VwGH vom 22.10.1991, 91/14/0147
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der
T Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. 4/16/7-BK/D-1991, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1985 bis 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund der Ergebnisse einer 1989 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung bei der beschwerdeführenden GmbH, die ein Transportunternehmen betreibt, über den Streitzeitraum wurde mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug hinsichtlich der Gewerbesteuer die Minderung der errechneten Dauerschuldzinsen aus Bankverbindlichkeiten (§ 7 Z. 1 GewStG) um die den Gesellschaftern auf deren Verrechnungskonten angelasteten Zinsen wegen Unzulässigkeit einer solchen Kompensation ebenso wenig anerkannt wie die Stellung des ehemaligen Mehrheitsgesellschafters und Geschäftsführers (Vater) als nicht wesentlich Beteiligter (§ 7 Z. 6 GewStG). Dieser hatte 1982 einen für die Wesentlichkeit der Beteiligung relevanten Geschäftsanteil seiner älteren Tochter geschenkt, die ihm Zug um Zug auf unbestimmte Zeit ihrerseits die Schenkung dieses Geschäftsanteiles an ihn oder an eine von ihm namhaft gemachte dritte Person anbot und sich verpflichtete, für die Dauer des Anbotes jede Verfügung über den Geschäftsanteil zu unterlassen. Hinsichtlich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer führte die Behandlung als wesentlich Beteiligter zu einer Ergebnisänderung (Aktivierung der Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und der Zuschläge mangels Zugehörigkeit der Geschäftsführerbezüge zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit; Erhöhung der Gewerbesteuerrückstellung).
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Anerkennung der erwähnten Minderung der Dauerschuldzinsen und auf Anerkennung der Unwesentlichkeit der Beteiligung des Vaters jeweils bei Neufestsetzung der strittigen Steuern verletzt. Sie behauptet Rechtswidrigkeit des Inhaltes und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. DAUERSCHULDZINSEN:
Die Beschwerdeführerin hält die Minderung der Dauerschuldzinsen um die von ihr den Gesellschaftern verrechneten Zinsen für zutreffend, weil durch diese Zinsenbelastung eine verdeckte Gewinnausschüttung vermieden worden sei. Wäre von ihr den Gesellschaftern ein Darlehen gewährt worden, so könnte nur § 7 Z. 6 GewStG Platz greifen. Zwischen dem Fremdkapital und der Verrechnungsforderung an die Gesellschafter bestünde ein enger Zusammenhang. Der angefochtene Bescheid widerspreche dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer. Dies zeige ein Vergleich mit der Personengesellschaft.
Für die Heranziehung von Zinsen für Schulden gemäß § 7 Z. 1 GewStG ist nach der Lage des Beschwerdefalles allein die Tatsache entscheidend, ob durch die Schuldübernahme dem Betrieb nicht nur vorübergehend Fremdkapital zur Verfügung gestellt wurde. Dabei ist es gleichgültig, ob dem Betrieb genug flüssige Mittel zur Verfügung stünden und ob ein Bedarf nach vermehrtem Kapital vorlag (VwSlg. 4078 F/1970). Es kommt nicht darauf an, ob die Schuldnerin den Kredit für die ordnungsgemäße Führung ihrer Geschäfte benötigt oder nicht (Erkenntnis , 81/14/0109, 0110, ÖStZB 1982, 250). Es ist daher für die Beurteilung als Dauerschuld auch nicht entscheidend, ob durch die Bankschuld der gewerbesteuerpflichtigen GmbH Mittel ersetzt werden sollen, die nach Maßgabe der Verrechnungskonten den Gesellschaftern zur Last fallen und von diesen zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung verzinst werden müssen. Unter dem Gesichtspunkt einer Sach(Objekt)besteuerung ist es das Ziel des § 7 Z. 1 GewStG, den Ertrag des Betriebes zu erfassen, gleichgültig, ob Eigenkapital oder Fremdkapital verwendet wird. Die dem Eigenkapital zugehörigen Forderungen bzw. für diese vereinnahmten Zinsen führen daher zu keiner Minderung der Dauerschulden bzw. Dauerschuldzinsen. Die Gleichstellung von Betrieben, die Fremdkapital einsetzen, mit jenen, die Eigenkapital verwenden, erfolgt nämlich nicht durch Saldierung dieser beiden Finanzierungsarten, sondern gemäß § 7 Z. 1 bzw. § 12 Abs. 2 Z. 1 GewStG durch Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen bzw. dauernden Lasten. Ob ein Kreditverhältnis eine Dauerschuld ist, muß grundsätzlich in Ansehung jedes von mehreren Schuldverhältnissen gesondert beurteilt werden. Daß bei der Beurteilung dieser Frage mehrere oder alle Kreditverhältnisse als Einheit zu sehen seien, ist den genannten Bestimmungen des Gesetzes nicht zu entnehmen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz könnte gegeben sein, wenn es sich um zwei oder mehrere Kreditverhältnisse zu einem und demselben Kreditgeber handelt (VwSlg. 4881 F/1975). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. In ihrem zu den Personengesellschaften angestellten Vergleich übersieht die Beschwerdeführerin, daß der Personengesellschafter steuerlich wie ein Einzelunternehmer zu behandeln ist, er also nicht sein eigener Schuldner sein kann. Fremdgeld, das der Einzelunternehmer nicht der betrieblichen Sphäre zuführt, beeinflußt die Höhe der betrieblichen Einkünfte nicht. Zinsen für solches Fremdgeld wären daher von einer Hinzurechnung schon deshalb ausgeschlossen, weil sie bei Ermittlung des Gewinnes nicht abgesetzt worden sind. Auch eine Zinsenforderung des Einzelunternehmers an sich selbst ist nicht denkbar. Was dieser dem Betriebsvermögen entnimmt, vermehrt den Gewinn, was er einlegt, mindert ihn.
Die belangte Behörde hat daher die Beschwerdeführerin bei Behandlung der Dauerschuldzinsen in ihren Rechten nicht verletzt.
2. WESENTLICHE BETEILIGUNG DES VATERS:
Die belangte Behörde ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom , 89/14/0033, ÖStZB 1990, 57, und die darin zitierte Vorjudikatur) davon ausgegangen, daß die Einräumung einer Rückübertragungsoption dem Berechtigten aus dieser wirtschaftliches Eigentum am Geschäftsanteil nicht verschafft. Zu einem Abgehen von dieser Judikatur sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt.
Die Annahme der belangten Behörde, der Vater hätte 1982 seine Anteile noch gar nicht abtreten wollen, ist einerseits nicht schlüssig begründet, weil auch bei fehlender Klärung der Nachfolgefrage eine ernstliche Übertragungsabsicht unter Vorbehalt einer Rückstellungspflicht denkbar ist. Andererseits ist sie aber auch für die steuerliche Beurteilung ohne Bedeutung. Für die Anwendbarkeit der Mißbrauchsregeln (§ 22 Abs. 1 und 2 BAO) kommt es ebensowenig darauf an, was nur einer der beiden Kontrahenten wollte, wie für die Beurteilung als Scheingeschäft (§ 23 Abs. 1 BAO). Auch ein Scheingeschäft setzt nämlich für sein Zustandekommen Konsens hinsichtlich der Verdeckung und des verdeckten Rechtsgeschäftes voraus. Einen solchen hat die belangte Behörde aber nicht festgestellt.
Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten ist nur anzunehmen, wenn die rechtliche Gestaltung ungewöhnlich und unangemessen ist, also nicht sinnvoll erschiene, wenn man den abgabensparenden Effekt wegdenkt. Auf das Fehlen der Ernsthaftigkeit des Willens nur eines von zwei Vertragsteilen kommt es daher auch hier nicht an.
Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, daß die belangte Behörde zu Unrecht die von jener vorgetragenen außersteuerlichen Gründe für unbeachtlich angesehen hat. Die Beschwerdeführerin hatte vorgetragen, daß der Vater zur Zeit der Schenkung schon ständig krank gewesen sei und mit seinem Ruhestand rechnen mußte. Von den beiden Töchtern sei die jüngere noch minderjährig gewesen, der Vater habe nicht gewußt, ob einmal beide Töchter je zur Hälfte oder nur eine von ihnen endgültig für die Übernahme der Geschäftsanteile an der GmbH in Frage kommen werden, zumal dies im Hinblick auf die Art des Betriebes auch von der seinerzeitigen Wahl des Ehepartners abhängen konnte. Der Vater habe sich in dieser Situation entschlossen, vorerst der bereits großjährigen Tochter die Geschäftsanteile zu übertragen, sich jedoch durch Einräumung der Rückübertragungsoption eine Änderung der Schenkung nach Maßgabe der zukünftigen Entwicklung im Interesse einer optimalen Nachfolgeregelung vorzubehalten.
Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß die gewählte Gestaltung, nämlich die Übertragung der Mehrheitsanteile an die bereits volljährige Tochter unter gleichzeitiger Einräumung einer Option, die auch noch eine Änderung der Nachfolgeregelung ermöglichte, bei der gegebenen Situation (Krankheit und Alter des Vaters) zur Erzielung des angestrebten außersteuerlichen Effektes nicht sinnvoll erschiene, wenn man den abgabensparenden Effekt wegdenkt:
Einem im Hinblick auf sein höheres Alter zunächst in Betracht zu ziehenden Nachfolger die Möglichkeit einzuräumen, sich als solcher zu bewähren, und ihn durch Übertragung von Rechten bei Vorbehalt des Widerrufs zu dieser Bewährung auch zu motivieren, ist gerade in einer Familiengesellschaft ein ausgesprochen sinnvolles Vorgehen, das den steuerlichen Effekt der verbleibenden unwesentlichen Beteiligung des Übergebers der Geschäftsanteile geradezu in der Hintergrund drängt. Für diese Beurteilung ist es ohne Bedeutung, ob ein gleichartiger Effekt etwa auch auf anderem Wege oder durch andere vertragliche Gestaltung hätte erreicht werden können.
Daß schließlich nach Ablauf des Prüfungszeitraumes von der Option tatsächlich zugunsten der jüngeren Tochter Gebrauch gemacht wurde, spricht nicht gegen, sondern für die Sinnhaftigkeit des gewählten Weges.
Die belangte Behörde hat in diesem Punkt daher die Rechtslage verkannt und solcherart ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Da die Beschwerdeführerin hiedurch im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihrem Recht verletzt wurde, daß der Vater nicht als wesentlich Beteiligter behandelt werde, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.