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VwGH vom 17.12.2009, 2009/16/0146

VwGH vom 17.12.2009, 2009/16/0146

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer LL.M., über die Beschwerde der K H KEG in I, vertreten durch die Senninger & Schuszter Rechtsanwälte OEG in 7000 Eisenstadt, Robert Graf Platz 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom , Zl. ND-02-04-135-1-2009, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung in einer Angelegenheit der Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde I), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom setzte der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Getränkesteuer für die Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom1. Jänner 1995 bis fest und wies einen "Antrag auf Gegenverrechnung eines Guthabens der Getränkeabgabe und in weiterer Folge auf Rückzahlung der Getränkesteuer" ab.

Der Zustellnachweis über diesen Bescheid (Rückschein) weist unter dem Feld "Übernahmsbestätigung" das Datum "" und eine (unleserliche) Unterschrift auf. Von den vorgesehenen Kästchen "Empfänger", "Postbevollmächtigter für RSb-Briefe", "Mitbewohner der Abgabestelle", "Arbeitgeber des Empfängers", "Arbeitnehmer des Empfängers" und "..." ist keines angekreuzt.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei eine mit datierte und am bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangte Vorstellung. Die Vorstellung richte sich gegen die Bescheide vom , "erhalten am ".

Mit einem ebenfalls als Vorstellung bezeichneten, mit Telefax bei der mitbeteiligten Gemeinde eingebrachten Schriftsatz vom 17. Dezember führte die beschwerdeführende Partei aus, sie erhebe gegen den näher bezeichneten Bescheid vom , "mir zugestellt am " Vorstellung.

Mit Schriftsatz vom legte die mitbeteiligte Gemeinde "die Vorstellung" der beschwerdeführenden Partei, welche "fristgerecht bei der Gemeinde ... eingebracht wurde", der belangten Behörde vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als verspätet zurück. Nach dem vorliegenden Rückschein, mit welchem der beschwerdeführenden Partei die Berufungsentscheidung des Gemeinderates (der mitbeteiligten Partei) zugestellt worden sei, sei der bekämpfte Bescheid am Freitag, dem , übernommen worden. Ein vorschriftsmäßiger Zustellnachweis liefere als öffentliche Urkunde den vollen Beweis für den bezeugten Zustellvorgang. Eine fristgerechte Erhebung einer Vorstellung wäre bis einschließlich Freitag, , möglich gewesen. Jedoch seien beide von der beschwerdeführenden Partei eingebrachten und mit Vorstellung bezeichneten Schreiben nach diesem Zeitpunkt, und zwar am und am eingebracht worden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die beschwerdeführende Partei im Recht auf Nichtzurückweisung einer zeitgerecht eingebrachten Vorstellung verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und reichte einen Schriftsatz ein, in dem sie "auf die Bescheidbegründung des Bescheides der belangten Behörde" verwies, in welcher "die Rechtsansicht der belangten Behörde zur gegenständlichen Verwaltungssache bereits dargelegt wurde, und macht die belangte Behörde diese Bescheidbegründung zum Inhalt dieser Gegenschrift".

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Gemäß § 84 Abs. 1 der Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl. 55/2003, kann, wer durch den Bescheid eines Gemeindeorgans in einer aus dem Vollziehungsbereich des Landes stammenden Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzugs innerhalb von zwei Wochen nach Erlassung des Bescheids dagegen Vorstellung erheben. Die Vorstellung ist gemäß § 84 Abs. 2 leg. cit. bei der Gemeinde schriftlich einzubringen.

Erledigungen werden nach § 74 Abs. 1 der Burgenländischen Landesabgabenordnung (LAO) dadurch wirksam, dass sie demjenigen, bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen - von im Beschwerdefall nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - durch Zustellung. Zustellungen sind gemäß § 75 Abs. 1 leg. cit.

nach dem Zustellgesetz vorzunehmen.

Nach § 13 Abs. 1 des Zustellgesetzes (ZustG) ist das Dokument

dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.

Ist der Empfänger keine natürliche Person, so ist das

Dokument nach § 13 Abs. 3 leg. cit. einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen.

Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf nach § 16 Abs. 1 ZustG an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Eine Ersatzzustellung gilt gemäß § 16 Abs. 5 ZustG als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Die beschwerdeführende Partei ist eine Kommanditgesellschaft (KG), deren Firma neben der Bezeichnung "KEG" (siehe § 907 Abs. 2 und Abs. 9 letzter Satz UGB) den Namen einer natürlichen Person (H.K.) enthält. Bei diesem Namen handelt es sich offenbar unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 20 UGB um den der Komplementärin. Zur Vertretung einer KG ist der unbeschränkt haftende Gesellschafter (Komplementär) befugt (§ 161 Abs. 2 iVm § 125 Abs. 1 UGB); Kommanditisten sind nicht vertretungsbefugt (§ 170 UGB).

Die beschwerdeführende Partei trägt vor, der mit Vorstellung bekämpfte Bescheid vom sei an eine näher genannte Anschrift "zugestellt" und "vom Sohn der Bf., P.K.," entgegengenommen worden. P.K. habe seinen Wohnsitz an einer anderen, näher genannten Anschrift und habe sich deswegen an der Adresse, an welcher die Zustellung vorgenommen worden sei, befunden, weil sich Frau H.K. und Herr W.K. vom ("Abflug vom Flughafen Wien Schwechat um 10:45 Uhr") bis ("Ankunft am Flughafen Wien Schwechat um 18:25 Uhr") im Ausland (Zypern) auf Urlaub befunden hätten. Den Brief, in dem sich der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei befunden habe, habe "die Bf." am Morgen des geöffnet.

Die beschwerdeführende Partei versteht unter "Bf." im Zusammenhang mit der Zustellung des Dokuments (des mit Vorstellung bekämpften Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde) offensichtlich die zur Empfangnahme von Dokumenten für die beschwerdeführende Partei (KG) befugte Vertreterin.

Die beschwerdeführende Partei macht somit im Ergebnis geltend, die Zustellung sei am deshalb nicht wirksam geworden, weil sich die zur Empfangnahme von Dokumenten befugte Vertreterin der beschwerdeführenden Partei auf Urlaub im Ausland befunden habe und damit die vorgenommene Ersatzzustellung (§ 16 Abs. 5 ZustG) als nicht bewirkt gelte.

Die beschwerdeführende Partei hatte in der Vorstellung und im Schriftsatz vom vorgebracht, der mit Vorstellung bekämpfte Bescheid sei am zugestellt worden. Die mitbeteiligte Gemeinde hatte in ihrem Schriftsatz vom angeführt, die der belangten Behörde vorgelegte Vorstellung sei "fristgerecht" bei der mitbeteiligten Gemeinde eingebracht worden. Der Rückschein weist eine unleserliche Unterschrift auf und gibt mangels Ankreuzen eines entsprechenden Kästchens im Feld "Übernahmebestätigung" keine Auskunft, in welcher Eigenschaft der das Dokument Übernehmende gehandelt hat. Angesichts dieser Faktenlage durfte sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht mit dem Hinweis auf das Datum am Rückschein begnügen, sondern hätte sie der beschwerdeführenden Partei vorhalten müssen, dass sie von einer wirksamen Zustellung des vor ihr bekämpften Bescheides am ausgehe, und hätte sie der beschwerdeführenden Partei Gelegenheit geben müssen, dagegen vorgebrachte Sachverhaltsbehauptungen ("Zustellung am ") zu konkretisieren und zu belegen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am