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VwGH vom 16.09.2003, 99/14/0276

VwGH vom 16.09.2003, 99/14/0276

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des AP in L, vertreten durch Dr. Helmut Valenta und Dr. Gerhard Gfrerer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Schillerstraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl RV 276/1-10/1998, betreffend Haftung für Abgabenschuldigkeiten gemäß § 12 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer vom Finanzamt gemäß § 12 iVm § 224 BAO für Abgabenschuldigkeiten (unter anderem Umsatzsteuer 1994) der im Jahr 1991 vom Beschwerdeführer mit einem weiteren Gesellschafter gegründeten R. OEG unter Hinweis darauf, dass die Abgabenschuldigkeit bei dieser seit im Firmenbuch gelöschten OEG nicht einbringlich sei, herangezogen.

In der dagegen erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, dass seine Aufgabe bei der Gesellschaft lediglich darin bestanden habe, seinen Gewerbeschein zur Verfügung zu stellen und sohin als gewerberechtlicher Geschäftsführer tätig zu sein. Um der Gewerbeordnung Genüge zu tun, habe er als Gesellschafter eintreten müssen. Auf "die Gesellschaft" habe er nie Einfluss genommen. Diese sei ausschließlich von Josef R. betrieben worden. Mit dem Haftungsbescheid sei er "erstmals mit Angelegenheiten der Gesellschaft" konfrontiert worden. Der Umsatzsteuerbescheid 1994 sei ihm bislang nicht zugestellt worden. Auf Grund von diversen Unzukömmlichkeiten sei er als "Geschäftsführer und sohin faktisch auch als Gesellschafter" mit aus der Gesellschaft ausgeschieden. Den Gewerbeschein habe er mit zurückgelegt. Da der Mitgesellschafter die notwendigen Veranlassungen nicht vorgenommen habe, habe er - nachdem er den Mitgesellschafter zu dieser Vorgangsweise ohne gerichtliche Klage habe überreden können - die Gesellschaft mit Antrag vom löschen lassen. Bereits deswegen sei sohin eine "Mithaftung" jedenfalls für Umsatzsteuer 1994 nicht gegeben. Darüber hinaus handle es sich bei der OEG um eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, weshalb eine Haftung nach § 12 BAO nicht erforderlich sei. "Inhaber und Hauptgesellschafter" sei Josef R. gewesen. Aus der Begründung des Haftungsbescheides gehe nicht hervor, welche Maßnahmen gegen die OEG und Josef R. (gemeint wohl: zur Einbringung der Abgabenschuldigkeiten) vorgenommen worden seien. Aus dem Bescheid sei auch nicht zu entnehmen, wann und mit welchen "Festlegungen" die Umsatzsteuer 1994 vorgeschrieben worden sei. Die Fälligkeit sei jedenfalls nach dem Zeitpunkt seines "faktischen Ausscheidens mit bzw am Ende der Gewerbeberechtigung" gegeben. Die Gesellschaft sei auch vor Fälligkeit der Umsatzsteuer 1994 bereits gelöscht gewesen, da diese Löschung bereits mit erfolgt sei. Der Beschwerdeführer beantragte, ihm eine Ausfertigung des Umsatzsteuerbescheides 1994 zuzustellen und erhob "vorsichtsweise" gegen diesen Bescheid Berufung.

Das Finanzamt übermittelte dem Beschwerdeführer eine Kopie des Umsatzsteuerbescheides 1994 samt Begründung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für Umsatzsteuer 1994 ab. Unter Hinweis darauf, dass eine Personengesellschaft so lange zumindest als Verfahrenssubjekt bestehen bleibe, als deren Rechtsverhältnisse gegenüber Dritten nicht abgewickelt seien, vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass die "Kündigung" des Beschwerdeführers am nicht zur sofortigen Auflösung der OEG geführt habe. Es sei daher zulässig gewesen, noch im Jahr 1996 ein Leistungsgebot gegenüber der Gesellschaft zu erlassen. Die "Kündigung" des Beschwerdeführers, welche letztlich zur Auflösung der Gesellschaft geführt habe, habe nicht zur Folge gehabt, dass der Beschwerdeführer von sämtlichen Rechten und Pflichten der Gesellschaft befreit worden sei. Der Beschwerdeführer sei bis zur Auflösung an der OEG beteiligt gewesen. Die Haftung gemäß § 12 BAO treffe die Gesellschafter einer OEG. Ob jemand Gesellschafter sei, beurteile sich nach dem Gesellschaftsrecht. Die Anknüpfung an die Gesellschaftereigenschaft sei ein Beispiel für eine formalrechtliche Anknüpfung. Die solchermaßen zu verstehende Gesellschaftereigenschaft werde selbst einem Scheingesellschafter zugesprochen. Es sei daher ohne Belang, dass der Beschwerdeführer im Unternehmen keine Einflussmöglichkeiten gehabt habe und er nur für die Bereitstellung der Gewerbeberechtigung verantwortlich gewesen sei. § 12 BAO normiere keine Ausfallshaftung. Die Nachrangigkeit der Haftung sei jedoch zu berücksichtigen. Aus dem vorliegenden Sachverhalt, wonach die Gesellschaft bereits beendet sei, ergebe sich, dass die Einbringung der noch aushaftenden Abgabenschulden gegenüber den Gesellschaftern im Haftungswege möglich sei. Die gemäß § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO sei innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei der Ermessensübung im Rahmen der Haftung gemäß § 12 BAO sei insbesondere der Umfang der wirtschaftlichen Vorteile des Gesellschafters zu berücksichtigen. Wie aus der Aufstellung der im Zeitraum des Bestehens der OEG erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb hervorgehe, habe der Beschwerdeführer gegenüber dem Mitgesellschafter die höheren Einkünfte aus dem gastgewerblichen Betrieb lukrieren können. Aus der Mitteilung des Steuerberaters der OEG vom gehe hervor, dass Josef R. nicht zu erreichen sei und sich in Kroatien befinde. Die Einbringung der Abgabenschuldigkeiten der OEG bei Josef R. werde daher kaum möglich sein, sodass als einzige Einbringungsmöglichkeit die Geltendmachung der Haftung gegenüber dem Beschwerdeführer bleibe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Auch in der Beschwerde stützt sich der Beschwerdeführer einerseits auf seine Funktion als - lediglich - gewerberechtlicher Geschäftsführer und weiters auf sein "Ausscheiden als Geschäftsführer" mit . Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf: Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass die Haftung gemäß § 12 BAO die Gesellschafter unter anderem einer OEG trifft (die in der Berufung vertretene Ansicht, dass es sich bei einer OEG um eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit handelt, wird in der Beschwerde zu Recht nicht mehr aufrecht gehalten) und die Frage, ob jemand Gesellschafter einer solchen OEG ist, nach dem Gesellschaftsrecht zu beurteilen ist, wobei es auf die "förmliche Gesellschafterstellung" ankommt. Gemäß § 128 HGB iVm § 4 EGG haften die Gesellschafter einer OEG für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich und ist eine entgegenstehende, im Innenverhältnis getroffene Vereinbarung Dritten gegenüber unwirksam (vgl das hg Erkenntnis vom , 2000/14/0043). Der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, wenn sie vor dem unbestrittenen Sachverhalt, dass der Beschwerdeführer Gesellschafter der OEG war, dem Vorbringen, er sei nur als gewerberechtlicher Geschäftsführer tätig gewesen, keine Bedeutung beigemessen hat. Aber auch das behauptete "Ausscheiden als Geschäftsführer" mit bzw das "faktische Ausscheiden als Gesellschafter" hat die belangte Behörde zutreffend nicht als Grund dafür anerkannt, dass der Beschwerdeführer für Umsatzsteuer 1994 nicht zur Haftung herangezogen werden dürfte. Es trifft nämlich zu, dass die Auflösung einer Personengesellschaft des Handelsrechtes und ihre Löschung im Firmenbuch (früher Handelsregister) jedenfalls so lange ihre Parteifähigkeit nicht beeinträchtigt, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zählt auch der Bund als Abgabengläubiger - noch nicht abgewickelt sind (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , 95/13/0269). Geht man daher - unter Vernachlässigung des Umstandes, dass eine Kündigung der Gesellschaft eine empfangsbedürftige Erklärung darstellt, der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren aber nur vorgebracht hat, er sei mit in nicht näher dargestellter Form "aus der Gesellschaft faktisch ausgeschieden" - wie die belangte Behörde von einer rechtswirksamen Kündigung der Gesellschaft durch den Beschwerdeführer als einen der beiden Gesellschafter der OEG aus, so ist dieser zuzustimmen, dass der Beschwerdeführer - ungeachtet seines "faktischen Ausscheidens aus der Gesellschaft" -

auch für Abgabenschuldigkeiten des Abwicklungszeitraumes der OEG einzustehen hat. Soweit der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde vorträgt, dass der "ehemalige Mitgesellschafter als Einzelner" das Unternehmen fortgeführt habe, muss dieses Vorbringen im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot unbeachtet bleiben. Davon abgesehen ist aber darauf hinzuweisen, dass eine solche Übernahme - wenn nur ein "Gesellschafter" übrig bleibt - nur gemäß § 142 Abs. 1 HGB iVm § 4 EGG zulässig ist. Dass Josef R. auf seinen Antrag vom Gericht für berechtigt erklärt worden sei, das Geschäft ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven zu übernehmen, wurde vom Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde vorgetragen.

Der Beschwerdeführer rügt als Mangelhaftigkeit des Verfahrens, die belangte Behörde habe offensichtlich in den Firmenbuchakt, die dort aufscheinenden Unterlagen betreffend den Gesellschaftsvertrag, den Gewerbeakt des Magistrates der Stadt Linz sowie den Akt der Wirtschaftskammer für Oberösterreich nicht Einsicht genommen. Aus diesen Unterlagen hätten sich "jedenfalls die vom Beschwerdeführer aufgezeigten Daten" eindeutig ergeben. In welcher Weise die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid allerdings von unrichtigen Daten ausgegangen wäre, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens auch darin nicht zu erblicken, dass über die Steuervorschreibung des Jahres 1994 noch keine "endgültige" Entscheidung vorliegt. Der Beschwerdeführer spricht damit den Umstand an, dass über seine Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1994 nicht vor Entscheidung der Berufung über den Haftungsbescheid entschieden wurde. Wird aber in einer Berufung gegen den Haftungsbescheid auch eine - allenfalls mangelhafte - Berufung gegen den Abgabenanspruch erhoben, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst über die Berufung gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , 2000/14/0200).

Auch hinsichtlich der Ermessensentscheidung, den Beschwerdeführer zur Haftung für die Abgabenschulden heranzuziehen, ist vor dem Hintergrund der diesbezüglichen Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde von ihrem Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte, zumal der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde vorbringt, dass Josef R. "nunmehr in Linz aufhältig ist und offensichtlich über ein Einkommen verfügt".

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am