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VwGH vom 16.12.2003, 2003/15/0110

VwGH vom 16.12.2003, 2003/15/0110

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Finanzamtes Bregenz gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , RV/0146-F/02, betreffend Einkommensteuer 1997, Berichtigung nach § 293b BAO (Mitbeteiligter: Dr. J), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte erwarb 1994 ein Immobilienobjekt zum Zwecke der Vermietung. Er tätigte Herstellungsaufwendungen in Form von Assanierungsaufwendungen nach dem Stadterneuerungsgesetz und machte die Abschreibung nach § 28 Abs 3 EStG 1988 in Form von Fünfzehntel-Beträgen geltend.

Bei der Veranlagung 1996 anerkannte das Finanzamt die Abschreibung in Form von Fünfzehntel-Beträge nicht und berücksichtigte lediglich die AfA nach § 16 Abs 1 Z 8 EStG. Zur Begründung führte es aus, mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 201, sei für Assanierungsaufwendungen aufgrund des Stadterneuerungsgesetzes die Möglichkeit der Absetzung in Form von Fünfzehntel-Beträgen - ab der Veranlagung 1996 - beseitigt worden.

Eine gegen den Einkommensteuerbescheid 1996 erhobene Berufung wurde mit Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion vom abgewiesen.

Wie sich aus der im Dezember 1998 eingereichten Einkommensteuererklärung für 1997 ergibt, erzielte der Mitbeteiligte seit der zweiten Jahrehälfte 1997 Mieteinnahmen aus der Vermietung der in Rede stehenden Immobilie. Die Beilage zur Abgabenerklärung zeigt auf, dass der Mitbeteiligte bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1997 wiederum Fünfzehntel-Beträge abgesetzt hat.

Das Finanzamt nahm die Veranlagung zur Einkommensteuer 1997 mit Bescheid vom erklärungsgemäß vor.

Mit Ausfertigungsdatum erging ein gemäß § 295 Abs 1 BAO geänderter Einkommensteuerbescheid 1997, mit welchem einer in einem Feststellungsbescheid ausgewiesenen Gewinntangente (betreffend Einkünfte aus Gewerbebetrieb) Rechnung getragen worden ist.

In der Folge erließ das Finanzamt gemäß § 293b BAO einen berichtigten Einkommensteuerbescheid mit Ausfertigungsdatum . Die Berichtigung bestand dabei darin, dass zum Zwecke der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht mehr die in Rede stehenden Fünfzehntel-Beträge (sondern lediglich AfA-Beträge iSd § 16 Abs 1 Z 8 EStG) abgezogen wurden.

In der Berufung gegen den berichtigten Einkommensteuerbescheid führte der Mitbeteiligte aus, er habe in der Einkommensteuererklärung 1997 die Absetzung der Fünfzehntel-Beträge für Assanierungen aufgrund des Stadterneuerungsgesetzes beibehalten und dies in der Beilage zur Abgabenerklärung offen ausgewiesen. Gemäß § 293b BAO dürfe die Abgabenbehörde lediglich offensichtliche Unrichtigkeiten berichtigen. Vertretbare Rechts- und Tatsachenbeurteilungen seien allerdings nicht als offensichtliche Unrichtigkeiten anzusehen. Artikel in Fachzeitschriften sowie Gutachten würden belegen, dass es rechtlich vertretbar gewesen sei, die Absetzung von Fünfzehntel-Beträgen beizubehalten. Das Finanzamt sei daher nicht berechtigt, den Einkommensteuerbescheid nach der Vorschrift des § 293b BAO zu berichtigten.

Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Die in der Berufung genannten Literaturbeiträge führten lediglich aus, mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 könnte - wegen der darin enthaltenen Fülle an Verfassungsbestimmungen - die Grenze zur Gesamtänderung der Verfassung überschritten sein. Unter welchen Voraussetzungen ein Verstoß gegen Art 44 Abs 3 B-VG vorliege, entscheide allerdings ausschließlich der Verfassungsgerichtshof. Dieser habe mit Erkenntnis vom , B 342/98, die rückwirkende Beseitigung der begünstigten Absetzung von Assanierungsaufwendungen aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht beanstandet. Der Normzweck des § 293b BAO liege darin, die typischerweise bei so genannten Soforteingabefällen unterlaufenen Fehler zu beseitigen. Diese Verfahrensbestimmung bilde eine Handhabe gegen Steuerpflichtige, die darauf hofften, dass offensichtliche Unrichtigkeiten in der Abgabenerklärung im Zuge der Veranlagung (insbesondere bei Soforteingabefällen) übersehen würden.

Nachdem der Mitbeteiligte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt hatte, gab die belangte Behörde der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid Folge und hob den gemäß § 293b BAO berichtigten Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes auf. § 293b BAO eröffne der Abgabenbehörde die Möglichkeit, einen Bescheid zu berichtigen, wenn er auf der Übernahme einer unvertretbaren Rechtsansicht aus einer Abgabenerklärung beruhe. Eine Rechtsansicht sei allerdings dann vertretbar, wenn sie schon einmal in Lehre und Rechtsprechung aufgeschienen sei. Es komme darauf an, ob die irrige Rechtsauffassung mit einem Teil der Lehre oder Rechtsprechung in Einklang stehe.

Im gegenständlichen Fall könne nicht in Abrede gestellt werden, dass in der Literatur von anerkannten Fachleuten die Rechtsansicht, wonach die Absetzung der Fünfzehntel-Beträge bei Alt-Investitionen (vor 1996 getätigte Investitionen) weiterhin zulässig sei, mit schlüssig erscheinenden Argumenten vertreten worden sei. Eine höchstgerichtliche Klärung der Streitfrage, die von den Gesetzesmaterialien einerseits und von den vom Mitbeteiligten in der Berufung genannten Fachautoren anderseits gegensätzlich beantwortet worden sei, habe erst das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 342/98, erbracht. Bis zum Ergehen dieses Erkenntnisses, sohin auch noch bei Einreichung der Abgabenerklärung für das Jahr 1997, sei der Standpunkt des Mitbeteiligten vertretbar gewesen. Beruhe der berichtigte Einkommensteuerbescheid auf einer im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung vertretbaren Rechtsauffassung, dann fehle es an einem für die Bescheidberichtigung nach § 293b BAO erforderlichen Tatbestandsmerkmal. Die Bescheidberichtigung sei daher rechtswidrig.

Gegen diesen Bescheid erhob das Finanzamt gemäß § 292 BAO idF des AbgRmRefG, BGBl. I 2002/97, Beschwerde an den Verwaltungsgerichthof.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 293b BAO lautet:

"Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht."

§ 293b BAO setzt voraus, dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt, wobei diesem Inhalt eine offensichtliche Unrichtigkeit zu Grunde liegt. Dies wird dann zu bejahen sein, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Unrichtigkeit kann sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen (vgl das hg Erkenntnis vom , 97/13/0230).

Ob eine offensichtliche Unrichtigkeit im Hinblick auf die übernommene Rechtsauffassung vorliegt, ist anhand des Gesetzes und vor allem auch der dazu entwickelten Rechtsprechung zu beurteilen. Bestünde behördlicherseits bei entsprechender Prüfung von vornherein die Gewissheit, dass die in der Abgabenerklärung vertretene Rechtsansicht unrichtig ist, so liegt aus der Sicht der Abgabenbehörde eine offensichtliche Unrichtigkeit vor (vgl das hg Erkenntnis vom , 98/13/0180).

Offensichtliche Unrichtigkeit liegt vor, wenn sie ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar ist (Stoll, BAO-Kommentar, 2831).

Nach § 28 Abs 3 EStG 1988 in der Fassung vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 201, welches als 63. Stück des Bundesgesetzblattes am ausgegeben wurde, konnten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Assanierungsaufwendungen auf Grund des Stadterneuerungsgesetzes, soweit sie Herstellungsaufwendungen darstellen, über Antrag gleichmäßig verteilt auf 15 Jahre abgesetzt werden.

Durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 wurde § 28 Abs 3 Z 3 EStG 1988 neu gefasst; die Neufassung enthält die Möglichkeit der beschleunigten Absetzung von Assanierungsaufwendungen nicht mehr. Der dem EStG 1988 gleichzeitig eingefügte § 124a (Verfassungsbestimmung) ordnet in Z 2 an, dass unter anderem § 28 Abs 3 Z 3 EStG in der Fassung dieser Novelle erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1996 anzuwenden ist.

Die Erläuterungen der Regierungsvorlage zum Strukturanpassungsgesetz (72 BlgNR 20. GP) führen dazu aus (259):

"Für Assanierungsaufwendungen auf Grund des Stadterneuerungsgesetzes, soweit diese Aufwendungen Herstellungsaufwand darstellen, soll ab der Veranlagung 1996 die begünstigte Abschreibung entfallen. Damit wird im Bereich des Wohnbaues und der Wohnhaussanierung dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, die steuerliche Förderung auf die volkswirtschaftlich wichtigsten baulichen Maßnahmen zu konzentrieren. Die begünstigte Abschreibung für den Assanierungs-Herstellungsaufwand entfällt sowohl im betrieblichen Bereich als auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Infolge des Wegfalles der begünstigten Abschreibung kann Assanierungs-Herstellungsaufwand nur mehr mit den AfA-Sätzen des § 8 Abs 1 bzw. des § 16 Abs 1 Z 8 abgeschrieben werden. Auf diese Abschreibung ist auch umzustellen, wenn aus der begünstigten Abschreibung eines früheren Assanierungs-Herstellungsaufwandes restliche Teilbeträge verblieben sind. Hier ist also die AfA vom ursprünglichen Assanierungs-Herstellungsaufwand unter Anwendung der AfA-Sätze des § 8 Abs 1 bzw. des § 16 Abs 1 Z 8 zu berechnen und die so berechnete AfA solange mit dem restlichen Assanierungs-Herstellungsaufwand zu verrechnen, bis der restliche Assanierungs-Herstellungsaufwand gänzlich abgeschrieben ist."

Im Erkenntnis vom , B 342/98, bestätigt der Verfassungsgerichtshof, dass die Beseitigung der Absetzung von Fünfzehntel-Beträgen ab der Veranlagung 1996 auch für vor dem Jahr 1996 getätigte Investitionen gilt. Dies ergebe sich aus dem Gesetzestext und den Materialien. Anhaltspunkte für eine andere Auffassung bestünden nicht. Im Einzelnen führt der Verfassungsgerichtshof aus:

"Auszugehen ist davon, dass § 28 Abs 3 Z 3 EStG 1988 sowohl in der Stamm- wie in der Neufassung die mit dem Ablauf der Zeit fortschreitende Abschreibung von Wirtschaftsgütern regelt und daher zwar an einen bestimmten Vorgang - die Aufwendung - anknüpft, aber dessen fernere Auswirkung im jeweiligen Steuerjahr zum Gegenstand hat. Wird eine solche Regelung geändert, so bedeutet das jedenfalls mangels abweichender Anhaltspunkte, dass mit dem Inkrafttreten der Änderung die Wirkungen in bezug auf die beginnende oder im Zuge befindliche Abschreibung eintreten, die sich auf Grund der Änderung ergeben. Legt der Gesetzgeber das Inkrafttreten in der Weise fest, dass die geänderte Bestimmung erstmals bei der Veranlagung für ein bestimmtes Kalenderjahr anzuwenden ist, richten sich die Wirkungen der seinerzeitigen Aufwendungen solcherart ab diesem Jahr nach der geänderten Bestimmung. ...

Mit dem Befund aus dem Gesetzestext stimmen die Materialien überein."

Im genannten Erkenntnis B 342/98 stellt der Verfassungsgerichtshof sodann auch fest, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Beseitigung der Absetzbarkeit der Fünfzehntel-Beträge (auch für vor dem Jahr 1996 getätigte Investitionen) bestehen, zumal der Gesetzgeber die Inkrafttretensregelung als Verfassungsbestimmung normiert hat. Er schließt aus, dass ein Fall von - vor dem Hintergrund des Art 44 Abs 3 B-VG - "verfassungswidrigem Verfassungsrecht" vorliegt. Der Verfassungsgerichtshof führt aus,

"der die übergangslose Änderung verfügende § 124a EStG steht im Verfassungsrang. Eine Verfassungswidrigkeit käme daher nur wegen Verstoßes gegen Art 44 Abs 3 B-VG in Betracht. Eine Gesamtänderung der Bundesverfassung wäre aber - entgegen den in diese Richtung zielenden Ausführungen der Beschwerde - im Fehlen geeigneter Einschleifbestimmungen beim Übergang zu einer neuen Rechtslage jedenfalls dann nicht zu erblicken, wenn es sich, wie hier, um einen Teil eines umfassenden budgetären 'Maßnahmenpakets' zum Konsolidierungsprogramm der Bundesregierung für den Bundeshaushalt handelt (vgl. VfSlg. 14888/1997), das einer großen Zahl unterschiedlicher Personengruppen ins Gewicht fallende Vorteile entzieht oder nicht unbeträchtliche Belastungen auferlegt. Wenngleich auch dem Verfassungsgesetzgeber im Sinn des Art 44 Abs 1 B-VG der Gleichheitssatz nicht zur beliebigen Disposition steht, weil er als ein wesentlicher Bestandteil der Grundrechtsordnung und des demokratischen Baugesetzes einen nicht ohne Volksabstimmung nach Art 44 Abs 3 B-VG abänderbaren festen Kern hat, bleibt nämlich doch ein gewisser Spielraum zu seiner (verfassungsgesetzlichen) Konkretisierung oder - wie hier - zu einer punktuellen Durchbrechung in besonderen Sachlagen."

Für den Beschwerdefall ist festzustellen, dass nach der einfachgesetzlichen Rechtslage (EStG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996) im Hinblick auf den klaren Wortlaut des Gesetzes und den mit dem Gesetzestext übereinstimmenden Materialien (und dem Fehlen entgegenstehender Rechtsprechung) kein Zweifel bestehen konnte, dass die Absetzbarkeit von Fünfzehntel-Beträgen auch für vor dem Jahr 1996 getätigte Herstellungen ab der Veranlagung 1996 nicht mehr möglich ist. Die Einkommensteuererklärung 1997 brachte daher eine offensichtlich unrichtige Rechtsauffassung zum Ausdruck (die das Finanzamt bereits bei der Veranlagung für 1996 als unrichtig erkannt hat). Solcherart lag der Einkommensteuerveranlagung für 1997 die Übernahme einer offensichtlich unrichtigen Rechtsauffassung aus der Abgabenerklärung zugrunde.

Der Auffassung der belangten Behörde, wonach schon dann keine zur Bescheidänderung nach § 293b BAO berechtigende offensichtlich unrichtige Rechtsauffassung gegeben sei, wenn sich ein Teil der Fachliteratur dieser Rechtsauffassung angeschlossen habe, kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden, hätte es doch ansonsten der Steuerpflichtige in der Hand, entsprechende Rechtsfolgen gezielt herbeizuführen, indem er das Erscheinen eines mit seiner Rechtsauffassung korrespondierenden Fachartikels veranlasst.

Für den gegenständlichen Fall ist auch darauf zu verweisen, dass der Berichtigungsbescheid vom den (aufgrund der Bestimmung des § 295 BAO ergangenen) Einkommensteuerbescheid vom berichtigt. Mit diesem zu berichtigenden Bescheid wurde die der Abgabenerklärung des Beschwerdeführers zugrunde liegende Rechtsauffassung (wie bereits im Einkommensteuerbescheid vom ) übernommen. Bei Erlassung des Einkommensteuerbescheides vom waren Zweifel an der Auslegung der in Betracht kommenden Bestimmungen des EStG 1988 aber jedenfalls ausgeschlossen, weil zu diesem Zeitpunkt das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 342/98, bereits ergangen war. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes stellt die in § 293b BAO tatbestandsmäßig vorausgesetzte "Übernahme" offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen auf den Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides ab. Eine "Übernahme" erfolgt nämlich nicht schon durch die Einreichung der Abgabenerklärung, sondern durch die Erlassung von der Abgabenerklärung entsprechenden Bescheiden.

Die Beurteilung, dass das Finanzamt im gegenständlichen Fall bei der Erlassung des Berichtigungsbescheides vom Fall der Übernahme einer offensichtlich unrichtigen Rechtsauffassung ausgehen durfte, erfährt aus nachstehend angeführten Gründen auch durch das Argument, dass die mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 unter Verwendung einer Verfassungsbestimmung bewirkte Beseitigung der Absetzung der Fünfzehntel-Beträge aus dem Blickwinkel des Art 44 Abs 3 B-VG hätte verfassungswidrig sein können (was erst durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes B 342/98 verneint worden sei), keine Änderung.

Die Abgabenbehörde ist zum Vollzug von ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen verpflichtet. Die bloße Möglichkeit der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes ändert daran nichts. Selbst wenn sich die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen ein Gesetz als zutreffend erweisen, scheidet das Gesetz erst nach seiner Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof (gegebenenfalls unter Setzung einer Frist nach Art 140 Abs 7 B-VG) aus dem Rechtsbestand aus. Da die Abgabenbehörde das ordnungsgemäß kundgemachte Gesetz bis zu seiner Aufhebung ungeachtet der Möglichkeit seiner Verfassungswidrigkeit anzuwenden hat, bildet dieses auch den Rahmen für die Beurteilung der zur Bescheidberichtigung nach § 293b BAO berechtigenden offensichtlichen Unrichtigkeit einer Rechtsauffassung.

Dieser Rechtsauslegung steht nicht entgegen, dass im Rahmen der Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO bei Beurteilung der Frage, ob eine Berufung "nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint", auch Bedenken des Berufungswerbers gegen die Verfassungsmäßigkeit der anzuwendenden generellen Norm Berücksichtigung finden, wie dies die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 131/95). Trägt der Berufungswerber nämlich seine Normbedenken im Verfahren nach Art 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heran, und erkennt dieser auf Aufhebung der Norm wegen ihrer Verfassungswidrigkeit, gelangt die Berufung des Berufungswerbers letztlich (im fortgesetzten Verfahren) idR zum Erfolg. Im Rahmen des § 293b BAO kommt es aber nicht auf die Einschätzung der Erfolgsaussichten einer Berufung unter Einbeziehung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof an, sondern auf die Beurteilung des von der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides und des Berichtigungsbescheides zu vollziehenden Rechts.

Der angefochtene Bescheid ist sohin mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am