VwGH vom 25.01.2000, 99/14/0304
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des JL in N, vertreten durch Dr. Christian Pichler, Rechtsanwalt in 6600 Reutte, Untermarkt 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , RV 199/1-T7/99, betreffend u.a. Umsatzsteuer 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erwarb im Konkurs der W-HandelsgmbH mit Kaufvertrag vom Miteigentumsanteile an einer in Österreich gelegenen Liegenschaft, mit denen das Wohnungseigentum am Geschäftslokal Top 3 und an konkreten Autoabstellplätzen verbunden ist, um den Kaufpreis von 5,1 Mio S sowie das entsprechende Inventar um den Kaufpreis von 700.000 S plus Umsatzsteuer. In der erworbenen Wohnungseigentumseinheit betreibt er ein Restaurant. Die mit datierten Rechnungen lauten nach Anführung des liefernden Unternehmers und des Beschwerdeführers als Abnehmers wie folgt:
"Rechnung
Für die 224/1413 Anteile an EZ. 104 Grundbuch ..., mit welchen Anteilen WE an Top 3 und den Autoabstellplätzen Nr. 7/8 verbunden sind, stelle ich vereinbarungsgemäß nachstehende Beträge in Rechnung:
Kaufpreis laut KV ohne Zubehör S 5.100.000,00
Vorsteuer gem. § 12 Abs. 14 UStG laut
Endabrechnung Fa. "J-GmbH" S 704.044,37
ergibt sohin S 5.804.044,37 "
"Rechnung
Für das Zubehör (Inventar) laut konkursgerichtlich genehmigtem
Kaufvertrag vom erlaube ich mir vereinbarungsgemäß
nachstehende Beträge in Rechnung zu stellen:
Zubehör (Inventar) laut KV S 700.000
20% USt S 140.000
ergibt S 840.000 "
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid versagte die belangte Behörde den in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuern die Anerkennung als Vorsteuern. § 12 Abs 14 UStG 1994 normiere, dass der Ausweis des vom Vorsteuerabzug ausgeschlossenen oder des auf Grund der Berichtigung geschuldeten Betrages in einer Rechnung zu erfolgen habe. Daher müsse der Beleg, der zum Vorsteuerabzug berechtigen solle, sämtliche Merkmale einer Rechnung nach § 11 UStG 1994 aufweisen. Eine Ausnahme bilde nur das Merkmal des § 11 Abs 1 Z 6 UStG 1994; an dessen Stelle trete die nicht abzugsfähige bzw zu berichtigende Vorsteuer. Für diese Auffassung spreche auch die sinngemäße Anwendung des § 11 Abs 12 UStG 1994 hinsichtlich einer zu hoch ausgewiesenen Steuer.
Beide Rechnungen vom enthielten keine Angaben über den Zeitpunkt der Lieferung. Sie berechtigten daher nicht zum Vorsteuerabzug. Die Rechnungen enthielten auch keinen Hinweis darauf, dass der Tag der Lieferung in einem anderen Beleg, zB im Kaufvertrag, enthalten sei. Die Regelung des § 11 Abs 2 UStG 1994, wonach sämtliche für eine Rechnung erforderlichen Angaben auch in anderen Belegen enthalten sein könnten, sofern auf sie in einer Rechnung hingewiesen werde, könne daher im gegenständlichen Fall keine Anwendung finden. Überdies sei auch im Kaufvertrag vom das Datum der Lieferung nicht enthalten. Die geltend gemachten Vorsteuern von 704.044,37 S und 140.000 S könnten daher nicht anerkannt werden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Die belangte Behörde habe den Vorsteuerabzug versagt, weil die Kriterien des § 11 Abs 1 UStG 1994 nicht erfüllt seien. Mit dieser Rechtsauffassung verkenne die belangte Behörde den Zweck der Regelung. Durch die Regelung solle sichergestellt werden, dass die Leistung, für die ein Vorsteuerabzug beansprucht werde, dem Unternehmen auch tatsächlich zugekommen sei. Der Leistungszeitpunkt sei für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug von Bedeutung. Fehle die Angabe des Leistungszeitpunktes auf der Rechnung, sei dieser Zeitpunkt aber auf andere Weise ermittelbar, wäre es unsachlich, den Vorsteuerabzug zu versagen. Im gegenständlichen Fall fehle die Angabe des Leistungszeitpunktes in den Rechnungen. Dies dürfe aber nicht zur Versagung des Vorsteuerabzuges führen, zumal die Lieferungen nicht von gleichartigen anderen Lieferungen abzugrenzen gewesen seien. Es stehe unzweifelhaft fest, dass die Übergabe stattgefunden habe. Im Übrigen verweise der Beschwerdeführer darauf, dass das Finanzamt den Vorsteuerabzug aus anderen Gründen als die belangte Behörde nicht anerkannt habe. Er sei im Verwaltungsverfahren nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter unterstützt gewesen. Die belangte Behörde hätte ihn daher mit ihrer Rechtsansicht konfrontieren müssen, um ihm Gelegenheit zu geben, auf die beiden Umstände hinzuweisen, die er
nunmehr in der Beschwerde darlegen könne: Einerseits ergebe sich
aus dem Grundbuchsbeschluss vom , der auch dem Finanzamt zugestellt worden sei, die Einverleibung des Eigentums des Beschwerdeführers und damit die Übergabe der Liegenschaft an ihn. Andererseits sei in Punkt V des Kaufvertrages vom festgehalten, dass die tatsächliche Übergabe des Kaufobjektes an den Käufer bereits durch Aushändigung der Schlüssel stattgefunden habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
§ 12 Abs 1 UStG 1994 lautet:
"Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
1. Die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2. die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind;
3. die gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz geschuldeten Beträge für sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. ..."
§ 12 Abs 14 UStG 1994 lautete in der hier anzuwendenden Fassung vor der Aufhebung durch BGBl. I Nr. 79/1998:
"Liefert ein Unternehmer nach § 6 Abs 1 Z 9 lit. a steuerfrei ein Grundstück und ist aus diesem Grunde ein Vorsteuerabzug nach Abs 3 ausgeschlossen oder eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach Abs 10 bis 12 vorzunehmen, so ist er berechtigt, dem Empfänger der Lieferung den vom Vorsteuerabzug ausgeschlossenen oder auf Grund der Berichtigung geschuldeten Betrag - soweit er auf die Lieferung des Grundstückes entfällt - gesondert in Rechnung zu stellen. Dieser in der Rechnung gesondert ausgewiesene Betrag gilt für den Empfänger der Lieferung als eine für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung gesondert in Rechnung gestellte Steuer (Abs 1 Z 1). Weist der Unternehmer für die Grundstückslieferung in der Rechnung einen Betrag aus, der nicht nach Abs 3 vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist oder nach Abs 10 bis 12 nicht geschuldet wird, so ist dieser Betrag wie eine nach § 11 Abs 12 auf Grund der Rechnung geschuldete Steuer zu behandeln."
Abs 1 des mit "Ausstellung von Rechnungen" überschriebenen § 11 UStG 1994 lautet:
"Führt der Unternehmer steuerpflichtige Lieferungen oder steuerpflichtige sonstige Leistungen aus, so ist er berechtigt und, soweit er die Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausführt, auf Verlangen des anderen verpflichtet, Rechnungen auszustellen, in denen die Steuer gesondert ausgewiesen ist. Diese Rechnungen müssen - soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist - die folgenden Angaben enthalten:
1. Den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers;
2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung;
3. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung;
4. den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt. Bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die abschnittsweise abgerechnet werden (zB Lebensmittellieferungen), genügt die Angabe des Abrechnungszeitraumes, soweit dieser einen Kalendermonat nicht übersteigt;
5. das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 4) und
6. den auf das Entgelt (Z 5) entfallenden Steuerbetrag.
Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgeltes für eine noch nicht ausgeführte steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung, so gelten die ersten beiden Sätze sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, so sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne des zweiten Satzes ausgestellt worden sind."
Nach der zitierten Regelung des § 12 Abs 14 UStG 1994 gilt der "in der Rechnung" gesondert ausgewiesene Betrag der beim Lieferanten nicht abzugsfähigen oder zu berichtigenden Vorsteuer für den Empfänger der Lieferung als eine für eine steuerpflichtige Leistung gesondert in Rechnung gestellte Steuer. Eine gesondert ausgewiesene Steuer für eine Leistung berechtigt nach § 12 Abs 1 UStG 1994 zum Vorsteuerabzug, wenn dieser Ausweis in einer Rechnung iSd § 11 UStG 1994 erfolgt. Wird Umsatzsteuer nach § 12 Abs 14 UStG 1994 weiterverrechnet, steht der Vorsteuerabzug sohin nur zu, wenn eine Rechnung iSd § 11 Abs 1 leg. cit. gelegt wird.
Der Abzug der nach § 12 Abs 14 UStG 1994 verrechneten Steuer hat sohin zur Voraussetzung, dass die Steuer in einer Rechnung ausgewiesen ist, die sämtliche Erfordernisse des § 11 leg. cit. erfüllt, zumal eine Urkunde, die nicht die in § 11 leg. cit. geforderten Angaben enthält, nicht als Rechnung im Sinn dieser Gesetzesbestimmung anzusehen ist. Auf Grund der Besonderheit der Weiterverrechnung nach § 12 Abs 14 leg. cit. ist allerdings die in § 11 Abs 1 Z 6 leg. cit. angeführte Information (der auf das Entgelt entfallende Steuerbetrag) durch die Angabe der nicht abzugsfähigen bzw zu berichtigenden Vorsteuer zu ersetzen (ebenso Kolacny/Mayer, UStG2 (1997), § 12 Anm. 50.a).
Auch die für Lieferungen und sonstige Leistungen geschuldete Umsatzsteuer kann nach § 12 Abs 1 UStG 1994 nur dann als Vorsteuer geltend gemacht werden, wenn eine Rechnung iSd § 11 leg. cit. ausgestellt worden ist (vgl zum UStG 1972 das hg Erkenntnis vom , 87/15/0079).
Durch das Abstellen auf eine Rechnung iSd § 11 UStG 1994 soll eine verwaltungsökonomische und praktikable Kontrolle der Voraussetzungen des Vorsteuerabzuges beim Leistungsempfänger einerseits und der steuerlichen Erfassung beim Leistungserbringer andererseits sichergestellt werden. Die Bindung des Vorsteuerabzuges an eine Rechnung iSd § 11 UStG 1994 ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht unsachlich, weil der Leistungsempfänger auf die Ausstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung dringen kann und auch nach der erstmaligen Ausstellung einer Rechnung jederzeit eine Berichtigung bzw Ergänzung der Rechnung möglich ist.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass im gegenständlichen Fall die Urkunden, mit welchen einerseits die Steuer iSd § 12 Abs 14 weiterverrechnet und andererseits über die Lieferung des Inventars abgerechnet worden ist, nicht die in § 11 UStG 1994 geforderten Merkmale enthalten. Der Beschwerdeführer verweist vielmehr darauf, dass die sonstigen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug, insbesondere die tatsächliche Erbringung der Leistung an ihn in jenem Zeitraum, für welchen der Vorsteuerabzug begehrt wird, erfüllt sind. Dieser Umstand kann aber, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, nicht zum Recht auf Vorsteuerabzug führen, wenn keine Rechnung iSd § 11 UStG 1994 ausgestellt ist.
Der Beschwerdeführer rügt als Verletzung von Verfahrensvorschriften, die belangte Behörde habe ihn dadurch überrascht, dass sie eine andere Rechtsansicht vertreten habe als das Finanzamt. Er vermag allerdings die Relevanz eines allfälligen Verfahrensfehlers nicht aufzuzeigen, wenn er darauf verweist, dass er durch dieses Vorgehen der belangten Behörde daran gehindert gewesen sei, im Verwaltungsverfahren auf den Vertragspunkt V des Kaufvertrages vom und auf den Grundbuchsbeschluss zu verweisen. Über die tatsächliche Übergabe des Kaufgegenstandes besteht nämlich kein Streit. Der Vorsteuerabzug ist von der belangte Behörde wegen des Fehlens von Rechnungen iSd § 11 UStG 1994 versagt worden.
Im Übrigen ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verwaltungsverfahren § 13a AVG nicht anzuwenden gewesen. Nach § 113 BAO besteht allerdings eine Manuduktionspflicht gegenüber nicht vertretenen Parteien nur über Verlangen. Dass ein entsprechendes Verlangen gestellt worden wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet.
Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am