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VwGH vom 20.09.1995, 94/13/0253

VwGH vom 20.09.1995, 94/13/0253

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

94/13/0254

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr.Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerden des J in N, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in N, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , 1. Zl. GA 5 - 2123/94, betreffend Jahresausgleich 1993 (94/13/0253), und 2. Zl. GA 5 - 2170/93, betreffend Jahresausgleich 1992 (94/13/0254), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 9.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist ein weitgehend im Außendienst eingesetzter Bediensteter eines Landeswasserbaubezirksamtes. Für seine Außendiensteinsätze, die er an unterschiedlichen Orten seines Bundeslandes in unterschiedlicher Dauer zu verrichten hatte, machte er in den Streitjahren unter Vorlage detaillierter, von seinem Arbeitgeber bestätigter Aufzeichnungen über die Zeiten der an den einzelnen Tagen jedes Monates verrichteten Arbeitseinsätze Werbungskosten nach § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 im Umfang der jeweiligen Differenzbeträge zwischen den Tagesgeldern nach § 26 Z. 4 lit. b EStG 1988 und den ihm vom Arbeitgeber bezahlten Aufwandersatzbeträgen geltend.

Das Finanzamt kürzte in seinen Jahresausgleichsbescheiden die geltend gemachten Werbungskosten jeweils um ein Drittel mit der Begründung, daß unterstellt werden müsse, daß der Beschwerdeführer in mehreren Einsatzorten die günstigsten Verpflegungsmöglichkeiten gekannt habe, so daß keine Verpflegungsmehrkosten angefallen seien.

In seinen gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen brachte der Beschwerdeführer vor, daß sein jeweiliger Arbeitsbereich nicht im Ortsgebiet der jeweils betroffenen Gemeinden, sondern etwa zwei bis drei Kilometer außerhalb liege. Es würden von ihm Arbeiten wie das Bepflanzen und Begrasen von Flußdämmen, das Gießen und Instandhalten derselben sowie das Ausschneiden von Bäumen erledigt. Für die Mittagspause stünden ihm nur 45 Minuten zur Verfügung, in welcher Zeit von der Arbeitsstätte in den Ort zum nächstgelegenen Gasthaus zum Essen gefahren werden müsse. In diesen 45 Minuten könne er nicht die günstigste Verpflegungsmöglichkeit im Ort suchen; Verpflegungsmehrkosten seien daher angefallen.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden änderte die belangte Behörde die bekämpften Jahresausgleichsbescheide für beide Kalenderjahre zum Nachteil des Beschwerdeführers ab. Begründend führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden aus, daß Ausgangspunkt der steuerlichen Beurteilung von Verpflegungskosten die Bestimmung des § 20 EStG 1988 sei, welche den Aufwand für die Lebensführung von der steuerlichen Absetzbarkeit ausschließe. Verpflegungsaufwand könne im Zusammenhang mit einer Reisebewegung nur dann zu Werbungskosten führen, wenn dem Steuerpflichtigen dadurch, daß ihm die besonders preisgünstigen Verpflegungsmöglichkeiten am jeweiligen Aufenthaltsort nicht bekannt seien und sein Dispositionsrahmen bezüglich der Einnahme der Mahlzeiten durch die Reisebewegung wesentlich eingeschränkt sei, ein Mehraufwand für die Verpflegung entstehe. Erlaube es der längere Aufenthalt an einem bestimmten Ort dem Steuerpflichtigen, sich über die günstigsten Verpflegungsmöglichkeiten zu informieren, dann scheide das Entstehen von Mehraufwendungen für Verpflegung aus solchen Gründen aber aus. Hievon ausgehend, sei der Umfang der dem Beschwerdeführer in den Streitjahren erwachsenen Werbungskosten nach § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 nach folgenden Grundsätzen zu beurteilen gewesen: Für die Tätigkeit an jenen Orten, an welchen der Beschwerdeführer (mit oder ohne Unterbrechungen) über einen längeren Zeitraum eingesetzt gewesen war, stünden Werbungskosten für berufsbedingten Verpflegungsmehraufwand für eine Woche zu, welches der Zeitraum sei, bis zu dessen Verstreichen die Informationen über die günstigsten Verpflegungsmöglichkeiten am betroffenen Ort als gewonnen zu gelten hätten. Für das Jahr 1993 stehe auch an solchen Orten Ersatz für berufsbedingten Verpflegungsmehraufwand nicht zu, an welchen der Beschwerdeführer schon im Vorjahr entsprechend tätig geworden sei, was lediglich für einen Fall nicht zu gelten habe, in welchem zwischen den Tätigkeiten des Beschwerdeführers an diesem Ort ein zu großer Zeitraum läge. Für den Einsatz des Beschwerdeführers an solchen Orten, die er in beiden Streitjahren nur einen oder nur einige wenige Tage aufgesucht habe, sei berufsbedingter Verpflegungsmehraufwand anzuerkennen. Daß die jeweilige Arbeitsstätte des Beschwerdeführers außerhalb des betroffenen Ortes gelegen sei und es daher erforderlich gemacht habe, die vom Beschwerdeführer in der Berufung genannten zwei bis drei Kilometer mit dem Auto zum Ort zurückzulegen, stelle keine gravierende Einschränkung des zeitlichen Dispositionsrahmens zur Einnahme der Mahlzeiten dar und sei nicht geeignet, die Annahme zu widerlegen, daß der Beschwerdeführer nach einer Woche der Beschäftigung in der betroffenen Ortsgemeinde die günstigsten Verpflegungsmöglichkeiten gekannt haben mußte.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in welchen der Beschwerdeführer jeweils die Aufhebung der angefochtenen Bescheide aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehrt, sich durch die angefochtenen Bescheide in seinem Recht auf Anerkennung geltend gemachter Werbungskosten verletzt zu erachten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihren Gegenschriften jeweils die kostenpflichtige Beschwerdeabweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden und über sie in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Mit dem Begriff der "Reise" im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in einer Vielzahl von Erkenntnissen auseinandergesetzt und in diesen daran festgehalten, daß der Aufenthalt an einem Ort, der als Mittelpunkt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen angesehen werden muß, keine Reise darstellt, wobei zu einem (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit ein Ort auf Grund längeren Aufenthaltes des Steuerpflichtigen wird. Die Rechtfertigung der Annahme solcher Werbungskosten liegt bei kurzfristigen Aufenthalten überhaupt nur in dem bei derartigen Reisebewegungen in typisierender Betrachtungsweise angenommenen Verpflegungsmehraufwand gegenüber den ansonsten am jeweiligen Aufenthaltsort anfallenden und gemäß § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähigen (üblichen) Verpflegungsaufwendungen. Bei längeren Aufenthalten ist in der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise von der Möglichkeit der Inanspruchnahme solcher Verpflegungsmöglichkeiten auszugehen, deren Aufwendungen als Teil der Kosten der Lebensführung grundsätzlich nicht abzugsfähig sind. Auch die mit Unterbrechungen ausgeübte Beschäftigung an einem Ort begründet dessen Eignung zu einem weiteren Mittelpunkt der Tätigkeit, soferne die Dauer einer solchen wiederkehrenden Beschäftigung am selben Ort insgesamt ein Ausmaß erreicht, welches zum Wegfall der Voraussetzungen des in typisierender Betrachtungsweise unterstellten Verpflegungsmehraufwandes aus den gleichen Überlegungen zu führen hat, wie sie bei einer nicht unterbrochenen Aufenthaltsdauer an einem Beschäftigungsort nach Verstreichen eines typisiert als angemessen zu beurteilenden Zeitraumes Platz zu greifen haben (vgl. zu all diesen Ausführungen für viele zuletzt das hg. Erkenntnis vom , 93/13/0099, mit weiteren Judikaturnachweisen).

Die von der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden dargestellten Grundsätze, von denen ausgehend die belangte Behörde das Ausmaß der dem Beschwerdeführer in den Streitjahren zustehenden Werbungskosten ermittelt hat, stehen mit der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in vollständiger Übereinstimmung. Daß die Ermittlung der dem Beschwerdeführer in den Streitjahren zustehenden Werbungskosten den in den angefochtenen Bescheiden dazu gegebenen Erläuterungen nicht entsprochen hätte, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Seine Bekämpfung der von der belangten Behörde im Einklang mit der hg. Rechtsprechung dargestellten Grundsätze über den Umfang der als berechtigt zu erkennenden Werbungskosten veranlaßt den Verwaltungsgerichtshof zu einem Abgehen von seiner Rechtsprechung nicht.

Daß die hypothetische Ausschöpfung des nach § 26 Z. 4 EStG 1988 als steuerfrei geltenden Aufwandersatzes durch den Arbeitgeber zu einer Ungleichbehandlung solcher Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber diese Beträge auszahlen, gegenüber solchen Arbeitnehmern, deren Arbeitgeber dies nicht tun, führte, trifft deswegen nicht zu, weil - abgesehen vom besonders gelagerten Fall des Vorliegens einer lohngestaltenden Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z. 1 bis 6 EStG 1988 - auch die Steuerfreiheit der vom Arbeitgeber nach § 26 Z. 4 EStG 1988 geleisteten Beträge in der hier interessierenden Hinsicht nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen ist, sodaß Tagesgelder für eine Dienstreise im Sinne des § 26 Z. 4 erster

Fall EStG 1988 dann nicht steuerfrei bezahlt werden, wenn der Einsatz des Arbeitnehmers am betroffenen Ort als Dienstreise in diesem Sinn gar nicht beurteilt werden durfte, weil der betroffene Ort in Wahrheit als weiterer Mittelpunkt seiner Tätigkeit anzusehen war (vgl. hiezu die Ausführungen bei Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, TZ 32 zu § 26 EStG 1988). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hängt die Beurteilung eines Ortes als weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit eines Arbeitnehmers nicht vom Vorhandensein fester örtlicher Einrichtungen des Arbeitgebers an einem solchen Ort ab. Den in den Beschwerdeschriften angestellten Überlegungen zu Reisen innerhalb des Gebietes der Gemeinde Wien sei der Vollständigkeit halber lediglich entgegengehalten, daß eine Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 eine Fortbewegung über den örtlichen Nahebereich hinaus voraussetzt, weshalb Ortsveränderungen innerhalb des Stadtgebietes von Wien als Reisen gar nicht angesehen werden könnten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 92/13/0281). Soweit der Beschwerdeführer auf die Besonderheiten der Siedlungsverhältnisse und gastronomischen Ausstattung seines Bundeslandes verweist, ist ihm zu erwidern, daß die durch die gesetzliche Regelung gebotene typisierende Betrachtungsweise in der Beurteilung des Zustehens der von ihm geltend gemachten Werbungskosten (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , 93/13/0099) eine Berücksichtigung der von ihm behaupteten Besonderheiten nicht zuließe; es kann daher dahingestellt bleiben, ob die diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers nicht als Verstoß gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot zu beurteilen wären und die vom Beschwerdeführer unterstellte Notorietät überhaupt in Anspruch nehmen könnten. Der vom Beschwerdeführer schließlich angestellte Vergleich der sich aus den von der belangten Behörde dargestellten Grundsätzen ergebenden abgabenrechtlichen Situation eines Arbeitnehmers mit den steuerlichen Absetzungsmöglichkeiten eines Unternehmers ist angesichts der gesetzlich gestalteten Rechtslage ebensowenig geeignet, die vom Verwaltungsgerichtshof zum Reisebegriff entwickelten Judikaturgrundsätze erfolgreich in Frage zu stellen.

Die Beschwerden, deren Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung bereits klargestellt war, erwiesen sich somit als unberechtigt und waren deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.