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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.02.2025, RV/6100404/2023

Inanspruchnahme einer Haushaltshilfe bei Pflegebedürftigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag.Dr. Thomas Leitner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch PVZ Steuerberatungs GmbH, Mattigplatz 8, 5162 Obertrum/See, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2020 und Einkommensteuer 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Der Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2020 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt 2020 zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Der Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2021 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt 2021 zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin wurde für die Jahre 2019 und 2021 zunächst im Wege der antragslosen ArbeitnehmerInnenveranlagung zur Einkommensteuer veranlagt (Einkommensteuerbescheid 2019 vom ; Einkommensteuerbescheid 2021 vom ).

Am reichte die Beschwerdeführerin für das Jahr 2020 eine Einkommensteuererklärung ein und stellte betreffend die Jahre 2019 und 2021 jeweils einen Antrag auf Bescheidaufhebung gem § 299 BAO. Dabei wurden ua außergewöhnliche Belastungen aufgrund der Behinderung eines Kindes (2019: 10.390,91 Euro; 2020: 12.876,81 Euro; 2021: 16.549,93 Euro) sowie sonstige außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt (2019: 6.976,46 Euro; 2020: 15.510,56 Euro; 2021: 16.434,00 Euro) geltend gemacht.

Im Zuge eines Vorhalteverfahrens gab die Beschwerdeführerin in der Folge ua an, dass es sich bei den geltend gemachten sonstigen außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt um Aufwendungen für eine Haushaltshilfe handle. Die Beschwerdeführerin sei laut ärztlichem Attest nach einer Operation an der Wirbelsäule regelmäßig in ärztlicher Behandlung und leide zudem nach einem Oberschenkelhalsbruch immer wieder an Schmerzen. Der Bewegungsapparat der Beschwerdeführerin sei daher eingeschränkt und sei deshalb Schonung indiziert. Einem weiteren von der Beschwerdeführerin vorgelegten ärztlichen Schreiben zufolge sei die Beschwerdeführerin aufgrund der Wirbelsäulen-Beschwerden nicht dazu in der Lage, die Haushaltsführung alleine zu bewältigen und sei aus diesem Grund eine Haushaltshilfe notwendig.

Mit Aufhebungsbescheiden gem § 299 BAO des Finanzamtes Österreich (im Folgenden: "belangte Behörde") vom wurden der Einkommensteuerbescheid 2019 vom und der Einkommensteuerbescheid 2021 vom aufgehoben. In den neuen Sachbescheiden betreffend Einkommensteuer 2019 und betreffend Einkommenstreuer 2021 vom sowie im ebenfalls am erlassenen Einkommensteuerbescheid 2020 wurden die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen aufgrund der Behinderung eines Kindes anerkannt; die geltend gemachten sonstigen außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt wurden demgegenüber nicht berücksichtigt. Dies jeweils mit der Begründung, dass die Beschwerdeführerin im jeweiligen Veranlagungsjahr gemeinsam mit ihrem Ehemann über ein Nettoeinkommen zwischen 105.500,00 Euro und 114.000,00 Euro verfügt habe. Im Hinblick auf dieses Nettoeinkommen könne die Beschäftigung einer Haushaltshilfe im beschriebenen Umfang (aufräumen und reinigen der Wohnung, fallweise einkaufen, kochen, etc) nicht als außergewöhnlich angesehen werden, sondern sei diese zur Gänze dem Bereich der normalen Lebensführung zuzuordnen.

Mit Eingaben über das FinanzOnline Portal vom ersuchte die Beschwerdeführerin um Verlängerung der Beschwerdefrist betreffend die Einkommensteuerbescheide 2019, 2020 und 2021.

Mit am über das FinanzOnline Portal gegen die Einkommensteuerbescheide 2019, 2020 und 2021 vom eingebrachter Beschwerde wurde im Wesentlichen auf die Lebenssituation der Familie der Beschwerdeführerin, insbesondere im Hinblick auf den schwerst behinderten Sohn, sowie auf die gesundheitliche Situation der Beschwerdeführerin, aufgrund derer der Beschwerdeführerin die Haushaltsführung so gut wie nicht mehr selbst möglich sei, hingewiesen. Betreffend den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin wurde auf ein der Beschwerde beiliegendes ärztliches Attest vom verwiesen, demzufolge die Beschwerdeführerin aufgrund einer im Jahr 2015 erfolgten schweren Operation im Bereich der Brustwirbelsäule weder schwer heben noch tragen könne und in ihrem Bewegungsradius eingeschränkt sei, was auch die täglichen Erledigungen des Haushaltes (Einkaufen, Wäsche, Wohnungspflege) betreffe. Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass die Kosten der Haushaltshilfe durch den einkommensabhängigen Selbstbehalt ohnedies bereits gekürzt würden und die Einkommenshöhe somit insofern bereits Berücksichtigung finde und wurde die Anerkennung der in Rede stehenden Kosten beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidungen der belangten Behörde vom wurden die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2019, 2020 und 2021 jeweils als unbegründet abgewiesen. Dies jeweils mit der Begründung, dass die Kosten für eine Hausgehilfin grundsätzlich keine außergewöhnliche Belastung darstellen würden; sie seien nur dann abzugsfähig, wenn eine allein stehende Person wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit einer ständigen Betreuung bedarf. Laut dem vorliegenden ärztlichen Attest vom bedürfe es keiner ständigen Betreuung, sondern nur einer Hilfe beim Einkauf, bei der Wäsche und der Wohnungspflege. Zudem liege auch ein Pflegegeldbezug mindestens der Stufe 1 nicht vor.

Gegen die Beschwerdevorentscheidungen der belangten Behörde vom betreffend die Jahre 2019, 2020 und 2021 wurden am über das FinanzOnline Portal Vorlageanträge eingebracht. In diesen wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin nur aus Scham bisher keinen Pflegegeldantrag gestellt habe, dies jedoch zeitnah nachgeholt werde. Einem den Vorlageanträgen beigelegten ärztlichen Attest vom sei zu entnehmen, dass die "Merkmale" für die Pflegestufe 1 bereits seit der Operation im Jahr 2015 vorliegen würden.

Am erfolgte die Vorlage der Beschwerde und der Akten an das Bundesfinanzgericht und wurde von der belangten Behörde die Abweisung der Beschwerde beantragt, wobei begründend sowohl auf das Nichtvorliegen einer Außergewöhnlichkeit der Beschäftigung einer Haushaltshilfe bei den gegebenen Einkommensverhältnissen der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes als auch auf das Nichtvorliegen eines Nachweises der Zwangsläufigkeit der beantragten Kosten verwiesen wurde. Letzteres wurde insbesondere mit der in den Streitjahren ausgeübten beruflichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin argumentiert. Diese setze eine gewisse Mobilität und körperliche Unabhängigkeit voraus, die mit einer Pflegebedürftigkeit und dem Erfordernis einer ständigen Betreuung durch eine Haushaltshilfe oder Pflegekraft nicht in Einklang zu bringen sei.

In der Folge nahm der Richter Einsicht in die von der belangten Behörde unter der Steuernummer der Beschwerdeführerin sowie in die unter der Steuernummer des Ehegatten der Beschwerdeführerin elektronisch geführten Akten. Dabei wurden folgende Unterlagen erhoben und zum Akt genommen:

  • an die Beschwerdeführerin gerichteter Einkommensteuerbescheid 2019 der belangten Behörde vom ;

  • an die Beschwerdeführerin gerichteter Einkommensteuerbescheid 2021 der belangten Behörde vom ;

  • an die Beschwerdeführerin gerichteter Bescheid der belangten Behörde vom über die Aufhebung gem § 299 BAO des Einkommensteuerbescheides 2019;

  • an die Beschwerdeführerin gerichteter Bescheid der belangten Behörde vom über die Aufhebung gem § 299 BAO des Einkommensteuerbescheides 2021;

  • an den Ehegatten der Beschwerdeführerin gerichteter Einkommensteuerbescheid 2019 der belangten Behörde vom ;

  • an den Ehegatten der Beschwerdeführerin gerichteter Einkommensteuerbescheid 2020 der belangten Behörde vom ;

  • an den Ehegatten der Beschwerdeführerin gerichteter Einkommensteuerbescheid 2021 (Beschwerdevorentscheidung gem § 262 BAO) der belangten Behörde vom .

Mit wurde die belangte Behörde aufgefordert, bis längstens beim BFG einlangend folgende Aktenteile elektronisch vorzulegen:

  • Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist betreffend den Einkommensteuerbescheid 2019 vom ;

  • Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist betreffend den Einkommensteuerbescheid 2021 vom .

Am legte die belangte Behörde dem BFG die vorgenannten Aktenteile vor.

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht wurde von der beschwerdeführenden Partei die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 vom zurückgenommen. Im Übrigen legte die Beschwerdeführerin einen Bescheid der BVAEB, mit welchem der Beschwerdeführerin ab ein Pflegegeld der Stufe 1 gewährt wurde, vor. Dabei wurde seitens der Beschwerdeführerin insbesondere auf die Anlage zu diesem Bescheid verwiesen, aus welchem ein monatlicher Stundenbedarf für die Haushaltsführung hervorgehe, der sich mit den von der Haushaltshilfe erbrachten Leistungen decke.
Darüber hinaus brachte die Beschwerdeführerin ua vor, dass ihr mittlerweile verstorbener Ehegatte bereits in den Streitjahren an chronischer Leukämie gelitten habe und daher ebenfalls nicht dazu in der Lage gewesen sei, den Haushalt zu führen. In diesem Zusammenhang bot die Beschwerdeführerin an, hinsichtlich des Gesundheitszustandes ihres Ehemannes eine ärztliche Bestätigung nachzureichen, woraufhin die mündliche Verhandlung vertagt wurde.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 gemäß § 256 Abs 3 BAO als gegenstandslos erklärt.

In der am fortgesetzten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht legte die beschwerdeführende Partei zum Nachweis, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin zu körperlicher Arbeit im Haushalt nicht fähig war, ein ärztliches Attest vor und brachte zudem ua vor, dass der Ehegatte bereits im Jahr 2015 am Herz operiert worden war und im Streitzeitraum an Erschöpfungszuständen litt.
Betreffend die von der belangten Behörde bestrittene Außergewöhnlichkeit wurden der Amtspartei vom Richter statistische Daten vorgehalten, die es nach Ansicht des Richters unwahrscheinlich erscheinen lassen, dass eine überwiegende Anzahl von Personen mit Einkommensverhältnissen, die jenen der Beschwerdeführerin gleichen, in den Streitjahren überhaupt die Unterstützung einer Haushaltshilfe in Anspruch genommen haben soll.
Dem wurde seitens der Amtspartei entgegnet, dass sich die vorgehaltene Statistik nicht mit den persönlichen Erfahrungen des Vertreters der Amtspartei decke.
Zum erforderlichen zeitlichen Aufwand für die Hausarbeit brachte die Beschwerdeführerin ua vor, dass dieser überdurchschnittlich hoch gewesen sei auf Grund der schweren Behinderung ihres Sohnes, die mehrmalige Waschgänge (insbesondere der Bettwäsche) pro Tag erfordert hätten.
Dem wurde seitens der Amtspartei entgegnet, dass der Hausarbeitsanfall auf Grund der Behinderung des Sohnes nicht in Zusammenhang stehe mit der Erkrankung der Beschwerdeführerin.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1.1 Die Beschwerdeführerin war in den streitgegenständlichen Veranlagungsjahren 2020 und 2021 (im Folgenden nur "Streitjahre") als Universitätsprofessorin tätig. Zudem erklärte die Beschwerdeführerin für das Jahr 2020 Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Wirtschaftszweig: Forschung und Entwicklung im ***1***.

1.2 Nachdem bei der Beschwerdeführerin ein psammomatöses Meningeom diagnostiziert worden war, hatte sich die Beschwerdeführerin im Jahr 2015 einer schweren Operation an der Brustwirbelsäule, bei der mehrere Wirbelfortsätze entfernt wurden, unterzogen. Seitdem nimmt die Beschwerdeführerin wegen rezidivierender Wirbelsäulenbeschwerden regelmäßig, dh mindestens einmal wöchentlich, medizinische Behandlung (Schmerztherapie, Vitamin Substitution) in Anspruch und kann weder schwer heben noch tragen. Zudem ist sie in ihrem Bewegungsradius eingeschränkt.

1.3 Mit Bescheid der BVAEB vom wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführerin ab ein Pflegegeld der Stufe 1 gebührt, da für die Beschwerdeführerin ein ständiger Pflegebedarf von durchschnittlich 80 Stunden monatlich besteht, wobei sich der Pflegebedarf auf die Zubereitung von Mahlzeiten (30 Std), Baden/Duschen (10 Std), die Herbeischaffung von Nahrungs- und Heilmitteln bzw Bedarfsgütern (10 Std), die Reinigung der Wohnung und persönlicher Gebrauchsgegenstände (10 Std), die Pflege der Leib- und Bettwäsche (10 Std) sowie die Begleitung für Wege außer Haus (10 Std) bezieht. Dieser Pflegebedarf war auch bereits in den Streitjahren gegeben und war die Beschwerdeführerin in den Streitjahren nicht dazu in der Lage, den Haushalt alleine zu führen.

1.4 Die Beschwerdeführerin war im Streitzeitraum verheiratet und lebte mit ihrem Ehegatten ***Ehemann*** sowie ihrem Kind ***Kind1***, geboren am ***ttmm***1993, und - für den weit überwiegenden Streitzeitraum - mit ihrem weiteren Kind ***Kind2***, geboren am ***ttmm***1996, im gemeinsamen Haushalt.

1.5 Der im Oktober 2024 verstorbene Ehegatte der Beschwerdeführerin litt an einer Koronaren 1-Gefäß-Erkrankung und war im Jahr 2015 am Herzen operiert worden. Zudem war im Mai 2014 persistierende Monozytose, milde normozytäre Anämie und zunehmende Thrombopenie diagnostiziert worden. Anfang des Jahres 2020 wurde AML (Akute Myeloische Leukämie) mit letalem Ausgang diagnostiziert. Aufgrund dieses Krankheitsbildes litt der Ehegatte der Beschwerdeführerin in den Streitjahren an Erschöpfungszuständen und war es ihm nur mehr sehr eingeschränkt möglich, körperliche Arbeit zu leisten. Er war daher nicht dazu in der Lage, sich an der Haushaltsführung zu beteiligen.

1.6 Der ältere Sohn der Beschwerdeführerin, ***Kind1***, leidet seit seiner Geburt an einer allgemeinen schweren Dystrophie und psychomotorischen Retardierung unbekannter Genese und hat einen Behinderungsgrad von 100%. Er kann nicht selbständig gehen, kann nicht alleine essen, kann nicht sprechen und ist inkontinent. Zusätzlich leidet er unter wiederkehrenden Infektionen der Haut und des Verdauungstraktes.

1.7 Die Beschwerdeführerin pflegt ihren Sohn ***Kind1*** zu Hause selbst. Aufgrund der schweren Behinderung des Sohnes, die mehrmalige Waschgänge (insbesondere der Bettwäsche) pro Tag erforderlich macht, war der die Beschwerdeführerin treffende zeitliche Aufwand für die Hausarbeit ua in den Streitjahren überdurchschnittlich hoch.

1.8 Ab Juni 2019 beschäftigte die Beschwerdeführerin für 4 Tage pro Woche bzw 16 Stunden pro Woche eine Haushaltshilfe. Der vereinbarte Tätigkeitsbereich der Haushaltshilfe umfasste das Aufräumen und Reinigen der der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten gehörenden Wohnung in ***Ort2*** sowie der von der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten angemieteten Wohnung in ***Ort1***, fallweise einkaufen, kochen und die Mithilfe bei allen im Haushalt anfallenden Aufgaben. Mit Wirkung ab Februar 2021 wurde die Arbeitszeit der Haushaltshilfe auf 5 Tage pro Woche bzw 21 Stunden pro Woche erhöht.

1.9 Die von der Beschwerdeführerin in den Streitjahren getragenen Aufwendungen für die Beschäftigung der Haushaltshilfe beliefen sich auf 15.510,56 Euro im Jahr 2020 und 16.434,00 Euro im Jahr 2021.

1.10 Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte verfügten im Jahr 2020 über ein gemeinsames Nettoeinkommen von ca 114.000,00 Euro. Im Jahr 2021 verfügten die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte über ein gemeinsames Nettoeinkommen von ca 105.500,00 Euro, wobei sich das Nettoeinkommen der Beschwerdeführerin auf weniger als 50% des gemeinsamen Betrages belief. Bei der als Hauptwohnsitz der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten dienenden Wohnung handelt es sich um eine im Eigentum der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten stehende Eigentumswohnung, die hypothekarisch belastet ist. Darüber hinaus verfügten die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte in den Streitjahren über kein nennenswertes Vermögen.

1.11 Bei den im Jahr 2021 gegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen (1.10) ist die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht in dem Sinne als üblich anzusehen, dass die Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse eine Haushaltshilfe beschäftigt. Bei den im Jahr 2020 gegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ist eine einmal im Jahr erfolgende Inanspruchnahme einer Haushaltshilfe (Grundreinigung der Wohnung), für die Kosten iHv 76,62 Euro anfallen, als üblich in diesem Sinne anzusehen.

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde im übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Gemäß § 2a BAO gelten diese Bestimmungen sinngemäß im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörde gelten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl zB ; Ritz/Koran, BAO7 § 167 Rz 8 mwN).

Die Feststellungen bei Punkt 1.1 beruhen auf den aktenkundigen Einkommensteuererklärungen der Beschwerdeführerin.

Die Feststellungen bei Punkt 1.2 wurden folgenden aktenkundigen Beweismitteln entnommen: Schreiben Dr. ***Arzt1***, Facharzt für Neurochirurgie vom (Kopie); ärztliches Attest Dr. ***Arzt2***, Arzt für Allgemeinmedizin vom (Kopie); ärztliches Attest Dr. ***Arzt2***, Arzt für Allgemeinmedizin vom (Kopie) und ärztliches Attest Dr. ***Arzt2***, Arzt für Allgemeinmedizin vom (Kopie).

Die Feststellungen bei Punkt 1.3 betreffend den mit Bescheid der BVAEB vom festgestellten Pflegebedarf beruhen auf der aktenkundigen Kopie dieses Bescheides. Die Feststellung, dass dieser Pflegebedarf auch bereits in den Streitjahren gegeben war und die Beschwerdeführerin in den Streitjahren daher nicht dazu in der Lage war, den Haushalt alleine zu führen, beruht auf folgenden Erwägungen: Bereits im Schreiben von Dr. ***Arzt1***, Facharzt für Neurochirurgie vom war festgehalten worden, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der bestehenden Wirbelsäulenbeschwerden die Haushaltsführung nicht alleine bewältigen könne und aus diesem Grund eine Haushaltshilfe notwendig sei. Die ärztlichen Atteste von Dr. ***Arzt2***, Arzt für Allgemeinmedizin vom und vom bestätigen ein seit der durchgeführten Operation im Jahr 2015 im Wesentlichen gleichbleibendes Krankheitsbild, sodass davon ausgegangen werden kann, dass keine wesentlichen Unterschiede zwischen dem dem Bescheid der BVAEB vom zugrundeliegenden Sachverhalt und dem in den hier in Streit stehenden Jahren gegebenen Sachverhalt vorliegen. Zudem wurde im ärztlichen Attest von Dr. ***Arzt2***, Arzt für Allgemeinmedizin vom ausdrücklich festgehalten, dass die "Merkmale für die Pflegestufe 1" bereits seit der OP 2015 vorliegen. Die Ausführungen der Amtspartei im Vorlagebericht, wonach die Beschwerdeführerin an der Universität arbeite und sowohl in ***Ort1*** als auch in ***Ort2*** laufend Lehraufträge erfülle, stehen dazu nicht im Widerspruch, entspricht es doch sowohl der allgemeinen Lebenserfahrung als auch der Erfahrung des ebenfalls einen Lehrauftrag an einer Universität innehabenden Richters, dass die Lehrtätigkeit an einer Universität keine Arbeit darstellt, die mit nennenswerten körperlichen Anstrengungen verbunden wäre und wird diese (sowie auch ggf damit verbundene Reisetätigkeit) beispielsweise auch von körperlich schwer beeinträchtigten Personen, die sich nur mit Hilfe eines Rollstuhls fortbewegen können, ausgeübt. Neben dem Richter persönlich bekannten Personen kann in diesem Zusammenhang auch auf der Allgemeinheit bekannte Persönlichkeiten wie beispielsweise den mittlerweile verstorbenen Physiker Stephen Hawking verwiesen werden. Auch bezüglich ihrer übrigen Erwerbstätigkeit legte die Beschwerdeführerin im Rahmen der vor dem Bundesfinanzgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung im Übrigen glaubhaft dar, dass es sich dabei leidglich um mithilfe eines Computers zu bewältigende Organisationarbeit gehandelt habe.

Die Feststellungen bei Punkt 1.4 beruhen auf den von der belangten Behörde in der sog Grunddatenverwaltung erfassten Daten betreffend den Wohnsitz.

Die Feststellungen bei Punkt 1.5 beruhen auf dem aktenkundigen Attest des den Ehegatten der Beschwerdeführerin (zu Lebzeiten) behandelnden Arztes Dr. ***Arzt2***, Arzt für Allgemeinmedizin vom und dem glaubhaften Vorbringen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht, dem auch die belangte Behörde nicht entgegengetreten ist.

Die Feststellungen bei Punkt 1.6 beruhen auf den aktenkundigen Kopien der schriftlichen Bestätigungen der den Sohn der Beschwerdeführerin behandelnden Ärztin Dr. ***Arzt3*** vom und vom .

Die Feststellungen bei Punkt 1.7 beruhen auf dem glaubhaften Vorbringen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht, dem auch die belangte Behörde nicht entgegengetreten ist.

Die Feststellungen bei Punkt 1.8 beruhen auf den aktenkundigen Kopien der genannten schriftlichen Vereinbarungen.

Die Feststellungen bei Punkt 1.9 beruhen auf dem glaubhaften Vorbringen der Beschwerdeführerin, dem auch von der belangten Behörde nicht entgegengetreten wurde.

Die Feststellungen bei Punkt 1.10 betreffend das der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten zur Verfügung stehende Nettoeinkommen beruht auf den Feststellungen der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden, denen die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist. Vom Finanzamt getroffene Sachverhaltsfeststellungen, die dem Abgabepflichten vorgehalten werden und denen der Abgabepflichtige nicht entgegentritt, können nach der Rsp des VwGH als richtig angesehen werden (vgl zB ). Dass sich das Nettoeinkommen der Beschwerdeführerin auf weniger als 50% des gemeinsamen Betrages belief, beruht auf der diesbezüglichen Auskunft des Vertreters der Amtspartei in der vor dem Bundesfinanzgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung, dem die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist. Die Feststellungen bei Punkt 1.10 betreffend die Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin und ihres verstorbenen Ehegatten beruhen auf dem glaubhaften Vorbringen der Beschwerdeführerin in der vor dem Bundesfinanzgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung, dem auch die belangte Behörde nicht entgegengetreten ist.

Die Feststellungen bei Punkt 1.11 beruhen auf folgenden Erwägungen:

Vorneweg ist festzuhalten, dass den Feststellungen der belangten Behörde, wonach bei einem Nettoeinkommen, wie jenem der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten, die Beschäftigung einer Haushaltshilfe im hier in Rede stehenden Umfang nicht als außergewöhnlich angesehen werden kann, keinerlei Ermittlungshandlungen zugrunde liegen. Vielmehr erschöpfen sich diese Feststellungen in bloßen Behauptungen.

Der Richter gab den Parteien im Rahmen der vor dem Bundesfinanzgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung ua folgende Beweisaufnahmen und deren Ergebnis bekannt:

  • Eine Eingabe des von der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten im Jahr 2021 erzielten Nettoeinkommens von ca 105.500,00 Euro (gerundet 8.792,00 Euro pro Monat) bei Annahme von 4 haushaltszugehörigen Personen über 14 Jahre bei dem von der Tageszeitung "Der Standard" online zur Verfügung gestellten Einkommensrechners (https://www.derstandard.at/story/2000135675427/gehoeren-sie-noch-immer-zur-mittelschicht), der auf den von der Statistik Austria für das Jahr 2021 veröffentlichten Einkommensdaten aus der EU-SILC-Erhebung (Statistics on Income and Living Conditions) beruht, hat ergeben, dass ca 16% der Bevölkerung im Jahr 2021 über ein höheres Nettohaushaltseinkommen verfügt haben.

  • Eine Internetrecherche förderte Medienberichte zutage, nach denen einer Studie zufolge im Jahr 2018 jeder siebente österreichische Haushalt - dies entspricht 15% der Haushalte - zumindest einmal die Unterstützung einer Haushaltshilfe in Anspruch genommen hat (APA vom , Studie: Haushaltshilfen zu 97 Prozent "schwarz" beschäftigt).

Der Richter hielt dem Vertreter der Amtspartei unter Bezugnahme auf das Ergebnis dieser Beweisaufnahmen vor, dass es angesichts der statistischen Daten sehr unwahrscheinlich erscheine, dass eine überwiegende Anzahl von Personen mit Einkommensverhältnissen, die jenen der Beschwerdeführerin gleichen, überhaupt die Unterstützung einer Haushaltshilfe in Anspruch nimmt. Noch unwahrscheinlicher erscheine dem Richter, dass eine überwiegende Anzahl von Personen mit vergleichbaren Einkommensverhältnissen dauerhaft eine Haushaltshilfe im hier in Rede stehenden Umfang in Anspruch nimmt.

Dem wurde seitens des Vertreters der Amtspartei lediglich entgegengehalten, dass sich die vorgehaltene Statistik nicht mit seinen persönlichen Erfahrungen decke. Beweisanträge wurden in diesem Zusammenhang keine gestellt.

Dazu ist anzumerken, dass es durchaus vorkommen mag, dass auch Haushalte, die hinsichtlich des Nettohaushaltseinkommens nicht zu den obersten 15% der Bevölkerung gehören, vereinzelt eine Haushaltshilfe in Anspruch nehmen mögen, da die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht immer nur davon abhängen wird, wie hoch das verfügbare Einkommen ist, sondern auch von anderen Faktoren (zB ob bei Ehegatten aus Gründen der Gleichberechtigung beide einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen möchten oder auch generell ob ein Beruf ausgeübt wird, der eine eigenständige, den Vorstellungen der betreffenden Person entsprechende Haushaltsführung zeitlich zulässt). Bei einer Durchschnittsbetrachtung wird man nach der allgemeinen Lebenserfahrung aber unterstellen können, dass die Häufigkeit und das Ausmaß der Beschäftigung einer Haushaltshilfe weitgehend proportional zur Höhe des verfügbaren Nettoeinkommens bzw des vorhandenen Vermögens zunimmt. Angesichts der für das Jahr 2021 verfügbaren statistischen Daten betreffend die Höhe der Nettohaushaltseinkommen in Österreich kann es somit gem § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden, dass allenfalls ein kleiner Teil, jedenfalls aber nicht die Mehrzahl der Steuerpflichtigen mit Einkommens- und Vermögensverhältnissen, die jenen der Beschwerdeführerin gleichen, im Jahr 2021 eine Haushaltshilfe beschäftigt hat.

Betreffend das Jahr 2020, für das keine statistischen Daten betreffend die Einkommensverhältnisse verfügbar sind, liegen den getroffenen Feststellungen folgende Erwägungen zugrunde: Berücksichtigt man bei dem von der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten im Jahr 2020 erzielten Nettoeinkommen von ca 114.000,00 Euro die Geldentwertung, entspricht dies (im Jahresdurchschnitt) für das Jahr 2021 einem Betrag von 117.192,00 Euro (Indexierung anhand des VPI mithilfe des von der Statistik Austria online zur Verfügung gestellten Wertsicherungsrechners: https://www.statistik.at/Indexrechner/#/vpi/wsr). Gibt man diesen Betrag (bzw den entsprechenden monatlichen Betrag von 9.766,00 Euro) bei Annahme von 4 haushaltszugehörigen Personen über 14 Jahre bei dem von der Tageszeitung "Der Standard" online zur Verfügung gestellten Einkommensrechner, der auf den von der Statistik Austria für das Jahr 2021 veröffentlichten Einkommensdaten aus der EU-SILC-Erhebung (Statistics on Income and Living Conditions) beruht, ein, kommt man zu dem Ergebnis, dass ca 11% der Bevölkerung über ein höheres Nettohaushaltseinkommen verfügt haben. Im Gegensatz zu dem der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann im Jahr 2021 zur Verfügung stehenden Nettoeinkommen kann bei diesen im Vergleich leicht besser liegenden Einkommensverhältnissen in Anbetracht der oa Statistik, der zufolge 15% der Haushalte zumindest einmal pro Jahr die Unterstützung einer Haushaltshilfe in Anspruch nehmen, nicht davon ausgegangen werden, dass die Mehrzahl von Steuerpflichtigen mit vergleichbaren Einkommensverhältnissen eine Haushaltshilfe überhaupt nicht in Anspruch nehmen würde. Ausgehend von den oa Erwägungen, nach denen der allgemeinen Lebenserfahrung zufolge die Häufigkeit und das Ausmaß der Beschäftigung einer Haushaltshilfe weitgehend proportional zur Höhe des verfügbaren Nettoeinkommens bzw des vorhandenen Vermögens zunimmt, ist aber davon auszugehen, dass bei den gegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen die Inanspruchnahme einer Haushaltshilfe idR nur ein geringes Ausmaß einnehmen dürfte und sich bei der Mehrzahl der Steuerpflichtigen mit vergleichbaren Einkommens- und Vermögensverhältnissen auf eine einmal im Jahr beauftragte Grundreinigung der Wohnung, die in einem 8 Stunden umfassenden Arbeitstag zu bewältigen ist, beschränken wird. Geht man dabei von einem Stundenlohn von 9,39 Euro aus (vgl § 2 Abschnitt B.1.a der Verordnung BGBl II 2020/539), betragen die Kosten dafür bei einer Entlohnung mit Dienstleistungsscheck 76,62 Euro (9,39 Euro Stundenlohn multipliziert mit 8 Stunden, erhöht um die Kosten für den Dienstleistungsscheck gem § 4 Abs 3 DLSG, BGBl I 2005/45 Unfallversicherungsbeitrag und Verwaltungskostenanteil iHv zusammen 2 vH des Entgelts).

Abschließend ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die für das Jahr 2018 statistisch erhobene Häufigkeit der Inanspruchnahme einer Haushaltshilfe (zumindest einmal im Jahr 2018 erfolgte Inanspruchnahme einer Haushaltshilfe durch jeden siebenten österreichischen Haushalt) in den Streitjahren zugenommen hätte. Gegen eine Zunahme dieses Wertes in den Streitjahren spricht insbesondere die in den Streitjahren vorherrschende, mit diversen Kontaktbeschränkungen verbundene COVID-19-Pandemie.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des § 34 Abs 1 EStG 1988 kann jeder unbeschränkt Steuerpflichtige beantragen, dass bei Ermittlung des Einkommens nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Die Belastung muss dabei sowohl außergewöhnlich sein (Abs 2) als auch zwangsläufig erwachsen (Abs 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).

3.1.1. Zwangsläufigkeit

Nach § 34 Abs 3 EStG 1988 erwächst dem Steuerpflichtigen eine Belastung zwangsläufig, "wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann."

Die Zwangsläufigkeit des Aufwands ist stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen; es kommt auf die wesentliche Ursache für das Entstehen der Aufwendungen an (, mwN). Aufwendungen, die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat, sind nicht zwangsläufig erwachsen (). Besondere Umstände wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit werden im Gesetz nicht ausdrücklich gefordert, deren Notwendigkeit ergibt sich aber aus dem Zwangsläufigkeitsbegriff des § 34 Abs 3 EStG 1988. Damit können etwa Aufwendungen für die Haushaltshilfe eines Alleinstehenden nur dann als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden, wenn sich dieser aus tatsächlichen Gründen (insbesondere Krankheit) der Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht entziehen kann ().

Die Beschäftigung einer Haushaltshilfe im Haushalt von Ehegatten kann im Allgemeinen nur dann zwangsläufig iSd § 34 Abs 3 EStG 1988 sein, wenn kein Ehegatte dazu in der Lage ist, die Betreuung der Kinder sowie die Führung des Haushaltes zu übernehmen (vgl Quantschnigg/Schuch, ESt-Handbuch § 34 Tz 38 Stichwort "Hausgehilfin" mwH). Dies kann der bisherigen Rsp des VwGH zufolge beispielsweise dann der Fall sein,

  • wenn ein Ehegatte allein über kein ausreichendes Einkommen verfügt, das für die Bestreitung der Bedürfnisse des Haushaltes und seiner Familie ausreicht und somit auch der andere Ehegatte aus Gründen einer sonstigen Existenzgefährdung seiner Familie dazu gezwungen ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (vgl , mwN), oder zB

  • wenn ein Ehegatte gehalten ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, weil sonst der Unterhalt der Familie gefährdet wäre UND der andere Ehegatte nicht in der Lage ist, ohne Gefährdung seiner Gesundheit () die Betreuung der Kinder sowie die Führung des Haushaltes zu übernehmen (vgl ; , 84/14/0061; , 0296/79).

Im Allgemeinen ist bei Beschäftigung einer Haushaltshilfe im Haushalt von Ehegatten zu berücksichtigen, dass die Ehegatten gem § 91 Abs 1 ABGB ihre eheliche Lebensgemeinschaft, besonders die Haushaltsführung, die Erwerbstätigkeit, die Leistung des Beistandes und die Obsorge, unter Rücksichtnahme aufeinander und auf das Wohl der Kinder mit dem Ziel voller Ausgewogenheit ihrer Beiträge grundsätzlich einvernehmlich gestalten sollen (vgl dazu ; , 84/14/0061; , 0296/79).

Gemäß § 95 ABGB haben die Ehegatten an der Führung des gemeinsamen Haushalts nach ihren persönlichen Verhältnissen, besonders unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Belastung, mitzuwirken. Ist jedoch ein Ehegatte nicht erwerbstätig, so obliegt diesem die Haushaltsführung; der andere ist nach Maßgabe des § 91 ABGB zur Mithilfe verpflichtet.

Ist nur ein Eheteil erwerbstätig, obliegt somit zwar grundsätzlich dem anderen Teil die Pflicht zur Haushaltsführung; dies allerdings nur sofern dieser dazu nicht aufgrund schwerwiegender Beeinträchtigungen außerstande ist (vgl Smutny in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.08 § 95 Stand , rdb.at Rz 8; Stabentheiner/L. Kolbitsch in Rummel/Lukas, ABGB4 § 95 Stand , rdb.at Rz 3).

Den im gegenständlichen Beschwerdefall getroffenen Feststellungen zufolge (Punkt 1.5) war der Ehegatte der Beschwerdeführerin in den Streitjahren krankheitsbedingt nicht dazu in der Lage, die Haushaltsführung zu übernehmen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem EStG 1955 ausgesprochen hat, ist die Zwangsläufigkeit der Beschäftigung einer Haushaltshilfe zu bejahen, wenn der Ehepartner eines Steuerpflichtigen infolge einer Erkrankung nicht in der Lage ist, den Haushalt zu besorgen (; , 0983/59). Dies kann freilich, wie bereits oben dargelegt wurde, nur dann gelten, wenn auch der andere Eheteil nicht dazu in der Lage ist, die Führung des Haushalts zu übernehmen. Da die Beschwerdeführerin den getroffenen Feststellungen zufolge (Punkte 1.2 und 1.3) in den Streitjahren wegen Pflegebedürftigkeit nicht dazu in der Lage war, den Haushalt alleine zu führen, war die erfolgte Beschäftigung einer Haushaltshilfe in den Streitjahren aber jedenfalls notwendig und konnte sich die Beschwerdeführerin aus tatsächlichen Gründen der Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht entziehen.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass im Jahr 2021 ein kleiner Teil der von der beschäftigten Haushaltshilfe geleisteten Stunden nicht unmittelbar dem festgestellten Pflegebedürfnis der Beschwerdeführerin selbst zugeordnet werden kann, sondern in Zusammenhang steht mit dem durch die schwere Behinderung des Sohnes der Beschwerdeführerin anfallenden Mehraufwand betreffend die Haushaltsführung (siehe Punkt 1.7). Auch im Verhältnis zu haushaltsangehörigen Kindern können die Aufwendungen für eine Haushaltshilfe unter Beachtung des § 34 Abs 7 EStG 1988 nämlich Berücksichtigung finden, wenn diese beim Unterhaltsberechtigten selbst iSd § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden, somit etwa bei Pflegebedürftigkeit oder Krankheit des Kindes (vgl ; , 94/13/0207). Dass die in Rede stehenden Aufwendungen auch beim schwerst behinderten Sohn der Beschwerdeführerin eine außergewöhnliche Belastung darstellen würde, bedarf angesichts der bei Punkt 1.6 getroffenen Feststellungen keiner weiteren Erläuterung.

Im Übrigen sei - lediglich informativ - darauf hingewiesen, dass nach der gängigen Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen eine fallweise Beschäftigung einer Haushaltshilfe als außergewöhnliche Belastung Anerkennung findet (s LStR 2002 Rz 10896b).

3.1.2. Außergewöhnlichkeit

Das Tatbestandsmerkmal der Außergewöhnlichkeit dient der Abgrenzung atypischer, außerhalb der normalen Lebensführung gelegener Belastungen von den typischerweise wiederkehrenden Kosten der Lebenshaltung (Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn Hrsg, Kommentar zum EStG 20. Lfg 2018 § 34 Rz 31).

Nach § 34 Abs 2 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung ist eine Belastung außergewöhnlich, "soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst."

Das ursprünglich in § 34 Abs 2 EStG 1988 enthaltene Tatbestandsmerkmal "gleichen Familienstandes" ist infolge Aufhebung durch das E des , weggefallen. Durch den Wegfall dieses Tatbestandsmerkmals ist nach der Rechtsprechung des VwGH insoweit eine Änderung der Rechtslage eingetreten, als es nunmehr unabhängig vom Familienstand nur mehr auf den Vergleich innerhalb gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse ankommt (vgl ). Für die Einbeziehung weiterer Sachverhaltselemente in diesen Vergleichsmaßstab etwa in der Form, dass auch die besonderen Umstände des zu beurteilenden Einzelfalles beim vergleichbaren Personenkreis unterstellt werden, bietet der Gesetzeswortlaut keinen Raum ().

Ob das den Aufwand auslösende Ereignis selbst außergewöhnlich ist, ist für die Beurteilung der Außergewöhnlichkeit von Aufwendungen nicht von Bedeutung (vgl ).

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Beschäftigung einer Haushaltshilfe im Haushalt von Ehegatten außergewöhnlich ist oder nicht, ist nach der Rsp des VwGH das Einkommen beider Ehegatten heranzuziehen (; , 90/14/0019).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände eine Belastung nach sich ziehen, die für eine Steuerermäßigung nach § 34 EStG 1988 in Betracht kommt. Insbesondere sind Aufwendungen für eine Haushaltshilfe kein Grund für eine Steuerermäßigung, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Steuerpflichtigen die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nicht mehr als außergewöhnlich erscheinen lassen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob eine Einkommens- oder Vermögenssituation vorliegt, bei der die Beschäftigung einer Haushaltshilfe ohnehin üblich ist (; , 2003/15/0021). Bei kranken oder pflegebedürftigen Personen kann allerdings auch in diesen Fällen insoweit eine außergewöhnliche Belastung vorliegen, als die durch Krankheit oder Pflegebedürftigkeit bedingte Betreuung über die für eine normale Haushaltshilfe hinausgeht (vgl ; , 2013/15/0254).

Den Feststellungen bei Punkt 1.11 zufolge ist bei den im Jahr 2020 gegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten eine einmal im Jahr erfolgende Inanspruchnahme einer Haushaltshilfe (Grundreinigung der Wohnung), für die Kosten iHv 76,62 Euro anfallen, als üblich in dem Sinne als anzusehen, dass die Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse in diesem Ausmaß eine Haushaltshilfe in Anspruch nimmt. Mit anderen Worten würde die Beschwerdeführerin Aufwendungen in dieser Höhe aller Wahrscheinlichkeit nach auch ohne die festgestellte Pflegebedürftigkeit sowie die festgestellte Krankheit ihres Ehegatten haben (vgl ). Demgegenüber ist der die Beschwerdeführerin im Jahr 2020 treffende Aufwand für die Beschäftigung der Haushaltshilfe, soweit dieser über den Betrag von 76,62 Euro hinausgeht, entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht als außergewöhnlich anzusehen (vgl zB auch ; , 90/14/0019).

Betreffend das Jahr 2021 wurde bei Punkt 1.11 festgestellt, dass die Beschäftigung einer Haushaltshilfe bei den in diesem Jahr gegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen zur Gänze als außergewöhnlich iSd § 34 Abs 2 EStG 1988 anzusehen ist.

3.1.3. Wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

Nach § 34 Abs 4 EStG 1988 beeinträchtigt eine Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs 2 in Verbindung mit Abs 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen
von höchstens 7 300 Euro 6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro 8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro 10%.
mehr als 36 400 Euro 12%.

  • Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt
    wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht

  • wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs 4 Z 1 von höchstens 7 284 Euro jährlich erzielt

  • für jedes Kind (§ 106).

Die Höhe des somit in Abzug zu bringenden Selbstbehaltes ist den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen, die einen integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisses bilden.

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Strittig waren im gegenständlichen Beschwerdefall ausschließlich auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu beantwortende Tatfragen, zu deren Klärung der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz grundsätzlich nicht berufen ist (vgl zB , Rn 13). Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise


















ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.6100404.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
WAAAF-48493