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VwGH vom 28.05.1997, 94/13/0015

VwGH vom 28.05.1997, 94/13/0015

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Mag. F in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat V, vom , Zl. 6/3-3331/89-07, betreffend Umsatzsteuer 1985 bis 1987, Einkommensteuer 1984 bis 1987 und Einkommensteuer-Vorauszahlungen 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat im Jahre 1983 ein Sägewerk (Grund und Boden, Gebäude und Maschinen) um S 1,987.000,-- erworben. Auf eine entsprechende, im Zuge der Veranlagung für das Jahr 1984 ergangene Anfrage des Finanzamtes Lilienfeld gab der Beschwerdeführer mit einer Eingabe vom bekannt, es sei zwischen ihm und der F-GmbH eine "mündliche" Vereinbarung über die Verpachtung der "Grundstücke, sämtlicher Räumlichkeiten und Gebäude und (der) vorhandenen maschinellen Einrichtungen" getroffen worden. Der jährliche Pachtschilling betrage S 308.000,--. Davon entfalle ein Betrag von S 108.000,-- auf die Maschinen und auf die Baulichkeiten sowie den Grund ein Betrag von S 200.000,--. Dieser Sockelpachtschilling erhöhe sich in den Jahren, in denen das Sägewerk einen Gewinn erwirtschafte, um 30 % des verbleibenden Reingewinnes vor Ertragsteuern nach Abzug der Sockelpacht. In den Jahren, in denen ein Verlust des Sägewerkes nach Abzug der Sockelpacht den Betrag von S 150.000,-- übersteige, ermäßige sich die Jahrespacht auf 50 % der Sockelpacht. Der Erwerb des Sägewerkes sei durch ein Hypothekardarlehen finanziert worden.

Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten ist der Beschwerdeführer an der F-GmbH mit einem Anteil am Stammkapital von 90 % beteiligt.

Nach der Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Bescheid erzielte der Beschwerdeführer von 1984 bis 1989 aus der Verpachtung des Sägewerkes folgende Einnahmen:

"1984 S 154.000,--

1985 S 30.800,--

1986 S 154.000,--

1987 S 30.000,--

1988 S 308.000,--

1989 S 254.000,--"

An Werbungskosten sind u.a. angefallen:

" Zinsen AfA

1984 S 169.625,-- S 71.175,--

1985 S 166.420,-- "

1986 S 151.124,-- "

1987 S 142.907,-- "

1988 S 162.412,-- "

1989 S 161.797,-- " "

Die erklärten Einnahmen- bzw. Werbungskostenüberschüsse haben betragen:

"1984 - S 67.895,--

1985 - S 204.118,--

1986 - S 72.912,--

1987 - S 191.519,--

1988 + S 68.390,--

1989 + S 16.005,--

- S 452.049,--"

Nach einer Beilage zur Einkommensteuererklärung 1985 habe die Miete für 1985 ausnahmsweise auf 10 % der vertraglichen Miete reduziert werden müssen, um der F-GmbH eine Hilfestellung zur Abdeckung der Anlaufverluste und Schadensfälle durch nicht vorhersehbare Maschinenschäden zu gewähren.

Nach einer Beilage zur Einkommensteuererklärung 1990 habe die F-GmbH im Jahre 1990 "Mietverträge" über den nicht mehr benötigten Teil der Gebäude gekündigt. Diese Gebäude seien vom Vermieter einer privaten Nutzung zugeführt worden. Somit seien die auf die Gebäude entfallenden Einnahmen und Ausgaben weggefallen. Für die Jahre 1990 und 1991 seien folgende Kennzahlen erklärt worden:

"Einnahmen 1990 S 175.000,--

1991 S 175.000,--

AfA 1990 S 56.875,--

1991 S 33.438,--

Zinsen 1990 S 68.432,--

1991 S 74.057,--

Einnahmenüberschuß 1990 S 43.791,--

1991 S 45.433,--"

Bei der endgültigen Festsetzung von Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1985 bis 1987 sowie der Einkommensteuervorauszahlungen für 1989 ging das zuständige Finanzamt davon aus, daß es sich bei der Verpachtung des Sägewerkes um Liebhaberei handelt.

In der die genannten Abgaben betreffenden Berufung wurde ausgeführt, der Beobachtungszeitraum sei im Beschwerdefall zu kurz. Zu Beginn der "Vermietung" und in den Jahren 1984 bis 1987 seien sowohl die objektive Möglichkeit, einen Gewinn zu erzielen als auch der Wille des Beschwerdeführers, einen wirtschaftlichen Nutzen zu erzielen, gegeben gewesen. Der objektive Nachweis liege in den Wirtschaftsplänen der F-GmbH und dem mit der "Mieterin" abgeschlossenen "Mietvertrag". Bei gleichbleibenden Verkaufspreisen seien die Einstandskosten ständig gestiegen. Als sich dies herausgestellt habe, habe die "Mieterin" versucht, die hiedurch fehlenden Deckungsbeträge mittels Kostensenkung und vor allem durch Umsatzausweitung wettzumachen. Die Maßnahmen hätten sich als nicht ausreichend erwiesen. Der Umsatz (der GmbH) habe sich nicht auf zehn, sondern nur auf acht Millionen S ausweiten lassen. Auch die Kostensenkung (der GmbH) sei insbesondere wegen notwendiger Großreparaturen nicht geglückt. Als sich Mitte 1988 die Relation zwischen Holz-Ein- und Verkaufpreisen dramatisch verschlechtert habe, habe die "Mieterin" ("selbstverständlich im Einvernehmen mit deren Hauptgesellschafter, dem Vermieter") wirksame Maßnahmen ergriffen, um dem Sägewerk doch zu positiven Zahlen zu verhelfen. Es sei die Stillegung der Massenproduktion und stattdessen die Spezialisierung auf ein bestimmtes gewinnbringendes Produkt, nämlich die Erzeugung von Tischlerware in Lärche, erfolgt. Das neue Einschnittprogramm sei erfolgreich angelaufen. Dem Beschwerdeführer sei trotz des Überschusses der Ausgaben ein wirtschaftlicher Nutzen erwachsen, weil er mit den tatsächlichen Mietzinseinnahmen von über S 525.000,-- mehr als 80 % der Zinsen für den Anschaffungskredit habe abdecken können.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde darauf hingewiesen, daß ein Teil der Gebäude ab 1990 nicht mehr vermietet worden sei, was in den Einnahmen und Aufwendungen einen entsprechenden Niederschlag gefunden habe. Es könne daher davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer ab dem Jahre 1990 die Art der Wirtschaftsführung derart geändert habe, daß für die Liebhabereibeurteilung die Zeiträume bis 1989 bzw. ab 1990 gesondert zu betrachten seien. Es stehe somit ein abgeschlossener Zeitraum (1984 bis 1989) für die Beurteilung zur Verfügung. Die "Vermietung" in der von 1984 bis 1989 durchgeführten Art sei bei einem Gesamtverlust von rund S 450.000,-- keine Quelle von Einkünften gewesen. Selbst bei einer Ausdehnung des Beobachtungszeitraumes bis etwa Ende 1992 habe mit einem Einnahmenüberschuß nicht gerechnet werden können. Bei Fixkosten von jährlich ca. S 220.000,-- hätte der Beschwerdeführer von 1990 bis 1992 jährliche Einnahmenüberschüsse von mindestens S 370.000,-- erzielen müssen, um auch den vorangegangenen "Gesamtverlust" abdecken zu können.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom , B 1831/93, abgelehnt; gleichzeitig wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht darauf verletzt, daß seine berufliche Tätigkeit als Einkunftsquelle und nicht als Liebhaberei qualifiziert werde. Der Beschwerdeführer beantragte, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Eine Betätigung ist nur dann als Einkunftsquelle anzusehen, wenn nach der ausgeübten Art der Betätigung eine objektive Ertragsfähigkeit vorliegt, d.h. wenn nach der konkreten Art der Wirtschaftsführung ein positives Gesamtergebnis innerhalb eines absehbaren Zeitraumes erzielbar ist. Ergibt dabei die Prüfung der objektiven Ertragsfähigkeit kein eindeutiges Bild, so ist zu prüfen, ob die Betätigung mit subjektivem Ertragsstreben, also mit dem Streben nach Erzielung eines positiven steuerlichen Gesamtergebnisses, ausgeübt wird, wobei dieses Streben durch das Handeln nach Wirtschaftlichkeitsprinzipien zu identifizieren ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/13/0171).

Für die Erlassung des angefochtenen Bescheides tragend ist die Beurteilung der belangten Behörde, wonach im Jahre 1990 eine Änderung der Wirtschaftsführung eingetreten sei, was nach Auffassung der belangten Behörde zur Folge gehabt habe, daß für die hier gebotene Beobachtung des Gesamtergebnisses lediglich der abgeschlossene Zeitraum von 1984 bis 1989 heranzuziehen gewesen sei. Vom Beschwerdeführer wird demgegenüber in Abrede gestellt, daß die (in den Beilagen zur Einkommensteuererklärung für 1990 dargestellte) Einschränkung der "vermieteten" (richtig: verpachteten) Gebäudeteile eine Änderung der Wirtschaftsführung gewesen sei. Die belangte Behörde hat sich bei dieser Beurteilung auf - allerdings im Berufungsverfahren und zwar insbesondere in der durchgeführten mündlichen Verhandlung nicht erörterte - Umstände gestützt, die vom Beschwerdeführer selbst vorgebracht worden sind. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt darin kein Verstoß gegen ein "Überraschungsverbot" (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/13/0217). Hingegen ist dem Beschwerdeführer im Ergebnis Recht zu geben, daß aus den Angaben in den Beilagen zur Einkommensteuerklärung 1990 allein nicht auf eine GRUNDLEGENDE Änderung der Verpachtungstätigkeit als solcher geschlossen werden konnte. Vielmehr hätte die belangte Behörde diese Angaben zum Anlaß nehmen müssen, Ausmaß und Umfang der Verpachtung, über die im Verwaltungsverfahren nur unzureichende Darstellungen gegeben worden sind, festzustellen. Dem Beschwerdefall liegt ein nach den Behauptungen des Beschwerdeführers bloß "mündlich" abgeschlossenes Rechtsgeschäft zwischen ihm und der F-GmbH, an der der Beschwerdeführer mit 90 % beteiligt war, zugrunde; Angaben darüber, wer Geschäftsführer der GmbH war, finden sich dabei in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten nicht. An die Anerkennung derartiger Rechtsgeschäfte sind aber im Abgabenrecht ebenso strenge Maßstäbe anzulegen wie an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen. Derartige Abmachungen müssen demnach von vornherein ausreichend klar sein und einem Fremdvergleich standhalten (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/13/0194). Die belangte Behörde wäre daher zu entsprechenden Ermittlungen über den tatsächlichen Inhalt der behaupteten Rechtsgeschäfte verpflichtet gewesen. Da sie derartige Ermittlungen unterlassen hat, hat sie Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, sodaß der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, wobei darauf hinzuweisen ist, daß im pauschalierten Schriftsatzaufwand Umsatzsteuer bereits enthalten ist.