VwGH vom 02.06.2004, 2003/13/0166
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde des H in E, vertreten durch Mag. Mathias Kapferer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 24, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl. RV-10/1- T 6/98, betreffend Einkommensteuer 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Versicherungsvertreter, benützte im Streitjahr einen im Erdgeschoss des von ihm bewohnten Einfamilienhauses gelegenen Raum für berufliche Zwecke als Büro. Strittig ist die Abziehbarkeit der Ausgaben für dieses Arbeitszimmer als Werbungskosten.
Mit dem angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde im Instanzenzug den Abzug der geltend gemachten Ausgaben für das in Rede stehende Arbeitszimmer mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer selbst diesen Raum als Büro bezeichnet habe und die Einrichtung zeige, dass es sich um einen Büroraum handle. Der Büroraum befinde sich im privaten Wohnhaus des Beschwerdeführers und liege sohin im Wohnungsverband. Der Beschwerdeführer übe ungeachtet seiner Bezeichnung als Versicherungsangestellter nach dem äußeren Erscheinungsbild den Beruf eines Versicherungsvertreters aus. Nach dem von ihm selbst vorgelegten Fahrtenbuch habe er sich im Streitjahr mehr als 1.700 Stunden im Außendienst befunden und Aufwendungen für Werbematerial und Geschäftsanbahnungsspesen geltend gemacht. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens verbringe ein Versicherungsvertreter den überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit im Außendienst. Einem entsprechenden Vorhalt im Verwaltungsverfahren (in der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes) sei der Beschwerdeführer lediglich mit der Behauptung entgegengetreten, seine jährliche Dienstzeit sei mit über 5.000 Stunden anzusetzen, weil sein Arbeitstag um 6.00 h morgens beginne und nicht vor 22.00 h abends ende, und er andererseits auch an Wochenenden und im Urlaub für seine Klientel erreichbar sei. Diese in keiner Weise bewiesene Behauptung widerspreche jeglicher Lebenserfahrung. Bei der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten jährlichen Gesamtdienstzeit wäre es erforderlich, an allen 365 Tagen des Kalenderjahres rund 13,7 Stunden Dienst zu verrichten. Dies widerspreche den Gepflogenheiten des Wirtschaftslebens und den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes. Außerdem habe der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet, ohne jegliche Pausen von 6.00 h morgens bis 22.00 h abends durchgearbeitet zu haben. Die vom Finanzamt vorgenommene Berechnung komme den tatsächlichen Verhältnissen näher und gehe von einer wöchentlichen Arbeitszeit von etwa 72 Stunden aus. Habe der Beschwerdeführer im Streitjahr aber mehr als 1.700 Arbeitsstunden im Außendienst verbracht, so stelle sein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Tätigkeit dar.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der vor ihm gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 458/99-4, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 124a Z 3 EStG 1988 ist u.a. § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, wenn die Einkommensteuer veranlagt wird, erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1996, wenn die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben oder durch Arbeitnehmerveranlagung festgesetzt wird, für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem enden, anzuwenden.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 in der angeführten Fassung dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände in der Wohnung nicht bei den einzelnen Einkünften abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung, abzugsfähig.
Dass das in Rede stehende Arbeitszimmer im Wohnungsverband gelegen ist, ist unstrittig.
Der Beschwerdeführer trägt vor, dass der Büroraum "faktisch wie eine Kanzlei ausgestattet" sei, sich darin auch eine Bürohilfe aufgehalten habe und die Räumlichkeiten immer wieder im Rahmen von Parteienverkehr genutzt würden. Dadurch handle es sich von vornherein um ein ausschließlich beruflich genutztes Zimmer.
Der Beschwerdeführer übersieht dabei, dass die - zumindest nahezu - ausschließlich berufliche Nutzung die Voraussetzung bildet, um überhaupt von einem Arbeitszimmer im steuerlichen Sinn sprechen zu können (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0004). Eine private Nutzung des Raumes wurde von der belangten Behörde ohnehin nicht angenommen, andernfalls hätte es sich um einen gemischt genutzten Raum gehandelt, welcher schon unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 gefallen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2003/13/0124).
Mit dem Vorbringen, im Rahmen der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit habe sich auch eine Bürohilfe in den Räumlichkeiten aufgehalten, kann der Beschwerdeführer nichts für sich gewinnen, hat es der Verwaltungsgerichtshof doch im erwähnten Erkenntnis vom als nicht einsichtig angesehen, dass die Beschäftigung einer Bürokraft (dort im Ausmaß von 20 Wochenstunden) nicht in Räumlichkeiten erfolgen kann, die sich im Wohnungsverband befinden.
Nichts anderes gilt für die zeitlich nicht näher ("immer wieder") abgegrenzte Nutzung "im Rahmen von Parteienverkehr".
Das in der Beschwerde wiederkehrende Vorbringen, der Beschwerdeführer sei auf das in Rede stehende Arbeitszimmer zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit angewiesen, weil ihm kein sonstiges Arbeitszimmer - das ihm etwa vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt worden wäre - zur Verfügung gestanden sei, führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Der Umstand, dass er über keinen anderen Arbeitsraum verfügt, weist das im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer nicht zwangsläufig als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers aus (vgl. das ebenfalls einen Versicherungsvertreter betreffende hg. Erkenntnis vom , 99/14/0283).
Der Mittelpunkt einer Tätigkeit ist nach ihrem materiellen Schwerpunkt zu beurteilen; im Zweifel wird darauf abzustellen sein, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (vgl. etwa das ebenfalls einen Versicherungsvertreter betreffende hg. Erkenntnis vom , 2000/15/0176). Die von der belangten Behörde unstrittig angenommene Außendienstzeit von etwa 1.700 Stunden im Streitjahr entspricht etwa dem dem erwähnten hg. Erkenntnis vom zu Grunde liegenden Sachverhalt, bei welchem monatlich zwischen 130 und 150 Stunden Außendienst verrichtet worden sind. Den Feststellungen der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei zeitlich überwiegend im Außendienst gewesen, tritt er vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht konkret entgegen.
Auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Unterscheidung von "echten Bürotätigkeiten" und "Kundenbetreuung", welche zu einer gesonderten Ermittlung des Mittelpunktes der unterschiedlichen beruflichen Tätigkeiten führen müsse, führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Der Beschwerdeführer stützt sich auf das hg. Erkenntnis vom , 98/15/0100, VwSlg 7.407/F, welchem eine solche Unterscheidung aber nicht entnommen werden kann. Das erwähnte Erkenntnis stellt, wie später auch das hg. Erkenntnis vom , 98/13/0193, sowie die erwähnten Erkenntnisse vom und vom , lediglich darauf ab, ob das Arbeitszimmer Mittelpunkt der eine bestimmte Einkunftsquelle darstellenden Tätigkeit ist. Die vom Beschwerdeführer unterschiedenen Tätigkeiten der "echten Bürotätigkeiten" und "Kundenbetreuung" stellen im Beschwerdefall aber keine unterschiedlichen Einkunftsquellen dar, zumal er selbst in der Beschwerde vorbringt, die "vor Ort durchgeführten Kundengespräche" seien "nur ein erster Teil der eigentlichen beruflichen Tätigkeit, die dann in der Aufarbeitung und Bearbeitung der einzelnen Akten und Fälle" im Arbeitszimmers "ergänzt und abgeschlossen" werde.
Da sich die Beschwerde sohin insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am