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VwGH vom 25.10.1994, 94/14/0096

VwGH vom 25.10.1994, 94/14/0096

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der M in B, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 380/1-10/H-1994, betreffend Widerruf der Aussetzung der Einhebung von Einkommensteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde den Widerruf der Aussetzung der Einhebung von Einkommensteuer hinsichtlich der Aussetzungsbewilligung des Finanzamtes vom , die gemäß § 294 iVm § 212a Abs 2 lit. c BAO mit der Begründung erfolgt war, die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte hätten mit den Verträgen vom ihr gemeinsames Vermögen ihren beiden Söhnen übergeben. Darin liege eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe. Da mit diesem Verhalten die Vermögenswerte des Schuldners dem Zugriff der Gläubiger entzogen würden, hätten sich die Verhältnisse hinsichtlich des Versagungstatbestandes nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle seit der Bewilligung der Aussetzung geändert. Der Widerrufsgrund gemäß § 294 Abs 1 lit. a BAO liege daher vor.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht verletzt, daß die bewilligte Aussetzung nicht widerrufen werde. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zwar steht die Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabenforderung an sich der Aussetzung der Einhebung nicht entgegen. Lediglich ein Verhalten des Abgabepflichtigen, das auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist, stellt gemäß § 212a Abs 2 lit. c BAO ein Hindernis für die Bewilligung der Aussetzung dar. Ein solches Verhalten liegt zB vor, wenn der Abgabepflichtige, sein Vermögen im Treuhandweg an Angehörige zu übertragen, im Begriff ist (vgl. Ritz, BAO Komm, Rz 19 zu § 212a).

Die Übertragung des Vermögens mit Übergabevertrag durch die Beschwerdeführerin an ihre Söhne stellt ein solches Verhalten dar. Die tatsächlichen Verhältnisse haben sich daher insofern in einem Punkt, der für die Bewilligung der Aussetzung maßgebend gewesen ist, nachträglich geändert. Zum Zeitpunkt der Bewilligung der Aussetzung (1989) war ein Sachverhalt im Sinne des erwähnten Hindernisses für die Bewilligung der Aussetzung nicht vorgelegen, er wurde erst durch das Verhalten der Abgabepflichtigen im Jahre 1991 herbeigeführt.

Daran ändert der Umstand nichts, daß die Beschwerdeführerin zur Vermögensveräußerung durch ihren Wunsch veranlaßt wurde, zu einem hiefür durchaus üblichen Zeitpunkt in Pension zu gehen und den Betrieb dem Nachfolger zu übergeben. Ob das Verhalten des Abgabepflichtigen im Sinne des § 212a Abs 2 lit. c BAO auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist, hängt von der objektiven Gefährdungseignung, die mit dem Verhalten verbunden ist, ab, nicht von einem inneren Vorgang des Abgabepflichtigen, also von dessen Motivation.

Zu Unrecht behauptet die Beschwerdeführerin, dem Abgabengläubiger drohe durch die Betriebsübertragung infolge der Mitteilung der Anfechtungsabsicht gemäß § 9 Abs 1 Z. 3 AnfO kein Nachteil. Die belangte Behörde weist in der Gegenschrift zutreffend darauf hin, daß die Anfechtungsbefugnis gemäß § 8 AnfO ua von der Vollstreckbarkeit der Forderung abhängig ist. An dieser fehlt es aber, solange die Aussetzung bewilligt ist.

Die Säumigkeit der Berufungsbehörde mit der Erledigung der Berufung, die Anlaß zur Aussetzung gegeben hatte, schließt das Aussetzungshindernis gemäß § 212a Abs 2 lit. c BAO nicht aus. Ohne entsprechende Anordnung des Gesetzgebers kann von derartigen Wirkungen der Verletzung der Entscheidungspflicht auf die Aussetzung nicht ausgegangen werden.

Die belangte Behörde hat daher das Aussetzungshindernis und den aus diesem abgeleiteten Widerrufsgrund nicht zu Unrecht angenommen.

Das Gesetz räumt der Behörde allerdings im § 294 iVm § 212a Abs 5 BAO nur die Möglichkeit eines Widerrufs ein. Ob die Behörde von dieser Möglichkeit Gebrauch macht oder nicht, liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Bei der Ermessensübung hat sich die Behörde von den Grundsätzen des § 20 BAO leiten zu lassen.

Wegen eines Ermessensfehlers der Behörde könnte der Verwaltungsgerichtshof zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides nur unter den Voraussetzungen des Art. 130 Abs 2 B-VG gelangen. Im Berufungsverfahren hat die Beschwerdeführerin weder die Ermessensübung noch ihre Begründung gerügt. Sie versucht auch in der Beschwerde nicht, dies entgegen § 41 VwGG nachzuholen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nach der Aktenlage eine Ermessensüberschreitung oder einen Ermessensmißbrauch auch bei Berücksichtigung der Säumigkeit der Behörde mit der Erledigung der Berufung nicht zu erkennen, zumal die Beschwerdeführerin nie vorgebracht hat, die Behörde über die Dringlichkeit der ausstehenden Erledigung der Berufung im Hinblick auf ihre Absicht, das Vermögen anläßlich einer zu einem üblichen Zeitpunkt in Aussicht genommenen Pensionierung demnächst übertragen zu wollen, aufmerksam gemacht zu haben. Der Beschwerde ist daher nicht zu entnehmen, daß die Abwägung von Billigkeit und Zweckmäßigkeit bei sonstiger Verfehlung des Sinnes des Gesetzes zu einer Abstandnahme von der Möglichkeit des Widerrufes hätte führen müssen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.