VwGH vom 02.09.2009, 2007/15/0039

VwGH vom 02.09.2009, 2007/15/0039

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des M L in M, vertreten durch Dr. Eva-Maria Bachmann-Lang und Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Opernring 8, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0867-L/05, betreffend Haftung gemäß §§ 9, 80 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 9 i.V.m. § 80 BAO zur Haftung für - im Spruch aufgelistete - Abgaben einer näher bezeichneten AG (Primärschuldnerin) in Höhe von EUR 838.698,05 in Anspruch genommen. In der Begründung führte die belangte Behörde - soweit für die Beschwerde von Bedeutung - aus, der Beschwerdeführer sei seit selbständig vertretungsbefugter Vorstand der Primärschuldnerin gewesen. Über das Vermögen der Primärschuldnerin sei mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom das Konkursverfahren eröffnet worden.

Das Finanzamt habe den Beschwerdeführer mit Haftungsbescheid vom für die bei der Primärschuldnerin aushaftenden Abgabenschuldigkeiten in Anspruch genommen. Auf Grund der Aktenlage sei von einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber dem Abgabengläubiger bei der Verfügung über die Gesellschaftsmittel auszugehen.

In der Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, der Abgabengläubiger sei mit Sicherheit nicht schlechter behandelt worden als andere Gläubiger. Während seiner Funktionsperiode habe der Abgabengläubiger einen höheren Anteil erhalten als die durchschnittliche Quote für alle Gläubiger ergeben hätte. Aus dem Anmeldungsverzeichnis ergäben sich per Gesamtverbindlichkeiten von EUR 12.112.786,96, was dokumentiere, dass eine Ungleichbehandlung des Abgabengläubigers nicht stattgefunden habe und eine Vielzahl anderer Gläubiger ebenfalls mangels liquider Mittel nicht hätte bezahlt werden können. Eine entsprechende Aufstellung, die belege, dass keine Schlechterbehandlung des Abgabengläubigers seit Übernahme der Vorstandsfunktion durch den Beschwerdeführer erfolgt sei, werde nachgereicht.

Mit Eingabe vom habe der Beschwerdeführer für den Zeitraum Jänner 2003 bis November 2004 eine Aufstellung der monatlichen Gesamttilgungen sowie der Tilgungen der Steuerverbindlichkeiten vorgelegt. Dieser Aufstellung seien in einem Beilagenkonvolut Ausdrucke der diese Verbindlichkeiten betreffenden Buchungen angeschlossen gewesen. Aus dem Vergleich der ermittelten Tilgungsquoten betreffend "Gläubiger allgemein" und hinsichtlich des Abgabengläubigers folge nach Ansicht des Beschwerdeführers, dass keine Schlechterstellung sondern in Wahrheit eine Besserstellung des Abgabengläubigers erfolgt sei.

Das Finanzamt habe die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung vorgelegt.

Die belangte Behörde habe mit Vorhalt vom den Beschwerdeführer eingeladen, u.a. zu einigen Punkten Stellung zu nehmen und entsprechende Unterlagen vorzulegen. Die in der Berufung behauptete Gleichbehandlung des Abgabengläubigers mit den übrigen Gläubigern sei mit den am übermittelten Unterlagen nicht glaubhaft gemacht worden. Die vorgelegte Aufstellung erscheine aus mehreren Gründen unrichtig:

Die dargestellten Tilgungen von Abgabenschuldigkeiten stünden im Widerspruch zu den tatsächlich auf das Abgabenkonto geleisteten Zahlungen. So seien beispielsweise für Mai, Juni und August 2004 weder Zahlungen noch sonstige Gutschriften erfolgt. Trotzdem würden für diese Zeiträume Tilgungsquoten von 5,12 %, 6,88 % und 3,50 % ausgewiesen.

Es seien gebuchte Vorsteuern als "Tilgungen" erfasst worden; so sei beispielsweise für Februar 2004 eine Tilgung von EUR 40.804,72 ermittelt worden, die zur Gänze aus der in diesem Zeitraum angefallenen Vorsteuer resultiere. Tatsächlich habe sich aber für diesen Voranmeldungszeitraum unter Berücksichtigung der angefallenen Umsatzsteuern eine Zahllast von EUR 34.137,78 ergeben. Hier eine "Tilgung" von Abgabenforderungen in Ansatz zu bringen, sei nicht nachvollziehbar.

Die ausgewiesenen Gesamtverbindlichkeiten erschienen widersprüchlich. Per seien Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von EUR 23,366.116,58 ausgewiesen worden. Im Jahresabschluss zum seien dagegen nur rund EUR 17 Mio. (davon Anleihen in Höhe von EUR 6,7 Mio.) angeführt gewesen. In diesem Zusammenhang werde angemerkt, dass bei der Prüfung der Gleichbehandlung den fälligen Abgabenschuldigkeiten selbstverständlich auch nur die fälligen übrigen Verbindlichkeiten gegenüber gestellt werden könnten. So könne beispielsweise bei einem Darlehensvertrag über EUR 1 Mio. nicht die Gesamtverbindlichkeit in Ansatz gebracht werden, wenn etwa im Jänner 2004 nur eine monatliche Tilgungsquote von EUR 10.000,-- fällig gewesen sei; Gleiches gelte grundsätzlich auch für die gegenständlichen Anleihen, die offenkundig in voller Höhe erfasst worden seien.

Nicht nachvollziehbar sei auch die dargestellte Entwicklung der Gesamtverbindlichkeiten. So werde beispielsweise der Stand der Verbindlichkeiten per mit EUR 23.366.116,58 ausgewiesen. Die Tilgung Februar 2004 werde mit EUR 400.909,88 angegeben, sodass per ein Stand der Verbindlichkeiten von EUR 22.965.206,70 zu erwarten gewesen wäre. Tatsächlich seien die Verbindlichkeiten zu diesem Zeitpunkt mit EUR 18.346.399,88 angegeben worden.

In der Berufung sei unter Bezugnahme auf das Anmeldeverzeichnis darauf hingewiesen worden, dass auch die anderen Gläubiger nicht zu 100 % befriedigt worden wären. Der Vertreter hafte nicht für Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur in dem Umfang, in dem eine Kausalität zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters und dem Entgang von Abgaben bestehe. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden und hafte der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und somit den Abgabengläubiger benachteiligt habe, so erstrecke sich die Haftung des Vertreters auch nur auf jenen Betrag, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte, als sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich bekommen habe. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliege dem Vertreter. Könne er nachweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so hafte er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Werde dieser Nachweis nicht angetreten, könne dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden.

Der Beschwerdeführer habe in seiner Stellungnahme vom dazu Folgendes ausgeführt:

Der Beschwerdeführer habe mit seiner Eingabe vom nicht nur eine Gleichbehandlung des Finanzamtes nachgewiesen, sondern an Hand der der Eingabe beigelegten Konvolute auch eine klare Besserstellung des Abgabengläubigers. Sollten "einzelne kleinere Unstimmigkeiten" vorliegen, so ändere dies in der Gesamtschau nichts daran, dass insgesamt mit Sicherheit keine Schlechterstellung vorgelegen sei. Zutreffend sei, dass die Vorsteuern als "Tilgungen" erfasst worden wären. Richtig sei jedenfalls, dass in der Aufstellung der Gesamttilgungen auch die Abgabenverbindlichkeiten enthalten seien, weil eine Gegenüberstellung der Tilgung "Gläubiger gesamt (wozu auch das Finanzamt zu zählen sei)" den Tilgungen gegenüber dem Finanzamt alleine erfolgen sollte. Unrichtig sei, dass nur fällige Verbindlichkeiten zu berücksichtigen seien. Der Geschäftsführer sei verpflichtet, sämtliche Verbindlichkeiten für sein weiteres geschäftliches Handeln zu berücksichtigen, also auch künftig fällige Verbindlichkeiten, wie dies auch bei der Beurteilung der Überschuldung, der Fortbestehensprognose sowie der Zahlungsunfähigkeit zu erfolgen habe. Beim Stand der Verbindlichkeiten per von EUR 23,366.116,58 handle es sich offenbar um einen Schreibfehler. Es handle sich um exakt den selben Betrag wie zum . Es werde eine Korrektur vorgenommen werden.

Richtig sei, dass die grundsätzliche Beweislast den Geschäftsführer treffe. Einen derartigen Beweis habe er zweifelsfrei erbracht. Zudem lägen "deutliche Anhaltspunkte" für das Fehlen von Mitteln vor, sodass die Ermittlungs- und Feststellungspflicht die Behörde treffe.

Weitere Stellungnahmen, insbesondere eine angekündigte Korrektur betreffend den Stand der Verbindlichkeiten seien nicht erfolgt.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei seit Vorstand der Primärschuldnerin und damit für die Wahrnehmung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten verantwortlich gewesen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es Aufgabe des Vorstandes, darzutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet habe, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. Nicht die Abgabenbehörde habe das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Vorstand das Fehlen ausreichender Mittel. Der Vorstand hafte für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden seien. Widrigenfalls hafte der Vorstand für die in Haftung gezogene Abgabe zur Gänze. Diese qualifizierte Mitwirkungspflicht des Vertreters des Primärschuldners entbinde die Behörde nicht von jeglicher Ermittlungspflicht. Dieser Ermittlungspflicht sei durch den Vorhalt vom entsprochen worden. Darin sei ausdrücklich festgehalten worden, dass aus den dort angeführten Gründen mit den am übermittelten Unterlagen die behauptete Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes nicht glaubhaft habe gemacht werden können. So seien beispielsweise für Mai, Juni und August 2004 weder Zahlungen noch Gutschriften am Abgabenkonto ersichtlich, andere Gläubiger seien dagegen sehr wohl bedient worden, wie dies der Aufstellung über die Gesamttilgungen für diese Monate zu entnehmen sei. Würden an den Abgabengläubiger keinerlei Zahlungen geleistet, an andere Gläubiger dagegen schon, sei die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes offensichtlich. In einem solchen Fall stehe es dem Haftungspflichtigen zwar frei, den Betrag zu ermitteln, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre. Ein derartiger Nachweis sei vom Beschwerdeführer jedoch nicht erbracht worden. Im Vorhalt sei darauf aufmerksam gemacht worden, dass der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, dem Vertreter obliege. Würden bei dieser Betrachtung aber den fälligen Abgabenschulden die fälligen und noch nicht fälligen Verbindlichkeiten anderer Gläubiger gegenübergestellt, werde die Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes nicht dargetan. Die übrigen Gläubiger würden insofern gegenüber dem Abgabengläubiger bevorzugt, als bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht nur deren aktuell fällige Verbindlichkeiten, sondern auch künftig erst fällig werdende Verbindlichkeiten berücksichtigt würden. Der diesem Gläubiger zustehende Anteil würde daher zu Lasten des Abgabengläubigers erhöht. Darüber hinaus werde damit auch die Gesamttilgungsquote reduziert. Je mehr die Gesamtverbindlichkeiten dadurch erhöht würden, dass auch noch gar nicht fällige Verbindlichkeiten in Ansatz gebracht werden, umso geringer werde der prozentuelle Anteil der im Verhältnis dazu geleisteten Tilgungen. So werde versucht, eine möglichst geringe Gesamttilgungsquote zu erreichen, die dann der Tilgungsquote hinsichtlich des Abgabengläubigers gegenüber gestellt werde.

Im Vorhalt habe die belangte Behörde auch auf den Widerspruch der in der Bilanz ausgewiesenen Verbindlichkeiten hingewiesen. Die in der Stellungnahme dazu angekündigte Korrektur sei jedoch nicht erfolgt.

Insgesamt wiesen die vorgelegten Unterlagen derart gravierende, im Vorhalt vom näher dargestellte Mängel auf, dass sie zum Nachweis der Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes nicht geeignet erschienen. Es wäre daher dem Beschwerdeführer freigestanden, entweder diese Mängel zu beheben, oder anderweitig die behauptete Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes glaubhaft zu machen. Die Ermittlungspflicht der Behörde erstrecke sich auf die Verpflichtung, vom Haftungspflichtigen erforderlichenfalls Präzisierungen und weitere Beweise abzufordern. Die Behörde müsse aber an Hand eines vorgelegten Konvolutes von Buchhaltungsunterlagen von sich aus nicht ermitteln, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Verfügung über die Gesellschaftsmittel eingehalten worden sei.

Insgesamt habe der Beschwerdeführer keine ausreichenden Gründe vorgebracht, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben zumindest anteilig entrichte. Die Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes bei der Verfügung über die Gesellschaftsmittel sei nicht nachgewiesen worden. Es könne daher keine Einschränkung der Haftung erfolgen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer hält daran fest, dass die von ihm vorgelegten Unterlagen als Nachweis der Erfüllung des Gleichbehandlungsgebotes ausreichen. Bei Darlegung der Gleichbehandlung der Gläubiger habe er auch künftig fällige Verbindlichkeiten zu berücksichtigen gehabt. Diese seien auch bei der Beurteilung der Überschuldung. der Fortbestehensprognose sowie der Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen. Eine allfällige Diskrepanz der Unterlagen zu den Aufzeichnungen am Abgabenkonto der Primärschuldnerin für die Monate Mai, Juni und August 2004 rechtfertige nicht die Annahme einer Schlechterbehandlung der Abgabenbehörde über den gesamten Zeitraum. Bei den von ihm genannten Tilgungen für diese Monate handle es sich um gegen die Abgabenschuld verrechnete Vorsteuer. Wenn es sich beim Stand der Verbindlichkeiten per von EUR 23.366.116,58 offenbar um einen Schreibfehler handle, ändere dies nichts an der Besserstellung der Abgabengläubigerin gegenüber den anderen Gläubigern. Richtig laute der Stand der gesamten Verbindlichkeiten zum auf EUR 18.271.558,67. Diesen Verbindlichkeiten stünden Tilgungen in der Höhe von EUR 545.760,39 gegenüber, woraus sich eine Tilgungsquote für alle Gläubiger von 2,99 % ergebe. Für die Abgabengläubigerin ergebe sich für Jänner 2004 bei Verbindlichkeiten von EUR 851.991,89 und Tilgungen von EUR 38.419,51 eine Tilgungsquote von 4,51 %. Auf Grund seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren sei offensichtlich, dass er die Abgabenverbindlichkeiten nicht schlechter gestellt habe. Die belangte Behörde überspanne die Pflichten des Beschwerdeführers, wenn sie vermeine, ihrer Ermittlungs- und Feststellungspflicht mit dem Vorhalt vom entsprochen zu haben.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen ist, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf (vgl. Ritz, BAO3, § 9, Tz 22 mit Hinweisen auf die hg. Judikatur).

Der Vorstand haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Auf diesem, nicht auf der Behörde, lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote. Vermag der Vertreter nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden.

Diese qualifizierte Mitwirkungspflicht des Vertreters bedeutet nicht, dass die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre; entspricht der Vertreter der Gesellschaft nämlich seiner Obliegenheit, das Nötige an Behauptung und Beweisanbot zu seiner Entlastung darzutun, dann liegt es an der Behörde erforderlichenfalls Präzisierungen und Beweise vom Vertreter abzufordern, jedenfalls aber konkrete Feststellungen über die von ihm angebotenen Entlastungsbehauptungen zu treffen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2006/15/0322, und vom , 2006/15/0010).

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens herrscht Streit darüber, ob die vom Beschwerdeführer vorgelegten Aufstellungen eine ausreichende Erfüllung seiner verfahrensrechtlichen Obliegenheiten darstellen.

Die belangte Behörde hat zu diesen Aufstellungen in ihrem Vorhalt vom ausgeführt, dass es unzulässig sei, die noch nicht fälligen Verbindlichkeiten der anderen Gläubiger zu berücksichtigen. Die belangte Behörde hat hiebei den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er den Nachweis zu erbringen habe, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger, bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits, an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Der Vorhalt der belangten Behörde entsprach somit der - dargestellten - ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen entsprechen diesen Anforderungen nicht, zumal er nicht auf die Fälligkeitszeitpunkte abstellt, sondern auch noch nicht fällige Verbindlichkeiten der Primärschuldnerin berücksichtigt. Trotz Vorhaltes der belangten Behörde hielt der Beschwerdeführer an seiner nicht zu teilenden Rechtsansicht fest.

Die belangte Behörde hat im Vorhalt auch darauf hingewiesen, dass im Voranmeldungszeitraum entstandene Vorsteuern nicht als Tilgung anzusehen seien, wenn in diesem Zeitraum sich eine Zahllast ergibt.

Auch diese Rechtsauffassung der belangten Behörde ist zutreffend:

Das Vorbringen des Beschwerdeführers lässt nicht erkennen, dass es sich um Überschüsse aus Umsatzsteuervoranmeldungen gehandelt hat. Nach § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Ein vorangemeldeter Überschuss ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, dass im jeweiligen Voranmeldungszeitraum unter Berücksichtigung der angefallenen Umsatzsteuern und der Vorsteuer sich eine Zahllast ergeben hat. Diese Ausführungen werden nicht bestritten. Liegt aber ein Überschuss im Sinne des § 21 Abs. 1 UStG 1994 nicht vor, kann nicht von einer Entrichtung einer Abgabe gesprochen werden. Die Aufstellung des Beschwerdeführers entsprach daher auch insoweit nicht den rechtlichen Gegebenheiten.

Schließlich hat die belangte Behörde auch darauf hingewiesen, dass die ausgewiesenen Verbindlichkeiten widersprüchlich sind.

Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde dazu vorgebracht, dass es sich offenbar um einen Schreibfehler handle, wenn der Stand der Verbindlichkeiten per auf EUR 23,366.116,58 an Stelle von EUR 18,271.558,67 laute. Abgesehen davon, dass das bloße Vorliegen eines Schreibfehlers bei derart unterschiedlichen Zahlen nicht nachvollziehbar ist, übersieht der Beschwerdeführer einerseits, dass die belangte Behörde ihm den in seinen Unterlagen angegebenen Stand der Verbindlichkeiten zu diesem Zeitpunkt mit 18.346.399,88 mitgeteilt hat. Andererseits wurde im Vorhalt auch ein Widerspruch in den Angaben der Verbindlichkeiten zum Jahresabschluss 2002 im Vergleich zum Stand per aufgezeigt. Dazu erfolgte im Verwaltungsverfahren keine Stellungnahme, auch die Beschwerde enthält dazu nichts.

Der Beschwerdeführer hat trotz zutreffenden Vorhaltes zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt die fälligen Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern nicht ausgewiesen, die von ihm einbekannte Unrichtigkeit der Gesamtverbindlichkeiten nicht aufgeklärt und richtig gestellt und auf dieser neu zu erstellenden Grundlage keine Berechnung der Quote vorgenommen. Dazu war er aber nach der dargestellten Rechtslage verpflichtet. Da er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, hat die belangte Behörde ihn zutreffend zur Haftung für den gesamten Abgabenrückstand in Anspruch genommen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am