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VwGH vom 16.12.2003, 2003/15/0021

VwGH vom 16.12.2003, 2003/15/0021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der Dr. G, Rechtsanwältin in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat I A) vom , RV 732/1- 8/02, betreffend Einkommensteuer 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 180 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist als Rechtsanwältin tätig. Sie ist seit 1993 geschieden. Im Streitjahr 2000 lebten in ihrem Haushalt ihre drei minderjährigen Kinder (Alter: 11, 13 und 14 Jahre).

In der Einkommensteuererklärung 2000 beantragte die Beschwerdeführerin die Berücksichtigung der Kosten einer Haushaltshilfe (182.895 S) als außergewöhnliche Belastung nach § 34 EStG. Zur Begründung brachte sie vor, sie erhalte für sich keine Unterhaltsleistungen und müsse daher einem Beruf nachgehen. Es bestehe ein zwangsläufiges Erfordernis der Kinderbetreuung.

Das Finanzamt anerkannte die geltend gemachten Kosten nicht als außergewöhnliche Belastung. Die Einkünfte der Beschwerdeführerin hätten sich im Verhältnis zum Vorjahr mehr als verdoppelt, weshalb die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht mehr außergewöhnlich sei. Zudem sei im Hinblick auf das Alter der Kinder eine ständige Kinderbetreuung nicht erforderlich.

In der Berufung verwies die Beschwerdeführerin darauf, dass sie vom Jahreseinkommen iSd § 2 Abs 2 EStG von 838.240 S ca 300.000 S Einkommensteuer zu entrichten habe. Vom verbleibenden Jahreseinkommen von 538.140 S müsse sie die Kosten für die Haushaltshilfe zur Betreuung ihrer Kinder tragen. Diese Kosten betrügen mehr als ein Drittel ihres Nettoeinkommens. Bei den gegebenen Einkommensverhältnissen sei lediglich die stundenweise Beschäftigung einer Haushaltshilfe allgemein üblich; die Kosten einer solchen Haushaltshilfe überstiegen kaum die Geringfügigkeitsgrenze.

Die Beschwerdeführerin sei seit ihrer Scheidung alleinstehend und erhalte für sich keine Unterhaltsleistungen. Sie müsse daher einer Berufstätigkeit nachgehen. Der Beruf als Rechtsanwältin sei unvermeidlich mit großem Zeitraufwand verbunden (Arbeitszeit täglich 10 Stunden oder mehr, teilweise Arbeit auch am Wochenende). Die Kinder seien im Streitjahr 11, 13 und 14 Jahre alt geworden. Kinder in diesem Alter bedürften der Betreuung und der regelmäßigen Beaufsichtigung. Die Haushaltshilfe komme mittags und bereite den Kindern, die zu unterschiedlichen Zeiten von der Schule kämen, das Mittagessen. In der Folge beaufsichtigte sie die Kinder bei der Ausführung der Hausaufgaben. Des weiteren habe sie Erziehungsaufgaben wahrzunehmen. Sie entscheide, ob die Kinder weggehen dürften, wohin sie gingen und wann sie wieder zurückkommen müssten. Sie sei auch die Ansprechperson für die Kinder. Mit 28 Wochenstunden sei die Arbeitszeit der Haushilfe ohnedies auf das Mindestmaß beschränkt. Würde die Beschwerdeführerin die Kinder nach Schulschluss sich selber überlassen, würde sie der vom Gesetz auferlegten Verpflichtung zur Pflege und Erziehung nicht nachkommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Beschäftigung einer Haushaltshilfe durch eine alleinstehende Mutter minderjähriger Kinder könne nur ausnahmsweise zu außergewöhnlichen Belastungen führen. Aufwendungen für die Haushaltshilfe seien insbesondere dann kein Grund für eine Steuerermäßigung nach § 34 EStG, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie der Familienstand des Steuerpflichtigen die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht als außergewöhnlich erscheinen lasse. Das Nettoeinkommen der Beschwerdeführerin errechne sich wie folgt:


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Gesamtbetrag der Einkünfte (ohne Abzug der Sonderausgaben)
879.240 S
Einkommensteuer
-300.100 S
Zwischensumme
579.140 S
Unterhalt für Kinder
162.000 S
Familienbeihilfe
67.500 S
Nettoeinkommen
808.640 S.

Nach Ansicht der belangten Behörde sei bei derartigen Einkommensverhältnissen die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht mehr als außergewöhnlich anzusehen, sondern bereits im Bereich der normalen Lebensführung angesiedelt.

Mangels Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen brauche auf die Frage der Zwangsläufigkeit einer Haushaltshilfe nicht mehr eingegangen zu werden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen (nach Abzug der Sonderausgaben) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Sie muss außergewöhnlich sein.
2.
Sie muss zwangsläufig erwachsen.
3.
Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
Die Belastung darf zudem weder Betriebsausgaben, Werbungskosten
noch Sonderausgaben sein.
"Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:

1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a und c abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.

2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind, das nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört und für das weder der Steuerpflichtige noch sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner Anspruch auf Familienbeihilfe hat, sind durch den Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. b abgegolten.

3. Unterhaltsleistungen für den (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) sind durch den Alleinverdienerabsetzbetrag abgegolten.

4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.

5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen."

Im Verhältnis zu haushaltsangehörigen Kindern könnten die Aufwendungen für die Haushälterin unter Beachtung des § 34 Abs. 7 EStG 1988 jedenfalls nur dann Berücksichtigung finden, wenn diese beim Unterhaltsberechtigten selbst iSd § 34 Abs 7 Z 4 eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Das könnte etwa bei Pflegebedürftigkeit oder Krankheit der Fall sein (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, § 34 EStG 1988 Einzelfälle, Stichwort: Haushaltshilfe-Kinderbetreuung, und das hg Erkenntnis vom , 94/13/0207).

Dass die drei Kinder der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihr niedriges Alter noch betreuungsbedürftig gewesen sind, wurde von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren vorgebracht. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich bei Kindern der im Beschwerdefall betroffenen Altersgruppe ein Pflege- bzw Betreuungsbedürfnis nicht von vornherein und ohne nähere Begründung ausschließen. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid deshalb nicht mit der Frage der Zwangsläufigkeit auseinander gesetzt, weil sie bereits die Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen für eine Haushaltshilfe verneint hat.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg Erkenntnis vom , 96/15/0197, mwN) kann die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände eine Belastung nach sich ziehen, die für eine Steuerermäßigung nach § 34 EStG in Betracht kommt. Insbesondere sind Aufwendungen für eine Haushaltshilfe kein Grund für eine Steuerermäßigung, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Steuerpflichtigen in der Regel die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht mehr als außergewöhnlich erscheinen lassen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob eine Einkommens- oder Vermögenssituation vorliegt, bei der die Beschäftigung einer Haushaltshilfe ohnehin üblich ist.

Im Erkenntnis 96/15/0197 ist der Verwaltungsgerichtshof vom im Jahr 1992 bezogenen Netteeinkommen einer alleinerziehenden Mutter (Ärztin) von ca 700.000 S ausgegangen. Bei Ermittlung des Nettoeinkommens wurden dabei nicht nur die Beträge an Familienbeihilfe, sondern auch die Alimente für die beiden Kinder berücksichtigt, ist es doch nicht ausgeschlossen, Betreuungskosten für die Kinder (zum Teil) aus den für die Kinder bezogenen Unterhaltsbeträgen abzudecken. Der Verwaltungsgerichtshof hat es im zitierten Erkenntnis nicht als rechtswidrig angesehen, dass die Abgabenbehörde beim beschriebenen Nettoeinkommen die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht als außergewöhnlich angesehen hat.

Das im gegenständlichen Fall betroffene Streitjahr liegt acht Jahre nach dem im Erkenntnis 96/15/0197 geprüften Streitjahr (Geldwertentwicklung). Zudem betrifft der gegenständliche Fall eine alleinerziehende Mutter mit drei (zumindest für einen Teil des Streitjahres noch) unmündigen Kindern. Auch hat sich die Rechtslage infolge des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , G 290/91, insofern geändert, als in § 34 Abs 2 EStG die Wortfolge "und gleichen Familienstandes" entfallen ist und es sohin nur mehr auf den Vergleich innerhalb gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse ankommt (vgl Hofstätter/Reichel, aaO, § 34 Abs 2 EStG 1988, Tz 3). Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht schlüssig nachvollziehbar begründet, dass die Beschäftigung der Haushaltshilfe im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse zur Gänze im Bereich der normalen Lebensführung gelegen und daher nicht außergewöhnlich ist. Die belangte Behörde hätte sich im gegebenen Zusammenhang auch mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinander setzen müssen, dass bei den gegebenen Einkommensverhältnissen lediglich eine für wenige Stunden pro Woche beschäftigte Haushaltshilfe üblich wäre.

Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ihrer Begründungspflicht nicht hinreichend nachgekommen ist, erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 333/2003. Der Kostenersatz für den Schriftsatzaufwand war gemäß § 49 Abs 1 letzter Satz VwGG idF BGBl 88/1997 nicht zuzusprechen, weil die Beschwerdeführerin nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war.

Wien, am