VwGH vom 11.07.2000, 99/16/0465
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der K GmbH in W, vertreten durch Dr. Mag. Harald Jelinek, Rechtsanwalt in Wien 6, Mariahilfer Straße 75, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom , Zl. MD-VfR - K 30/99, betreffend Haftung für Getränkesteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Peter Della Lucia war im Zeitraum Jänner 1991 bis Oktober 1996 Pächter einer Cafe-Konditorei mit Eissalon in Wien. Verpächterin des Betriebes war die Fryderyka Sandberg GmbH und Eigentümerin der Liegenschaft war die Sandberg Immobilienverwertungs GmbH. Für den Zeitraum Jänner 1995 bis Oktober 1996 hatte der Pächter einen Getränkesteuerrückstand samt Nebenansprüchen in der Höhe von S 262.568,--, der wegen des mit Konkursedikt vom eröffneten Konkurses uneinbringlich wurde.
In einem vom Verpächter und Pächter unterfertigten und mit datierten Schreiben heißt es, die Verpächterin sehe sich aus den im Schreiben näher bezeichneten Gründen (die Stadt Wien habe die Konkurseröffnung beantragt) gezwungen, den Pachtvertrag zu lösen, und ersuche den Pächter, die "Lokalitäten" lt. der Inventarliste bis spätestens zu übergeben.
Mit Kaufvertrag zwischen der Verpächterin und der Beschwerdeführerin (handelsrechtlicher Geschäftsführer: Herbert Sandberg) vom wurde das im Eigentum der Verpächterin stehende Geschäftsinventar lt. der angeschlossenen Bestand- und Inventarliste von der Beschwerdeführerin gekauft. In diesem Kaufvertrag wurde ausdrücklich festgehalten, dass die sonstigen Unternehmensbestandteile des Anlage- und Umlaufvermögens, die Mietrechte, die Firmenkennzeichen etc. und die Forderungen des Unternehmens der Verpächterin nicht Kaufgegenstand seien. Punkt 3.1 des Kaufvertrages lautet:
"Die Übergabe und Übernahme erfolgen am . Als Stichtag für die gesamte Verrechnung dient der ."
Die Beschwerdeführerin mietete das Geschäftslokal von der Sandberg Immobilienverwertungs GmbH und vermietete noch im November 1996 das Geschäftslokal an die Lucia Broz GmbH weiter, die dort ab diesem Zeitraum ein Kaffeehaus betrieb.
Mit Haftungsbescheid vom zog der Magistrat der Stadt Wien die Beschwerdeführerin auf Grund des § 12 Abs. 1 und der §§ 2 und 5 WAO zur Haftung der für Peter Della Lucia in den Jahren 1995 und 1996 entstandenen Getränkesteuerschuld in der Höhe von S 246.938,-- (das sind "17.945,68 EUR") heran und forderte sie auf, diesen Betrag binnen einem Monat nach Zustellung des Bescheides zu entrichten. In der Begründung heißt es, der Betrieb sei im "Dezember 1996" käuflich erworben worden und es liege eine Übereignung im Ganzen vor. Es seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Haft- und Zahlungspflicht gegeben. Der Abgabenanspruch, der beim Primärschuldner nicht habe eingebracht werden können, resultiere aus den einbekannten Steuerbeträgen sowie den anerkannten Revisionen von und .
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, aus Gründen anwaltlicher Vorsicht werde die Unrichtigkeit und mangelnde Nachvollziehbarkeit der Schätzung eingewendet. Der Beschwerdeführerin sei ein Abgabenbescheid niemals zugestellt worden und somit sei ihr die Möglichkeit genommen, dagegen zu berufen. Es werde daher ausdrücklich die Höhe der Abgabenschuld bestritten. Im Zuge der Liquidation der Fryderyka Sandberg GmbH habe diese das Inventar mit Kaufvertrag vom an die Beschwerdeführerin verkauft. Wie der Kaufvertrag vom ausdrücklich festhalte, seien die sonstigen Unternehmensbestandteile des Anlage- und Umlaufvermögens, die Mietrechte, die Firmenkennzeichen etc. und die Forderungen des Unternehmens der damaligen Verpächterin nicht Kaufgegenstand gewesen. Die Beschwerdeführerin habe die Mietrechte "mündlich" von der Sandberg Immobilienverwertungs GmbH erworben. Ab November 1996 sei das Bestandobjekt der Lucia Broz GmbH bis Ende 1998 untervermietet worden. Bei richtiger Sachverhaltswürdigung hätte die Behörde daher feststellen müssen, dass die Beschwerdeführerin mit Kaufvertrag vom lediglich das Inventar, jedoch keine Mietrechte oder sonstige Vermögenswerte bzw. Forderungen erworben habe, in keinerlei bestehende Vertragsverhältnisse eingetreten sei und somit keine Unternehmensübereignung vorliege. Weiters habe die Behörde keinerlei Sachverhaltsfeststellung darüber getroffen, wer die jeweiligen Inhaber der Gewerbeberechtigungen gewesen seien. Die Beschwerdeführerin habe zu keinem Zeitpunkt über eine Gewerbeberechtigung verfügt. Weiters habe die Behörde die Feststellung unterlassen, dass Peter Della Lucia im Jahre 1996 in Konkurs gegangen sei. Aus der Bestimmung des § 171 WAO ergebe sich, dass ein Konkurs die Geltendmachung von Haftungen hindere. Da Peter Della Lucia im Jahre 1996 in Konkurs gegangen sei, sei allein dadurch bereits die Haftung eines allfälligen Nachfolgers ausgeschlossen. Zwischen Peter Della Lucia und der Beschwerdeführerin hätten keine rechtlichen Beziehungen bestanden. Die Beschwerdeführerin habe die Mietrechte originär vom Hauseigentümer erworben. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme lägen daher nicht vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Bescheid erster Instanz mit der Maßgabe geändert, dass die Angabe "17.945,68 EUR" durch "17.945,68 Euro" ersetzt werde. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dies mit der Begründung, die Beschwerdeführerin sei unstrittig Eigentümerin des Inventars des vom Primärschuldner bis Oktober 1996 verwendeten Geschäftslokals gewesen. Ebenso habe die Beschwerdeführerin die Mietrechte dieses Geschäftslokals, wenn auch nicht vom Vorgänger (Primärschuldner) sondern originär von der Sandberg Immobilienverwertungs GmbH als Eigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft erworben. Dadurch sei sie auch in die Lage gesetzt worden, das Geschäftslokal im November 1996 an die Lucia Broz GmbH unterzuvermieten, wodurch der Betrieb ohne Unterbrechung fortgeführt habe werden können. Bezüglich des Einwandes, die Mietrechte seien nicht an die Beschwerdeführerin übertragen worden und es sei ein neuer Mietvertrag abgeschlossen worden, werde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach unter einer Übereignung auch die Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht zu verstehen sei. Es komme nicht auf eine besondere zivilrechtliche Gestaltung an. Maßgebend sei der Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht vom Vorgänger auf den Erwerber. Ein solcher Fall liege vor. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringe, zwischen ihr und dem Primärschuldner habe nie eine Rechtsbeziehung bestanden, wird darauf hingewiesen, dass es ausschließlich darauf ankomme, ob die im Haftungsweg geforderten Abgaben auf den Betrieb des Primärschuldners zurückzuführen seien. Dies werde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Unerheblich sei hingegen, ob der Betrieb selbst direkt vom Primärschuldner erworben worden sei. Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie könne deshalb nicht zur Haftung herangezogen werden, weil zwischen ihr und dem Primärschuldner keine Rechtsbeziehung bestanden habe, gehe somit ins Leere. Der weitere Einwand, die Gewerbeberechtigung sei nicht Inhalt des Kaufvertrages gewesen, sei ebenfalls nicht stichhaltig. Die Gewerbeberechtigung sei nämlich personenbezogen und könne nicht einfach "verkauft" werden. Das Unternehmen sei vom Primärschuldner nicht im Wege des Konkurses erworben worden. Wenn die Beschwerdeführerin aus Gründen anwaltlicher Vorsicht die Unrichtigkeit um mangelnde Nachvollziehbarkeit der Schätzung einwende, stelle dies keine Berichtigung im Sinne des § 193 Abs. 3 WAO dar. Da eine derartige Berichtigung die Wirkung der Abgabenfestsetzung habe, setze sie die Bekanntgabe von exakten Steuerbeträgen voraus. Die Abgabenbehörde habe nur dann die Möglichkeit, sich mit dem Abgabenanspruch zu beschäftigen, wenn sich die ursprüngliche oder berichtigte Selbstbemessung als falsch erweise. Für eine solche Annahme bestehe aber nach der Aktenlage kein Hinweis. Eine allgemein gehaltene Bezweiflung der Selbstbemessung oder Schätzung ohne Bekanntgabe von exakten Steuerbeträgen habe daher keine Änderung der bestehenden Abgabenfestsetzung zur Folge. Die Berufung habe daher aus diesen Gründen erfolglos bleiben müssen.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 1828/99-3, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin - aus der Beschwerde erkennbar - in ihrem Recht auf Nichtheranziehung zur Haftung verletzt. Sie macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 WAO der Erwerber für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 6369/F, zum vergleichbaren Haftungstatbestand des § 14 Abs. 1 lit. a BAO ausgeführt hat, dient diese Bestimmung dem Zweck, die im Unternehmen (Betrieb) als solchem liegende Sicherung für die auf den Betrieb sich gründenden Abgabenschulden durch den Übergang des Unternehmens (Betriebes) in andere Hände nicht verloren gehen zu lassen. Die Haftung knüpfe dabei an die Übereignung eines Unternehmens (oder eines im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführten Betriebes) im Ganzen, also an den Übergang eines lebenden (lebensfähigen) Unternehmens bzw. Betriebes an; dabei müssten nicht alle zum Unternehmen (Betrieb) gehörigen Wirtschaftsgüter übereignet werden, sondern nur jene, welche die wesentliche Grundlage des Unternehmens (Betriebes) bildeten und den Erwerber in die Lage versetzten, das Unternehmen fortzuführen. Die Frage, welche Wirtschaftsgüter die wesentliche Grundlage des Unternehmens (Betriebes) bildeten, sei in funktionaler Betrachtungsweise nach dem jeweiligen Unternehmens- bzw. Betriebstypus (z.B. ortsgebundene Tätigkeit, kundengebundene Tätigkeit, Produktionsunternehmen usw.) zu beantworten (vgl. hg. Erkenntnisse vom , Zl. 83/13/0042, und vom , Zl. 85/14/0165).
Bei Gastronomieunternehmen, wie Kaffeehäusern, Hotels und Konditoreien, zählen das Grundstück, das Gebäude und die Einrichtung, nicht jedoch das Warenlager und das Personal zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/14/0122, vom , Zl. 89/17/0259, vom , Zl. 91/17/0023, und vom , Zl. 93/17/0066). Hinsichtlich der tragenden Unternehmensgrundlagen Lokal und Geschäftseinrichtung hat der Gerichtshof ausgeführt, dass der Erwerber in der Lage sein müsse, in den vorhandenen Betriebsräumen ohne wesentliche Unterbrechung einen dem vorangegangenen gleichwertigen Gewerbebetrieb fortzuführen (hg. Erkenntnisse vom , Zl. 85/14/0165, und vom , Zl. 93/17/0066).
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid zu Recht davon aus, dass bei einer Kaffeekonditorei das zur Verfügung gestellte Lokal und die Geschäftseinrichtung die tragenden Unternehmensgrundlagen seien. Die Einrichtungsgegenstände wurden von der Beschwerdeführerin von der Fryderyka Sandberg GmbH gekauft und die Mietrechte wurden der Beschwerdeführerin von der Sandberg Immobilienverwertungs GmbH eingeräumt. Die Einrichtungsgegenstände und das Geschäftslokal wurden im November 1996 weitervermietet und es wurde ein gleichartiger Gewerbebetrieb ohne Unterbrechung weitergeführt.
Unter "Übereignung" ist im hier maßgebenden Zusammenhang die Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht anzusehen; es kommt nicht auf eine besondere zivilrechtliche Gestaltung an (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 164 f). Maßgebend ist somit der - wenn auch nicht unmittelbar - Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht vom Vorgänger auf den Erwerber. Von einem solchen Übergang kann auch dann gesprochen werden, wenn der Erwerber des Unternehmens einen neuen Mietvertrag mit dem Bestandgeber abschließt. Wurde die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Lokal verschafft und kann der Erwerber den Betrieb des Vorgängers in diesen Geschäftsräumen und mit dem gekauften Inventar fortführen, dann kann von einer Übereignung des Unternehmens nach § 12 Abs. 1 WAO auch dann ausgegangen werden, wenn die Beschwerdeführerin die Einrichtungsgegenstände und die Mietrechte über das Geschäftslokal von unterschiedlichen Personen erhalten hat und nicht in unmittelbarer Rechtsbeziehung mit dem Primärschuldner stand.
Die Beschwerdeführerin erwarb die tragenden Unternehmensgrundlagen und verpachtete das Unternehmen unverzüglich weiter.
Für die Haftung ist entscheidend, ob die übernommenen Grundlagen den Erwerber in die Lage versetzen, ohne wesentliche Unterbrechung und ohne bedeutende Investitionen einen den übernommenen Betrieb gleichartigen Betrieb fortzuführen. Die Haftung besteht unabhängig davon, ob der Erwerber den Betrieb tatsächlich fortführt. Sie besteht somit auch dann, wenn der Erwerber das Unternehmen auch verpachtet (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, Rz 7 zu § 14, samt angeführter Rechtsprechung). Die Haftung der Beschwerdeführerin besteht somit auch dann, wenn sie den Betrieb nicht selbst weitergeführt hat, sondern diesen, ohne ihn selbst geführt zu haben, weiterverpachtet.
Die dargestellten Umstände sprechen für die Feststellung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe ein lebendes Unternehmen übernommen. Dass ein Kundenstock, ein Warenlager, ein Firmenwert oder andere Geschäftsvorteile übertragen wurden, ist nicht ausschlaggebend (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 1158/66).
Die Beschwerdeführerin behauptet, sie habe das Inventar im Zuge der Liquidation erworben. Noch vor Einleitung des Konkursverfahrens im Oktober 1996 hat die damalige Verpächterin (Fryderyka Sandberg GmbH) das Inventar von Peter Della Lucia im September 1996 wieder zurückübernommen und bereits im Oktober/November 1996 wurde dieses Inventar der Beschwerdeführerin übergeben, die es für den Pächter ihres Unternehmens ab November 1996 weiter zur Verfügung stellte. Die Fryderyka Sandberg GmbH selbst löste sich lt. Firmenbuch auf Grund des Generalversammlungsbeschlusses vom auf. Der Antrag auf Löschung langte beim Firmenbuch am ein. Von einem Erwerb im Zuge eines Vollstreckungs-, Konkurs- oder Ausgleichsverfahrens kann daher keine Rede sein. Ob die Veräußerung des Inventars an die Beschwerdeführerin nach dem Generalversammlungsbeschluss vom erfolgte, ist für die Rechtmäßigkeit der Haftungsinanspruchnahme der Beschwerdeführerin ohne Bedeutung, weil der Erwerb der Einrichtungsgegenstände von einem Unternehmen, das die Unternehmensauflösung beschlossen hat, nach dem Gesetz kein Haftausschließungsgrund nach § 12 WAO ist.
Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Beschwerdeführerin zu Recht zur Haftung gemäß § 12 WAO herangezogen wurde.
In der Berufung bestritt die Beschwerdeführerin ausdrücklich die Höhe der Abgabenschuld. Ob Gründe der anwaltlichen Vorsicht als Motiv dafür gedient haben, ist dabei unerheblich. Die Beschwerdeführerin hat jedenfalls ihre Rechte gegen den Abgabenanspruch dem Grunde nach geltend gemacht.
Im Haftungsbescheid wurden die vom Primärschuldner geschuldete Getränkesteuer samt Nebenansprüchen betragsmäßig aufgelistet und dem Bescheid waren Kopien der Revisionen und ein Zahlschein angeschlossen. Ein die Abgabenschuld festsetzender Bescheid war an den Primärschuldner nicht ergangen.
Wer zur Berufung gegen einen Haftungsbescheid (§ 171 WAO) befugt ist, kann nach § 193 Abs. 1 WAO innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Abgabenbescheid (§ 146 WAO) berufen, wenn ein solcher bereits ergangen ist oder die Abgabe erstmals durch den Haftungsbescheid festgesetzt wurde.
Wurde die Abgabe durch Selbstbemessung (§§ 149 und 150 WAO) festgesetzt, so steht gemäß § 193 Abs. 3 WAO auch dann, wenn die Verjährungsfrist bereits abgelaufen ist, dem zur Berufung gegen den Haftungsbescheid befugten noch innerhalb der Berufungsfrist das Recht zur Berichtigung der Abgabenerklärung zu. Durch eine solche Berichtigungserklärung wird die Verjährung neu in Lauf gesetzt.
§ 191 Abs. 2 und 4 WAO gilt sinngemäß.
Die belangte Behörde vertrat im angefochtenen Bescheid die Ansicht, eine Berichtigung sei nicht erfolgt, weil sich aus einer Berichtigungserklärung auch die Bemessungsgrundlage und die Höhe des Abgabenbetrages ergeben müsse, sodass es der Abgabenbehörde möglich sei, auf der Grundlage dieser Angaben eine Überprüfung der Bemessung vorzunehmen.
Ist ein Abgabenbescheid dem Abgabenschuldner gegenüber nicht ergangen, dann muss aber sichergestellt sein, dass dem in Anspruch genommenen Haftungspflichtigen, wenn schon nicht vom "Bescheid über den Abgabenanspruch", so doch von den Voraussetzungen, Inhalten und Gründen die ein Bescheid über den Abgabenanspruch hätte, Kenntnis verschafft wird. Um den Rechtsschutzgedanken des § 193 Abs. 3 WAO voll wirksam Rechnung zu tragen, muss dem Haftungspflichtigen von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis in einer Weise verschafft werden, dass die Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung möglich ist und die Positionen der Rechtsverteidigung des herangezogenen Haftenden gegen den Anspruch nicht schwächer sind als diejenigen, die der Abgabepflichtige gegen den Abgabenbescheid einzunehmen in der Lage ist (vgl. Stoll, BAO Kommentar zu § 248 BAO, 2553 und 2554).
Wenn der Gesetzgeber normiert, der Haftungspflichtige habe im Fall der Selbstbemessungsabgabe das Recht zur Berichtigung der Abgabenerklärung, dann ist ihm auch in der Weise Kenntnis von den Abgabenerklärungen, den Revisionsberichten und den erforderlichen Unterlagen zu verschaffen, um ihn in die Position des damaligen Steuerschuldners zu versetzen und ihm die Möglichkeit der Abgabe einer berichtigten vom damaligen Steuerschuldner abgegebenen Abgabenerklärung zu geben. Ist er auf Grund der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht in der Lage eine solche Berichtigung vorzunehmen, dann kann ihm nicht mit Recht der Vorwurf der Unterlassung einer solchen Berichtigung gemacht werden, zumal die belangte Behörde die Ansicht vertritt, aus einer Berichtigungserklärung müsse sich auch die Bemessungsgrundlage und die Höhe des Abgabenbetrages ergeben, sodass es der Abgabenbehörde möglich sei, auf der Grundlage dieser Angaben eine Überprüfung der Bemessung vorzunehmen. Die belangte Behörde wäre daher verhalten gewesen, der Beschwerdeführerin alle für die Berichtigung erforderlichen Unterlagen zu übermitteln. Da dies in Verkennung der Rechtslage nicht erfolgte, belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
In der am beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Beschwerde wird erstmals auch die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkesteuervorschreibung bekämpft. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom , Rechtssache C-437/97, kann sich niemand auf Artikel 3 Abs. 2 der Richtlinie 92/12 berufen, um Ansprüche betreffend Abgaben wie die Steuer auf alkoholische Getränke, die vor Erlass diese Urteils entrichtet wurden oder fällig geworden sind, geltend zu machen, es sei denn, er hätte vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt. Wird der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde die Rechtsposition eingeräumt, eine Berichtigungserklärung nach § 193 Abs. 3 WAO abgeben zu können, und gibt die Beschwerdeführerin eine solche Berichtigungserklärung ab, dann erachtet der Verwaltungsgerichtshof auf Grund des Beschwerdevorbringens in der im November 1999 erhobenen Beschwerde die Voraussetzungen einer von der Beschwerdeführerin vor dem eingelegten Klage gegeben.
Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG Abstand genommen werden.
Auf Grund der Entscheidung in der Hauptsache erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft den nicht zuzuerkennenden Aufwand für den neben dem Schriftsatzaufwand geltend gemachten "aufgetragenen Ergänzungsschriftsatz" in der Höhe von S 6.250,-- und die um S 2.500,-- überhöht beantragte Stempelgebühr.
Wien, am