VwGH vom 04.02.2009, 2007/15/0168
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2007/15/0167 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der G AG in W, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, 1090 Wien, Porzellangasse 51, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Stadt Innsbruck vom , I-Präs-00536e/2006, betreffend Kommunalsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin kündigte aus Anlass einer Personalreduktionsmaßnahme Dienstnehmer. Im Rahmen eines Sozialplanes gewährte sie diesen diverse Zuwendungen. Dazu gehörten u.a. Zahlungen für die "Weiter- und Selbstversicherung nach dem ASVG" und "vorgezogene Jubiläumsgelder". Die Beiträge für die Weiter- und Selbstversicherung leistete die Beschwerdeführerin den gekündigten Dienstnehmern für den Zeitraum vom Ende des Dienstverhältnisses bis zum Pensionsantritt im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung. Damit sollte für diesen Zeitraum bis zum Pensionsantritt der Krankenversicherungsschutz sichergestellt sein und bewirkt werden, dass die (ehemaligen) Dienstnehmer weiterhin Pensionszeiten erwerben. Jubiläumsgelder standen nach der Betriebsvereinbarung zum 25-jähigen, 35-jährigen und zum 45-jährigen Dienstjubiläum zu. Soweit den Dienstnehmern bis zum Erreichen des Pensionsalters noch ein Jubiläumsgeld zugestanden wäre, sie das Dienstjubiläum aber wegen der Kündigung nicht mehr erreichen konnten, wurde ihnen im Rahmen der Beendigung des Dienstverhältnisses auf Grund des Sozialplanes eine entsprechende Zahlung gewährt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin im Instanzenzug Kommunalsteuer nach § 11 Abs. 3 KommStG 1993 zuzüglich eines Säumniszuschlages für die - im Rahmen des Sozialplanes - in den Jahren 2003 und 2004 gewährte Beiträge für die "Weiter- und Selbstversicherung nach dem ASVG" und für die "vorgezogenen Jubiläumsgelder" vorgeschrieben. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, durch die Gewährung des Jubiläumsgeldes seien jene Dienstnehmer, die vor Ablauf des für das Jubiläumsgeld erforderlichen Dienstalters gekündigt worden seien, den nicht gekündigten Dienstnehmern gleichgestellt worden. Daraus sei erkennbar, dass die "Jubiläumsgabe" nicht unmittelbar durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst sei. Die Arbeitnehmer hätten (zu einem späteren Zeitpunkt) ein gleichwertiges Jubiläumsgeld erhalten, wären sie nicht gekündigt worden. Die Ursache für die Auszahlung des Jubiläumsgeldes liege in der Zurücklegung bestimmter Dienstzeiten im Unternehmen. Da die Jubiläumsgelder nicht auf die Beendigung der Dienstverhältnisse zurückgingen, lägen Bezüge iSd § 67 Abs. 6 EStG nicht vor. Eine Zahlung, die in gleicher Höhe bei Beendigung des Dienstverhältnisses wie auch bei Fortbestehen des Dienstverhältnisses beansprucht werden könne, stelle auch keine Abfertigung iSd § 67 Abs. 3 EStG dar. Die Zahlungen unterlägen daher der Kommunalsteuer, zumal sie auch nicht als Ruhe- und Versorgungsbezüge beurteilt werden könnten.
Hinsichtlich der Beiträge für die Weiter- und Selbstversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung sei eine unmittelbare Verursachung durch die Beendigung des Dienstverhältnisses ebenfalls nicht zu erblicken. Es handle sich nicht um Beiträge, die üblicherweise bei der Beendigung des Dienstverhältnisses anfielen, zudem aber um solche, die bei Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses - wenn auch später - ebenfalls angefallen wären. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis vom , 2001/13/0228) liege eine kommunalsteuerpflichtige Abfindung vor, wenn der Dienstnehmer durch die Zahlung in die Lage versetzt werden solle, durch die Weiterzahlung von Versicherungsprämien eine Versicherungsleistung für den künftigen Eintritt des Versicherungsfalles zu erwerben. Es lägen keine Ruhe- oder Versorgungsbezüge, also Bezüge aus einem früheren Dienstverhältnis, vor. Die Versicherungsbeiträge hätten nichts mit den aktiv erbrachten Leistungen während des Dienstverhältnisses zu tun, da für die aktiv erbrachten Dienstleistungen Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge bereits entrichtet worden seien. Die Beiträge könnten am ehesten als Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume beurteilt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer ist nach § 5 Abs. 1 KommStG 1993 die Summe der Arbeitslöhne, die an die Dienstnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer (Lohnsteuer) unterliegen.
Nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen gehören zur Bemessungsgrundlage ua nicht:
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"a) | Ruhe- und Versorgungsbezüge; | |||||||||
b) | die im § 67 Abs. 3 und 6 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Bezüge." | |||||||||
Die Befreiungsbestimmungen des § 5 Abs. 2 KommStG 1993 legen klar, dass nur die Bezüge der Dienstnehmer aus einem aufrechten Dienstverhältnis der Kommunalsteuer unterliegen (siehe das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0017). | ||||||||||
a) Laufende Beiträge zur Versicherung: | ||||||||||
Der belangten Behörde ist nicht zuzustimmen, wenn sie ausführt, die Versicherungsbeiträge hätten nichts mit den im Rahmen des früheren Dienstverhältnisses aktiv erbrachten Leistungen zu tun, was sich daraus ergebe, dass für die aktiv erbrachten Dienstleistungen Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge bereits entrichtet worden seien. Diese Überbrückungshilfe wird - wie die Leistungen gemäß § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 - gerade im Hinblick auf das frühere Dienstverhältnis geleistet. Ohne Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis wäre eine Aufnahme in die Bemessungsgrundlage nach § 5 Abs 1 KommStG 1993 von vornherein ausgeschlossen. | ||||||||||
Von nach § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 aus der Bemessungsgrundlage auszuscheidenden Ruhe- und Versorgungsbezügen kann nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann gesprochen werden, wenn für Dienstleistungen Bezugsteile nach Beendigung des Dienstverhältnisses gewährt werden (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , 2004/13/0150). | ||||||||||
Das hg Erkenntnis vom , 98/14/0176, betraf eine Arbeitgeberin, welche im Zug von Restrukturierungsmaßnahmen Dienstnehmer kündigte und den gekündigten Dienstnehmern auf Grund eines Sozialplanes u.a. für einen Zeitraum von zwölf Monaten Überbrückungshilfen (Vorruhestandsgelder) bezahlte. Der Verwaltungsgerichtshof zählte diese Überbrückungshilfen nicht zur Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer. Die Überbrückungshilfen stellten als laufende Zahlungen keine sonstigen Bezüge iSd § 67 Abs 6 EStG 1988 dar; ihnen komme aber die Funktion von Ruhe- und Versorgungsbezügen zu. Vergleichbar Betriebspensionen würden sie für (wenn auch begrenzte) Zeiträume nach Beendigung der Dienstverhältnisse laufend ausbezahlt. Solcherart handle es sich um Bezüge iSd § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993. Diese Gesetzesbestimmung sei nicht auf solche Ruhe- und Versorgungsbezüge eingeschränkt, die in einem Pensionsstatut zugesagt seien. Auch wenn solche Bezüge erst im Zug der Beendigung von Dienstverhältnissen (insbesondere im Rahmen eines Sozialplanes) für Zeiten des Ruhestandes festgelegt würden, würden sie von der Befreiungsbestimmung des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 erfasst. | ||||||||||
In gleicher Weise stellen auch die hier streitgegenständlichen Zahlungen der Beschwerdeführerin für die Begleichung der Beiträge zur "Selbstversicherung bzw Weiterversicherung" in der gesetzlichen Kranken- und Pensionsversicherung Ruhe- und Versorgungsbezüge iSd § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 dar. Sie werden vergleichbar Betriebspensionen für (wenn auch begrenzte) Zeiträume nach Beendigung der Dienstverhältnisse laufend ausbezahlt. Der Beurteilung als Bezug iSd § 5 Abs 2 lit a KommStG 1993 steht es nicht entgegen, dass ihre Bezahlung erst im Sozialplan im Zug der Beendigung von Dienstverhältnissen festgelegt worden ist. | ||||||||||
Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ist dem hg Erkenntnis vom , 2001/13/0228, nicht zu entnehmen, es liege eine kommunalsteuerpflichtige Abfindung vor, wenn dem Dienstnehmer durch die Arbeitgeberzahlung die Weiterzahlung von Versicherungsprämien ermöglicht werde. Das genannte Erkenntnis betraf nicht Kommunalsteuer, sondern Lohnsteuer, und zwar hinsichtlich der Frage, ob eine Arbeitgeberzahlung als Pensionsabfindung im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 zu beurteilen sei. Vor diesem Hintergrund ist folgende Aussage des Erkenntnisses, auf welche sich die belangte Behörde offenkundig bezogen hat, zu verstehen: "Die Hingabe eines Betrages an den Dienstnehmer, mit dem dieser finanziell in die Lage versetzt werden soll, durch Weiterzahlung von Versicherungsprämien eine - sei es auch auf Rente lautende - Versicherungsleistung beim künftigen Eintritt des Versicherungsfalles zu erwerben, ließ sich nicht als Abfindung eines bereits erworbenen Pensionsanspruches umdeuten." Eine Aussage zur Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 enthält das hg. Erkenntnis 2001/13/0228 nicht. |
b) Jubiläumsgelder:
Die in der Bestimmung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 genannten Bezüge, auf welche § 5 Ab.s 2 lit. b KommStG 1993 verweist, sind sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie z. B. freiwillige Abfertigungen und Abfindungen). Die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für solche Bezüge gewährt, die durch die Beendigung des Dienstverhältnisses ausgelöst werden und mit der Auflösung des Dienstverhältnisses in ursächlichem Zusammenhang stehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0017).
Im Erkenntnis vom , 98/15/0122, Slg. Nr. 7554/F, hatte der Verwaltungsgerichtshof eine aus Anlass der Beendigung eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses vorzeitig bezahlte Jubiläumsgabe zu beurteilen. Er hat zu Recht erkannt, dass das Jubiläumsgeld seine unmittelbare Ursache nicht in der Beendigung des Dienstverhältnisses hat, weshalb die Besteuerung nicht nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 erfolgen kann. Wäre es nämlich nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gekommen, hätte der Arbeitnehmer die Jubiläumsgabe in gleicher Höhe und lediglich zu einem späteren Zeitpunkt erhalten. Eine Zahlung, auf die bei Beendigung des Dienstverhältnisses wie bei Fortbestehen des Dienstverhältnisses ein Anspruch in gleicher Höhe bestehe, stelle auch keine Abfertigung im Sinne des § 67 Abs. 3 EStG 1988 dar (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0038).
Im gegenständlichen Fall ist den gekündigten Arbeitnehmern in vergleichbarer Weise das Jubiläumsgeld, das ihnen auf Grund der Betriebsvereinbarung nach 25, 35 oder 45 Dienstjahren gebührt hätte, bereits bei Beendigung des Dienstverhältnisses gewährt worden. Damit wurden Arbeitnehmer, deren Dienstverhältnis vor Ablauf der für Jubiläumsgelder relevanten Anzahl an Dienstjahren endete, jenen Arbeitnehmern gleichgestellt, welche die genannten Dienstjahre zurücklegen. Daraus ist erkennbar, dass die anlässlich der Beendigung der Arbeitsverhältnisse ausbezahlten Jubiläumsgelder nicht unmittelbar durch die Beendigung der Arbeitsverhältnisse veranlasst sind. Es wurde lediglich der Stichtag der Auszahlung auf den Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses gelegt. Zu Recht ist daher die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die Jubiläumsgelder keine Bezüge iSd § 5 Abs. 2 lit. b KommStG 1993 darstellen.
Diese (einmalig) im Zuge der Beendigung der Dienstverhältnisse bezahlten Beträge wären den Dienstnehmern auch bei Fortsetzung der Dienstverhältnisse zugestanden. Es liegen daher auch keine Ruhe- und Versorgungsbezüge nach § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 vor (vgl. Taucher, Kommunalsteuer-Kommentar, § 5 Tz 68).
Aus den vorstehenden Ausführungen unter a) ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet ist. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II. Nr. 455/2008. Wien, am