VwGH vom 06.07.2006, 2003/15/0123
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner, Rechtsanwälte OEG in 1070 Wien, Mariahilferstraße 20, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/0055-W/02, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1994 als unbegründet abgewiesen. Nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens stellte die belangte Behörde den als erwiesen angenommenen Sachverhalt wie folgt dar: Der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom den Auftrag für Schalungsarbeiten erhalten. Der Auftrag habe Lieferungen und Leistungen laut Leistungsverzeichnis im Gesamtwert von netto S 3,450.410,-- zuzüglich 20 % USt. S 690.082,--, das sei eine Bruttoauftragssumme von S 4,140.492,-- erhalten. Nach dem Auftragsschreiben seien die Rechnungen monatlich in Form von Teilrechnungen vorzulegen. Im Punkt 7. sehe das Auftragsschreiben zusätzliche Vereinbarungen vor. Für Regiearbeiten bestimme der Punkt 7.2), dass Zusatz- und Regieleistungen einer gesonderten Beauftragung bedürften. Die Anerkennung erfolge nur in dem Umfang, in dem diese Leistungen bestätigt und anerkannt worden seien. Für Zusatz- und Regieleistungen gälten die Einheitspreise des Hauptauftrages und alle darauf gewährten Nachlässe als vereinbart. Der Regiestundensatz betrage S 300,-- (dieser Betrag sei handschriftlich gestrichen und S 360,-- beigefügt worden).
Im angeschlossenen Leistungsverzeichnis seien die einzelnen Leistungen mit Positionsnummer, Bezeichnung der Leistung, Quadratmeterzahl, Preis pro Quadratmeter und der Gesamtkosten der einzelnen Leistung angeführt worden.
Mit Schlussrechnung vom habe der Beschwerdeführer gegenüber dem Auftraggeber für den Leistungszeitraum bis (richtig wohl: 1994) mit einer Rechnungssumme von brutto S 3,275.338,24 (netto S 2,729.448,53) abgerechnet. Im Schreiben vom zu dieser Schlussrechnung habe der Beschwerdeführer erklärt, dass er die von der Bauleitung endgültig festgestellte Schlussabrechnung von insgesamt S 3,275.338,24 inklusive 20 % MWSt. für sämtliche Leistungen der Firma aus obigem Titel einschließlich aller Nebenleistungen bis zum heutigen Tage vorbehaltslos anerkenne, dass er auf diese Leistungen insgesamt S 2,416.649,82 an Teilzahlungen erhalten habe und nach Erhalt der Restzahlung von S 858.688,42 keinerlei Forderungen aus obigem Titel mehr zu stellen berechtigt sei.
Der Beschwerdeführer habe laut der mit ihm aufgenommenen Niederschrift vom angegeben, dass es für die in der Rechnung vom erfassten Leistungen im Zeitraum bis keine offizielle Abnahme gegeben habe. Über die erbrachten Leistungen seien monatlich Massenaufstellungen erstellt und vom Auftraggeber geprüft worden. Laut der geprüften Aufstellung seien die monatlichen Teilrechnungen erstellt worden. Die Rechnung vom sei auf Grund dieser Teilrechnungen für den Leistungszeitraum vom bis erstellt und vom Auftraggeber geprüft und anerkannt worden. Die Leistungen für den Zeitraum ab seien für den gleichen Bauabschnitt erbracht und nach tatsächlich geleisteten Stunden, nicht nach Massenaufstellung, abgerechnet worden. Mit den Regierechnungen sei nach geleisteten Stunden abgerechnet und diese Rechnungen seien laufend als Erlös verbucht worden. In der Abrechnung über Regiestunden vom seien geleistete Regiestunden im Zeitraum 13. bis und Stunden laut Aktennotiz vom angeführt und insgesamt 169 Regiestunden a S 360,-- in Rechnung gestellt.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ging die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer das Zimmermeistergewerbe ausübe und den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittle. Es seien daher die einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen über die Gewinnrealisierung zu berücksichtigen. Der Grundsatz der Gewinnrealisierung bedeute, dass ein Gewinn erst dann ausgewiesen werden dürfe, wenn er durch einen Umsatz verwirklicht worden sei, also die Leistung erbracht worden sei. Teilleistungen rechtfertigten eine Gewinnrealisierung nur, soweit es sich um abgrenzbare Leistungen handle. Sie seien dann der Gewinnperiode zuzurechnen, in der die Teilleistung erbracht worden sei.
Strittig sei, ob die vom Beschwerdeführer für den Leistungszeitraum 25. April bis abgerechneten Leistungen fertige, noch nicht abgerechnete Leistungen oder - wie der Beschwerdeführer meine - halbfertige Arbeiten darstellten. Nach Auffassung der belangten Behörde sei von einer abgrenzbaren Teilleistung auszugehen. In der Schlussrechnung vom werde der Leistungszeitraum mit 25. April bis angegeben; es werde über die beauftragten Leistungen laut Leistungsverzeichnis abgerechnet. Im Schreiben vom habe der Beschwerdeführer diese Schlussrechnung für sämtliche Leistungen aus obigem Titel anerkannt. Nach dem Inhalt der mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift vom habe es für die in dieser Rechnung erfassten Leistungen keine offizielle Abnahme gegeben. Nach dem Auftragsschreiben vom sei für Regiearbeiten eine gesonderte Beauftragung erforderlich. Diese Regieleistungen seien nach geleisteten Arbeitsstunden gesondert abgerechnet worden. Nach dieser Schlussrechnung sei weder eine weitere "Teilrechnung" noch eine "Schlussrechnung" gefolgt, sodass der Auffassung des Beschwerdeführers, die Schlussrechnung vom sei eine Teilrechnung, nicht gefolgt werden könne. Die im Leistungsverzeichnis des Auftrages vom angeführten Leistungen seien bis durchgeführt worden. Dies sei einerseits aus der Schlussrechnung ersichtlich und andererseits daraus, dass für die Zeiträume nach dem nur mehr Regieleistungen mit Stundensätzen abgerechnet worden seien. Die vom Beschwerdeführer angesprochene Differenz zwischen der Summe der Schlussrechnung (netto S 2,729.448,53) und der Auftragssumme (netto S 3,540.410,--) ergebe sich nicht etwa daraus, dass Teile der laut Leistungsverzeichnis beauftragten Arbeiten noch nicht erbracht worden wären, sondern daraus, dass die tatsächlich erbrachten Leistungen insgesamt von den Leistungen laut Leistungsverzeichnis mengenmäßig abwichen. So könne beispielsweise auf die Position 2 des Leistungsverzeichnisses verwiesen werden, in der 5.365 m2 Schalung Wand beauftragt worden sei und dagegen aus der Schlussrechnung ersichtlich sei, dass die Schalung Wand mit 3.469,36 m2 abgerechnet worden sei. Der Hinweis des Beschwerdeführers, dass bis zur Fertigstellung des Bauabschnittes noch Rechnungen in Höhe von S 483.720,-- netto gelegt worden seien, gehe deshalb ins Leere, weil dies nicht Leistungen laut Leistungsverzeichnis betreffe, sondern die Abrechnung von gesondert beauftragten Regieleistungen.
Das vom Beschwerdeführer vorgelegte Schreiben des Auftraggebers vom bestätige, dass der Auftrag vom im Bereich der Achsen 44-47 sämtliche für diesen Bereich erforderliche Schalungsarbeiten umfasst habe. Diese Arbeiten seien in der Zeit vom bis ausgeführt worden, wobei die in den LV-Positionen erfassten Leistungen mit der Rechnung vom abgerechnet worden seien. Zusätzlich zu den LV-Positionen seien auf Anordnung der Bauleitung noch diverse Regiearbeiten durchzuführen gewesen, welche dem Bauablauf entsprechend ebenfalls in der Zeit vom bis auszuführen gewesen seien.
Der Beschwerdeführer sei mit seinen Ausführungen, er habe schon seit jeher vom "Wahlrecht des § 6 EStG bzw. EStR 33 (2)" Gebrauch gemacht, und die Gewinnrealisierung bei langfristigen Fertigungen erst zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Leistung angesetzt, und daher auch im vorliegenden Fall der Ansatz der halbfertigen Arbeiten gerechtfertigt sei, darauf zu verweisen, dass ein Wahlrecht in diesem Sinne nicht eingeräumt werde. Denn, wenn im Rahmen langfristiger Fertigungen, insbesondere Bauleistungen die in mehrere Wirtschaftsjahre fallen, keine abgrenzbaren Teilleistungen erbracht werden, sei bei der Gewinnermittlung eine Gewinnrealisierung erst im Zeitpunkt der Lieferung zulässig. Das von den EStR 1984 Abschnitt 33 Abs. 2 eingeräumte Wahlrecht habe nicht den hier vorliegenden Fall betroffen, dass bei langfristigen Fertigungen der auf den hergestellten Teil jeweils entfallende Gewinn alljährlich ausgewiesen werden könne, auch wenn eine abgrenzbare Teilleistung nicht vorliege. Im gegenständlichen Verfahren liege aber eine abgrenzbare Teilleistung vor und trete daher die Gewinnrealisierung ein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, nach dem Gesamtauftrag seien Schalungsarbeiten "laut Leistungsverzeichnis und auf Regie" durchzuführen gewesen. Diese würden wirtschaftlich und technisch und damit risikomäßig eine Gesamtleistung darstellen. Diese Aufträge seien zum Bilanzstichtag des Jahres 1994 nicht fertig gestellt und auch nicht abgenommen worden. Sowohl die Fertigstellung als auch die Abnahme seien erst im Jahr 1995 erfolgt. Es sei auch nicht festgestellt worden, wann der Realisierungstatbestand, nämlich der Zeitpunkt der offiziellen Abnahme, gesetzt worden sei.
Der Beschwerdeführer ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988. Gewinn ist demnach der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. müssen Steuerpflichtige die Vermögensübersicht (Jahresabschluss, Bilanz) nach den allgemeinen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung erstellen. Diese allgemeinen Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung umfassen auch die Bewertungsgrundsätze, wozu auch das hier in Rede stehende Realisationsprinzip zählt. Die Beachtung dieses Prinzips ermöglicht die willkürfreie Periodisierung von Erträgen. Nach diesem Prinzip dürfen Gewinne erst dann ausgewiesen werden, wenn sie realisiert sind. Gewinnrealisierung darf erst angenommen werden, wenn der Gewinn durch einen Umsatz verwirklicht, also die Leistung erbracht ist. Bei Dauerschuldverhältnissen erfolgt sie pro rata temporis; die Gewinne werden bei solchen durch kontinuierliche Leistungserbringung gekennzeichneten Vertragsverhältnissen laufend nach Maßgabe der Leistungserbringung realisiert und sind daher jedenfalls zum jeweiligen Bilanzstichtag auszuweisen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom , 99/14/0112, m.w.N.).
Der Beschwerdeführer meint, von einer Gewinnrealisierung zum Bilanzstichtag des Jahres 1994 könne nicht gesprochen werden, weil der Gesamtauftrag, nämlich Schalungsarbeiten "laut Leistungsverzeichnis und auf Regie," erst im Jahr 1995 fertig gestellt worden sei und auch erst die Abnahme erfolgt sei.
Die belangte Behörde geht von einer abgrenzbaren Teilleistung der in der Schlussrechnung vom bezeichneten Leistungen aus.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Gewinnrealisierung bei Bauleistungen auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums in Form der Übertragung der faktischen Verfügungsmöglichkeit abzustellen. Der Zeitpunkt der Legung der Schlussrechnung ist nicht maßgeblich. Vielmehr ist aus dem Gesamtbild der Verhältnisse der Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht zu ermitteln (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 99/15/0148, vom , 97/14/0117, und vom , 91/14/0190).
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, dass der Beschwerdeführer laut Auftragsschreiben vom genau bestimmte Lieferungen und Leistungen laut beiliegendem Leistungsverzeichnis übernommen hat. Der Beschwerdeführer hat mit der Schlussrechnung vom die Leistungen laut Leistungsverzeichnis abgerechnet. Dies bestätigte er mit seinem Schreiben vom an seinen Auftraggeber. Auch sein Auftraggeber bekundet im Schreiben vom , dass "die in den LV-Positionen erfassten Leistungen" mit der Rechnung vom abgerechnet wurden. Laut unstrittigem Inhalt der Rechnung wurden diese Arbeiten vom 25. April bis erbracht. Damit handelte es sich bei diesem Leistungsumfang aus der Sicht des Zeitpunktes um fertige, noch nicht abgerechnete Leistungen. Ein Zusammenhang mit Regiearbeiten, wie sie nach Punkt 7.2) des Auftragsschreibens möglich sind, ist nicht zu ersehen. Solche Regieleistungen bedürfen nach dieser Regelung einer gesonderten Beauftragung. Dies bedeutet, dass sie dem Auftragsumfang laut den "LV-Positionen" des Auftragsschreibens nicht angehören. Abgesehen von dieser vereinbarten gesonderten Beauftragung kann dem Auftragsschreiben nicht entnommen werden, dass die Arbeiten laut Leistungsverzeichnis jedenfalls durch Regieleistungen zu ergänzen wären und der Beschwerdeführer jedenfalls mit solchen zusätzlichen Aufträgen betraut werden müsse. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer Regieaufträge gemäß Auftragsschreiben Punkt 7.2) erhalten hat und diese auch noch nach Abschluss der Arbeiten laut Leistungsverzeichnis und vor allem auch noch über den Jahreswechsel hinaus vollführt hat, ändert daran nichts, dass es sich bei den Leistungen gemäß den "LV-Positionen" um eigenständige, abgeschlossene Aufträge handelt. Bei den Regiearbeiten handelt es sich wiederum um selbständige, in sich abgeschlossene Aufträge. Der Auffassung des Beschwerdeführers, dass die Arbeiten laut Leistungsverzeichnis und die auf Grund gesondert erteilter Regieaufträge erbrachten Leistungen eine wirtschaftliche Einheit darstellen, kann somit nicht gefolgt werden.
Auf das Vorbringen, die in der Schlussrechnung abgerechneten Leistungen seien im Jahr 1994 nicht abgenommen worden, ist Folgendes zu erwidern: Dieses Beschwerdevorbringen negiert die Feststellungen der belangten Behörde auf Grund der mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift vom . Demnach hat der Beschwerdeführer über die erbrachten Leistungen monatlich Massenaufstellungen erstellt, die vom Auftraggeber überprüft wurden. Auf Grund dieser Überprüfung wurden vom Beschwerdeführer monatliche Teilrechnungen erstellt und die hier in Rede stehende Rechnung vom ist auf Grund dieser Teilrechnungen über den Leistungszeitraum vom 25. April bis ergangen. Damit ist aber klar gestellt, dass die Arbeiten vom Auftraggeber abgenommen wurden. Eine andere Art der Abnahme durch den Auftraggeber kann weder dem Auftragsschreiben entnommen werden, noch hat der Beschwerdeführer ein diesbezügliches Vorbringen erstattet. Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage von einer Verschaffung der Verfügungsmacht spätestens am ausgegangen ist, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.
Die Beschwerde vermag daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen; sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am