpflichtete in der Folge den Beschwerdeführer mit Bescheid vom zu einem Kanalanschlussbeitrag von ATS 104.160,00 (EUR 7.569,60), für den Anschluss des in diesem Bescheid näher bezeichneten Gebäudes an die Gemeindekanalisationsanlage.

1.2. In seiner gegen den Bescheid vom erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er sei "nicht einverstanden" mit der Einstufung seines Hauses mit 2,976 Bewertungseinheiten. Er gehe davon aus, dass das Haus entsprechend der Z 1 lit. b der Anlage des Gemeindekanalisationsgesetzes (Kärntner Gemeindekanalisationsgesetz 1999, LGBl. Nr. 62 - K-GKG) als "ausschließlich landwirtschaftlichen Wohnzwecken dienende Wohnungen" bis 130 m2 mit 0,01 Einheiten und die darüber hinausgehende Fläche mit 0,002 Einheiten zu bewerten seien.

Der Beschwerdeführer führte in seiner Berufung weiters aus, er bewirtschafte seinen "Besitz" derart, dass die Grünlandflächen im Ausmaß von ca. 5,5 ha verpachtet seien, während er die Waldflächen im Ausmaß von ca. 38 ha selbst mit eigenen Maschinen und Geräten bewirtschafte. Er verfüge überdies neben dem Wohnhaus über ein daneben befindliches Wirtschaftsgebäude, in welchem seine Maschinen und Geräte wie z.B. Traktor, Seilwinde, Holzspalter etc. untergestellt seien. Er erzeuge und vermarkte zu einem Großteil Produkte wie Bloch- und Brennholz selbst.

Da nahezu alle landwirtschaftlichen Liegenschaften in Kärnten mit Wald ausgestattet seien, könne die Bestimmung des Gesetzes, dass "ausschließlich landwirtschaftlichen Wohnzwecken dienende Wohnungen" ein begünstigter Tarif zustehe, nur dahingehend gedeutet werden, dass auch Wohnzwecke für forstwirtschaftliche Tätigkeiten mit einbezogen sein müssten, da andernfalls nahezu alle landwirtschaftlichen Betriebe in Kärnten auf Grund "zugehöriger Waldausstattung" aus dieser Regelung herausfallen müssten.

Der Beschwerdeführer führte u.a. weiter aus, in Anbetracht der geänderten agrarwirtschaftlichen Lage sei es so, dass immer mehr Betriebe ihr Schwergewicht auf die Waldbewirtschaftung legten oder sogar die landwirtschaftlichen Flächen verpachteten, um durch eigene manuelle Tätigkeit eine entsprechend höhere Wertschöpfung aus dem Wald zu erzielen. Genau dies treffe auch auf seinen Betrieb zu. Des Weiteren halte er fest, dass allein auf Grund des Ausmaßes seines "Besitzes" kein "Hobbybetrieb" geführt werde, sondern die betriebliche Tätigkeit auf Grund wirtschaftlicher Planung auf die Erzielung entsprechender Einnahmen ausgerichtet sei.

Trotz des Umstandes, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit bei der Agrarbezirksbehörde in Klagenfurt seinen Hauptwohnsitz in Kr. gemeldet habe, handle es sich beim gegenständlichen Haus in keiner Weise um eine Art "Freizeitwohnsitz", sondern um einen Wohnsitz, den er ausschließlich für die Bewirtschaftung seines Betriebes benütze; je nach Arbeitsanfall wohne er zumeist am Wochenende "aber auch manchmal unter der Woche" in diesem Haus und verrichte von dort aus seine Arbeit.

Nach Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des seiner Ansicht nach zur Anwendung kommenden begünstigten Tarifes führte der Beschwerdeführer in seiner Berufung noch aus, dass das gegenständliche Haus ein großes altes Bauernhaus sei, welches er im Jahre 1980 im Erbwege samt den dazugehörigen Grundflächen übernommen habe und welches derzeit nur in "geringem Umfang" bewohnt werde.

Der Beschwerdeführer rügt schließlich noch, in der Begründung des Bescheides fehle das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, welches zur Einstufung seines Wohnhauses "als nicht land- (und forst-)wirtschaftlichen Zwecken dienendes Wohnobjekt" geführt habe.

1.3. Im Zuge des Berufungsverfahrens holte die Berufungsbehörde u.a. eine Stellungnahme der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Kärnten ein. In dieser heißt es u.a. wie folgt:

"Das Kärntner Gemeindekanalisationsgesetz wurde mit Gesetz vom geändert. Neben einer Vielzahl von Änderungspunkten wurde auch Z 1 lit. b der Anlage zum Gemeindekanalisationsgesetz novelliert, wonach nunmehr bei Wohnungen, die ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken dienen, die ersten 130 m2 mit 0,01 Bewertungseinheiten und alle weiteren nicht der entgeltlichen Beherbergung von Gästen dienenden m2 mit 0,002 Bewertungseinheiten zu multiplizieren sind. Hintergrund war nicht zuletzt auch das Anliegen der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Kärnten, Eigentümer von überdimensionierten landwirtschaftlichen Wohngebäuden, die ausschließlich Wohnzwecken dienen, nicht überdurchschnittlich zu belasten, zumal auch in der Landwirtschaft die Anzahl der Mitglieder pro Familie kontinuierlich sinkt. Ausdrücklich ist festzuhalten, dass im Zuge der kammerinternen Vorbereitungsarbeiten zum Gesetz und im Rahmen der entsprechenden Ausschuss-Sitzungen nie unterschieden worden ist zwischen landwirtschaftlichen Betrieben und forstwirtschaftlichen Betrieben. Ziel sollte laut Novelle zum Gemeindekanalisationsgesetz sein, die Möglichkeit zu schaffen, alle überdimensioniert großen und alten Gebäude unabhängig davon, ob der vorhandene Betrieb eher landwirtschaftlich oder eher forstwirtschaftlich orientiert ist, im Hinblick auf die Bewertungseinheiten fair zu behandeln.

Im Sinne einer einfachen Terminologie wurde dabei jeweils der terminus technicus 'landwirtschaftliches Wohngebäude' verwendet ohne zu differenzieren, ob der jeweilige Betrieb eher landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich orientiert ist."

1.4. Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Partei wies mit seinem Bescheid vom die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.

Begründend führte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der ihrer Ansicht nach heranzuziehenden Normen aus, es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer die landwirtschaftlichen Flächen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes verpachtet habe. Er sei hauptberuflich bei der Agrarbezirksbehörde beschäftigt und habe seinen Hauptwohnsitz nie im hier gegenständlichen Haus sondern in Kr.

Als Kriterien dafür, ob Gebäude überwiegend der landwirtschaftlichen Betriebsführung dienten, sei in Anlehnung an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Bewertungsgesetz 1955 die wirtschaftliche Einheit mit der Landwirtschaft, die Bewirtschaftung durch die Bewohner und die Deckung des Wohnbedürfnisses des Bewirtschafters der Landwirtschaft heranzuziehen. Gebäude, die dem Inhaber land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundflächen und seinen Familienangehörigen zu Wohnzwecken dienten, gehörten nur dann zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, wenn dieser oder einer der zu seinem Haushalt gehörenden Familienangehörigen durch die Tätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft an einen Betrieb gebunden sei. Diese Tätigkeit brauche zwar nicht die ganze Arbeitskraft dieser Person oder Personen zu umfassen, sie müsse aber mehr als nur eine gelegentliche sein (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 82/17/0123). Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem eben erwähnten Erkenntnis weiter ausgeführt habe, diene ein Gebäude, das vom Betriebseigentümer bewohnt werde, keinem landwirtschaftlichen Zweck mehr, wenn die zu bewirtschaftenden Flächen verpachtet würden.

1.5. In seiner dagegen erhobenen Vorstellung wandte sich der Beschwerdeführer gegen die von der Berufungsbehörde getroffenen Feststellungen, wobei er sein in der Berufung erstattetes Vorbringen inhaltlich im Wesentlichen wiederholte. Ergänzend führte er aus, das Wohnhaus diene ausschließlich dem Beschwerdeführer und seiner Familie zur Bewirtschaftung der land- und forstwirtschaftlichen Grundflächen und sei daher der "traditionellen Einheit von Wohnen und Wirtschaften" gewidmet; Räumlichkeiten würden anderen Personen nicht zur Nutzung überlassen.

In seinen rechtlichen Ausführungen beruft sich der Beschwerdeführer insbesondere wieder auf die Entstehungsgeschichte der seiner Ansicht nach anzuwendenden begünstigenden Bestimmung. Daraus sei ableitbar, dass es auf die Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen nicht ankomme. Entsprechend der durch das Gemeindekanalisationsgesetz verfolgten Zielsetzung könnten andere Gesetze, wie etwa das Bewertungsgesetz, nicht oder nur sehr bedingt zur Interpretation herangezogen werden.

1.6. Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.

In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde bei Auslegung der strittigen Z 1 lit. b der Anlage zum Gemeindekanalisationsgesetz - zusammengefasst - davon aus, dass der verwendete Begriff "landwirtschaftliche Wohnzwecke" die Berücksichtigung einer Forstwirtschaft ausschließe.

1.7. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom , B 1016/03-9, die dagegen zunächst an ihn gerichtete Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.

1.8. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf "richtige rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes im Sinne der Bestimmungen des Kärntner Gemeindekanalisationsgesetzes 1999" verletzt. Er bekämpft den Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.9. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die mitbeteiligte Partei hat sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht geäußert.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.1. Das Kärntner Gemeindekanalisationsgesetz 1999 (Kundmachung der Landesregierung vom , Zl. -2V-LG- 189/4-1999, mit der das Gemeindekanalisationsgesetz wiederverlautbart wird), LGBl. Nr. 62 (K-GKG), regelt in seinem zweiten Abschnitt den Kanalanschlussbeitrag.

Gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. werden die Gemeinden, die eine Kanalisationsanlage nach den Bestimmungen des ersten Abschnittes errichten und betreiben, ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates einen Kanalanschlussbeitrag (Ergänzungsbeitrag, Nachtragsbeitrag) zur Deckung der Kosten der Errichtung dieser Kanalisationsanlage nach den Bestimmungen dieses Abschnittes zu erheben.

Der Kanalanschlussbeitrag ist nach § 12 K-GKG für jene Gebäude oder befestigten Flächen zu entrichten, für die ein Anschlussauftrag (§ 4) erteilt oder für die ein Anschlussrecht (§ 6) eingeräumt wurde.

Das Ausmaß des Kanalanschlussbeitrages regelt § 13 K-GKG:

Nach § 13 Abs. 1 leg. cit. ergibt sich die Höhe des Kanalanschlussbeitrages aus der Vervielfachung der Summe der Bewertungseinheiten für das anzuschließende Bauwerk oder die anzuschließende befestigte Fläche mit dem Beitragssatz (§ 14). Nach § 13 Abs. 2 leg. cit. ist die Zahl der Bewertungseinheiten nach den in der Anlage zu diesem Gesetz enthaltenen Ansätzen zu ermitteln.

Gemäß § 14 Abs. 1 erster Satz K-GKG ist der Beitragssatz vom Gemeinderat durch Verordnung festzusetzen.

§ 15 Abs. 1 K-GKG verpflichtet die Eigentümer des Gebäudes oder der befestigten Flächen zur Entrichtung des Kanalanschlussbeitrages.

Die Anlage 1 zu § 13 Abs. 2 K-GKG regelt die Bewertungseinheiten wie folgt (auszugsweise):

"Für die Herstellung eines Kanalanschlusses beträgt die Bewertungseinheit jedenfalls 1 (Grundeinheit). Die Grundeinheit ist auf die nach den folgenden Ansätzen bei den einzelnen Anlagen sich ergebenden Bewertungseinheiten anzurechen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einheit
1.
Wohnraum je m2 Nutzfläche (§ 2 Z 5 Kärntner Wohnbauförderungsgesetz)
a)
der Wohnungen
0,01
b)
der ausschließlich landwirtschaftlichen Wohnzwecken dienenden Wohnungen bis 130 m2
0,01
jeder weitere nicht der entgeltlichen Beherbergung von Gästen dienende m2
0,002

..."

2.1.2. In den Erläuterungen zum Entwurf eines Gesetzes, mit dem das Gemeindekanalisationsgesetz geändert wird, Zl. Verf- 218/7/1991 (Stand ), heißt es in diesem Zusammenhang unter "2. Ziele des Gesetzentwurfes" wie folgt (auszugsweise):

"Durch gesetzgeberische Maßnahmen können zweifelsohne nur Teilbereiche jener Grundlagen erfasst werden, die für ein intaktes Wirkungsgefüge Boden - Grundwasser - Vegetation sorgen. Als wesentliche Zielsetzungen der vorliegenden Novelle zum Gemeindekanalisationsgesetz sind daher anzusehen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Einbeziehung der landwirtschaftlichen Wohngebäude in die Anschlusspflicht an die öffentlichen Kanalisationsanlagen innerhalb des Kanalisationsbereiches; gleichzeitig wird jedoch berücksichtigt, dass es sich bei landwirtschaftlichen Wohngebäuden um vielfach durch Generationen bewohnte Bauwerke handelt. Durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten ist der zur Verfügung stehende Wohnraum im Vergleich zum Wohnraum der übrigen Bevölkerung in einem wesentlichen Ausmaß höher, ohne dass die Zahl der ständigen Bewohner im gleichen Ausmaß größer ist. Es wird daher bei der Berechnung der Bewertungseinheiten für den Kanalanschlussbeitrag ein begünstigender Berechnungsmodus für bäuerliche Wohngebäude angewendet.
..."
Im Besonderen Teil wird weiters zu Art. 1 Z 6 (§ 5 Abs. 3)
wie folgt ausgeführt:
"Im Motivenbericht zum Gemeindekanalisationsgesetz, LGBl. Nr. 18/1978, wird bereits auf die Möglichkeit der Einbeziehung der landwirtschaftlichen Betriebe in die Anschlusspflicht Bezug genommen. Die bestehende gesetzliche Formulierung hat jedoch in ihren Auswirkungen in der Praxis zu missverständlichen Interpretationen geführt.
Es wird nunmehr klargestellt, dass sich die Ausnahme von der Anschlusspflicht ausschließlich auf jene Bauwerke bezieht, die entsprechend ihrer Zweckwidmung der landwirtschaftlichen Tierhaltung oder Betriebsführung dienen.
Es braucht in Hinkunft kein gesonderter Antrag auf Befreiung von der Anschlusspflicht gestellt werden, sondern sind diese Bauwerke bereits von Gesetzes wegen von der Einbeziehung in die öffentliche Kanalanlage im Kanalisationsbereich befreit, soferne die vom Gemeindekanalisationsgesetz vorgegebenen Kriterien erfüllt sind:
-
Zweckwidmung des Gebäudes,
-
kein Anfall häuslicher Abwässer,
-
Eignung der anfallenden Abwässer auf Grund ihrer Beschaffenheit für Düngungszwecke ohne nachteilige Einwirkung auf Böden und
-
Sammlung der Abwässer in flüssigkeitsdichten Anlagen entsprechend den Kärntner Bauvorschriften.
Dies wird insbesondere auf die Stallungen, Düngestapelplätze, Siloanlagen, Gülle- und Jauchengruben u.ä. zutreffen. Innerhalb des Kanalisationsbereiches einer Gemeinde sind daher landwirtschaftliche Wohngebäude bzw. landwirtschaftliche Bauwerke, in welchen häusliche Abwässer anfallen, nicht von der Anschlusspflicht an die Kanalisationsanlage befreit.
Die Haushaltsabwässer aus den Haushalten landwirtschaftlicher Betriebe weisen die gleichen Schadstoffgehalte auf, wie Haushaltsabwässer aller übrigen Haushalte. Während in früheren Jahrzehnten die häuslichen Abwässer primär Fäkalien enthalten haben und wesentlich weniger Chemikalien in allgemeiner Verwendung waren, weisen die Haushaltsabwässer im Zuge einer modernen Haushaltsführung eine breite Palette von sehr umweltrelevanten Inhaltsstoffen auf. Im modernen Haushalt werden unter anderem folgende Substanzen verwendet:
-
Waschmittel
-
zum Teil schwer abbaubare Tenside, Perborate, optische Aufheller, Enzyme
-
Geschirrspülmittel
-
Tenside
-
WC- und Sanitärreiniger
-
starke Säuren, Tenside, Paradichlorbenzol, Chlorverbindungen
-
Rohr- und Abflussreiniger
-
Ätznatron
-
Reste von Medikamenten
-
Speisereste bzw. Reste von Speiseölen
-
Reste von gebrauchten Lösemittel (besonders umweltbelastend)
-
moderne Körperreinigungsmittel, Seifen, Deoseifen, Badezusätze, Zahnputzmittel
-
Hygieneartikel
Es gebietet daher das Gleichheitsgebot des Art. 7 B-VG, alle innerhalb des Kanalisationsbereiches einer Gemeinde anfallenden häuslichen Abwässer in die Kanalisationsanlage der Gemeinde einzubringen, sofern nicht ein Ausnahmetatbestand im Sinne des § 5 Abs. 1 vorliegt, zumal auch der Kanalisationsbereich der Gemeinde im Regelfall die Kerngebiete der Siedlungstätigkeit umfasst.
Es wird jedoch im Zuge der Berechnung des Kanalanschlussbeitrages bei der Ermittlung der Bewertungseinheiten darauf Bedacht genommen, dass insbesondere landwirtschaftliche Wohngebäude, die ausschließlich Wohnzwecken dienen, oft bereits durch Generationen bewohnt werden, und es sich daher um große alte Gebäude handelt, bei denen auf Grund des Strukturwandels in der Landwirtschaft während der letzten Jahrzehnte die Zahl der ständigen Bewohner gesunken ist, sodass der bestehende umbaute Wohnraum im Vergleich zur Nutzfläche, die durchschnittlich in Kärnten von Familien bewohnt wird, ungleich größer ist. Aus diesem Grund wurde daher auch die Anlage zum Gemeindekanalisationsgesetz hinsichtlich der Berechnung der Bewertungseinheiten unter Bedachtnahme auf das Größenverhältnis des Gebäudes und der tatsächlich als Wohnraum in Anspruch genommenen Fläche angepasst."

2.2. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist allein die Frage strittig, ob sich der Beschwerdeführer auf die ihn begünstigende Bestimmung der Z 1 lit. b der Anlage 1 zum Kärntner Gemeindekanalisationsgesetz 1999 berufen kann, soweit die heranzuziehende Fläche 130 m2 übersteigt.

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, die Wendung "ausschließlich landwirtschaftlichen Wohnzwecken dienende Wohnungen" in Z 1 lit. b der Anlage 1 zum K-GKG umfasse auch "forstwirtschaftliche Wohnzwecke".

Die belangte Behörde hingegen erläutert ihre im angefochtenen Bescheid vertretene Ansicht, wonach die erwähnte Bestimmung "eng" zu interpretieren sei, in der Gegenschrift näher. Sie bringt in diesem Zusammenhang vor, dass diese Bestimmung, die eine Begünstigung der Landwirte bedeute, mit der Novelle LGBl. Nr. 107/1993 in das damals gültige Gemeindekanalisationsgesetz 1978, LGBl. Nr. 18, eingefügt worden sei und sich auch im Kärntner Gemeindekanalisationsgesetz 1999, das eine Wiederverlautbarung des Gemeindekanalisationsgesetzes 1978 sei, wieder finde. Hintergrund der damaligen Novellierung sei es gewesen, die Eigentümer von landwirtschaftlichen Wohngebäuden insofern zu entlasten, als durch diese Regelung das Missverhältnis zwischen der überdimensionierten Wohnfläche in der alten Bausubstanz und der auch in der Landwirtschaft sinkenden Anzahl der Familienmitglieder ausgeglichen werden sollte. In der Folge stützt sich die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der Gemeindekanalisationsnovelle, LGBl. Nr. 107/1993, hinsichtlich der Z 1 lit. b und schließt hier wie auch schon im angefochtenen Bescheid im Einklang mit den Abgabenbehörden aus dem Umstand, dass sowohl der Gesetzestext als auch die Erläuterungen (nur) von "landwirtschaftlichen" Wohngebäuden ausgingen, dass ein allfälliger forstwirtschaftlicher Betriebsteil außer Betracht zu bleiben habe. Anderen Wohnzwecken (etwa allein forstwirtschaftlichen Wohnzwecken) dienende Wohnungen seien von der Begünstigung ausgeschlossen.

2.3. Der Verwaltungsgerichtshof vermag die Ansicht der belangten Behörde aus folgenden Erwägungen nicht zu teilen:

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist der aus den Erläuternden Bemerkungen (vgl. oben Punkt 2.1.2.) ersichtliche Sprachgebrauch nicht einheitlich. So heißt es in der von der belangten Behörde selbst zitierten Stelle: "landwirtschaftliche Wohngebäude, die ausschließlich Wohnzwecken dienen". Der Begriff "landwirtschaftlich" dient hier (nur) der näheren Umschreibung der Wohngebäude und könnte durchaus im Sinn von "bäuerliches Wohngebäude" (mitumfassend auch die Forstwirtschaft) zu verstehen sein. In diese Richtung deutet auch die Gleichsetzung der "landwirtschaftlichen Wohngebäude" mit den "bäuerlichen Wohngebäuden" im Allgemeinen Teil der Erläuternden Bemerkungen unter "2. Ziele des Gesetzentwurfes".

Es trifft zu, dass - wie die belangte Behörde weiters vorbringt - das Gemeindekanalisationsgesetz 1999 keine Definition des Begriffes "Landwirtschaft" enthält. § 5 Abs. 3 K-GKG eröffnet jedoch die Möglichkeit, Bauwerke, die überwiegend der landwirtschaftlichen Tierhaltung oder Zwecken der landwirtschaftlichen Betriebsführung dienen, auf Antrag unter den dort näher genannten Voraussetzungen von der Anschlusspflicht zu befreien, sofern häusliche Abwässer nur in untergeordnetem Ausmaß anfallen. Die "Zwecke der landwirtschaftlichen Betriebsführung" müssen jedoch nicht notwendiger Weise mit den "landwirtschaftlichen Wohnzwecken" ident sein, zumal gerade bei letzteren "häusliche Abwässer" nicht nur im untergeordneten Ausmaß anfallen werden.

Das K-GKG kennt in § 21 Abs. 4 auch den "Eigentümer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes", der unter den dort näher genannten Voraussetzungen von der Abgabepflicht hinsichtlich des Aufschließungsbeitrages befreit werden kann, wenn die Entrichtung des Aufschließungsbeitrages eine unzumutbare wirtschaftliche Härte bedeuten würde und eine weitere Voraussetzung erfüllt ist.

Grundlage für die Ermittlung der Bewertungseinheit ist nach der Z 1 der Anlage 1 zum K-GKG die Nutzfläche in Quadratmetern (je "m2 Nutzfläche"). Dieser Begriff "Wohnraum je m2 Nutzfläche" ist vom Gesetz mit dem Hinweis auf § 2 Z 5 des Kärntner Wohnbauförderungsgesetzes umschrieben. § 2 des Kärntner Wohnbauförderungsgesetzes 1997, LGBl. Nr. 60 (K-WBFG 1997), bestimmt den Begriff "Nutzfläche" in § 2 Z 5 wie folgt:

"die gesamte Bodenfläche einer Wohnung einschließlich Loggien und Wintergärten abzüglich der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen); Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Lage, baulichen Ausgestaltung, Raumhöhe und Ausbaumöglichkeit nach für Wohnzwecke nicht geeignet sind, Treppen, Balkone, Terrassen sowie für landwirtschaftliche Zwecke spezifisch ausgestattete Räume in Verbindung mit einer Wohnung sind bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen;"

Dies bedeutet, dass der Begriff "ausschließlich landwirtschaftlichen Wohnzwecken dienende Wohnungen" in der Anlage 1 Z 1 lit. b zum K-GKG jedenfalls nicht "für landwirtschaftliche Zwecke spezifisch ausgestattete Räume in Verbindung mit einer Wohnung" umfasst, weil diese bereits bei der Berechnung der Nutzfläche auszuscheiden sind und daher auch nicht als "Wohnung" angesehen werden können.

§ 2 Z 5 K-WBFG 1997 verwendet den Begriff der "Wohnung"; diese ist gemäß § 2 Z 1 lit. d K-WBFG 1997

"eine zur ganzjährigen Bewohnung geeignete, baulich in sich abgeschlossene normal ausgestattete Wohnung, die mindestens aus Zimmer, Küche (Kochnische), Vorraum, WC und Bade- oder Duschgelegenheit besteht und deren Nutzfläche nicht weniger als 30 m2 beträgt; bei zu sanierenden Wohnhäusern entfällt das Erfordernis der baulichen Abgeschlossenheit, bei bäuerlichen Wohngebäuden mit zwei Wohnungen muss nur die zweite Wohnung baulich in sich abgeschlossen sein."

Betrachtet man die hier dargelegte Gesetzeslage insgesamt, so erscheint es jedenfalls - ohne Berücksichtigung des jeweiligen Gesetzeszweckes - nicht ausgeschlossen, dass der Begriff der "landwirtschaftlichen Wohnzwecken dienenden Wohnungen" auch mit "bäuerlichen Wohnungen in bäuerlichen Wohngebäuden" gleichbedeutend sein kann, ein eindeutiger Wortgebrauch ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - wie erwähnt: ohne Rücksichtnahme auf den jeweils verfolgten Zweck - nicht zu erkennen.

2.3. Zweck der mit der Bestimmung der Z 1 lit. b der Anlage 1 zum K-GKG verbundenen Begünstigung ist es - wie den Erläuternden Bemerkungen zu entnehmen ist - Härten, die sich im Zuge der gleichzeitig normierten Anschlussverpflichtung ergeben, auszugleichen. Es sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten der zur Verfügung stehende Wohnraum im Vergleich zum Wohnraum der übrigen Bevölkerung in einem wesentlichen Ausmaß höher ist, ohne dass die Zahl der ständigen Bewohner im entsprechenden Ausmaß größer wäre. Aus diesem Grunde sollte daher bei der Berechnung der Bewertungseinheiten für den Kanalanschlussbeitrag ein begünstigender Berechnungsmodus für bäuerlichen Wohnzwecken dienende Wohnungen in bäuerlichen Wohngebäuden angewendet werden.

Ausschlaggebend für die angesprochene Begünstigung ist demnach das Missverhältnis zwischen dem zur Verfügung stehenden Wohnraum im Vergleich zur Anzahl der Bewohner in (alten) bäuerlichen Wohngebäuden im Vergleich zum Wohnraum der übrigen Bevölkerung und der Anzahl der diesen ständig benützenden Bewohner.

Der Gesetzgeber hat hier eine Benachteiligung der Abgabepflichtigen für den Kanalanschlussbeitrag bei (alten) bäuerlichen Wohngebäuden im Verhältnis zu sonstigen Anschlussbeitragspflichtigen gesehen und dieser Benachteiligung Rechnung tragen wollen. Legt man diesen Gesetzeszweck zu Grunde, dann ist - bei einem dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot Rechnung tragenden Verständnis - der Begriff der "ausschließlich landwirtschaftlichen Wohnzwecken dienenden Wohnungen" erweiternd dahin zu verstehen, dass auch "forstwirtschaftlichen Wohnzwecken" dienende Wohnungen darunter fallen, sofern sie in bäuerlichen Wohngebäuden liegen.

2.4. Ausgehend von ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht hat die belangte Behörde das Fehlen von Feststellungen dahin, ob eine ausschließlich landwirtschaftlichen Wohnzwecken (im dargelegten Sinn) dienende Wohnung vorliegt, nicht aufgegriffen. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

2.5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, im Rahmen des gestellten Begehrens.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am