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VwGH vom 19.09.1995, 91/14/0240

VwGH vom 19.09.1995, 91/14/0240

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der Stadt X, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , 220 - 3/91, betreffend Haftung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie Säumniszuschlag für den Zeitraum bis , zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Stadt mit eigenem Statut, betreibt einen Wirtschaftshof, dessen wesentliche Aufgabe als eigenbetriebsähnliche Einrichtung darin besteht, den Bau, die Erhaltung und die Pflege der öffentlichen Verkehrsflächen sowie der der Beschwerdeführerin gehörenden Sport- und Parkanlagen durchzuführen. Da der Wirtschaftshof zwecks Erfüllung der ihm zugeteilten Aufgaben über einen dementsprechenden Fuhrpark verfügt, befindet sich auf dessen Liegenschaft auch eine Tankstelle. Nach Punkt 6.5 der Betriebsordnung für den Wirtschaftshof, die in der Stadtsenatssitzung der Beschwerdeführerin am beschlossen worden ist, werden von der Tankstelle Treibstoffe nur an Gemeindebedienstete, Gemeindepensionisten und deren Ehegatten bzw Lebensgefährten ausschließlich gegen Barzahlung abgegeben. Serviceleistungen sind nicht gestattet.

Im Streitzeitraum wurden rund 1400 t Treibstoffe an die eben genannten Personen verkauft, wobei die Abgabepreise erheblich unter den von Diskonttankstellen (Selbstbedienungstankstellen) im Verbrauchsort lagen, wodurch sich für die Bezieher der Treibstoffe Ersparnisse von rund 1,7 Mio S ergaben.

Strittig ist, ob die den Arbeitnehmern der Beschwerdeführerin unmittelbar bzw mittelbar zugekommenen Vorteile (verbilligte Abgabe von Treibstoffen) aus den bestehenden oder früheren Dienstverhältnissen als Sachbezüge der Lohnsteuer unterliegen sowie zur Bemessungsgrundlage des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe gehören.

Die belangte Behörde vertritt unter Hinweis auf die einschlägigen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes die Ansicht, der Begriff "Bezüge und Vorteile" sei weit auszulegen und umfasse alle Einnahmen und geldwerten Vorteile, die Arbeitnehmern aus Dienstverhältnissen zuflössen. Hiebei sei es gleichgültig, ob diese Vorteile den Arbeitnehmern unmittelbar oder nur mittelbar im Weg dritter Personen zukämen. Entscheidend sei vielmehr, daß die genannten Vorteile den Arbeitnehmern wegen ihrer Dienstverhältnisse zukämen. Daß die gleichen Vorteile etwa auch Nichtbediensteten gewährt würden, stehe der Steuerpflicht der Vorteile bei den Arbeitnehmern nicht entgegen. Bei der verbilligten Abgabe von Treibstoffen an die genannten Personen handle es sich nicht um sogenannte kleine Annehmlichkeiten, die nach der Verwaltungspraxis nicht als Vorteile aus Dienstverhältnissen angesehen würden. Die verbilligten Treibstoffe würden nämlich ausschließlich an die genannten Personen und nicht auch an andere abgegeben. Bei Vorteilen aus Dienstverhältnissen sei es belanglos, um welche Preise überlassene Wirtschaftsgüter vom Arbeitgeber angeschafft worden seien. Der Wert der Vorteile ergebe sich aus den Unterschiedsbeträgen zwischen den tatsächlich verrechneten Preisen und den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes. Im vorliegenden Fall seien diese Unterschiedsbeträge durch Gegenüberstellung der von der Beschwerdeführerin verrechneten Abgabepreise mit den niedrigsten Abgabepreisen, wie sie bei Diskonttankstellen (Selbstbedienungstankstellen) verrechnet würden, ermittelt worden.

Demgegenüber meint die Beschwerdeführerin, von Vorteilsgewährungen an ihre Arbeitnehmer könne keine Rede sein. Preisnachlässe zugunsten ihrer Arbeitnehmer lägen nicht vor, weil keine anderen Abnehmer vorhanden seien, an die Treibstoffe teurer verkauft würden. Ihre Arbeitnehmer seien Groß- und Dauerkunden gleichzuhalten, denen in der Regel Rabatte gewährt würden. Für Treibstoffe gebe es keine einheitlichen Marktpreise, sondern würden deren Preise von den einzelnen Anbietern in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Kalkulation unterschiedlich festgesetzt. Wenn sie nun ebenfalls in Abhängigkeit von ihrer Kalkulation für ihren einzigen Abnehmerkreis einheitliche Preise festsetze, dann könnten darin keine Vorteilsgewährungen an ihre Arbeitnehmer erblickt werden. Vorteile für ihre Arbeitnehmer seien überdies nicht gegeben, weil bei der Tankstelle im Wirtschaftshof im Gegensatz zu anderen Tankstellen jede Art von Serviceleistungen fehle. Der Nutzen aus der Abgabe von Treibstoffen liege nicht nur bei ihren Arbeitnehmern, sondern wegen der möglichen Ausnutzung von Einkaufsvorteilen durch größere Aufträge auch bei ihr. Selbst wenn Vorteile ihrer Arbeitnehmer aus der verbilligten Abgabe von Treibstoffen angenommen werden sollten, überschritten diese Vorteile keineswegs die Grenzen von nicht zu besteuernden Annehmlichkeiten.

Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 25 Abs 1 Z 1 EStG 1972 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn), alle Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis.

Nach § 15 Abs 1 EStG 1972 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen ua der Einkunftsart des § 2 Abs 3 Z 4 leg cit (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) zufließen. Im Sinn des § 15 Abs 2 EStG 1972 sind geldwerte Vorteile (ua Waren und sonstige Sachbezüge) mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen. Die üblichen Mittelpreise des Verbrauchsortes sind jene Beträge, die Steuerpflichtige hätten aufwenden müssen, um sich die geldwerten Güter am Verbrauchsort im freien Verkehr zu beschaffen (vgl das hg Erkenntnis vom , 88/13/0104, mwA). Hiebei ist es belanglos, ob die geldwerten Vorteile auch nahen Angehörigen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehenden Steuerpflichtigen gewährt werden, weil der Grund der Zuwendung dieser Vorteile ausschließlich in den bestehenden Dienstverhältnissen der Steuerpflichtigen liegt (vgl das hg Erkenntnis vom , 1192/72, Slg Nr 4508/F).

Wie sich aus den aktenkundigen und der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Berechnungen ergibt, wurden an die genannten Personen Treibstoffe zu Preisen abgegeben, die erheblich unter den Abgabepreisen von Diskonttankstellen (Selbstbedienungstankstellen) lagen. Unbestritten und der Aktenlage entsprechend ist, daß die Beschwerdeführerin Treibstoffe AUSSCHLIESSLICH an die genannten Personen verkauft hat. Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden. Von Vorteilen aus Dienstverhältnissen kann nämlich nur dann nicht gesprochen werden, wenn solche nicht nur den Arbeitnehmern, sondern auch Nichtbediensteten gewährt werden, wie zB Groß- und Dauerkunden zugestandene Rabatte. Ob aus der verbilligten Abgabe von Treibstoffen an die genannten Personen auch ein Vorteil für die Beschwerdeführerin entstanden ist, mag dahingestellt bleiben. Bei der Anwendung des § 15 Abs 2 EStG 1972 ist allein ausschlaggebend, ob geldwerte Vorteile für die Empfänger der Treibstoffe entstanden sind. An den entstandenen geldwerten Vorteilen ändert auch nichts, daß an der Tankstelle im Wirtschaftshof im Gegensatz zu anderen Tankstellen keine Serviceleistungen erbracht werden. Denn an Selbstbedienungstankstellen, deren Preisgestaltungen (auch) zum Vergleich herangezogen wurden, werden keine Serviceleistungen erbracht. Bei der laufenden Abgabe von verbilligten Treibstoffen kann von geringfügigen, somit nicht steuerbaren Annehmlichkeiten keine Rede sein. Abgesehen davon, daß der Begriff "Annehmlichkeit" nur ein Etikett darstellt, das keineswegs als taugliches Kriterium für eine Qualifizierung als Arbeitslohn und damit zur Entscheidung über eine Besteuerung herangezogen werden kann (vgl BFH vom , VI R 26/82, BStBl 1985, II, 641), stellen nur nicht mehr meßbare Aufmerksamkeiten (zB ein Blumenstrauß zum Geburtstag des Arbeitnehmers) keine geldwerten Vorteile dar. Die Grenze zwischen nicht mehr meßbaren Aufmerksamkeiten und geldwerten Vorteilen ist fließend. Sie wird dann nicht überschritten, wenn sich Arbeitnehmer bestimmten Leistungen aus Gründen der Konvention nicht entziehen können. Ansonsten wäre ein Teil der im § 3 EStG 1972 enthaltenen Steuerbefreiungen sinnentleert, weil es sich hiebei ebenfalls um Annehmlichkeiten aus Dienstverhältnissen handelt.

Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie in der verbilligten Abgabe von Treibstoffen an die genannten Personen geldwerte Vorteile aus den Dienstverhältnissen erblickt und daher Lohnsteuer im Haftungsweg sowie Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds nachgefordert hat.

Die Beschwerdeführerin führt zum Säumniszuschlag nichts aus und zeigt somit auch keine diesbezügliche Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid auf.

Die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird in der Beschwerde nicht konkretisiert und findet auch in den vorgelegten Verwaltungsakten keine Deckung. Sollte die Beschwerdeführerin jedoch meinen, die Unterschiedsbeträge zwischen den von ihr verrechneten Treibstoffpreisen und den niedrigsten Abgabepreisen von Diskonttankstellen (Selbstbedienungstankstellen) seien von der belangten Behörde unrichtig festgestellt worden, genügt es - wie bereits ausgeführt - darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführerin die aktenkundigen Berechnungen zur Verfügung gestellt wurden. Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren dagegen keine Einwendungen erhoben. Auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beschränkt sie sich auf die Ausführungen, es gebe für Treibstoffe keine einheitlichen Marktpreise, sondern würden deren Preise von den einzelnen Anbietern in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Kalkulation unterschiedlich festgesetzt. Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keineswegs auf, daß die von der Abgabenbehörde insgesamt ermittelten geldwerten Vorteile aus den Dienstverhältnissen nicht den Tatsachen entsprechen könnten.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.